„Deep Secrets“ von Diana Wynne Jones gehört zu den Bücher, die ich im Oktober während des Herbstlesens gelesen habe. Nachdem ich den ganzen Monat über immer wieder in „Reflections“ gestöbert hatte, hatte ich solche Lust mehr Diana-Wynne-Jones-Bücher zu lesen, dass ich mir diesen Band (und „The Merlin Conspiracy“, den weiteren Magids-Roman,) besorgt habe. Ich muss gestehen, dass ich „Deep Secret“ nicht ganz so bezaubernd finde, wie viele andere Romane (vor allem die Kinderbücher) der Autorin, obwohl die Geschichte wieder voller fantastischer Einfälle und Details strotzt und ich den Humor darin sehr genossen habe.
Die Handlung dreht sich auf der einen Seite um Rupert Venables, der als Magid für mehrere Welten verantwortlich ist. So muss er sich auch um die Probleme des Koryfonic-Imperium kümmern, das gleich aus mehreren Welten besteht, als ein Attentat dazu führt, dass der Herrscher inklusive all seiner hochrangigen Berater, Militärbefehlshabern und Adeligen getötet wird. Dabei ist es vor allem wichtig, herauszufinden, wo die inkognito aufgezogenen Erben des verstorbenen Herrschers verblieben sein könnten, um dann einen von ihnen auf den Thron zu setzen (auf dass dieser sich dann mit dem ganzen Ärger rumschlagen darf). Auf der anderen Seite muss Rupert nach dem Tod seines Meisters einen Ersatz-Magid finden, den er ausbilden kann, damit die vorgegebene Anzahl an Magids erhalten bleibt. Doch es ist nicht so einfach auf der Erde eine Person aufzustöbern, die in der Lage ist Magie zu wirken und die die nötigen moralischen Voraussetzungen für diesen Job mitbringt. Die aussichtsreichste Kandidatin scheint Maree Mallory zu sein, doch ein erstes Aufeinandertreffen der beiden überzeugt Rupert davon, dass seine Suche noch lange nicht am Ende ist. Die zweite Perspektive, aus der die Geschichte erzählt wird, ist die von Maree, deren Leben gerade schon kompliziert genug ist und die es gar nicht gebrauchen kann, dass ein seltsamer Unbekannter sie verfolgt …
Obwohl mir beide Protagonisten eigentlich sympathisch waren, gab es gerade am Anfang einige Momente, in denen sie mir etwas auf die Nerven gingen, weil sie so sehr auf ihre eigene kleine Weltsicht konzentriert waren, dass sie sich ständig selber im Weg standen. Meinem Gefühl nach hätten sich eine Menge Schwierigkeiten vermeiden lassen, wenn diese beiden Figuren ihren Gesprächspartnern mal richtig zugehört hätten oder ohne vorgefasste Meinungen an eine Herausforderung herangegangen wären. Außerdem fand ich es nicht so schön, dass viele Hintergründe schon sehr, sehr früh offensichtlich war, während Rupert immer noch im Dunklen irrte. Ich lasse mich lieber von der gesamten Handlung überraschen und nicht nur von den kleinen Momenten. 😉 Aber ich muss auch zugeben, dass es wirklich viele nette kleine Szenen gab, die überraschend und amüsant waren. Vor allem während der SFF-Convention merkt man genau, dass Diana Wynne Jones vermutlich viele Ereignisse, die sie selber bei Conventions erlebt hat, aufgegriffen hat. Auf jeden Fall kommen einem das Chaos und bestimmte Figurentypen sehr vertraut vor, wenn man schon mal bei einer Con war.
Dazu kommt noch eine faszinierende Idee zum Thema Parallelwelten, die zum Teil „Neyward“ und zum Teil „Ayeward“ ausgerichtet sind (d.h. weniger oder mehr Magie besitzen), und ein sehr spöttischer Unterton, wenn es um „klassische“ Fantasyelemente geht. Ich denke, es ist kein Zufall, dass Diana Wynne Jones einen so ironischen Fantasyroman kurz nach der Veröffentlichung von „The Tough Guide to Fantasyland“ geschrieben hat und ich kann ihre Motivation wirklich nachvollziehen. Trotzdem habe ich das Gefühl, dass es ihr an vielen Stellen wichtiger war mit klassischen Storyelementen zu spielen und die Absurdität dieser Standardzutaten für High-Fantasy-Romane zu betonen, als wirklich eine Geschichte zu erzählen oder gar eine Atmosphäre zu schaffen, die den Leser an ihren Roman fesselt. Dabei kann man viele Aspekten in „Deep Secret“ wiederfinden, die ich sonst so an ihren Geschichten so sehr mag. So gibt es zum Beispiel diese Mischung aus Alltagsszenen und Magie, die ich als so typisch für die Autorin empfinde und die ich sonst so sehr genieße, auch in diesem Roman. Aber hier fangen mich diese Szenen nicht so auf wie sonst.
Ich glaube nicht, dass es daran liegt, dass die Handlung großteils in unserer modernen Welt (naja, modern, wenn man den Entwicklungsstand von 1996 in Betracht zieht) spielt, denn das war bei „Enchanted Glass“ auch der Fall und trotzdem habe ich die Geschichte als deutlich atmosphärischer empfunden. Genau genommen fand ich sogar die Ereignisse auf unserer Welt fesselnder als die, die in Koryfonic spielten – obwohl das natürlich alles miteinander verbunden war. Ich glaube, Diana Wynne Jones hat sich bei „Deep Secret“ davon hinreißen lassen, dass sie einen amüsanten Weg gefunden hat, über all die Dinge zu spötteln, die sie gerade so sehr an Fantasyromanen stören, dass sie sich ein bisschen zu sehr darauf konzentriert hat. Und obwohl ich das auch witzig finde und ähnliche Geschichten auch schon bei anderen Autoren genossen habe, vermisse ich hier einfach diesen ganz besonderen Diana-Wynne-Jones-Touch, der sonst dafür sorgt, dass ihre Romane mir so ans Herz wachsen.
Ich habe gerade mal geguckt. Ich bin mir ja fast sicher, dass ich in der Mittelstufe mal eins der Chrestomanci Bücher gelesen habe, aber eben nur fast. Jetzt sehe ich, dass es die Gesamtausgabe für 14 Euro als Ebooks gibt. Da bin ich ja schon irgendwie versucht. Du sprichst immer so liebevoll von der Autorin und da ich nicht so genau weiß, mit welchen Büchern ich anfangen sollte, würde mir das schon zusagen.
Wenn du (heutzutage etwas altmodisch wirkende) britische fantastische Kinder- und Jugendbücher magst, dann solltest du wirklich zuschlagen. Wenn du unsicher bist, dann schau doch, ob es bei dem eBook-Angebot eine Leseprobe gibt und wie dir der Anfang der Geschichte gefällt. 🙂