Haruki Murakami: Von Beruf Schriftsteller

Über „Von Beruf Schriftsteller“ von Haruki Murakami bin ich bei Sayuri gestolpert, die das Buch während eines Lesesonntags erwähnt hatte. Ich muss gestehen, dass ich Murakami als Person eigentlich interessanter finde als sein Werk – zumindest finde ich diejenigen Sachbücher, in denen er über seine persönlichen Erfahrungen schreibt, deutlich fesselnder als die Anfänge seiner Romane (denn beendet habe ich bislang noch keins seiner fiktiven Werke). „Von Beruf Schriftsteller“ beinhaltet eine Sammlung von Essays, die Haruki Murakami im Laufe von mehreren Jahren geschrieben hat. In diesen Texten schreibt der Autor von seinem ganz persönlichen Leben als Schriftsteller, von seiner Herangehensweise, wenn er an einem Roman arbeitet, und von der Entwicklung, die seine Schreibweise im Laufe der Zeit durchgemacht hat, aber auch von einigen anderen Dingen, die sein Leben beeinflusst haben.

Stellenweise fand ich die Aussagen, die Haruki Murakami in diesem Buch macht, recht allgemein gefasst und sogar belanglos, aber da ich gleichzeitig auch das Gefühl hatte, dass das genau seine Meinung widerspiegelte, konnte ich gut mit diesen Passagen leben. Richtig interessant fand ich hingegen die Absätze, die mehr über Murakamis Leben und seine Person verrieten. So erzählt er recht locker von seiner Zeit als Jazz-Kneipenbesitzer, von dem Moment, in dem in ihm der Wunsch geweckt wurde, einen Roman zu schreiben, und von der Naivität, mit der er an dieses Projekt heranging. Ich mochte die Vorstellung, wie der 29jährige Murakami an seinem Küchentisch sitzt und geduldig Seite für Seite füllt, ohne eigentlich eine konkrete Geschichte erzählen zu wollen. Ebenso spannend fand ich die Absätze, in denen er über die diversen Themen – von seinem relativ langweiligen Alltag, über sein Bedürfnis, jeden Tag Sport zu treiben, bis zum japanischen Schulsystem – schrieb.

Auch bin ich immer wieder über Passagen gestolpert, bei denen ich mich fragte, wie weit in diesem Fall Murakamis Ansicht davon geprägt wurde, dass er Japaner ist, oder davon, dass er ein Mann ist, oder vielleicht auch davon, dass er sich von Jugend an intensiv mit englischsprachiger Literatur beschäftigt hat. Natürlich ist mir bewusst, dass all diese Faktoren (und noch viel mehr) ihn als Menschen und Schriftsteller geformt haben, aber bei manchen Punkte hatte ich eben das Gefühl, dass da eine sehr persönliche Erfahrung ihn in seiner Meinung beeinflusst hat. Immer wieder bin ich zum Beispiel über Absätze gestolpert, bei denen ich mir nicht ganz sicher war, ob er da eine allgemeine Aussage trifft oder ob er sich speziell auf Japan bezieht. So ging es mir zum Beispiel mit dem Kapitel, in dem er über den Akutagawa- und andere Literaturpreise redet. In Japan scheint es ein großes Thema (gewesen?) zu sein, dass Murakami den Akutagawa-Preis nie gewonnen hat, und – wenn man nach dem im Buch zitierten Artikel gehen kann – man scheint ihm zu unterstellen, dass dies der Grund sei, warum der Autor sich vom Literaturbetrieb fernhalten würde.

Diesen Preis und die seine Person betreffenden Vermutungen nimmt Murakami als Aufhänger, um über seine Abneigung bezüglich Literaturpreisen zu schreiben (und dazu passend andere Schriftsteller zu zitieren), was mich wiederum dazu brachte, mir Gedanken über die japanische Literaturwelt und Preise allgemein anzustellen. So ging es mir eigentlich mit allen allgemeineren Aussagen Murakamis in diesem Buch, während ich die kleinen Informationen über ihn und sein Leben gerade deshalb interessant fand, weil er so wunderbar alltäglich über sein Schreiben und seinen ungewöhnlichen Werdegang erzählte. Am Ende habe ich das Gefühl, ich habe etwas über den Menschen und den Autoren Haruki Murakami gelernt (und außerdem habe ich mal wieder einen seiner Romane in der Bibliothek vorgemerkt, um einen erneuten Versuch mit seinem fiktiven Werk zu wagen).

2 Kommentare

  1. Eva-Maria H.

    Hallo Winterkatze,
    sehr gut beschrieben. Ja, auch ich mag das, was ich über den Autor gelesen habe viel mehr, als seine Bücher. Ich kann das nicht lesen.
    Mein Buchhändler, der mir ein Buch vom Autor empfohlen hat, verschlingt die Bücher von Murakami und ist begeistert.

    Jetzt bin ich gespannt, was du sonst noch alles liest.

    Lieben Gruß Eva

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