Ich hatte ja schon in meinem letzten „Dies und Das“-Beitrag angedeutet, dass „Cellar“ von Karen E. Taylor“ bei mir einen wunden Punkt getroffen hat. „Cellar“ ist Teil eines Bundles („Modern Magic – Twelve Tales of Urban Fantasy“), in dem zwölf verschiedene Romane angeboten wurden. Da das ganze Bundle gerade mal 1,99 Euro kostete, dachte ich, es sei eine gute Gelegenheit für mich, neue Fantasyautoren auszuprobieren. „Cellar“ wird aus der Sicht von Laura Wagner erzählt, die erst vor kurzer Zeit nach Woodland Heights gezogen ist. Laura ist frisch geschieden, Mutter von zwei Kindern (die bei ihrem Vater aufwachsen) und Alkoholikerin. Genauer gesagt ist sie alkohol- und valiumsüchtig und zu Beginn der Geschichte hat sie gerade erst in betrunkenem Zustand einen Unfall gebaut, bei dem sie beim Ausparken mit ihrem Auto einen Polizeiwagen angefahren hat. Im folgenden Prozess wird Laura zu einem Aufenthalt in einer Entzugsklinik verurteilt und muss sich von diesem Zeitpunkt an mit ihrer Sucht auseinandersetzen.
So weit alles ganz normal, wenn auch etwas unschön, doch zu diesen Elementen kommen noch die Stimmen, die Laura immer wieder in ihrem neuen Haus hört, die Albträume, das Schlafwandeln und das unheimliche Gefühl im Keller. Und ich muss zugeben, dass ich gerade in der ersten Hälfte des Buches diesen Keller wirklich gruselig fand. Die Autorin schafft immer wieder atmosphärische Momente, in denen eine Präsenz in Lauras Haus dafür sorgt, dass Laura zu kippen droht, dass sie falsche Entscheidungen trifft oder in Gedankenschleifen festhängt, die ihr nicht guttun. Häufig ist es dann ein Impuls von Außen, der Laura im letzten Moment rettet, aber darauf kann sich der Leser ja nicht verlassen, so dass es ein paar spannende Stellen gibt.
Aus der Perspektive von Mike, der nicht nur der Polizist ist, dessen Auto Laura angefahren hat, sondern der auch im Laufe der Geschichte ein sehr persönliches Interesse an Laura entwickelt, bekommt man zusätzlich noch mit, dass vor fünf Jahren – zu der Zeit, als Lauras Haus noch in Besitz eines alten Ehepaares war und die Neubausiedlung rund um das Haus noch nicht entstanden war – sechs Kinder in der Gegend spurlos verschwanden und nie wieder gefunden wurden. Mike ist von diesem Fall wie besessen und natürlich steht für den Leser von Anfang an fest, dass es eine Verbindung zwischen den verschwundenen Kindern und den Erscheinungen im Haus geben muss.
Ich gebe zu, dass ich bei allem, was in Richtung Horror geht, ein Weichei bin. Und gerade zu Beginn der Geschichte hat mich Karen E. Taylor mit „Cellar“ wirklich fertig gemacht. Auf der einen Seite wollte ich zwar wissen, was hinter den verschiedenen Vorkommnissen steckt, auf der anderen Seite hat mir die Vorstellung von einer bösen Präsenz an einem Ort, der doch eigentlich eine sichere Zuflucht sein sollte, unruhige Träume verursacht. Am Ende war die ganze Geschichte gar nicht so schlimm, die Auflösung lag sogar sehr früh auf der Hand und in der zweiten Hälfte kamen mir all die „gruseligen“ Momente schon nicht mehr so unheimlich vor (Wiederholung härtet eben ab), aber das ändert nichts daran, dass allein schon die Tatsache, dass meine Vorstellungskraft aufgrund der in dem Buch beschriebenen Ereignisse lauter schaurige Bilder produziert hat, das Lesen für mich stellenweise zu einer Herausforderung gemacht hat.
Insgesamt bin ich etwas zwiegespalten. Bei einer amerikanischen eBook-Ausgabe des Buches habe ich den Hinweis der Autorin gefunden, dass es eine Neuauflage sei, die um einige Szenen und den Epilog ergänzt worden ist, und ich glaube, dass das die gleiche Version ist, die ich gelesen habe. Ein bisschen habe ich nun das Gefühl, dass die Stellen, die für mich etwas Spannung und Atmosphäre aus der Geschichte genommen haben, nachträglich eingefügt wurden, um die Charaktere weiter auszubauen. Wenn es so war, dann hat es zwar dafür gesorgt, dass ich den Roman relativ problemlos beenden konnte, aber auch dafür, dass ich das Gefühl hatte, die Liebesgeschichte zwischen Laura und Mike bekäme zu viel Raum und das würde zu Lasten der unheimlichen Atmosphäre gehen und die Handlung unnötig in die Länge ziehen. Auch hätte es den Epilog für meinen Geschmack nicht gebraucht – der war mir zu kitschig, zu „Ghost Whisperer“-mäßig, und ohne ihn wäre das Ende runder gewesen.
Jetzt hoffe ich nur, dass die weiteren elf Romane eher in Richtung „Fantasy“ statt „Horror“ gehen, mir keine unruhigen Nächte bescheren und mich weniger zwiespältig zurück lassen. *g*