Auf „Pacific Private“ bin ich über eine Rezension von Irina gekommen, und da das Buch demnächst wieder in die Bibliothek zurück muss, habe ich den Roman an diesem Wochenende gelesen. Für den Inhalt muss hier wieder der Klappentext herhalten:
„Boone Daniels lebt, um zu surfen. Es geht ihm gut, riesige Wellen sind angekündigt in Pacific Beach, Kalifornien. Doch dann verwickelt ihn eine attraktive Anwältin in einen Fall, der alles ändert – und ihn in einen Abgrund blicken lässt, den er hinter sich gelassen hatte, als er den Polizeidienst quittierte. Denn während die einen auf die perfekte Welle warten, floriert im Surferparadies der Kinderhandel.“
Die Geschichte beginnt für Boone ganz harmlos, als ihn die Anwältin Petra bittet, eine Zeugin aufzuspüren, die vor Gericht gegen einen Stripclub-Betreiber aussagen soll, der Versicherungsbetrug begangen hat. Doch kurz darauf wird eine Frauenleiche gefunden und es steht fest, dass deutlich mehr hinter der verschwundenen Zeugin steht. Dabei ist der Leser dem Detektiv mehr als eine Nasenlänge voraus, da kleine Passagen immer wieder auf das Schicksal einiger junger Mädchen verweisen, die am Rande der Erdbeerfelder von Kalifornien Tag für Tag missbraucht werden.
Trotz dieses ernsthaften Themas und der wirklich sympathischen Figuren sorgt die Erzählweise in diesem Roman beim Leser für einen gewissen Abstand. Verstärkt wieder dieser Eindruck durch längere Einschübe, in denen auf die Geschichte dieser Region verwiesen wird, auf die Familienhintergründe einzelner Charaktere und vieles mehr. Während diese Einschübe und Perspektivwechsel die Geschichte für Irina anscheinend spannender und temporeicher gemacht haben, fühlte ich mich dadurch immer wieder ausgebremst. Mir kam es vor, als wollte Don Winslow so nicht nur Wissen vermitteln, sondern auch zeigen, wie gut er recherchiert hat. Ich persönlich mag solche Wissensvermittlung aber lieber in kleineren Häppchen innerhalb der Handlung und nicht als längeren Einschub (gern mal über zehn Seiten), der mich komplett aus der Geschichte reißt.
Insgesamt fand ich den Krimi sehr unterhaltsam und Boone und seine Surfer-Freunde von der „Dawn Patrol“ haben es mir wirklich angetan. Vor allem gegen Ende der Geschichte, als jeder von ihnen schwierige Entscheidungen treffen muss, machte es sich bemerkbar, dass der Autor – trotz der Distanz in der Erzählweise – seine Figuren so stimmig angelegt hat, dass ihre Handlungen kaum vorhersehbar waren, denn jede Entscheidung – egal, ob zum „Guten“ oder zum „Schlechten“ – wäre aufgrund ihrer Geschichte und ihrer Loyalitäten gut begründbar gewesen. Dieser Part von „Pacific Private“ hat mich wirklich begeistert, auch wenn ich die Erzählweise jetzt nicht so umwerfend fand.
Hatte ganz vergessen, dass das Buch für dich interessant klang. Schön, dass es dir gefallen hat, trotz der eigenwilligen Erzählweise.
Die "Einschübe" fand ich übrigens nur bedingt spannend; gerade wenns um Landschaftsbeschreibungen und Surfer-Einmaleins ging, wars mir phasenweise auch zu viel, und dann hab ich auch nur überflogen. (Man kann mir wirklich nichts Schlimmeres antun, als mich mit weitschweifigen Landschaftsbeschreibungen zu quälen!) Aber durch die abgehackte Erzählweise, bei der halt auch mal nur ein kurzer Absatz einen kleinen Aspekt erzählt, gewinnt das Buch für mich schon an Tempo, einfach weil nicht so viel Überflüssiges erwähnt wird, nur um die Geschehnisse übergangslos miteinander zu verbinden.
Das Surfer-Einmaleins und der extreme Surferslang zu Beginn gingen mir etwas auf den Wecker, aber ich bin froh, dass ich durchgehalten habe. Die abgehackte Erzählweise empfand ich hingegen als typisch für eine bestimmte Art amerikanischer Kriminalroman – und da ich die mag, passt es auch hier für mich. 🙂