Ich war im Dezember 1999 mit einer Freundin in New York und an einem Nachmittag bekamen wir Freikarten für einen Film in die Hand gedrückt. So kam es, dass wir nachmittags, während draußen Schneeregen fiel, „The Cider House Rules“ guckten. Für mich war das nicht nur meine erste Irving-Verfilmung, sondern auch die erste Geschichte überhaupt, die ich von John Irving bewusst wahrgenommen habe. Später habe ich dann das Buch (und weitere) gelesen, doch der Film ist immer noch mein Lieblingswerk, weil er einfach toll ist und ich damit John Irving für mich entdeckte. 😉
Umso spannender fand ich es als Natira erzählte, dass sie von John Irving „My Movie Business“ las, und musste das Buch natürlich prompt auf unsere Ausleihliste setzen. Schon die ersten Seiten fand ich faszinierend, auf denen John Irving kurze, aber einprägsame Anekdoten von seinem Großvater erzählte, der ein Gynäkologe mit einem ganz besonderen Humor gewesen sein musste.
Auch die Vergleiche zwischen Roman- und Filmversion fand ich fesselnd. John Irving geht darauf ein, welche Absichten er mit dem Buch hegte, wie er welche Figur aufbaute und warum ihm welche Aspekte wichtig waren – und warum viele dieser Elemente keinen Weg in den Film fanden. Spannend fand ich es, dass er in „My Movie Business“ betont, dass das Buch „The Cider House Rules“ für ihn eine Geschichte mit zwei Protagonisten (Homer Wells und Dr. Larch) ist, während der Film nur eine Hauptfigur hat – nämlich Homer. Lustigerweise finde ich Homer im Film zwar sympathischer als im Buch, aber die Anfangsszenen mit Michael Caine als Dr. Larch gehören für mich zu den eindringlichsten Momenten der Verfilmung. Neben den konkreten Beispielen, die sich mit den beiden Varianten von „The Cider House Rules“ beschäftigen, geht Irving auch immer wieder auf Medizingeschichte (und damit zusammenhängende gesellschaftliche und politische Belange) ein.
Natürlich erzählt Irving in dem Buch auch von weiteren Verfilmungen seiner Werke, wie es für ihn ist, wenn ein anderer Autor seine Figuren und Geschichten verändert und wie er manche Dreharbeiten erlebt hat. Eigentlich besteht „My Movie Business“ aus einer Aneinanderreihung von Anekdoten, die durch berufliche, persönliche und abwegige Beobachtungen ergänzt werden. Doch der Schwerpunkt liegt auf dem langen und mühsamen Weg „The Cider House Rules“ zu verfilmen, was mir persönlich sehr gut gefallen hat – auch wenn es zum Ende hin etwas arg detailliert wurde. Auf jeden Fall ist dieses Buch eine tolle Möglichkeit, um Roman und Film noch einmal mit einem neuen Blick zu betrachten und weitere Facetten rund um Homer und Dr. Larch zu entdecken.
Ich habe von dem Autor bisher nur ein Buch gelesen – "Bis ich dich finde". Das ist aber auch schon eine ganze Weile her.
LG
Sunny
@Sunny: Wie hatte dir das Buch denn gefallen? Ich muss immer wieder feststellen, dass ich für Irving sehr viel Ruhe und auch die richtige Stimmung benötige und die fehlt mir für seine Romane gerade. "Owen Meany" ist seit drei Monaten aus der Bibliothek ausgeliehen und ich komme einfach nicht rein. Umso spannender fand ich diesen Bericht über die Verfilmung von "The Cider House Rules" und all die Nebenbemerkungen zu seinem Großvater, seiner Arbeit und den Unterschieden zwischen Buch und Film. 🙂
ich mag irvings romane, die ich gelesen habe, besonders owen meany, aber ich bruche auch immer zeit u. lust für irving. movie buiness fand ich auch faszinierend. 😉
@Natira: Ich bin richtig froh, dass ich über dich auf den Titel gestoßen bin und du ihn mir leihen konntest. 🙂
Ich freu mich, dass es für Dich so etwas neues zu diesem Buch und Film zu entdecken gab! 🙂
Gab es! 🙂 Und dazu passt es auch noch mit der Jahreszeit, so dass ich gestern beim Lesen auch noch in ganz vielen Erinnerungen an NY, Vermont und Boston schwelgen konnte. 😉
@winterkatze
Es ist ewig her (ich glaube 9 Jahre). Es hat mir ganz gut gefallen, war aber auch ziemlich dick und zog sich streckenweise. Es ist kein Buch für zwischendurch und etwas schwer. Wie du schon sagst, man braucht Zeit für seine Bücher.
LG
Sunny