Leseeindrücke – Die „Cozy“-Variante (2)

Nachdem ich im Juni meine Eindrücke zu den ersten fünf Romanen von „Sleuthing Women – 10 First-in-Series Mysteries“ veröffentlicht hatte, gibt es hier meine Anmerkungen zu den restlichen Geschichten aus dem Bundle.

6. Susan Santangelo: Retirement Can Be Murder (A Baby Boomer Mystery 1)

Was für eine öde Geschichte! Die Protagonistin Carol befürchtet, dass ihr Mann Jim vorzeitig in den Ruhestand gehen will und dann ihren Tagesablauf stören würde, weshalb sie ihn dazu bringt, zu einem „Retirement Coach“ zu gehen. Dummerweise wird dieser Coach dann ermordet und ihr Mann steht (angeblich) als Hauptverdächtiger da. Ich muss gestehen, dass ich nicht weiß, ob er wirklich verdächtigt wird oder ob nur seine Frau befürchtet, dass dem so ist. Ich habe den Roman abgebrochen, nachdem ich neun Kapitel durchgehalten habe von dem ersten Absatz mit „ein Mord ist passiert“ über „das geschah in den Wochen davor“ bis „ein Mord ist passiert und mein Mann benimmt sich nicht so, wie ich das erwarte“.

Als auch im zehnten Kapitel nichts anderes passierte, als dass Carol über ihren Mann meckerte und Jim Carol ständig erzählte, dass sie keine Ahnung habe, alles überdramatisieren würde und überhaupt doof sei (nicht wortwörtlich, aber es schwang in den Dialogen mit), habe ich die Nase voll gehabt. Ich hätte noch etwas mehr Geduld mit der Geschichte gehabt, wenn ich auch nur eine einzige Person sympathisch gefunden hätte oder die Autorin mir zumindest gezeigt hätte, dass Carol und Jim ein bisschen Zuneigung zueinander empfunden hätten. Aber ohne einigermaßen nette Figuren und ohne nennenswerte Handlung sehe ich nicht ein, dass ich mich durch den Rest der 230 Seiten quälen soll.



7, Mary Kennedy: Dead Air (A Talk Radio Mystery 1)

„Dead Air“ fing eigentlich nett an. Die Protagonistin ist eine Psychologin, die vor einiger Zeit ihre Praxis aufgeben hat und nun eine tägliche Psychologie-Radiosendung moderiert. Die ersten Seiten fand ich unterhaltsam, die Protagonistin okay und dass sich der Mordfall um einen Selbsthilfe-Guru dreht, fand ich im Prinzip auch nicht schlecht. Dummerweise gingen mir die Protagonistin sowie ihre Mutter und der ermittelnde Polizist schon nach sehr, sehr kurzer Zeit auf die Nerven. Ein typischer Fall von „Protagonistin glaubt, dass die Polizei ihre Arbeit nicht richtig macht“ kombiniert mit „Protagonistin hat keine drei Wörter mit dem Polizisten gesprochen, würde aber auf der Stelle mit ihm ins Bett gehen, weil er so gut aussieht“ und dazu noch eine Prise von „Polizist denkt, dass Psychologen nur dazu da sind, um von Anwälten für Aussagen bezahlt zu werden, die der Polizei das Leben schwer machen“. Da ich mir das nicht länger antun musste, ging es weiter zum nächsten Krimi!




8. R.P. Dahlke: A Dead Red Cadillac (A Dead Red Mystery 1)

Endlich mal wieder eine Geschichte, die ich mochte! Die Protagonistin Lalla ist ein zweimal geschiedenes Ex-Model, das vor einiger Zeit die „crop duster“-Firma (ich glaube nicht, dass es dafür einen deutschen Begriff gibt) des Vaters übernommen hat. Sie ist vor kurzem mit dem Flugzeug abgestürzt und hat sich dabei zum Glück nur den Fuß gebrochen. Das wäre eigentlich Aufregung genug, doch dann wird eine Bekannte von ihr ermordet in Lallas rotem Caddy aufgefunden. Um zu beweisen, dass weder sie noch diverse andere Personen mit dem Mord zu tun haben, beginnt Lalla herumzuschnüffeln.

Ich muss gestehen, dass es ein paar Aspekte an „A Dead Red Cadillac“ gab, die mich bei einer anderen Autorin vermutlich gestört hätten, die ich hier aber angesichts der Protagonistin stimmig dargestellt fand. So ist Lalla besessen von ihrem anstehenden vierzigsten Geburtstag und unternimmt die eine oder andere unüberlegte Aktion, weil sie ihrem Kindheitsfreund Caleb, der der örtliche Sheriff ist, etwas beweisen will. Da diese Handlungselemente aber gut zu Lallas Persönlichkeit passen und so geschrieben wurden, dass ich sie nicht als peinlich empfand, habe ich mich bei diesem Krimi wirklich gut unterhalten gefühlt. Ich mochte die Figuren und ich mochte die Art und Weise, wie der aktuelle Mordfall mit Ereignissen aus der Vergangenheit verknüpft war. Das war wirklich nett zu lesen.

9. Heather Haven: Murder is a Family Business (An Alvarez Family Murder Mystery 1)

Diese Geschichte mochte ich nicht nur, die fand ich sogar richtig gut! Die Protagonistin Liana Alvarez ist eine Privatdetektivin, die für die familieneigene auf Computerkriminalität spezialisierte Firma arbeitet. Als ihre Mutter sie auf den vermutlich untreuen Ehemann einer Freundin ansetzt, stolpert Liana über die erste Leiche ihres Lebens und ist dementsprechend schockiert. Da sie sich fragt, ob sie diesen Tod irgendwie hätte verhindern können, lässt sie dieser Mord nicht los, und so ermittelt sie in Bereichen, die für die Polizei nicht relevant sind. Liana will weder der Polizei in die Quere kommen, noch hat sie das Gefühl, sie würde den Job besser machen als die Polizisten, sie geht nur kleinen Details nach, die auf den ersten Blick nicht viel mit dem Mord zu tun haben.

Ich mochte nicht nur die Protagonistin und ihre Familie (endlich mal eine wunderbar normale warmherzige Familie, die zwar nicht immer einfach ist, aber nicht so übertrieben oder lächerlich dargestellt wurde), sondern auch den Ton, in dem die Geschichte erzählt wurde. Und obwohl für den Leser sowohl das „Geheimnis“ des Ermordeten als auch der Täter selber recht offensichtlich waren, gab es genügend weitere Elemente, die für Spannung gesorgt haben, so dass ich diese unübersehbaren Hinweise auf die Auflösung locker verzeihen konnte. Ich habe mich mit dieser Geschichte so gut unterhalten gefühlt, dass ich direkt nach dem Beenden von „Murder is a Family Business“ gleich den folgenden Teil der Serie gekauft habe.

10. Vinnie Hansen: Murder, Honey (A Carol Sabala Mystery 1)

Es gab eine Menge Dinge, die ich an dieser Geschichte nicht mochte, obwohl sie nicht richtig schlecht war. Aber es gefiel mir nicht, wie die Protagonistin Carol mit anderen Menschen umging, und ich fand die Darstellung einer Restaurantküche nicht besonders glaubwürdig, was ein Problem war, da der größte Teil der Handlung dort spielte. Dann hat mich auch noch die Handlung selbst einfach gleichgültig gelassen, so dass ich am Ende nur noch quer gelesen habe, um herauszufinden, wer den Chefkoch umgebracht hat. Das war definitiv nicht meine Art von Krimi …

4 Kommentare

  1. Eva-Maria H.

    Liebe Winterkatze,

    jetzt hast du mich wirklich zum schmunzeln gebracht. Es scheint wohl gang und gebe zu sein, dass Frauen die Krise bekommen, wenn ihre Männer zuhause bzw. im Ruhestand sind.

    Dieses Getue vom Glücklichsein usw. geht mir schon lange auf den Wecker und ich wette, viele Frauen sind froh, wenn ihr Mann aus dem Haus ist.

    Man hört es doch immer wieder:
    "seid mein Mann im Ruhestand ist, hält er mich auf Trab"

    Das denke ich auch immer, wenn ein satire gezeigt wird, Mann und Frau, es ist was wahres dran.

    Danke für die -wie immer – tolle Rezension.

    Lieben Gruß Eva

  2. Ich glaube auch, dass es bei vielen Paaren – gerade denen, bei denen die Frau viel Zeit tagsüber allein war – Schwierigkeiten gibt, wenn der Mann in Rente geht. Ich sehe es bei meinen Eltern, denn da mein Vater viele Jahre im Ausland gearbeitet hat, war es für meine Mutter schon sehr irritierend, als er endlich zu einem "normalen" Job wechselte und jeden Abend daheim war.

    Zu schade, dass der Krimi selber nicht besser geschrieben war. 😉

  3. Mein Vater freut sich nach jedem Urlaub auf die Arbeit, "endlich wieder geregelte Arbeitszeiten" sagt er dazu 😀 Meiner Mutter fällt nämlich immer jede Menge ein, was er mit ihr machen kann und was er erledigen soll, wenn er Urlaub hat. Da bleibt kaum eine freie Minute.

    Jedenfalls scheint sich diese Sammlung ja leider nur sehr mäßig gelohnt zu haben. Ich gebe zu, ich bin generell sehr skeptisch, was Anthologien angeht und vermeide diese.

  4. @Elena: Na, dann wird es ja lustig, wenn dein Vater irgendwann in Rente geht. 😀

    Anthologien mag ich in der Regel, aber so ein Roman-Bundle ist immer ein Riskio. Allerdings ein Risiko, dass ich für 99 Cent schon mal eingehen, wenn ich mal wieder auf der Suche nach neuen Autoren bin. 🙂

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