Obwohl mir „The Witch Boy“ von Molly Knox Ostertag im vergangenen Jahr so gut gefallen hatte, hat es doch wieder etwas gedauert, bis ich die Fortsetzung gelesen habe (und ich fürchte ein bisschen, dass es mit dem im November 2019 erschienenen dritten Band „The Midnight Witch“ ebenso laufen wird), weil ich mir die Comics gern für die richtige Stimmung aufhebe. In den letzten Tagen war ich aber in der passenden Stimmung für diese Art von Geschichte, und so habe ich „The Hidden Witch“ sehr genossen. Nachdem Aster im ersten Band darum kämpfen musste, dass er entgegen aller Traditionen als Hexe ausgebildet wird, versucht er nun all die Dinge nachzuholen, die er in den vergangenen Jahren verpasst hat. Doch seine Lehrerin ist nicht gerade hilfsbereit, und so muss er einen anderen Weg finden, um all das Wissen nachzuholen, das ihm aufgrund des verweigerten Unterrichts fehlt.
Asters Freundin Charlie hingegen muss feststellen, dass ihre Schulfreundinnen im Laufe des Sommers, in dem sie wegen ihres gebrochenen Beins nicht ins Ferienlager fahren konnte, neue Interessen entwickelt haben. Zum Glück gibt es die Mitschülerin Ariel, mit der sich Charlie auf Anhieb versteht, auch wenn diese sich manchmal etwas seltsam benimmt. So könnte es für Charlie und Aster – trotz all der Dinge, die sie in den vergangenen Wochen erlebt haben – eigentlich ganz gut laufen, wenn nicht auf einmal ein Fetch (eine Art böses Schattenwesen) auftauchen würde, um Charlie zu schaden, während sich Aster zeitgleich damit auseinandersetzen muss, dass seine Großmutter es sich in den Kopf gesetzt hat, ihrem Bruder zu helfen, sich von einem Monster wieder in einen Menschen zu verwandeln.
Auch nach diesem Band bleibt es dabei, dass ich die Geschichten rund um Aster und Charlie sehr mag. Die Moral der Geschichte wird zwar stellenweise etwas plakativ rübergebracht, aber das kann ich angesichts der vielen hübschen Details und der stimmigen Charaktere wirklich verzeihen. Ich mag Aster und Charlie und ihre Familie und kann sogar bei denjenigen Figuren, die mir nicht so sympathisch sind, verstehen, warum sie so handeln, wie sie es tun. Außerdem spricht mich diese Mischung aus lustigen, nachdenklichen und gefährlichen Momenten an, sowie die Art und Weise, in der sich die verschiedenen Figuren im Laufe der Zeit weiterentwickeln. Auch wenn Aster und Charlie stellenweise etwas zu unbedarft auf Menschen zugehen, finde ich das angesichts der recht behüteten Umgebungen, in denen die beide aufgewachsen sind, immer noch stimmig. Und am Ende hat man als Leser das Gefühl, dass alles gut werden könnte, aber nicht unbedingt gut werden muss, weil die Charaktere zu realistisch ausgearbeitet wurden, um immer die richtige Entscheidung zu treffen.
Wie schon beim ersten Band habe ich nicht nur die Handlung an sich, sondern auch die schönen Zeichnungen genossen. Bei den verschiedenen Charakteren gibt es immer wieder schöne, ausdrucksstarke Momente, wenn es um Mimik und Gestik geht, und außerdem beweist die Zeichnerin ein gutes Händchen, wenn es um die kleinen Details geht, die eine Figur zu einem Individuum machen. Bei der Koloration greift Molly Knox Ostertag auf die Farbpaletten zurück, die schon den ersten Band beherschten, und so bekommt man als Betrachter gefällig und leicht wirkende Seiten für die heiteren und alltäglichen Szenen und düstere und kräftig gehaltene Panels für die Teile der Geschichte, in denen mächtige und nicht gerade wohlwollende Kräfte walten. Insgesamt gehören die „The Witch Boy“-Bände für mich definitiv zu den Wohlfühl-Comics, obwohl dort so einige Themen angesprochen werden, mit denen (nicht nur) Jugendliche zu kämpfen haben.