Natasha Farrant: Die Geschwister Gadsby

„Die Geschwister Gadsby“ von Natasha Farrant habe ich über Carolines Blog entdeckt und konnte das Buch dann sogar recht schnell aus der Bibliothek ausleihen. Die Geschichte wird aus der Sicht der dreizehnjährigen Bluebell (Blue) erzählt. Blue läuft den ganzen Tag mit einer Kamera herum, um ein Filmtagebuch zu führen, so dass man als Leser die Erlebnisse als „beschriebenen Film“ mitbekommt, und nur bei den Passagen, bei denen Blue aus irgendeinem Grund nicht drehen konnte oder durfte, fasst sie im Nachhinein schriftlich zusammen was passiert ist.

Anfangs wirkt Blues Familie zwar sehr chaotisch, aber auch recht zufrieden auf den Leser. Doch schnell wird klar, dass es so einige unausgesprochene Probleme gibt, die den Kindern zu schaffen machen. Während Blues Vater die Woche über nicht in London, sondern in Warwick lebt, fliegt die Mutter für ihren Beruf ständig durch die Welt. Auf die Kinder passt in dieser Zeit Zoran auf, ein Student, der eigentlich an seiner Doktorarbeit schreibt und eindeutig mit der Verantwortung für Blue und ihre Geschwister überfordert ist.

Blues sechzehnjährige Schwester Flora scheint ihre jüngeren Geschwister nur noch zu ignorieren, obwohl Blue einige liebevolle Erinnerungen daran hat, wie Flora sich früher um sie gekümmert hat. Ihre jüngeren Geschwister Jasmine (8 Jahre alt) und Twig (10 Jahre) wirken zwar auf den ersten Blick unbekümmert, aber auch bei ihnen wird immer wieder deutlich, dass auch sie das Gefühl haben, dass die Familie auseinander bricht. Blue selber scheint in ihrer Familie keine nennenswerte Rolle zu spielen, sie beobachtet nur, sie zieht sich ständig zurück, hat keine Freunde und auch in der Schule versucht sie so unsichtbar wie möglich zu sein.

Erst mit dem Einzug des Nachbarjungen Joss ändert sich dies für Blue. Joss sieht wie unglücklich das Mädchen ist und sorgt – um ihr zu helfen – für einige Unruhe in ihrem Leben. So lustig viele der Szenen mit Blue und ihrer chaotischen Familie sind, so zieht sich doch eine gewisse Traurigkeit durch den Roman. Schon früh erfährt man, dass Blue eine Zwillingsschwester hatte, die vor drei Jahren gestorben ist, und wie sehr sie ihre Schwester Iris vermisst. So ist „Die Geschwister Gadsby“ eine wunderbare Mischung aus witzigen, nachdenklichen, traurigen und berührend alltäglichen Szenen. Blue wächst einem schnell ans Herz und auch ihre Familie mochte ich – ebenso wie den armen überforderten Zoran – sehr.

Obwohl es in der Geschichte auch einige ungewöhnliche Momenten gibt, besteht der Großteil des Romans aus beinah alltäglichen Szenen, in denen die einzelnen Charaktere deutlicher ausgearbeitet werden und man die vielen verschiedenen Untertöne mitbekommt, die zwischen den einzelnen Familienmitgliedern so mitschwingen. Und gerade die kleinen Dinge haben bei mir immer wieder dafür gesorgt, dass ich schmunzelten, dass ich den Kopf schüttelte oder mir eine Träne wegwischen musste.

Auch den Erzählstil habe ich sehr gemocht. Auf der einen Seite die – nur auf den ersten Blick – distanziert wirkenden „Filmszene“, auf der anderen Seite die Zusammenfassungen von Blue, die immer wieder ihre aktuelle Gefühlslage zum Ausdruck bringen. Diese Mischung hat für mich einfach gut funktioniert und es hat Spaß gemacht eine Geschichte mal auf diese Weise erzählt zu bekommen.

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