Als ich im Dezember über diesen Titel stolperte, war ich noch nicht davon ausgegangen, dass ich die Sachbuch-Challenge in diesem Jahr neu starten würde. Ich war einfach nur überrascht, dass es einen „Schreibratgeber“ von Patricia C. Wrede gibt, und neugierig, was diese Autorin zu dem Thema zu sagen hat. (Diana Wynne Jones hat übrigens auch etwas übers Schreiben veröffentlicht, aber der Titel ist mir noch zu teuer und hat es bislang nur auf die Wunschliste geschafft.) Wie so viele Vielleser bin ich immer wieder neugierig darauf zu erfahren, wie die Autoren, die ich gern lese, ihre Arbeit sehen und was sie über ihren Schaffensprozess zu erzählen haben.
Wie schon bei ihren Romanen (zumindest soweit ich sie bislang gelesen habe) mochte ich auch hier Patricia C. Wredes Schreibstil. Er ist unterhaltsam, humorvoll und informativ, was einfach eine gute Mischung für ein Sachbuch ist. Am Anfang stellt die Autorin schnell klar, dass es ihrer Meinung nach nicht die einzig wahre Methode gibt, um ein Buch zu schreiben, und dass es – je nach Autor – sein kann, dass unterschiedliche Bücher eben auch nach unterschiedlichen Methoden verlangen. Dafür gibt sie Hinweise, welche Elemente für sie persönlich wichtig sind, wenn sie mit einer neuen Geschichte beginnt. Sehr nett fand ich z. B. die simple Idee, für die unterschiedlichen Gebiete ihrer Welt Namenslisten (mit einer Sammlung von regional passenden Vor- und Nachnamen) anzulegen, auf die sie dann zurückgreifen kann, wenn sie mühelos eine Nebenfigur in die Handlung einfügen will.
Was hingegen aus ihrer Sicht sehr wichtig ist, ist das sogenannte „Lego-Prinzip“. Mit einfachen und klaren Sätzen erklärt Patricia C. Wrede dabei, warum es für das Erzählen einer Geschichte so relevant ist, die richtigen Worte zu wählen, welche Auswirkungen die Wahl der Adjektive (oder eben das Weglassen derselben) und ähnliche „Basiselemente“ haben können. Natürlich wird dies auch in anderen Schreibratgebern erwähnt, aber selten so ausführlich und so eingängig. Normalerweise liegt der Schwerpunkt der jeweiligen Bücher doch eher auf der „großen“ Methode und weniger auf den (theoretisch selbstverständlichen) Grundlagen. Wobei auch Patricia C. Wrede betont, dass der Großteil des Schreibens intuitiv abläuft, dass aber das Bewusstsein für die einfachen Zusammenhänge und Wirkungen das Überarbeiten von problematischen Stellen vereinfacht.
Ebenfalls ungewöhnlich für einen „Schreibratgeber“ fand ich die Menge an Hinweisen zu Themen wie Steuerzahlungen, Zahlungs- und Abrechnungsgewohnheiten von Verlagen, Backlist-Verwertung, Überlegungen, die man sich zur Suche eines Agenten machen sollte, oder Gedanken zum Thema Altersvorsorge und ähnliches. All das macht auch einen großen Arbeitsanteil eines Autors aus und wird sonst kaum in solchen Sachbüchern erwähnt, da sich diese vor allem auf den kreativen Prozess konzentrieren. Patricia C. Wrede hingegen betont, wie wichtig es in ihren Augen sei, dass auch diese Elemente gut durchdacht und geplant werden, denn nur dann hat man auch die Ruhe, Zeit und Energie, um sich dem eigentlichen Schreiben zu widmen.
Ich fand es wirklich spannend, dieses Buch zu lesen – nicht nur, weil die Autorin so viele Sachen angesprochen hat, die sonst nicht erwähnt werden, sondern auch, weil es mir Spaß gemacht hat, die vielen Beispieltexte zu den unterschiedlichen Passagen zu lesen. So verwendet Patrica C. Wrede zum Beispiel eine Szene rund um den Geburtstag eines Prinzen, um die verschiedenen Perspektiven zu verdeutlichen – und ich hätte mir vorher nicht vorstellen können, dass ich so oft dieselbe Szene lesen und mich immer so gut dabei amüsieren könnte. Ebenso ging es mir, als sie Jane Austens „Pride and Prejudice“ so zusammenfasste, dass es nach einer Militärgeschichte mit Wickham als Hauptfigur klingt, um zu zeigen was man alles falsch machen kann, wenn man eine Inhaltsangabe für einen Verlag schreiben möchte, um seine Geschichte zu verkaufen.
Auch wenn nicht alle ihre Hinweise – z. B. zum Thema Steuern oder Rentenvorsorge in den USA – allgemeingültig sind, so war das Sachbuch wirklich interessant zu lesen und hat meinen Blick für den Aufbau von Geschichten wieder ein kleines bisschen mehr geschärft. Ich mag es, wenn ich am Ende eines Buches das Gefühl habe, dass mir jemand auf unterhaltsame Weise etwas beigebracht hat – und das war hier definitiv der Fall.
Ach, ich habe ja doch so einige Bücher übers Schreiben gelesen, aber solche nicht unerheblichen technischen Aspekte wie Finanzen haben sie tatsächlich nie behandelt. Wobei ich jetzt ja besonders neugierig auf Diana Wynne Jones Schreibbuch bin… Herzliche Grüße von Mila
Und genau diese Aspekte fand ich erstaunlich spannend, Mila! Auf das Buch von Diana Wynne Jones bin ich auch sehr neugierig und dann habe ich noch eins von Lois McMaster Bujold entdeckt (deren Bücher finde ich ja auch großartig) – ich glaube, die kommen beide auf den Geburtstagswunschzettel Ende des Jahres. 😉
klingt großartig!
War das ein ebook?
@Natira: Jupp, war ein eBook. Das gibt es auch als gedruckte Ausgabe, aber da war mir die Preisdifferenz zu hoch.
Deine Rezension ist wirklich toll.
Ein Buch übers Schreiben habe ich bis jetzt noch nie gelesen – allerdings hatte ich auch noch nie einen Grund dazu, aber was du über das Buch erzählst, klingt eigentlich ganz lesenswert. Von Wrede habe ich bis jetzt auch noch nie ein Buch gelesen…
Über den Absatz mit der richtigen Wortwahl freuen sich bestimmt sämtliche Deutschlehrer. Wenn man Pech hatte, musste man früher ja auch jedes "wenn" und "aber" erklären, warum es dort steht, wo es steht und welche Wirkung es hat.
Ich habe mir schon damals gedacht, dass ein Autor NIEMALS über jedes einzelne Wort nachdenkt, und Wrede scheint das ja zu bestätigen, wenn sie sagt, dass vieles eben auch intuitiv abläuft. Aber gut, wenn man schreibt, sollte man schon Ahnung davon haben, wie die Worte innerhalb eines Satzes am besten klingen.
Tolle Rezension.
Auch wenn ich auf Anhieb das Thema vielleicht nicht so spannend gefunden hätte,habe ich jetzt doch Lust bekommen , einmal reinzulesen.Vor allem weil es ,wie du schreibst,sehr praxisnah ist.
@BücherFähe: Vielleicht solltest du erst einmal einen Roman von ihr lesen. Man merkt bei den Titel schon, dass sie vor allem Fantasy- und SF-Bücher schreibt und dementsprechend sind auch einige ihre Vergleiche oder Tipps ausgefallen. 😉
Ich musste zum Glück nie im Deutschunterricht meine Wortwahl verteidigen – nur meine Rechtschreibung. *g*
@glencolumbscille: Ich finde Schreibratgeber schon grundsätzlich spannend, vielleicht solltest du das mit in Betracht ziehen.
@all: Bei Amazon gibt es einen Blick ins Buch, da könnt ihr ja mal reinschauen und gucken, ob euch der Schreibstil überhaupt zusagt. 🙂
Achso… Hm, überall diese Fantasybücher! Mal schauen, vielleicht kommt mir demnächst ein Buch von ihr zwischen die Finger.
@BücherFähe: Es gibt Fantasy und Fantasy … 😀 Lies dir mal diesen Beitrag durch: http://winterkatzesbuchblog.blogspot.de/2011/07/figurenkabinett-prinzessin-cimorene-von.html Vielleicht reizt dich das ja eher als es High Fantasy tun würde. 😉
Deine Rezension läd richtig dazu ein, das Buch zu lesen 🙂
Es ist sicher nicht schlecht, mal wieder etwas über die Grundlagen zu lesen. Würdest du denn sagen, dass ihre Tipps für die englische Sprache auch im Deutschen passen?
@A. Disia: Es hat mir auch wirklich Spaß gemacht. 🙂 Und ja, ihre Tipps zur Ausdrucksweise und Sprache kann man in der Regel auch im Deutschen anwenden. Nur ihre Bemerkungen zu Steuer, Krankenversicherung usw. muss man halt zum Teil vor dem Hintergrund sehen, dass sie Amerikanerin ist.
Das klingt tatsächlich mal nach einem Schreibratgeber, der mich reizt (ansonsten hab ich denen vor einer Weile "abgeschworen"). Allerdings habe ich von Wrede noch nie etwas gelesen – vielleicht sollte ich mal mit einem Roman von ihr beginnen und erst dann mit dem Ratgeber. Dann hat man sicher mehr davon, oder?
Hm, gehen die Bücher eher so in Richtung Kinderbücher? Ich glaube, dann wäre das eher nicht so meins.
Ich hatte aber unter deiner Rezension gelesen, dass jemand meinte, er würde das Buch „Die Drachenprinzessin" niemals im Deutschunterricht lesen und dass es unter Deutschlehrern sehr umstritten ist. Hattest du noch herausgefunden, woran das liegt? Mich würde jetzt nämlich interessieren, was an dem Buch so stark auszusetzen ist, dass man es den Kindern bewusst vorenthält. Ich hatte leider im Internet nichts dazu gefunden.
@Neyasha: Man muss ihre Bücher nicht kennen, um den Schreibratgeber zu lesen. Aber grundsätzlich würde ich natürlich immer sagen, dass es keine schlechte Idee ist ihre Bücher zu lesen. 😉
@BücherFähe: Die vier von mir erwähnten Titel sind märchenhafte Fantasybücher, die sowohl für Jugendliche, als auch für Erwachsene geeignet sind. Du könntest mal schauen, ob du eine Leseprobe findest und ob dir die Art zu schreiben zusagt.
Was diesen Kommentar angeht: Heute würde ich so etwas nicht mehr freischalten. Es darf gern Kritik auf meinem Blog geäußert werden, aber dann nicht anonym und nur mit Begründungen (oder zumindest der Bereitschaft zur Diskussion). Ich habe weder Argumente gegen die Bücher gefunden, noch irgendwelche Informationen zu "mündigen Deutschlehrern". Die einzigen Vorbehalte, die man gegen die Bücher haben kann, wären, dass da ein Mädchen in einem Märchen mit 16 verheiratet werden soll (wogegen sie sich wehrt) oder dass sie sich mit "unweiblichen" Interessengebieten wie Fechten, Wirtschaftslehre usw. abgibt. Ansonsten gibt es Magie in den Geschichten – was ja schon bei einigen Organisationen dazu geführt hat, dass Harry Potter als Teufelswerk verschrieen wurde.
Ah ja, ich habe es gesehen. 😉 Hm, mal sehen, vielleicht hole ich mir mal eine Leseprobe.
Das ist sowieso ein ziemlich seltsamer Kommentar unter deiner Rezi – nicht jedes Kinder- und Jugendbuch muss schließlich für den Deutschunterricht geeignet sein. %-)
@Natira: Eine mehr auf dem Reader? 😀
@Neyasha: Jupp, ein sehr seltsamer Kommentar! Ich habe keine Ahnung, warum die Person den abgegeben hat.
*räusper* ja.. Aber ich lese sie auch mit gewisser Regelmäßigkeit, so alle ein bis zwei Monate. Das könnte schlimmer sein. 😀
@Natira: Es könnte immer schlimmer sein! Dir könnte irgendwann der Lesestoff ausgehen – und solch einen Horror musst du selbstverständlich vermeiden! 🙂
*me/stehen gerade die kurzen Haare zu Berge*
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