„Am Ende des Schmerzes“ von Iris Grädler ist die Fortsetzung von „Meer des Schweigens“, wobei man die Titel unabhängig voneinander hören bzw. lesen kann. Die Autorin setzt auch bei dieser Geschichte auf drei Handlungsstränge, die lange Zeit unabhängig voneinander laufen und bei denen man sich als Hörer lange fragt, wie sie zusammengehören. Die Handlung beginnt damit, dass Collin Brown zu einem Autounfall gerufen wird, bei dem ein LKW-Fahrer mit seinem Fahrzeug ein verlassenes Pförtnerhaus gerammt hat. Als die Aufräumarbeiten beginnen, wird das Skelett eines Babys in dem alten Gebäude gefunden. Nun muss Collin ermitteln, wer früher an diesem Ort gelebt hat und welche Personen als mögliche Eltern für das getötete Kind in Frage kommen, und auch seine (ehemalige) Mitarbeiterin Sandra bekommt es an ihrem neuen Arbeitsplatz mit – auf den ersten Blick geringfügigen – Fällen zu tun, die irgendwie mit der ganzen Geschichte verwoben sind.
Parallel dazu kann man die Geschichte von Jill mitverfolgen, die früher eine erfolgreiche Turnierreiterin war, bis sie bei einem Vielseitigkeitswettbewerb mit ihrem Pferd stürzte und sich schwer verletzte. Seit diesem Sturz hat sie gemeinsam mit ihrem Vater einen Hof betrieben. Doch nachdem ihr Vater einen Schlaganfall hatte und ihre Schwester nun als Alleinbevollmächtigte über den Hof regiert, muss Jill zusehen, wie Claire all das verkauft, was Jill wichtig ist. Der dritte – und kleinere – Handlungsstrang dreht sich um Evelyn, die auf den ersten Blick überhaupt nichts mit den Vorgängen in England zu tun hat. Die Deutsche lebt – mehr oder weniger – zufrieden mit ihrem älteren (und sehr wohlhabenden) Mann zusammen und scheint einzig für das Sammeln von kostbaren Puppen so etwas wie Leidenschaft zu entwickeln.
Auch bei „Am Ende des Schmerzes“ konzentriert sich Iris Grädler wieder auf eine ausführliche und unaufgeregte Darstellung der Charaktere, wobei die Autorin nur sehr langsam enthüllt, warum welche Figur sich wie entwickelt hat und welche Entscheidungen das Leben dieser Personen geprägt hat. Dabei wird aber von Anfang an deutlich, dass weder Jills, noch Evelyns Vergangenheit besonders harmonisch verlaufen ist – und für Jill bietet auch die Gegenwart wenig erfreuliches. Einzig ihre Liebe zu ihrem Turnierpferd Diamond bringt sie durch einen beschwerlichen Alltag, aber auch dieses Tier wird von ihrer Schwester zum Verkauf angeboten.
Ich muss gestehen, dass das große Geheimnis hinter all den Ereignissen recht offensichtlich war – vor allem, da schon Jills Persönlichkeit viel verraten hat -, aber das hat mich nicht daran gehindert gespannt den verschiedenen Entwicklungen zu lauschen. Mir geht es bei diesen Geschichten weniger darum mitzuermitteln, als um die Art und Weise wie man mehr über die Charaktere erfährt und wie all die Details am Ende ineinandergreifen. Auch finde ich es spannend, die verschiedenen Ereignisse aus unterschiedlichen Perspektiven wahrzunehmen. Allerdings muss ich zugeben, dass es für mich bei den Collin-Brown-Hörbüchern schwierig ist, wenn ich längere Pausen mache, weil ich durch die regelmäßigen Perspektivwechsel und die vielen Charaktere erst wieder darauf kommen muss, welche Figur jetzt in welchem Zusammenhang mit welchen Ereignissen steht. Bei einem Roman würde mir das leichter fallen, weil ich mal eben ein paar Seiten zurückblättern und querlesen könnte.
Was Gabriele Blum angeht, so mag ich ihre Art die Krimis von Iris Grädler zu lesen. Die präsentiert die Geschichte ruhig und unaufgeregt und passt sich der gemächlichen Erzählweise der Autorin an. Bei mir sorgt das dafür, dass mich manche Passagen gerade deshalb tief berühren, weil mir niemand vorgibt, wie ich dabei zu fühlen habe. Außerdem fand ich es angenehm, dass die Sprecherin jeder Figur – und es kommen nicht so wenige vor – einen eigenen Ton verliehen hat, ohne dabei in übertriebene Extreme zu gehen.