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Kelly McCullough: Magic, Madness, and Mischief

Nachdem ich in diesem Jahr endlich die Reihe rund um die „zerborstene Klinge“ beendet hatte, wurde es Zeit, zu einer anderen Art von Buch von Kelly McCullough zu greifen. „Magic, Madness, and Mischief“ ist eines der wenigen Jugendbücher des Autors und – wenn man nach seinen Tweets zu dem Roman gehen kann – in vielen Elementen (rund um das Thema psychische Probleme) sein persönlichstes Buch. Die Handlung dreht sich um den (fast) dreizehnjährigen Kalvan, dessen Träume zu Beginn der Geschichte seit einiger Zeit von Feuer bestimmt werden. Doch er träumt nicht nur von Feuer, sondern wacht auch mit Ruß- und Aschespuren an seinen Füßen auf, ohne dass er weiß, woher diese Spuren stammen könnten. Da seine Mutter psychisch nicht ganz stabil ist, ist Kalvan sich eine Zeit lang nicht sicher, ob er nicht einfach nur dieselben Symptome zeigt wie sie, denn eine andere Erklärung für all die Erlebnisse – inklusive eines zufällig beschworenen Hasen aus Feuer – wäre zu fantastisch, um real sein zu können.

Doch als Kalvan sich damit abfindet, dass er über Feuermagie verfügt, muss er lernen, diese Magie in den Griff zu bekommen. Feuer kann ein nützliches Werkzeug sein, wenn man es kontrolliert einsetzt, aber eben auch ein verherrendes Element, wenn es unkontrolliert freigelassen wird. Die Herausforderungen beim Umgang mit Magie, die alltäglichen Probleme, die Kalvan mit seinem Stiefvater hat, die Sorgen, die sich der Junge um seine Mutter macht, und die Entdeckung, dass der hiesige Winterkönig versucht, die Region rund um die Stadt St. Paul für immer unter seine Regentschaft zu bringen, sorgen für eine spannende Geschichte. Zu meiner eigenen Überraschung hat „Magic, Madness, and Mischief“ bei mir an einigen Stellen sogar ein „Diana-Wynne-Jones-Gefühl“ hervorgerufen, weil das Buch einen vergleichbaren Mix aus Humor, Alltäglichkeiten und Magie mit sich bringt wie die Romane der Autorin. Wobei der Stil von Kelly McCullough natürlich deutlich moderner ist, aber das ändert nichts daran, dass für mich auch diese Geschichte eine eindeutige Wohlfühllektüre war.

Ich mochte Kalvan sehr, weil dieser auf der einen Seite seit Jahren versucht, auf seine Mutter aufzupassen, und Angst davor hat, dass er dieselben psychischen Probleme wie sie entwickeln könnte, und auf der anderen Seite ein ganz normaler Junge ist, der auch mal eine Schulstunde schwänzt, um mit seinem besten Freund abzuhängen. Seine Freundschaft zu Dave, seine Leidenschaft fürs Theaterspielen und seine langsam wachsende Beziehung zu Sparx, dem Feuerhasen, machen Kalvan – auch wegen der Momente, in denen er Mist baut, Angst zeigt oder einfach nur ein frustrierter Jugendlicher ist – zu einem stimmigen und glaubwürdigen Charakter.

Die Geschichte umspannt mehrere Monate, was sich ebenfalls richtig anfühlt, weil Kalvan erst nach und nach über all die magischen Elemente in der Welt erfährt und Zeit benötigt, um mit seinem eigenen magischen Erbe umzugehen. Die Handlung über so einen langen Zeitraum zu erzählen, baut zwar kein Gefühl von Dringlichkeit auf, bietet Kelly McCullough aber einige Gelegenheiten für amüsante oder berührende Momente, die ich wirklich genossen habe, ebenso wie die bunte Mischung aus mythischen Figuren und eigenen Elementen, die die Magie in dieser Geschichte ausmacht. Am Ende bedauere ich nur eine Sache: Es dauert noch ein paar Monate, bis die Fortsetzung „Spirits, Spells, and Snarks“ als Taschenbuch erscheint. 😉

Kelly McCullough: Die zerborstene Klinge

Zu „Die zerborstene Klinge“ von Kelly McCullough wollte ich unbedingt noch auf dem Blog etwas schreiben, weil es lange her ist, dass ich einen Fantasyroman gelesen habe, der sich in meinen Augen so angenehm von der Masse der Veröffentlichungen unterscheidet und trotzdem die Qualitäten klassischer High-Fantasy-Romane aufweist. Blöderweise fällt es mir sehr schwer, die Dinge, die mir so gefallen haben, auch in Worte zu fassen.

Die Handlung verläuft in „Die zerborstene Klinge“ sehr linear. Aral bekommt von der als Dienstmädchen verkleideten Maylien den Auftrag, eine Botschaft zu überbringen. Die Entlohnung für den Job ist überraschend hoch, doch auf der anderen Seite muss sich der Krieger für diesen Job auf ein Grundstück schleichen, das nicht nur in einem besonders gesicherten Viertel liegt, sondern bei dem er auch davon ausgehen kann, dass Grund und Gebäude auf jede mögliche (magische und nichtmagische) Weise geschützt werden. Am Zielort findet Aral nicht nur heraus, dass die dort residierende Baronin Marchon anscheinend in eine ganz schlimmer Sache verwickelt ist, sondern auch, dass ein ehemaliger Freund und Verbündeter noch am Leben – und vermutlich auf die falsche Seite gewechselt – ist.

Nun muss sich Aral (auch unter dem Druck seines Verbündeten, des Finsterlings Triss) entscheiden, ob er seine neu gewonnenen Erkenntnisse ignoriert und sich weiterhin in den Schatten der Stadt – und den Tiefen einer Flasche mit Alkohol – versteckt, oder ob er aktiv wird, in einer politischen Auseinandersetzung Stellung bezieht und sich so gegen seinen früheren Freund stellt. Kelly McCullough wirft den Leser erst einmal in das Geschehen und zeigt nur nach und nach Bruchstücke aus Arals Vergangenheit. Diese erklären nicht nur, warum die ehemalige „Klinge von Namara“ zu einem Söldner geworden ist, der seinen Kummer mit Alkohol betäuben will, sondern beschreiben auch wichtige Elemente der fantastischen Welt, die der Autor für diesen Roman entworfen hat. Eines dieser besonderen Details ist zum Beispiel der Finsterling, eine – in Triss‘ Fall drachenähnliche – Kreatur, die sich durch den Einfluss der Göttin Namara mit Aral verbunden hat und ihn nun statt seines Schattens begleitet.

Kelly McCullough beschreibt seine Welt in der Regel nicht in ausführlichen Worten, sondern lässt sie einfach da sein. So kann man als Leser die Facetten der Stadt Tien innerhalb der Handlung entdecken und erkennt nur anhand kleiner Details wie zum Beispiel dem Warenangebot der Bauern, dass zumindest dieser Teil der Welt von dem Autor mit asiatischen Elementen ausgestaltet wurde. Mir persönlich gefällt es immer besonders gut, wenn mir eine Welt nicht explizit gezeigt wird, sondern wenn sie für die Figuren eben selbstverständlich ist und ich als Leser durch ihre Augen die vertrauten Dinge wahrnehme und mir so eine Vorstellung vom Ganzen machen kann.

Spannend fand ich auch die Art und Weise, in der Götter in dieser Welt eine Rolle spielen. So stand Aral in seiner Funktion als Klinge einst im Dienste einer Göttin – und ohne diese Aufgabe verlor er seinen Halt in der Welt. Nur der Finsterling Triss, der während Arals Ausbildung zur Klinge mit dem Krieger verbunden wurde, bot dem Mann noch etwas Halt. Dabei muss Aral während der aktuellen Ereignisse feststellen, wie wenig er über den Finsterling eigentlich weiß – ich muss gestehen, dass ich sehr neugierig bin, welche Details zu dieser Figur in folgenden Romanen noch zum Vorschein kommen.

Neben einer recht vielschichtigen Figurenentwicklung und der tollen Welt hat mir auch gefallen, dass Kelly McCullough weniger auf Actionszenen gesetzt hat – obwohl die natürlich auch vorkommen, da Aral eben von klein auf als Krieger ausgebildet wurde. Stattdessen gibt es viele Szenen, in denen Aral sein Eindringen in gut gesicherte Gebäude plant, sich durch Gebiete voller (magischer) Fallen und Hindernisse schleicht oder einfach sehr viel Geduld aufbringen muss, um irgendwo eindringen zu können. Diese Passagen fühlten sich nicht nur angenehm realistisch an, sondern waren auch spannend geschrieben. Zumindest finde ich es deutlich spannender mitzubekommen, wie jemand über all die Möglichkeiten nachdenkt, die es gibt, um durch eine magisch gesicherte Tür zu kommen, als eine Runde Gemetzel zu verfolgen.

„Die zerborstene Klinge“ erzählt eine in sich abgeschlossene Geschichte, für die man anfangs vielleicht etwas Geduld aufbringen muss, um in die Handlung hineinzukommen und die Figuren kennenzulernen. Ich hätte es auch mal schön gefunden, wenn dieser Roman ein Einzelband geblieben wäre. Trotzdem freue ich mich jetzt schon auf den im Dezember erscheinenden zweiten Teil („Die Klinge von Namara“) rund um Aral und Triss und hoffe, dass ich dann mehr Details über die Charaktere und die Welt erfahren werde (und dass der Autor bei seinem Erzählstil bleibt, den ich als so erfrischend anders empfunden habe).

[Übersetzungsirritation] Kelly McCullough: Die zerborstene Klinge

Ich bin gerade auf Seite 130 von „Die zerborstene Klinge“ von Kelly McCullough und stolpere mal wieder über ein Wort. Der Roman bietet bis jetzt eine unterhaltsame Fantasygeschichte mit ein paar nicht so ausgelutschten Elementen und einer interessanten Welt. Ich bin bislang schon über den einen oder anderen Satz gestolpert, bei dem mir der Satzbau etwas zu sperrig war, so dass ich aus dem Lesefluss gerissen wurde, aber das möchte ich der Übersetzerin Frauke Meier nicht ankreiden, da das vermutlich am Originaltext liegt.

Bei folgendem Zitat aber habe ich wirklich ein Problem und vermute, dass da entweder ein falsches Wort oder – wie bei der Gschaftelhuberin – ein spezieller Dialekt verwendet wurde. Die Hauptfigur Aral hatte gerade eine unangenehm Unterredung in einer Kneipe und zieht sich nun auf ein nahe gelegenes Dach zurück.

„Als ich die Straße betrat, gähnte die Sonne dem Untergang schon entgegen, also kletterte ich eine nahe Wand empor und sah mich nach einem Plätzchen um, an dem ich mich windgeschützt niederlegen und auf die Dunkelheit warten konnte. Der Prozess veranlasste diverse Schnittwunden und Blutergüsse, lauthals nach meiner Aufmerksamkeit zu verlangen. In einer Nische mit steilen Wänden, die zwischen zwei Dachgauben auf der Leeseite eines Daches lag, fand ich eine vorübergehende Molle(S. 130)“

 Diese Molle irritiert mich wirklich. Abgesehen davon, dass das Wort „Molle“ nicht zu meinem aktiven Wortschatz gehört, habe ich immer gedacht, dass das so etwas wie „Mulde“ bedeutet. Aber eine „vorübergehende Mulde“ ergibt wenig Sinn. Online habe ich bei einer schnellen Suche als Begriffserklärung  „Backtrog“ und „Bier“ gefunden – oh, und auf italienisch soll molle angeblich „locker“ bedeuten.

Edit: Oh, und da kommt die „Molle“ schon wieder vor:

„Und ich kannte einen passenden Ort, doch den konnte ich nicht aufsuchen, ohne vorher einen kurzen Abstecher zu meiner Hauptmolle im Stall des „Greifen“ zu unternehmen.“ (S. 131)

(Der „Greifen“ ist das Gasthaus, in dem unser „Held“ in den letzten Jahren wohnte.)

Vielleicht kennt ihr ja noch weitere Bedeutungen für „Molle“, die in diesem Zusammenhang etwas mehr Sinn ergeben?