[Übersetzungsirritation] Jean G. Goodhind: Mord nach Drehbuch

„Mord nach Drehbuch“ hatte ich mir gekauft, weil ich dachte, dass es ein unterhaltsamer Krimi sei, den ich gut zwischendurch einschieben könnte. Und nun hänge ich auf Seite 14 und ärgere mich über einen Satz so sehr, dass ich kaum weiterlesen mag. Ich weiß nicht, was sich die Übersetzerin Ulrike Seeberger bei diesem Satz gedacht hat, aber für mich ist der absolut unverständlich!

Es geht um eine ganz bestimmte Situation, Honey Driver, die Hauptfigur des Romans, streitet sich mit einer unsympathischen Schauspielerin, die in einem Film die Rolle der Jane Austen übernehmen soll. Die Schauspielerin ist laut und ordinär und Honeys Streit mit ihr ist in meinen Augen recht kindisch, aber beide wollen halt die Oberhand behalten. Und während die Schauspielerin immer ausfallender wird, versucht eines der Crew-Mitglieder sie zu beruhigen mit den Worten: „Aber, aber Martyna. Beruhige dich bitte, nur mit der Ruhe. Du weißt doch, wer wütend ist, kommt nur schwer in die Rolle hinein.“

Und als Reaktion darauf kommt der Satz, der mich so sehr irritiert.

„Genau“, bestärkte ihn Honey, die entschlossen war, das letzte Wort zu behalten. „Schließlich war Jane Austen zwar eine professionelle Gschaftelhuberin, aber keine professionelle Schlampe!“

Erst einmal musste ich als Norddeutsche nachgucken, was „Gschaftelhuberin“ genau heißen soll –  und habe dabei festgestellt, dass es dafür keine genaue Definition gibt, die für mich einen Sinn in diesen Satz bringt. Und dann habe ich mal über dict.cc geguckt, was da im englischen Original gestanden haben könnte und bin über „eager beaver“ gestolpert. Während „Gschaftelhuberin“ für mich eindeutig einen negativen Beiklang hat, so kann „eager beaver“ in meinen Ohren zwar negativ gemeint sein, muss es aber nicht.

So oder so macht der Satz „Schließlich war Jane Austen zwar eine professionelle Gschaftelhuberin, aber keine professionelle Schlampe!“ für mich einfach keinen Sinn. Was soll dem Leser damit gesagt werden?

Wenn mich ein Satz beim Lesen eines Buches so rausbringt und mich so rätseln lässt, was damit gemeint sein soll, dann habe ich ehrlich gesagt wenig Lust weiterzulesen. Aber vielleicht liegt es ja auch an mir, vielleicht hängt es damit zusammen, dass dieses Wort für mich als Norddeutsche so wenig geläufig ist. Oder geht es den süddeutschen oder österreichischen Lesern bei diesem Satz ebenso wie mir? Bei mir hat die Übersetzerin mit diesem Satz auf jeden Fall schon mal einen Minuspunkt abbekommen – und wenn sie den Rest des Buches nicht prima hinbekommen hat, dann wird dieser Eindruck wohl erst einmal bestehen bleiben.

18 Kommentare

  1. Abgesehen davon, dass ich mich auch gerade mit Honey Driver rumschlage, finde ich diesen Ausdruck mehr als Unglücklich.

    Ich glaube, Gschaftelhuberin (kenne ich als immigrierte Bayerin auch nicht), soll wohl so etwas wie Kupplerin mit vielen Kontakten in der Gesellschaft oder dergleichen sein. Find's aber auch sehr seltsam.

    Ist es dein 1. Buch mit Honey Driver?

    Viele Grüße
    Cleo

  2. @Cleo: Jupp, das ist mein erstes Buch mit Honey Driver. Bei einem kurzen Anlesen im Laden hatte ich das Gefühl, dass man dem auch folgen kann, ohne die anderen Bücher mit ihr gelesen zu haben. Hast du schon mehr von der Autorin gelesen?

    Wenn ich "Gschaftelhuberin" richtig verstehe, dann ist das eine Person, die überall ihre Nase reinstecken muss. Aber auch so definiert bringt der Satz für mich keinen Sinn …

    Es ist schon seltsam, wie sehr man sich an so einem Ausdruck aufhängen kann. Aber wenn mich sowas erst einmal beschäftigt, dann kann ich das Buch kaum noch genießen. *kopfschüttel*

  3. Also meine liebe, hier sind definitiv die Österreicher gefragt, denn das Wort ist ein österreichisches! Ich hab hier eine Beschreibung gefunden und die trifft es sehr gut, besser hätte ich es auch nicht sagen können:

    "Gschaftlhuber beschreibt einen Wichtigmacher, jemanden der sich geschäftig um alles kümmert und dabei meistens übertreibt, alles zugleich macht aber nichts richtig. Kann man vergleichen mit dem Deutschen `Hans Dampf in allen Gassen`. Neben dem männlichen Gschaftlhuber gibt es auch die weibliche Gschaftlhuberin."

    Gschaftlhuberin hat weder was mit Schlampe noch mit Kupplerin zu tun, und doch schon gar nicht mit Jane Austen. Also bitte! Das ist hier ja wohl äußerst unglücklich gewählt. Und im übrigen finde ich den ganzen Satz auch völlig unverständlich und voll daneben. *ebenfalls kopfschüttel* Wie der wohl im Original heißen mag?

  4. @Evi: So eine ähnliche Definition hätte ich mir auch aus dem Bauch raus gedacht. Ich bin ja nicht zum ersten Mal mit diesem Wort in Kontakt gekommen, aber sonst habe ich aus dem Zusammenhang einen Sinn erschließen können. Bei diesem Satz hingegen …

    Auf das Original wäre ich auch neugierig, denn bislang finde ich einfach keine sinnvolle Aussage für das Ding.

    Aber es ist sehr beruhigend zu sehen, dass ich nicht die einzige bin, die damit Probleme hat!

  5. Ich kenn "Gschaftlhuberei" eher im Sinne von "Klüngelei", aber das macht ebenso wenig Sinn in diesem Zusammenhang wie alles andere.

  6. ???

    Mal abgesehen von dem Satz an sich *den Kopf schüttelt* und so rein aus Neugierde: Ist die Übersetzerin Österreicherin? Das ist so ein spezielles Wort, dass ich mich frage, wie die Übersetzerin nun gerade darauf gekommen ist.

  7. @Natira: Ich fürchte, die Übersetzerin ist wie ich den Weg über dict.cc gegangen. Wenn du da "eager beaver" eingibst, kommt die "Gschaftlhuberin" als mögliche Übersetzung raus – und vielleicht klang es für sie nach der logischten Übersetzung. Ansonsten finde ich für eine Übersetzerin mit dem Namen Ulrike Seeberger nur einen Eintrag in Nürnberg.

    Ich hätte es aber doch schöner gefunden, wenn die Übersetzerin vielleicht in diesem Fall weniger wörtlich und dafür sinnvoller mit dem Text umgegangen wäre. Schließlich macht das auch die Kunst beim guten Übersetzen aus!

  8. … Ich bin natürlich zu leo.org gegangen *g* – wo als Übersetzung angeboten wird "das Arbeitstier", "der Streber" und "Übereifriger"

    Schon falls die Übersetzerin einen Bezug zu Österreich haben sollte – besonders aber, falls nicht -, sollte sie überlegen, ob der Beriff "Gschaftelhuberin" (sogar ausdrücklich mit österr. bei dict.cc vermerkt) zum gängigen deutschsprachigen Vokabular gehört. Nach dem Namen der Protagonistin zu urteilen, spielt die Romanhandlung wohl auch nicht in Österreich – das entsprechende österreichisches Flair oder vielleicht Wiener Schmäh ist daher wohl nicht nicht zwingend für die Romanübersetzung. Ich kann hier ja nur Vermutungen anstellen, da ich den Roman nicht kenne.

    Und ja… eine inhaltliche Übersetzung wäre hier sicher passender gewesen.

  9. Nachdem man mir gesagt hatte, dass dict.cc die hilfreichere Seite für Übersetzungen sei, gucke ich immer da. 😀 Mit den leo.org-Vorschlägen im Hinterkopf macht diese Übersetzung noch weniger Sinn …

    Und ich finde auch, dass so ein spezielle Begriff (und die Geschichte spielt in Bath und wurde aus dem Englischen übersetzt) nicht in eine Übersetzung gehört, die deutschlandweit verständlich sein soll.

  10. Nürnberg passt doch als Herkunfsort der Übersetzerin. "Gschaftlhuberei" ist nämlich m.E. kein rein österreichisches Wort, sondern ebenso sehr ein bayrisches. Und wo liegt Nürnberg, na?! (Auch wenn wir Franken uns gerne als Nicht-Bayern bezeichnen, ändert es doch nix dran, dass wir blöderweise doch zu Bayern gehören! 😀 )

  11. @Irina: Deshalb habe ich ja auch die österreichischen oder süddeutschen Leser meines Blogs angesprochen. 😉 Und auch als bayrische Übersetzerin sollte der Frau bewusst sein, dass das kein allgemein verwendetes Wort ist. *schmoll* 😉

  12. Aber was hat denn der "Hans Dampf in allen Gassen" dann mit einem Wichtigtuer zu tun?

    Und was die Herkunft angeht, so kann es trotzdem nicht angehen, ein Wort, das es im alltäglichen deutschen (umfasst 16 Bundesländer) Sprachgebrauch nicht gibt, einfach so reinzuklatschen… Würde mich mal interessieren, wie die "Schlampe" im englischen Original heißt…

  13. @Cleo: Ich würde den Satz auch zu gern mal im Original in die Finger bekommen. Blöderweise juckt die Neugier dann doch nicht so sehr, dass ich bereit wäre mir das Buch noch einmal auf Englisch zu kaufen. 😉

  14. Der Satz im Original lautet "Jane Austen was a professional busybody, not a professional tart!"

    Die Diskussion hat mich neugierig gemacht, also hab mir gerade mal die Leseprobe von der englischen Ausgabe auf meinen Kindle geladen. Da sage nochmal einer, diese modernen Geräte sind total unnötig 😉

    Eine "Gschaftlhuberin" kenne ich schon, aber ich finde das in einem Buch auch nicht unbedingt angebracht, da es definitiv Dialekt ist und sicher nicht für jeden verständlich. Und in einem Gespräch über Jane Austen passt es ja auch gar nicht… Man fragt sich manchmal, was Übersetzer sich bei sowas denken. Wahrscheinlich gar nicht mal so viel 😉

    Ich habe mal einen der Honey Driver Romane gelesen (Dinner für eine Leiche) und fand den sehr schlecht. Ich würde also mal ganz frech sagen, dass du nicht viel verpasst, wenn du nicht weiterliest.

    LG,
    Stefanie

  15. @Stefanie: Erst einmal herzlich Willkommen und dann ganz vielen lieben Dank, dass du meine Neugierde gestillt hast! 🙂

    Nicht, dass der Satz im englischen Original besser wäre – er klingt genauso erschreckend wie in der deutschen Übersetzung. Da hat die Übersetzerin zwar keine Glanzleistung gezeigt, aber immerhin kann man ihr den Satz an sich nicht zum Vorwurf machen. 😉 Trotzdem finde ich den Begriff "Geschaftlhuberin" nach wie vor sehr unglücklich gewählt.

    Herjeh, da kaufe ich mir mal ein Buch einfach so spontan im Laden – und schon raten mir kurz darauf alle möglichen Leute zum Abbruch des Romans. Irgendwie habe ich da ja ein richtig glückliches Händchen bewiesen … 😉

    Ob es Leute gibt, die noch nicht wissen, dass das keine unterhaltsame Krimireihe ist und die mir mein Buch bei Booklooker abnehmen? 😀

  16. Als naturalisierter Bayerin (wer hätte gedacht, dass ich so einen Satz mal schreiben würe) ist mir das Wort Gschaftlhuberin natürlich bekannt. Ich verbinde damit vor allem Umtriebigkeit, Wichtigtuerei und viel Lärm um Nichts. Passt also zu "busybody". Die Übersetzung ist trotzdem ungeschickt.

    Und dass man sich an so einem Satz so aufhängen kann, dass das ganze Buch keinen Spaß mehr macht, kenne ich auch, aber vielleicht solltest du einfach trotzdem schnell weiterlesen.

    (Blogger hat mich die letzten Tage mal wieder nicht kommentieren lassen, deswegen Funkstille. Ich hatte mir nämlich schon fast Gedanken gemacht, das du so lange abwesend warst und mich dann gefreut zu hören, dass du "nur" krank warst.)

  17. @Susanne: Ich finde die Vorstellung von dir als "naturalisierte Bayerin" irgendwie gruselig. Aber nach so vielen Jahren war das wohl unvermeidlich. 😉

    Zuende werde ich das Buch wohl noch lesen, aber irgendwie erwarte ich nicht mehr soviel Lesevergnügen. Mal gucken, vielleicht wird es ja doch noch ganz nett. 🙂

    Wieso hat dich Blogger nicht kommentieren lassen? Jetzt wäre ich ja doch neugierig, ob noch andere das Problem in den letzten Tagen hatten. Ansonsten hast du ja meine Mailadresse und könntest auch darüber ein Lebenszeichen fordern. 😉

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