Schlagwort: Übersetzungsirritation

[Übersetzungsirritation] Kelly McCullough: Die zerborstene Klinge

Ich bin gerade auf Seite 130 von „Die zerborstene Klinge“ von Kelly McCullough und stolpere mal wieder über ein Wort. Der Roman bietet bis jetzt eine unterhaltsame Fantasygeschichte mit ein paar nicht so ausgelutschten Elementen und einer interessanten Welt. Ich bin bislang schon über den einen oder anderen Satz gestolpert, bei dem mir der Satzbau etwas zu sperrig war, so dass ich aus dem Lesefluss gerissen wurde, aber das möchte ich der Übersetzerin Frauke Meier nicht ankreiden, da das vermutlich am Originaltext liegt.

Bei folgendem Zitat aber habe ich wirklich ein Problem und vermute, dass da entweder ein falsches Wort oder – wie bei der Gschaftelhuberin – ein spezieller Dialekt verwendet wurde. Die Hauptfigur Aral hatte gerade eine unangenehm Unterredung in einer Kneipe und zieht sich nun auf ein nahe gelegenes Dach zurück.

„Als ich die Straße betrat, gähnte die Sonne dem Untergang schon entgegen, also kletterte ich eine nahe Wand empor und sah mich nach einem Plätzchen um, an dem ich mich windgeschützt niederlegen und auf die Dunkelheit warten konnte. Der Prozess veranlasste diverse Schnittwunden und Blutergüsse, lauthals nach meiner Aufmerksamkeit zu verlangen. In einer Nische mit steilen Wänden, die zwischen zwei Dachgauben auf der Leeseite eines Daches lag, fand ich eine vorübergehende Molle(S. 130)“

 Diese Molle irritiert mich wirklich. Abgesehen davon, dass das Wort „Molle“ nicht zu meinem aktiven Wortschatz gehört, habe ich immer gedacht, dass das so etwas wie „Mulde“ bedeutet. Aber eine „vorübergehende Mulde“ ergibt wenig Sinn. Online habe ich bei einer schnellen Suche als Begriffserklärung  „Backtrog“ und „Bier“ gefunden – oh, und auf italienisch soll molle angeblich „locker“ bedeuten.

Edit: Oh, und da kommt die „Molle“ schon wieder vor:

„Und ich kannte einen passenden Ort, doch den konnte ich nicht aufsuchen, ohne vorher einen kurzen Abstecher zu meiner Hauptmolle im Stall des „Greifen“ zu unternehmen.“ (S. 131)

(Der „Greifen“ ist das Gasthaus, in dem unser „Held“ in den letzten Jahren wohnte.)

Vielleicht kennt ihr ja noch weitere Bedeutungen für „Molle“, die in diesem Zusammenhang etwas mehr Sinn ergeben?

[Übersetzungsirritation] Edgar Wallace: Der viereckige Smaragd

Dank der „urheberrechtsfreien Ausgabe“ des „Projekt Gutenberg“ habe ich in den letzten Tagen „Der viereckige Smaragd“ von Edgar Wallace angefangen. Ich finde die trashigen Geschichten des Autors immer wieder wunderbar erholsam, auch wenn sie inhaltlich von sehr schwankender Qualität sind. Übersetzt wurde dieser Titel von Ravi Ravendro, und schon bei den ersten Zeilen fühlte ich mich von einem ganz bestimmten Wort irritiert.

Doch erst einmal müsst ihr euch die Atmosphäre zu Beginn des Buches vorstellen:
Ein trüber Februarnachmittag, eine elegante Lady, die durch die langen Samtvorhänge ihres Salons auf den Schneeregen vor dem Fenster späht, während im Kamin das Feuer prasselt. Alles in diesen ersten Absätzen weist auf England, auf Adelskreise, gehobene Wohnqualität und ähnliches hin – und dann betritt der „Hausmeister“ den Salon!

Hausmeister! Das müsst ihr euch auf der Zunge zergehen lassen! Da ist ein Dienstbote in einem britischen Roman, der in einem Milieu und zu einer Zeit spielt, in der Personal noch sehr verbreitet war. Dieser Dienstbote begrüßt die Gäste des Hauses, überreicht Nachrichten, steht den anderen Angestellten vor und serviert den Tee – und wird in der Übersetzung als Hausmeister bezeichnet.

Ich sollte bei einer kostenlosen Ausgabe vielleicht nicht so mäkelig sein, aber was bitte spricht gegen das Wort „Butler“?! Oder stelle ich mich in euren Augen nur an? Aber allein die Vorstellung, dass ich da noch den ganzen Roman vor mir habe (und jetzt schon abzusehen ist, dass diese Figur keine so unerhebliche Rolle darin einnimmt) und ich die ganze Zeit von einem Hausmeister lesen muss statt von einem Butler, hält mich schon etwas vom Weiterlesen ab.

Ein detaillierter Vergleich zwischen dem ersten Kapitel von „They Came to Baghdad“ und „Sie kamen nach Bagdad“

Es ist schon seltsam, dass ich beim Lesen von „The Man in the Brown Suit“ ebenso wenig wie bei „The Secret of Chimneys“ das Gefühl hatte, dass sich das Original von der mir vertrauten deutschen Übersetzung groß unterscheiden würde. Zwar ist mir im ersten Buch eine Szene ins Auge gesprungen, die mir vollkommen neu erschien, während der zweite Roman mir vor allem das Gefühl gab, dass viele Redewendungen den Weg in die deutsche Ausgabe nicht gefunden haben, aber insgesamt hatte ich nicht das Gefühl, dass ich als Leser der Übersetzung groß etwas vom Inhalt oder der Atmosphäre vermissen würde.

Nun habe ich aber in der Bibliothek das Glück gehabt, dass ich sowohl „They Came to Baghdad“ (Harper Colins Publishers, 1993) als auch „Sie kamen nach Bagdad“ (Fischer Taschenbuch Verlag, 2006; übersetzt von Elleonore von Wurzian) ausleihen konnte, und somit wurden diese beiden Titel parallel von mir angefangen. Zum Inhalt werde ich in der (English-Challenge-)Rezension zur englischen Ausgabe noch etwas sagen, hier geht es mir gerade darum, mal detaillierter auf die Unterschiede einzugehen. Dabei musste ich anfangs wirklich die beiden Titel nebeneinanderlegen und Seite für Seite parallel lesen, obwohl in „Sie kamen nach Bagdad“ schon im ersten Kapitel mehrere kleine Absätze fehlten, die viel zur Atmosphäre beitragen. Aber so richtig fällt es eben nur ins Auge, wenn es nicht nur um die Stimmung, sondern auch um Informationsvermittlung geht.

Ich trage hier mal zusammen, was mir allein im ersten Kapitel aufgefallen ist. Auf der einen Seite kann der Leser hier eine Begegnung zwischen Captain Crosbie und Dakin verfolgen, auf der anderen Seite lernt er Miss Scheele, eine Sekretärin, kennen. Wenn ich auch auf die restlichen Kapitel eingehen wollte, dann würdet ihr einen Monat lang Beiträge dazu von mir lesen können.

Viele Passagen sind wirklich wörtlich übersetzt und so habe ich mir nichts dabei gedacht, als in der englischen Ausgabe Captain Crosbie nach 1 ½ gelesenen Seiten „into a large khan or court“ (S. 8) einbiegt, während er in der deutschen Ausgabe „einen großen Hof“ (S. 6) betrat.

Wegen eines solchen Worts stelle ich mich nicht so an, auch wenn ich in einem Roman, der im Orient spielt, an sich gern auf solche Ausdrücke stoße.

Auch Dakins Büro wird in der einen Ausgabe ausführlicher dargestellt als in der anderen. So heißt es im Englischen:

It was a high, rather bare room. There was an oil stove with a saucer of water on top of it, a long, low cushioned seat with a little coffee table in front of it and a large rather shabby desk. The electric light was on and the daylight was carefully excluded. (S. 8)

Während im Deutschen mal eben die Möblierung gestrichen wurde:

Es war ein hohes, kahles Zimmer. Das elektrische Licht brannte und das Tageslicht war sorgfältig ausgeschlossen. (S. 6)

Eine – in meinen Augen – akzeptable Kürzung, die aber doch schon eine Auswirkung auf meine Vorstellung von diesem Raum hat.

Lustig ist, dass Dakin im englischen Text noch bei der Arbeit ist:

He had before him a paper which he had just been busy decoding. He dotted down two more letters and said: „…” (S. 9)

Während er diese im Deutschen schon beendet hat:

Er hatte ein Schriftstück vor sich liegen, das er eben dechiffriert hatte. (S. 7)

Eine weitere Kürzung beraubt einen Charakter in der deutschen Ausgabe einer Facette – und hat somit eindeutig eine Auswirkung auf meine Wahrnehmung dieser Person – und lässt zusätzlich eine kleine spöttische Bemerkung unter den Tisch fallen, die ich schon als wichtig für die Atmosphäre empfinde:

„They’ve been talking about in the souk – for three days,“ said Crosbie drily.
The tall man smiled his weary smile.
„Top secret! No top secrets in the East, are there, Crosbie?”
„No, sir. If you ask me, there aren’t any top secrets anywhere. During the war I often noticed a barber in London knew more than the High Command.”
„It doesn’t matter much in this case. If the meeting is arranged for Baghdad it will soon have to be made public. And then the fun – our particular fun – starts.” (S. 9)

Und zum Vergleich:

„Sie sprechen im Souk schon seit drei Tagen davon“, sagte Crosbie.
„In diesem Fall macht das nichts. Wenn die Konferenz in Bagdad stattfindet, wird das bald publik gemacht werden müssen. Und dann fängt der Spaß – unser Privatspaß – an.“ (S. 7)

Bei einer solchen Veränderung fällt auch kaum auf, dass Crosbi recht salopp fragt, ob „Uncle Joe – thus disrespectfully did Captain Crosbie refer to the head of a Gread European Power – really mean to come?“ (S. 9), während es im Deutschen nur heißt: „Hat Onkel Joe ernstlich die Absicht zu kommen?” (S. 7), ohne dass man an dieser Stelle eine Erklärung bekommt, wer „Onkel Joe“ sein könnte.

Wirklich gestört hat mich aber vor allem folgende Veränderung, bei der sich Dakin recht desillusioniert über die kommende Veranstaltung äußert:

„I think he does this time, Crosbie,“ said Dakin thoughtfully. „Yes, I think so. And if the meeting comes off – comes off without a hitch – well, it might be the saving of – everything. If some kind of understanding could only be reached –“ he broke off.
Crosbie still looked slightly sceptical. „Is – forgive me, sir – is understanding of any kind possible?”
„In the sense you mean, Crosbie, probably not! If it were just a bringing together of two men representing totally different ideologies probably the whole thing would end as usual – in increased suspicion and misunderstanding. But there’s the third element. If that fantastic story of Carmichael’s is true –“ (S. 10)

Und die entsprechende Passage in der deutschen Ausgabe:

„Ich glaube, diesmal ja, Crosbie”, sagte Dakin nachdenklich. „Ja, ich glaube es wirklich. Und wenn sie stattfindet und ungestört verläuft – nun, dann kann sie vielleicht alles retten. Aber wenn diese fantastische Geschichte von Carmichael wahr ist …“ Er brach ab. (S. 8)

Nun, wer braucht schon Gedanken darüber, wie wichtig die kommende Veranstaltung ist, welche Auswirkungen sie auf die Welt haben könnte und wer vermisst schon philosophische Gedanken zum Thema „Verständigung“ … Bestimmt verliert die Geschichte nichts an Atmosphäre und Dringlichkeit, wenn man anfangs nicht mal eine Ahnung davon hat, worum es überhaupt geht. *seufz*

Bei einer langen Auflistung, welche Verbrechen in den letzten Tagen verübt worden sind, die mit Carmichael (dem Mitarbeiter, der anscheinend einen schlimmen Verdacht bezüglich der Veranstaltung hat) zusammenhängen könnten, fehlt nur ein kleiner Satzanhang am Ende:

“ […] A gardener at the Embassy, a servant at the Consulate, an official at the Airport, in the Customs, at the railway stations … all hotels watched … A cordon, stretched tight.” (S. 11)

Und zum Vergleich:

“ […] Ein Gärtner in der Botschaft – ein Diener auf dem Konsulat – ein Beamter auf dem Flughafen, beim Zoll, auf einem Bahnhof – alle Hotels überwacht.“ (S. 9)

Für mich eine vertretbare, wenn auch nicht nötige Veränderung des Textes.

Den gravierendsten Einschnitt gibt es allerdings am Ende der Passage über Crosbie und Dakin. So endet dieser Teil im Englischen:

In the middle of the spider’s web he wrote a name: Anna Scheele. Underneath he put a big query mark.
Then he took his hat, and left the office. As he walked along Rashid Street, some man asked another who that was.
„That? Oh, that’s Dakin. In one of the oil companies. Nice fellow, but never gets on. Too lethargic. They say he drinks. He’ll never get anywhere. You’ve got to have drive to get on in this part of the world.” (S. 12)

Während im Deutschen an Ende dies zu lesen ist:

Schließlich zeichnete er in einer Ecke des Löschpapiers ein Spinnennetz und in die Mitte des Spinnennetzes schrieb er einen Namen: „Anna Scheele“. Darunter setzte er ein großes Fragezeichen. (S. 10)

Solche Änderungen machen mich wirklich ärgerlich. Ich finde es schon relevant, dass Dakin in den Augen der Öffentlichkeit ein antriebsloser und vermutlich trinkender Angestellter einer Ölfirma ist – und diese Informationen werden mir in der deutschen Ausgabe komplett vorenthalten!

Der Text über Miss Scheele hingegen wird in der deutschen Übersetzung gleich mal um einen Satz erweitert:

„Have you got the reports on the Krugenhorf property, Miss Scheele?“ (S. 12)

Und:

In einem großen Büro eines New Yorker Wolkenkratzers saß ein Mann an einem Schreibtisch.
„Haben Sie den Bericht über das Krugendorf-Vermögen, Miss Scheele?“ (S. 10)

Dafür wurde dann bei der Beschreibung der guten Miss Scheele gleich ein Satz wieder eingespart:

She could organize the staff of a big office in such a way that it ran as by well-oiled machinery. She was discretion itself and her energy, though controlled and disciplined, never flagged.
Otto Morganthal, head of the firm of Morganthal, Brown and Shipperke, international bankers, was well aware that to Anna Scheele he owed more than mere money could repay. (S. 13)

Sie konnte den Stab eines großen Büros so organisieren, dass er wie eine gut geölte Maschine funktionierte.
Otto Morganthal, Chef der angesehenen Firma Morganthal, Brown & Schipperke, internationales Bankhaus, war sich bewusst, dass Anna Scheeles Dienste nicht mit Gold aufzuwiegen waren. (S. 11)

Keine Streichung, aber doch einen – in meinen Augen – merkbaren Unterschied bezüglich der Beschreibung von Miss Scheele beinhaltet für mich folgende Übersetzung:

He would indeed have been astonished if he had been told that she had any thoughts – other, that is, than thoughts connected with Morganthal, Brown and Shipperke and with the problems of Otto Morganthal. (S. 14)

Er wäre in der Tat höchst erstaunt gewesen, hätte man ihm gesagt, dass sie irgendwelche Gedanken hatte, die sich nicht auf Morganthal, Brown & Schipperke oder auf die Probleme von Otto Morganthal bezogen. (S. 12)

Inhaltlich eigentlich kein Unterschied, aber von der Aussage her schon eine spürbare Differenz.

Und an dieser Stelle wurde der Text im Deutschen mal wieder etwas gerafft:

So it was with complete surprise that he heard her say as she prepared to leave his office:
„I should like three weeks’ leave of absence if I might have it, Mr Morganthal. Starting from Tuesday next.”
Staring at her, he said uneasily: „It will be awkward – very awkward.”
„I don’t think it will be too difficult, Mr Morganthal. Miss Wygate ist fully competent to deal with things. I shall leave her my notes and full instructions. Mr Cornwall can attend to the Ascher Merger.”
Still uneasily he asked:
„You’re not ill, or anything?”
He couldn’t imagine Miss Scheele being ill. Even germs respected Anna Scheele and kept out of her way.
„Oh no, Mr Morganthal. I want to go to London to see my sister there.”
„Your sister?” He didn’t know she had a sister. He had never conceived of Miss Scheele as having any family or relations. She had never mentioned having any. And here she was, casually referring to a sister in London. She had been over London with him last fall but she had never mentioned having a sister then.
With a sense of injury he said:
„I never knew you had a sister in England?” (S. 14)

Daher traute er seinen Ohren nicht, als sie, im Begriff das Büro zu verlassen, sagte: „Ich möchte gern, wenn möglich, drei Wochen Urlaub haben, Mr Morganthal, ab nächsten Dienstag. Ich  möchte nach London fahren, um meine Schwester zu sehen.“
„Ihre Schwester?“ Sie war letzten Herbst mit ihm in London gewesen, ohne je zu erwähnen, dass sie eine Schwester hatte. Er sagte etwas gekränkt: „Ich wusste gar nicht, dass Sie eine Schwester in England haben.“ (S. 12)

Für mich besteht zwischen diesen beiden Szenen ein riesiger Unterschied! Auf der einen Seite hat man eine zurückhaltende effiziente Sekretärin, die auch bezüglich ihres Privatlebens diskret ist und der man jede Information aus der Nase ziehen muss, während die deutsche Übersetzung eine Frau zeigt, die ihrem Chef auf Anhieb gleich alle Details verrät, damit sie Urlaub bekommt. Die „englische“ Anna Scheele hinterlässt bei mir einen komplett anderen Eindruck als die „deutsche“ Anna Scheele. Und das finde ich noch schlimmer als die fehlenden Informationen bezüglich Dakin am Ende seiner Passage.

Und hier noch die letzte Änderung im ersten Kapitel:

„All right, all right .. Get back as soon as you can. I’ve never seen the market so jumpy. All this damned Communism. War may break out at any moment. It’s the only solution, I sometimes think. The whole country’s riddled with it – riddled with it. And now the President’s determind to go to this fool conference at Baghdad. It’s a put-up job in my opinion. They’re out to get him. Baghdad! Of all outlandish places!” (S. 15)

„Schön, schön … kommen Sie so bald wie möglich zurück. Der Markt war noch nie so unruhig. Das ist dieser verfluchte Kommunismus. Das ganze Land gärt – gärt, sage ich. Und jetzt hat sich der Präsident entschlossen, zu dieser närrischen Konferenz nach Bagdad zu fliegen. Meiner Meinung nach eine abgekartete Sache. Sie haben es auf ihn abgesehen. Bagdad! Von allen ausgefallenen Plätzen gerade Bagdad!“ (S. 12)

Kaum ein Unterschied und doch wird uns die Angst vor einem möglichen Krieg in der deutschen Ausgabe unterschlagen … Aber wer braucht in einer Spionagegeschichte schon solche Details?

Da ich die Übersetzung insgesamt eigentlich ganz stimmig finde, gehe ich mal davon aus, dass bei den Kürzungen eher der Verlag die Finger im Spiel hatte als Elleonore von Wurzian, die den Text ins Deutsche transportiert hat. Und bei den kleineren Sachen – wie der Weglassung des „khan“ oder auch dem fehlenden Satz bei der Raumbeschreibung – würde ich mich auch nicht beschweren, aber einige der gekürzten Sätze und Passagen machen doch einiges an Atmosphäre und Inhalt aus!

Vor allem fehlen die Elemente, die zeigen wie gut sich die Autorin in Bagdad ausgekannt hat und wie sehr sie das Land in all seinen Schattierungen liebt. Auch finde ich es erschreckend, wie wenig in der deutschen Übersetzung noch von Agatha Christies Gedanken zum Thema Wirtschaft, Kommunismus und dem drohenden (Kalten) Krieg übrig geblieben ist. Mein Fazit aus diesem Vergleich ist, dass ich wohl in den nächsten Jahren meine Agatha-Christie-Sammlung so nach und nach durch die Originalausgaben ersetzen werde.

[Übersetzungsirritation] Jean G. Goodhind: Mord nach Drehbuch

„Mord nach Drehbuch“ hatte ich mir gekauft, weil ich dachte, dass es ein unterhaltsamer Krimi sei, den ich gut zwischendurch einschieben könnte. Und nun hänge ich auf Seite 14 und ärgere mich über einen Satz so sehr, dass ich kaum weiterlesen mag. Ich weiß nicht, was sich die Übersetzerin Ulrike Seeberger bei diesem Satz gedacht hat, aber für mich ist der absolut unverständlich!

Es geht um eine ganz bestimmte Situation, Honey Driver, die Hauptfigur des Romans, streitet sich mit einer unsympathischen Schauspielerin, die in einem Film die Rolle der Jane Austen übernehmen soll. Die Schauspielerin ist laut und ordinär und Honeys Streit mit ihr ist in meinen Augen recht kindisch, aber beide wollen halt die Oberhand behalten. Und während die Schauspielerin immer ausfallender wird, versucht eines der Crew-Mitglieder sie zu beruhigen mit den Worten: „Aber, aber Martyna. Beruhige dich bitte, nur mit der Ruhe. Du weißt doch, wer wütend ist, kommt nur schwer in die Rolle hinein.“

Und als Reaktion darauf kommt der Satz, der mich so sehr irritiert.

„Genau“, bestärkte ihn Honey, die entschlossen war, das letzte Wort zu behalten. „Schließlich war Jane Austen zwar eine professionelle Gschaftelhuberin, aber keine professionelle Schlampe!“

Erst einmal musste ich als Norddeutsche nachgucken, was „Gschaftelhuberin“ genau heißen soll –  und habe dabei festgestellt, dass es dafür keine genaue Definition gibt, die für mich einen Sinn in diesen Satz bringt. Und dann habe ich mal über dict.cc geguckt, was da im englischen Original gestanden haben könnte und bin über „eager beaver“ gestolpert. Während „Gschaftelhuberin“ für mich eindeutig einen negativen Beiklang hat, so kann „eager beaver“ in meinen Ohren zwar negativ gemeint sein, muss es aber nicht.

So oder so macht der Satz „Schließlich war Jane Austen zwar eine professionelle Gschaftelhuberin, aber keine professionelle Schlampe!“ für mich einfach keinen Sinn. Was soll dem Leser damit gesagt werden?

Wenn mich ein Satz beim Lesen eines Buches so rausbringt und mich so rätseln lässt, was damit gemeint sein soll, dann habe ich ehrlich gesagt wenig Lust weiterzulesen. Aber vielleicht liegt es ja auch an mir, vielleicht hängt es damit zusammen, dass dieses Wort für mich als Norddeutsche so wenig geläufig ist. Oder geht es den süddeutschen oder österreichischen Lesern bei diesem Satz ebenso wie mir? Bei mir hat die Übersetzerin mit diesem Satz auf jeden Fall schon mal einen Minuspunkt abbekommen – und wenn sie den Rest des Buches nicht prima hinbekommen hat, dann wird dieser Eindruck wohl erst einmal bestehen bleiben.