Schlagwort: Kerstin Signe Danielsson

Leseeindrücke im Juni und Juli (2)

„Später Frost“ von Roman Voosen und Kerstin Signe Danielsson war mir in diesem Beitrag ins Auge gefallen. Ich habe ja oft genug mein Problem mit skandinavischen Krimis, aber das hier klang gut genug, um mal einen Versuch zu wagen. Am Ende kann ich sagen, dass sich der Roman für mich gelohnt hat, dass man aber meiner Meinung nach auch etwas Durchhaltevermögen dafür benötigt. Am Anfang fühlte ich mich total erschlagen von der Masse an neuen Personen, von individuellen Befindlichkeiten und einem schrecklichen Mordschauplatz, der nicht gerade viele Hinweise auf den Täter liefert.

Dafür fand ich Ingrid Nyström, die zu Beginn des Buches zur Hauptkommissarin befördert wird, sehr sympathisch und stimmig. Eine angenehm normale Polizistin, deren drei Kinder aus dem Haus und zum Teil verheiratet sind, und deren Mann Verständnis für ihren Beruf hat. Auch innerhalb des Teams herrscht grundsätzlich – trotz der einen oder anderen Stichelei – ein angenehmer und respektvolles Miteinander, was gut zu lesen war. Einzig mit der zweiten Protagonistin, Stina Forss, hatte ich ein paar Probleme, weil ich viele ihrer Handlungen überzogen und unverständlich fand – was sich aber gegen Ende der Geschichte nicht schön, aber doch stimmig klärt.

Der Fall an sich war leider überfrachtet und arg konstruiert, aber letztendlich nicht uninteressant. Insgesamt denke ich, dass ich dem zweiten Krimi rund um Ingrid Nyström und Stina Forss eine Chance geben werde, um zu schauen, ob die beiden Autoren die Reihe genauso weiterschreiben wie mit dem Debütroman begonnen oder ob es da noch Entwicklungen geben wird, die den nächsten Band für mich besser oder schlimmer machen. Beides ist möglich, obwohl ich am Ende – trotz all meiner Kritikpunkte – erst einmal damit zufrieden war, wie sich „Später Frost“ entwickelt hatte.

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Auf Frances Hardinge und ihren Roman „Die Herrin der Worte“ bin ich über Birthe gestoßen, die einen anderen Titel der Autorin rezensiert hatte. So nett ich den Anfang fand, als ich ihn vor ein paar Wochen angelesen hatte, so war mir auch klar, dass ich für das Buch aufgrund der Sprache etwas mehr Aufmerksamkeit benötige als für ein „normales“ Kinder- und Jugendbuch. Letztendlich habe ich den Roman aber dann doch erst in den zwei Tagen vor Ablauf der Leihfrist gelesen – und muss gestehen, dass diese intensive Auseinandersetzung mit der Erzählweise, den Figuren und der Geschichte gar nicht so schlecht war.

Frances Hardinge hat wirklich eine ungewöhnliche und sehr schöne Art mit Sprache und Wörtern umzugehen, die gerade bei einem Roman, in dem es um die Schönheit und Macht vonWörtern, um Gefühle weckende Geschichten und um verbotene Schriften geht, sehr gut zur Geltung kommt. Einzig die Ergüsse der Figur des Wortmeister Clent waren mir manchmal etwas zu viel, da er – seinem Charakter entsprechend – sehr lang, blumig und fantasiereich spricht, wenn man ihn zu Wort kommen lässt. Mosca hingegen, die zwölfjährige Hauptfigur, hat mir sehr gut gefallen. Sie ist in vieler Hinsicht naiv und unerfahren, aber sie hat einen eigenständigen und starken Verstand und entwickelt sich im Laufe der Geschichte sehr schön weiter. Die Handlung an sich hat mich in vielen Teilen an die Westmark-Trilogie von Lloyd Alexander erinnert, die ich seit Jahren immer wieder gern lese.

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„Rotwild“ von Roman Voosen und Kerstin Signe Danielsson habe ich nur wenige Tage nach dem oben erwähnten Titel „Später Frost“ gelesen. Auch beim zweiten Band des Autorenteams rund um die beiden Polizistinnen Ingrid Nyström und Stina Forss konnten mich ein Großteil der Charaktere und ihr Umgang miteinander überzeugen. Der Fall hingegen war mir auch dieses Mal wieder viel zu konstruiert. Zwar habe ich bei beiden Romanen etwas über deutsche und schwedische Geschichte gelernt, was mir so zuvor nicht bewusst war (mehr möchte ich nicht ins Detail gehen, weil ich dann die Auflösung des jeweiligen Falls verraten müsste), aber das reicht mir nicht, wenn der Kriminalfall an sich mich nicht überzeugen kann. Auch empfinde ich Stina Forss als Störfaktor in der Geschichte, auch wenn sie aufgrund ihrer Verbindungen und etwas radikaleren Art hier und da an Informationen herankommt, die ihre Kollegen so nicht bekommen hätten. Ich muss zugeben, dass die Romane nicht ohne Reiz sind, aber ich glaube nicht, dass ich die Reihe weiterverfolgen werde.