Joan Aiken: The Serial Garden – The Complete Armitage Family Stories

„The Serial Garden“ von Joan Aiken beinhaltet die vollständige Sammlung ihrer Geschichten rund um die Familie Armitage. Laut dem Vorwort ihrer Tochter Lizza entstanden die ersten Ideen zu den Abenteuern der Armitages, als Joan Aiken als Mädchen auf langen Spaziergängen ihren kleinen Bruder unterhalten wollte. Als Teenager hat sie dann die erste Geschichte („Yes, but Today is Tuesday“) an die BBC verkaufen können und sechzig Jahre später – nachdem sie schon viele weitere Episoden aus dem Leben der Familie Armitage erzählt hatte – hat Joan Aiken den Prolog und die letzten Geschichten rund um die Armitages geschrieben, um die Abenteuer der Familie abzurunden und die gesammelten Kurzgeschichten in einem Band mit dem Titel „The Serial Garden“ veröffentlichen zu können. Bevor ich diese Sammlung las, kannte ich nur eine der vielen Kurzgeschichten, und mir war nicht bewusst, dass sie zu einer ganzen Reihe von Anekdoten über diese Familie gehörte.

Ich muss zugeben, dass ich absolut hingerissen von diesen amüsanten und skurrilen Geschichten rund um die Familie Armitage bin und all die fantastischen und ungewöhnlichen Elemente liebe, die Joan Aiken da eingebaut hat. Das Ganze beginnt während der Flitterwochen von Mr. und Mrs. Armitage, als Mrs. Armitage darüber nachdenkt, wie das Leben wohl aussehen müsste, damit es wirklich zu einem „living happily ever after“ kommt. Als sie dann noch am Strand einen Wunschstein findet, wünscht sie sich ein Haus (mit mindestens einem Geist), zwei Kinder (inklusive Feen-Patentante) und ein Leben voller magischer Elemente – nur an Montagen, aber nicht an jedem Montag und nicht nur am Montag, weil es sonst zu vorhersehbar und damit wieder langweilig würde. Ich muss gestehen, dass der Prolog, in dem diese Ereignisse geschildert werden, schon deutlich macht, dass Mr. Armitage mit einem ganz normalen, unmagischen Leben mindestens ebenso zufrieden (vermutlich sogar zufriedener) gewesen wäre, aber irgendwie gehört es ja auch zu solchen Geschichten dazu, dass einer nicht so ganz glücklich über all die unvorhersehbaren und fantastischen Elemente im Leben ist.

In den folgenden Episoden gibt es Personen, die immer wieder auftauchen, wie bestimmte Nachbarn oder Angestellte, aber auch ein Haufen Charaktere, die nur für ein bestimmtes Ereignisse eingeführt werden. Da es Joan Aiken gelingt, jede vorkommende Figur mit ein paar Worten oder Dialogzeilen so klar zu charakterisieren, dass man sich sofort ein Bild von ihr machen kann, ist es überhaupt kein Problem, dass das Personal in den Geschichten so häufig wechselt. Angesichts all der Vorfälle, die im Umkreis der Familie Armitage passieren, ist es eher ein Wunder, dass es überhaupt Personen gibt, die all das über Jahre hinweg mitmachen und kein Problem damit haben, dass sie regelmäßig in Tiere verwandelt werden oder Zeuge aufsehenerregender magischer Vorfälle werden. Wobei die kleinen und fast alltäglichen Elemente in Joan Aikens Geschichten eigentlich überwiegen und das Lesen gerade deshalb so viel Spaß macht, weil die Autorin es schafft, dass man es als ganz selbstverständlich empfindet, dass die Nachbarin eine „Old Fairy Lady“ ist oder dass ein Einhorn im Garten grast.

Ich habe all die vielen kleinen und größeren Abenteuer, die sich in der Regel um die Kinder Mark und Harriet Armitage drehen, sehr genossen. Ich weiß nicht, ob ich selbst so gelassen damit umgehen würde, wenn auf einmal Einhörner meinen Garten überfluten, Furien in meinem Kohlenkeller überwintern wollen oder das Gebäck der Nachbarin dafür sorgt, dass das Schiff kentert, in dem ich mich gerade befinde, aber gerade die Tatsache, dass die Armitages so pragmatisch mit all diesen Vorfällen umgehen, sorgt immer wieder für wunderbare, amüsante und überraschende Wendungen in der Geschichte. Am Ende des Buchs war ich nicht nur sehr glücklich mit all den gelesenen Geschichten (obwohl nicht alle gleich großartig geschrieben sind, machen sie doch alle viel Spaß beim Lesen), sondern wünschte mir sogar, es gäbe ein bisschen mehr Alltagsmagie in meinem Leben. Vielleicht nicht gerade eine temperamentvolle Hexe alte Feendame als Nachbarin oder duellierende Druiden im Garten … aber ein höflicher Geist im Dachgeschoss klingt gut oder ein Einhorn zum Reiten – solche Elemente stelle ich mir schon sehr nett vor.

2 Kommentare

  1. Das klingt wirklich nett. Kein Wunder, das dir dieses Buch gefallen hat. Wenn ich nur endlich mehr Zeit hätte … Gibt's dafür nicht vielleicht auch ein wenig magische Unterstützung?

  2. Ich fürchte, um die magische Unterstützung zu bekommen, musst du erst diverse Kurse belegen (oder zumindest morgens um fünf Uhr die Radiolehrstunde zum Thema "Zauber und Flüche" aufmerksam hören, während du drei verschiedene Versionen eines Beethoven-Stücks abspielst. Was wiederum zeitaufwändiger wäre, als ein paar Minuten früher aufzustehen, um regelmäßig ein paar Seiten zu lesen. 😉

    Das schöne an diesen Kurzgeschichten ist, dass sie maximal 20 Seiten haben und sich so wirklich gut einschieben lassen. Wenn meine Frühstückspause nur für eine halbe Geschichte gereicht hat, habe ich in der Regel abends die restlichen Seiten zur Entspannung vor dem Schlafengehen gelesen – das war wirklich hübsch und brachte ein paar nette Träume mit sich. 🙂

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