Beim Inhalt begnüge ich mich ausnahmsweise mal wieder mit dem Klappentext des Romans:
Eine rote Narbe über dem Herzen und ein Spiegel in der Hand. Ein Serienkiller veranstaltet eine besonders grausame Inszenierung mit seinen jungen Opfern. Welche Botschaft steckt dahinter? Christian Beyer und sein Team decken ein skrupelloses Spiel um Geld und wissenschaftlichen Fortschritt auf, das seinen tödlichen Tribut fordert.
Ich habe mir den Krimi „Puppenspiele“ in der Bibliothek mitgenommen, weil ich auf mehreren Seiten recht lobende Worte zu dem Titel gelesen hatte und neugierig war. Im Moment habe ich große Lust auf Kriminalromane und ebenso große Lust, mal wieder einen deutschen Autor für mich neu zu entdecken. Obwohl „Puppenspiele“ schon der vierte Band um Hauptkommissar Christian Beyer ist, hatte ich überhaupt keine Probleme mit der Handlung und kam gut mit dem eingespielten Team der „Soko Bund“ zurecht. Außerdem hat mir die klare und zum Teil schon fast zu direkte Sprache der Autorin gefallen.
Auch fand ich die kleinen Momente, in denen deutsche Städte beschreiben wurden, angenehm atmosphärisch und stimmig. Die vielen Perspektivwechsel fielen für mich unter „gewohntes Stilmittel“ und gaben nicht nur Einblick in die Arbeit der Ermittler, sondern auch in die Ansichten und Gedanken anderer Personen, die (mal mehr, mal weniger) in den Fall verwickelt waren, so dass sich die Geschichte aus vielen kleinen Puzzlestückchen zusammensetzte. Soweit alles schön und gut, aber trotz der positiven Punkte an diesem Krimi habe ich mich regelrecht durch diesen Roman gequält und mich dabei ertappt, dass ich lieber eine zufällig laufende Kirchendoku (normalerweise gar nicht mein Thema) im Fernsehen verfolgt habe als weiter zu lesen.
Das lag nicht nur daran, dass die Handlung für mich viel zu schnell schrecklich vorhersehbar war, sondern auch, dass ich mit dem Thema und seiner Umsetzung durch die Autorin inzwischen nichts mehr anfangen kann. Vermutlich liegt es wirklich an mir und ich habe einfach schon zu viele Kriminalromane gelesen, die sich um hochintelligente Serienmörder, skrupellose Geschäftsmenschen, Familiengeheimnisse aus der Vergangenheit und ähnliche Elemente drehen. Aber ich habe so die Nase voll von diesem – auch hier nicht konsequent durchgezogenen – Tätertypus, diesen konstruierten Geschichten und diesen an den Haaren herbeigezogenen Motiven, dass bei mir einfach keine Spannung aufkam.
Die diversen kleinen Hinweise waren für mich einfach viel zu offensichtlich gestreut, und so lag die Lösung auf der Hand, lange bevor einem die verschiedenen Nebenstränge offiziell die Antwort auf die ganzen Fragen gegeben haben. Und während ich über solche durchschaubaren Plots normalerweise hinwegsehen kann, wenn mir ein Autor zumindest die Charaktere nahebringen kann, so fehlte mir in „Puppenspiele“ genau das. Die verschiedenen Figuren waren mir nicht unsympathisch, stellenweise waren sie sogar interessant konzipiert, aber sie haben mich nicht berührt. Es war mir vollkommen egal, was aus ihnen wurde – sogar als es um das Schicksal eines zehnjährigen Mädchens ging …
Ich glaube, „Puppenspiele“ gehört zu den Kriminalromanen, die einen als erfahrener und kritischer Krimileser einfach nicht überzeugen können. Marina Heib schreibt wirklich nicht schlecht, aber der von ihr genutzte Handlungsaufbau und die verwendeten Stilmittel sind (für mich) inzwischen so ausgelutscht, dass einfach keine Spannung aufkommen wollte. Und wenn die Handlung einen schon nicht mitreißen kann, dann ist es umso bedauerlicher, dass einem die verschiedenen Charaktere nicht nahegebracht werden. Das Lesen dieses Romans war für mich wie das Angucken einer beliebigen amerikanischen Krimiserie – da braucht es auch nur einen bestimmten Kamerazoom, und schon kann ich meinen Mann erzählen, wer der Täter war und welche zwei möglichen Motive in Frage kommen … 😉
Hm, na das war ja dann wohl ein Reinfall! Schade für dich. Aber das du an der Kameraeinstellung erkennen kannst, wer der Mörder ist, find ich ziemlich beeindruckend 🙂
Für mich war der Roman wirklich nicht der richtige Lesestoff. Vielleicht wäre es anders gewesen, wenn ich den zehn Jahre früher (also, wenn er dann schon geschrieben worden wäre) gelesen hätte.
Was die Kamera angeht: Guck dir mal einige amerikanische Krimiserien aufmerksam an, dann hast du ganz schnell die Tricks raus, mit denen "subtil" auf die Lösung hingearbeitet wird, damit der Zuschauer am Ende auch von der Schuld des Täters überzeugt ist. Irgendwie ist es ganz lustig solche Sachen aufzuspüren, kann einem aber auch langfristig das Fernsehvergnügen verderben. 😉
Ist doch komisch, wie schnell man sich die superintelligenten Serienmörder übergelesen hat… Eigentlich finde ich das Thema immer noch interessant, wenn's nur nicht immer auf dieselbe Art und Weise behandelt würde 🙁
Möglichst-gräßliche-respektive-kreative-Mordopfer nutzt sich erschreckend schnell ab.
@Kiya: Ohja! Umso überraschter war ich als ich "Totesbräute" gelesen habe – auch wenn ich kurz darauf feststellen musste, dass Karen Rose ebenfalls dazu neigt sich zu wiederholen. Aber zur Abwechslung hatte mir das Buch gefallen. Andere Titel von der Autorin waren mir dann zu sehr Liebesgeschichte für einen Krimi, auch wenn ich zugeben muss, dass sich die Bücher leicht weglesen ließen. 😀 Aber vielleich war ich von Karen Rose deshalb nicht enttäuscht, weil ich da keine Erwartungen hatte, während mir die Marina Heib als erfrischend anders beschrieben wurde …
Das mit den Erwartungen ist eine ganz fiese Falle, haben wir ja schon festgestellt 🙂 Wahrscheinlich findet man deshalb z.B. oft die Fortsetzung zu einem Buch, das einem wahnsinnig gefallen hat, eher mau, weil man so viel erwartet hat.
Stimmt, aber so ganz ohne Erwartungen – oder zumindest Neugier – bin ich dann doch nie. Sonst würde ich schließlich nicht zu einem Buch greifen. *g*
Es kann aber auch genauso gut andersrum funktionieren. Gestern Abend habe ich ein Kinderbuch gelesen, dessen erster Teil mir gar nicht gefallen hatte, und die Fortsetzung fand ich deutlich besser. 😀
Das stimmt natürlich – ein paar Erwartungen hat man immer 🙂
Hab auch noch ein Beispiel: Beim ersten Lesen fand ich den 5. Harry Potter-Band am schwächsten. Beim zweiten Lesen hatte ich dieses hat-mir-nicht-so-gefallen immer im Hinterkopf und war dann überrascht, wie viele schöne Plots doch auch drinstecken, an die ich mich gar nicht mehr erinnert hatte.
Hm, vielleicht sollte ich mir doch noch einmal Harry Potter 6+7 besorgen – die waren für mich eine ziemliche Enttäuschung, vielleicht ändert sich dieser Eindruck bei einem zweiten Lesen ja. 😉
Schade, dass du dich für Marina Heib nicht so begeistern kannst wie ich, liebe Winterkatze. Schon klar, das Serienmörderrad hat sie mit "Puppenspiele" wahrlich nicht neu erfunden. Das gelingt inzwischen ja nur noch wenigen Schriftstellern. Aber ich konnte mich vor allem für das facettenreiche Ermittlerteam erwärmen. Lebendige Charaktere zu erschaffen, ist heutzutage ja nun auch nicht immer eine Selbstverständlichkeit. Ich habe hier noch den ersten Teil der Reihe liegen und werde ihn demnächst lesen. Mal schauen, wie es da mit den Figuren ausschaut …
@Nantik: Ich war wirklich gewillt dieses Buch zu mögen, aber es hat mich einfach nicht gepackt. Die Ermittler fand ich nicht unsympathisch – auch wenn ich die kleinen Eifersuchtsattacken nicht ganz nachvollziehen konnte -, aber auch nicht so einprägsam, dass sie mich über die ärgerlichen Punkte hinweggetragen hätten. Komischerweise ist mir die alte Dame vom Anfang noch am deutlichsten in Erinnerung. Die mochte ich und obwohl sie nur drei winzige Szenen hatte, habe ich ein sehr klares Bild von ihr bekommen und hätte sie gern als Nachbarin und würde dann auch mit ihr übersüßten Kakao trinken … 🙂
Ich bin gespannt, was du zum ersten Teil der Reihe sagst – vielleicht gebe ich ja dann der Autorin noch eine Chance. 😉