Nachdem ich „The Haunting of Aveline Jones“ von Phil Hickes Anfang des Jahres gelesen hatte, bekam ich große Lust auf weitere unheimliche Geschichten mit Aveline. In „The Bewitching of Aveline Jones“ verschlägt es das Mädchen gemeinsam mit seiner Mutter in den Sommerferien nach Norton Wick. Der kleine Ort liegt in der Nähe von Bristol, wo die beiden wohnen, und so ist Aveline nicht ganz so begeistert davon, dass sie ihren Urlaub dort verbringen soll, statt wie ihre Mitschüler an den Strand oder gar ins Ausland zu fahren. Zum Glück gibt es direkt hinter ihrem Ferienhaus die mysteriösen Witch Stones, und so ist Aveline fest entschlossen, in den kommenden Tagen gemeinsam mit ihrem Freund Harold mehr über diesen uralten Steinkreis herauszufinden. Doch bevor Harold, sein Großonkel Ernst Liebermann und Avelines Tante Lilian in Norton Wick eintreffen können, macht Aveline schon die Bekanntschaft von Hazel Browne.
Hazel ist ein Mädchen, das anscheinend ebenso an übernatürlichen und unheimlichen Dingen interessiert ist wie Aveline selbst. Mit Hazel befreundet zu sein, ist für Aveline etwas ganz Aufregendes und Neues, und so dauert es seine Zeit, bis sie dahinterkommt, dass Hazels Freundschaft vielleicht doch nicht so unkompliziert und ungefährlich ist, wie sie anfangs glaubte. Für den Leser hingegen wird schon recht früh deutlich, was mit Hazel los ist, aber ich muss sagen, dass mich diese Diskrepanz zwischen meiner eigenen Wahrnehmung und Avelines Naivität nicht gestört hat. Stattdessen hat es Phil Hickes geschafft, dass ich mich darüber amüsierte, dass Aveline ständig auf der Suche nach gruseligen Dingen ist, aber dann doch so rationell ist, dass sie für all die unheimlichen Vorfälle in Norton Wick immer wieder eine ganz „vernünftige“ Erklärung findet. Außerdem habe ich gespannt darauf gewartet, dass Aveline all die kleinen Hinweise und Informationen, die sie im Laufe der Geschichte erhält, zu einem stimmigen Bild zusammensetzt – und welche Folgen das dann wohl auf ihre Freundschaft zu Hazel haben wird.
So schön ich all die atmosphärischen Beschreibungen und unheimlichen Szenen fand, so habe ich doch vor allem wieder das Verhältnis zwischen Aveline und Harold sowie zwischen ihr und ihren Familienmitgliedern genossen. Aveline und ihre Mutter gehen offen und respektvoll miteinander um, und auch wenn ihre Mutter ihr nicht immer alles glaubt, so kann sich Aveline sicher sein, dass ihre Mutter sie liebt und für sie da ist. Harold hingegen glaubt Aveline nicht nur, wenn sie ihm von all ihren abwegigen und gruseligen Erlebnissen erzählt, er unterstützt sie auch die ganze Zeit. Selbst als er zwischendurch von Aveline zugunsten von Hazel „vernachlässigt“ wird, ist er ihr nicht böse. Stattdessen hört er Aveline zu, als sie ihm erklärt, wie es dazu gekommen ist, dass sie ihn alleingelassen hat, um Zeit mit Hazel zu verbringen. Und natürlich besorgt Harold für Aveline all die Bücher rund um Steinkreise, Druiden, Hexen und den Ort Norton Wick, in denen die beiden all die wichtigen Informationen finden, die Aveline dringend benötigt.
Obwohl die Handlung Ende August spielt und die sommerliche Hitze immer wieder ein Thema ist, hat sich die Geschichte auch ganz wunderbar Ende Oktober lesen lassen, als ich Lust auf etwas (herbstlich) Gruseliges hatte. Weshalb ich mich wirklich sehr gefreut habe, als ich am Ende des Buches eine Ankündigung für einen dritten Aveline-Jones-Roman entdeckt habe, dieses Mal mit dem Titel „The Vanishing of Aveline Jones“. Es steht leider nicht dabei, wann das Buch erscheinen wird, aber ich vermute, ich kann mich darauf verlassen, dass ich auch im nächsten Jahr im Herbst wieder eine unterhaltsame und unheimliche Aveline-Jones-Geschichte neu entdecken kann. Oh, und wer nun Lust auf die Romane hat, aber lieber auf Deutsch liest: Beide schon erschienen Bücher sind beim Arena Verlag veröffentlicht worden, der erste Band mit dem Titel „Aveline Jones und die Geister von Stormhaven“ und der zweite mit dem Titel „Aveline Jones im Bann der Hexensteine“. Leider wurden die tollen Illustrationen von Keith Robinson, die mir in den Originalausgaben so gut gefallen haben, nicht vom deutschen Verlag übernommen, aber dafür gibt es Zeichnungen der Illustratorin Katja Reinki. Wobei ich zugeben muss, dass ich ihren Stil nicht ganz so atmosphärisch und etwas zu gefällig finde. Aber es ist grundsätzlich schön, wenn Verlage sich die Mühe machen, Geschichten ausgiebig zu illustrieren, und vielleicht gefallen euch die Zeichnungen ja besser als mir.
Ich habe schon häufiger über diese beiden Bücher nachgedacht, aber konnte mich nicht so recht entscheiden, ob ich die deutsche oder die englische Ausgabe nehme – deine Berichte haben mir jetzt den letzten Kaufanstoß gegeben 😉 Wenn man sie in der Hand hält, gefällt mir die englische Ausgabe sehr gut, besser als vom Internetfoto her. Ich finde es aber auch schön, dass die deutsche Ausgabe ebenfalls illustriert ist. Der Stil der englischen Middle Grade-Bücher wird leider selten übernommen, offenbar geht man bei deutschen Eltern und Kindern von anderen Sehgewohnheiten aus.
Leider habe ich es in diesem Jahr wirklich überhaupt nicht zum Herbstlesen geschafft *seufz* Nächstes Jahr dann hoffentlich wieder…
Schön, dass ich dir da weiterhelfen konnte! Ich finde die englischen Ausgaben so viel atmosphärischer gestaltet – viel Spaß damit! Und ja, grundsätzlich ist es schön, dass sich der deutsche Verlag da auch die Mühe mit Illustrationen gemacht hat. Aber ich habe das Gefühl, dass deutsche Verlage Kinder und Jugendliche häufig unterschätzen und deshalb immer den gleichen „niedlichen“ Stil bieten, obwohl die Geschichten selber so viel individuellere Cover und Illustrationen ermöglichen würden. Wäre es nicht schön, wenn so ein Roman mal aus der Masse herausstechen würde?
Ich muss gestehen, dass ich mich schon gefragt habe, ob ich im nächsten Jahr das Herbstlesen wieder anbiete. Mal schauen, was die nächsten Monate so bringen. 🙂
Manchmal fällt es mir auch schmerzhaft auf – ich erinnere mich an die subtilen Unterschiede der Cover zu „Incorrigible Children of Ashton Place“, das dann auf Deutsch so viel kindlicher aussah. Manchmal sind die deutschen Ausgaben aber auch sehr gelungen, bei Arlo Finch zum Beispiel haben sie sogar Illustrationen, die die englische Ausgabe nicht hat.
Man wird sich bei den Verlagen daran ausrichten, wovon man ausgeht, dass es die Eltern anspricht – die gelten ja als diejenigen, die die Bücher für ihre Kinder aussuchen. Tatsächlich schaue ich manchmal auch nach Übersetzungen mit dem Gedanken, dass meine Tochter sich vielleicht auch in den nächsten Jahren dafür interessieren könnte. Meist sind mir die Übersetzungen dann aber auch zu teuer, und hin und wieder werden Namen verändert, was mich dann wirklich ärgert (wie bei Dominique Valentes Büchern).
Oh, kein Herbstlesen wäre sehr traurig! Aber ich weiß natürlich, dass so etwas Aufwand bedeutet.
Ich muss zugeben, dass ich inzwischen nur noch nach den deutschen Ausgaben schaue, wenn ich daran denke, dass ich in der Rezension erwähnen könnte, ob es eine gibt. Natürlich gibt es ein paar Verlage, die wunderschöne deutsche Titel rausbringen, aber im Vergleich zum englischsprachigen Buchmarkt (und da gibt es ja allein schon zwischen US- und GB-Ausgaben manchmal ganz schöne Unterschiede) fühlt sich das deutsche Angebot so viel langweiliger und einheitlicher an.