Seanan McGuire: A Local Habitation (October Daye 2)

Seit den Ereignissen in „Winterfluch“ sind ein paar Monate vergangen und October (Toby) Daye scheint es inzwischen wieder ganz gut zu gehen. Schon auf den ersten Seiten erfährt man, dass sie als Privatdetektivin in den letzten Wochen gut zu tun hatte, dass sich der kleine Rosenkobold Spike gut bei ihr eingelebt hat und dass sie inzwischen eine Art Freundschaft mit der Luidaeg (im Deutschen wurde sie, wenn ich mich recht erinnere, als Meerhexe bezeichnet) geschlossen hat. Dann bekommt Toby von ihrem Lehnsherrn Sylvester den Auftrag nach Fremont zu fahren und nach seiner Nichte zu gucken, die sich schon länger nicht gemeldet hat. January und er haben regelmäßig Kontakt, auch wenn sie sich aus politischen Gründen nicht gegenseitig besuchen können.

Für Toby erscheint dieser Fahrt erst einmal nur etwas lästig, vor allem, weil sie Quentin (einen von Sylvesters Schützlingen) mitnehmen soll, damit der Junge etwas lernt. Doch kaum in Fremont angekommen, muss die junge Frau feststellen, dass irgendetwas nicht in Ordnung ist und dass es Todesfälle gegeben hat. Und da weder January noch ihre Angestellten nicht bereit sind mit offenen Karten zu spielen, ist es an Toby mehr über das Ganze herauszufinden. Letztendlich stellt es sich als überaus passend heraus, dass Toby mit ihren besonderen Fähigkeiten (sie ist ein Wechselbalg, d.h. ihr Vater war ein Mensch, ihre Mutter eine Daoine Sidhe) nach Fremont geschickt wurde, denn ihre Erfahrungen als Ermittlerin sind ebenso gefragt wie ihr Gespür für Blut.

Auch in diesem zweiten October-Daye-Band scheint Toby sehr viel Wegstrecke für sehr wenige Informationen hinter sich bringen zu müssen. Doch dieses Mal fährt sie dafür nicht quer durch San Francisco, sondern läuft durch Januarys „Firmengelände“, da die Adelige nicht nur die Verantwortung für ein kleines und unabhängiges Gebiet zwischen zwei Feen-Herzogtümern hat, sondern auch ein erfolgreiches Unternehmen leitet. Trotzdem hatte ich auch dieses Mal (in der Regel) nicht das Gefühl, dass Seanan McGuire die Handlung dadurch künstlich in die Länge zieht, sondern dies als ein Mittel nutzt, um dem Leser die Umgebung und die vielen verschiedenen Figuren vorzustellen.

Außerdem macht Toby – meiner Ansicht nach – in diesem Band einen professionelleren Eindruck, während sie in „Winterfluch“ nicht wie eine erfolgreiche Privatdetektivin handelte. Viele Sachen, die für mich auf der Hand lagen, während Toby im Dunklen tappte, kann ich zu einem großen Teil auf ihre Unwissenheit bezüglich moderner Technik schieben. Die verlorenen Jahre hat sie in der Beziehung nicht einfach aufholen können, stattdessen hat sie sogar mit den eher altmodischen Geräten in ihrem Besitz Probleme bei der Bedienung. Was mich allerdings etwas stört, ist, dass die Luidaeg bei ihrem letzten Gespräch mit Toby einige „seltsame Äußerungen“ von sich gegeben hat, die ich ganz eindeutig als orakelige Warnung verstanden habe. Toby hingegen misst diesen Sätzen so gar keine Bedeutung bei, was ich doch etwas unbedacht finde, wenn man überlegt, dass die Meerhexe ein mächtiges und allwissendes Wesen mit besonderen Fähigkeiten ist.

Was den Kriminalfall angeht, finde ich wirklich, dass Seanan McGuire in „A Local Habitation“ bessere Arbeit geleistet hat als in „Winterfluch“. Zwar war die Identität wieder weit vor der Lösung offensichtlich, aber dafür gab es mehr Details bezüglich der Morde und der Motivationen der verschiedenen Charaktere, die nicht so klar auf der Hand lagen. Auch die Grundidee, die Handlung als einen Mord in einem „geschlossenen“ Raum anzulegen, hat mir gefallen, auch wenn die Autorin das noch besser hätte machen können. Die „Knoten“, die als Lebensraum der mit der realen Welt verbundenen Feengeschöpfe dienen, haben zwar ihre ganz eigenen Gesetze, sind für mich aber als Handlungsort auf Dauer nicht so reizvoll wie die normale Welt.

Insgesamt habe ich mich – trotz einer Länge im Mittelteil – auch von dem zweiten Band rund um October Daye gut unterhalten gefühlt. Die Reihe werde ich auf jeden Fall weiterverfolgen! Nicht nur, weil mir das Urban-Fantasy-Setting der Autorin gefällt, sondern auch weil ich so einige Charaktere ins Herz geschlossen habe und mehr über sie herausfinden will. Außerdem hoffe ich, dass Seanan McGuire es langfristig auf die Reihe bekommt, dass sie nicht nur gute Ansätze, unterhaltsame Dialoge und sympathische Figuren in ihren Romane nutzt, sondern beweist, dass sie auch den Krimiteil richtig gut hinbekommt.

Mit dem Lesen und Besprechen von „A Local Habitation“ habe ich übrigens die „English“-Challenge abgeschlossen! Wenn ich in diesem Jahr schon sonst nicht so erfolgreich war, so habe ich immerhin eine Herausforderung gemeistert! 😉

22 Kommentare

  1. Wenn du so begeistert von der Reihe schreibst, muss ich mir immer wieder ins Gedächtnis rufen, dass ich den ersten Band nur so mittelmäßig fand 😀 Mal davon abgesehen, dass ich mit meinen dt. Büchern schon nicht nachkomme und engl. noch viel langsamer lese und die Serie würde sich ja nur noch im original anbieten, da Lyx sie nach dem dritten Band eingestellt hat.

  2. Mir hat der zweite Teil nicht ganz so gut gefallen, auch wenn ich ein großer Fan der Serie bin. Teil 3 hat es dann allerdings wieder rausgerissen!

    @Katze mit Buch:
    Der Verlag bringt Teil 1 demnächst nochmal als TB-Ausgabe auf den Markt. Hoffen wir, dass die mehr Leser finden wird, so dass es vielleicht doch noch zu Teil 4 in Deutsch kommen wird.

  3. @Anette: Es gibt deutlich bessere Serien, aber mir machen die Bücher genügend Spaß, um die Reihe weiter zu verfolgen. Mir gefällt es, wie die Autorin klassische Elemente verwendet, ich mag die verschiedenen Charaktere und ich sehe eine Verbesserung beim Krimianteil. Das reicht, um weiterzulesen. 😉

    @Soleil: Was genau hatte dir denn am zweiten Teil nicht so gut gefallen? Ich fand schon, dass es in der Mitte Längen gab, aber dann kam die Szene mit den "night-haunts" und die Autorin hatte mich wieder. 🙂

  4. Ich werde der Reihe auch keine zweite Chance geben, weil ich sowieso schon viel zu viele angefangene Reihen stehen habe, entweder pack es einen oder eben nicht.
    Es wäre ja wünschenswert, wenn der Verlag mit der günstigeren TB-Ausgabe die Reihe weiterveröffentlicht, aber da glaube ich eher nicht dran, ich denke eher, die wollen mit den Lizenzen der ersten drei eingekauften Bücher noch ein paar Euros verdienen.

  5. Ich habe nur den Anfang Deiner Rezension gelesen und dann aufgehört – weil Teil 1 hier noch liegt 🙂

  6. @Natira: Dabei bin ich sogar spoilerfrei geblieben! 😉 Aber fang mal Teil 1 an … also, wenn du jemals wieder so etwas wie Feierabend hast. 🙂

  7. *lach*
    Feierabend habe ich schon, nur danach mag ich derzeit wirklich nicht mehr großartig lesen. Meist reicht es noch für etwas Surfen und fernsehen … Aber es wird bestimmt besser.

    Liebe Grüße!

  8. Jetzt hast du mich also überholt 🙂 Ich bin im zweiten Teil noch nicht besonders weit, aber mir gefällt schon mal, daß es keine Wiederholung des ersten ist, sondern ein ganz anderes Setting testet.

    Wie erging es dir beim Übergang deutsch zu englisch? Liest es sich anders/besser/schlechter?

  9. @Kiya: Das kommt davon, wenn du immer so viel parallel liest! 😉 Das andere Setting fand ich auch spannend, wenn auch am Ende etwas zu überstrapaziert. Aber es hätte mir auch nichts ausgemacht mehr über San Francisco zu lesen. Die wichtigsten Figuren aus dem ersten Band kommen ja schon wieder vor. *g*

    Vom Verständnis her hatte ich keine Probleme, es dauert bei mir auf Englisch nur halt eben länger als auf Deutsch. Allerdings hätte ich beim Lesen gern den ersten Teil bei der Hand gehabt, weil ich mich ständig fragte, wie denn dieser oder jener Begriff noch einmal übersetzt worden war. Blöderweise habe ich den Titel aber schon wieder in einem Karton verstaut gehabt. 😉

  10. Ich bekenne mich schuldig – ich bin ja fast selbst erstaunt, wenn ich mal ein Buch fertig bekomme… 😉 (dafür hab ich den 4. Rickman-Teil schon zur Hälfte durch – diesmal spielt auch Lol wieder eine größere Rolle)

    Manchmal fühlt sich ein Text in einer anderen Sprache ja ganz anders an. Gerade bei McGuire habe ich irgendwann mal im Buchladen auf Deutsch reingelesen und ich erinnere mich, daß es mir komischerweise überhaupt nicht gefallen hat. Auf Englisch stellte sich das Problem dann gar nicht ein. Könnte dir aber nicht sagen, woran das genau lag.

  11. So, zweiter Versuch, nachdem mir gestern die Internetverbindung beim Kommentieren zusammenbrach:

    Solange du dich noch an die Details der Bücher erinnern und das Lesen genießen kannst … 😉 So reizvoll ich Lol finde, so habe ich die Rickman-Bücher für mich erst einmal abgeschrieben. Aber schön, dass du weiterhin Gefallen daran findest! Ändert sich der Stil noch oder bleibt es bei der Mischung, die er im zweiten Buch verwendet hat?

    Bei der McGuire hatte ich jetzt nicht den Eindruck, dass sich das Buch auf Englisch anders anfühlt. Aber das könnte daran liegen, dass ich von der Übersetzung zum Original gewechselt bin. Dafür habe ich mich ständig – wie schon angedeutet – gefragt wie ein Begriff übersetzt worden war (oder wie ich ihn übersetzen würde). Durch die fantastischen Elemente gibt es da schon ein paar sehr eigene Ausdrücke, die zwar gut verständlich, aber mir nicht so geläufig waren.

    Auf der anderen Seite denke ich, dass mich die Längen im Mittelteil auf Deutsch nicht so gestört hätten, weil ich da schneller gelesen und sie so hinter mich gebracht hätte. Es war jetzt auch im Englischen nicht wirklich schlimm, aber es kam halt wieder hier und da der Gedanke auf, dass man Szenen straffen oder streichen könnte. 😉

  12. @Winterkatze:
    Achje, es ist ja schon eine ganze Weile her, seit ich die Bücher gelesen habe. Ich weiß nur, dass ich vom zweiten enttäuscht war, weil der erste mir so gut gefallen hatte. Vielleicht, weil die Atmosphäre/die Auroa (?) aus dem ersten Teil fehlte. Und auch, weil ich deutlich länger an Teil 2 gelesen habe. Heißt ja nicht, dass er schlecht war, aber eben nicht so gut wie 1 oder 3 😉

  13. Spielt der dritte Teil eigentlich wieder in San Francisco? Vielleicht war es der beschränkte Schauplatz, der für dich den Mangel an Atmosphäre ausgemacht hat … *grübel*

  14. Die Details klappen fast immer ziemlich gut – so 1,2 Seiten brauche ich eben zum Einlesen. Es gibt aber Bücher, die ich nicht zu lange liegen lassen sollte; dazu gehören die Richter Di-Bücher, in denen üblicherweise drei verschiedene Fälle behandelt werden (große Freude über das Personenverzeichnis!).

    Die Rickman-Bücher sind auf jeden Fall speziell, für mich aber irgendwie genau richtig. Die Mischung entzieht sich nach wie vor der Genreeinteilung, was mir sehr gefällt. Inhaltlich nimmt sich der 3. gegenüber dem 2. Teil eher etwas zurück, finde ich – es geht um das Heidentum, das ist eher etwas zahm. Beim vierten bin ich noch nicht sicher, wie sich das entwickelt, auf jeden Fall spielt Gläserrücken eine Rolle – könnte aber auch alles wie üblich durch Nicht-Übernatürliches erklärt werden.

    Der dritte McGuire-Teil wird ja immer sehr gelobt 🙂 Freu mich schon, den (irgendwann) zu lesen – im Regal steht er schon.

  15. Ich glaube, die Rickman-Bücher würden mich eher packen, wenn sich der Autor mal für ein Genre entscheiden würde. 😉 Ich mag die Figuren ja und die Schreibweise, aber irgendwann werde ich einfach schrecklich ungeduldig mit den Romanen. 😉

    Oh, der dritte McGuire-Band wird sehr gelobt? Ich muss gestehen, dass ich gar nicht geguckt habe, wie die Serie überhaupt beurteilt wird. Dafür muss ich Teil drei demnächst auf meinen Wunschzettel setzen. Da die English-Challenge ein Jahr weitergeht, werde ich bestimmt Gelegenheit haben den Roman zu lesen. 🙂

  16. Die Bücher sind schon eher gemütlich, aber ich bin einfach sehr, sehr dankbar für jeden Autor, der nicht krampfhaft versucht, ein bestimmtes Genre zu schreiben 🙂 Beim dritten Band habe ich aber ein bißchen gebraucht, bis er mich gepackt hat, so ungefähr bis zur Hälfte.

    Ich habe geschaut, wie sich die Reihe so entwickelt, um eine Tendenz wird eher besser oder wird eher schlechter zu erkennen. Das klang eigentlich vielversprechend (deshalb hab ich jetzt auch schon alle 5 Teile hier liegen… der vierte war gerade so billig gewesen… ;-))

  17. Mich stört gar nicht mal die gemütliche Erzählweise, er erweckt nur mit SEINER Art in die verschiedenen Genre abzuschweifen immer noch bei mir den Eindruck, dass er sich nicht entscheiden konnte. *G* Und? Hast du inzwischen eine Tendenz herausgefunden oder schwankst du noch?

  18. Ich könnte die Merrily-Bücher auch in kein Genre einordnen – ich glaube, man würde auch nicht froh dabei werden, da eine Lösung finden zu wollen. Deshalb war es sicher auch für den Verlag so schwer, ein Etikett dafür zu finden.

    Die Tendenz schien gut zu sein, sonst hätte ich mich gegen den Kauf mehrerer Bände im Voraus entschieden 🙂 Der zweite Band gefällt mir bisher, auch weil er etwas ziemlich Neuartiges im Feen-Bereich bietet, alles Weitere kann ich im Moment noch nicht beurteilen…

  19. @Kiya: Ich bin gespannt wie dir der zweite Band gefällt, wenn du ihn irgendwann durchgelesen hast.

    Momentan überlege ich ernsthaft, mir den dritten October-Daye-Band zu kaufen, obwohl ich so viel anderes zu lesen hätte … *g*

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