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Seanan McGuire: A Red-Rose Chain (October Daye 9)

Schon der neunte October-Daye-Band und mir wachsen die Charaktere und die Welt, die Seanan McGuire da erschaffen hat, immer mehr ans Herz. Wie schon beim vorhergehenden Band ist für October zu Beginn von „A Red-Rose Chain“ die Welt rundum in Ordnung. Dass das nicht lange so bleibt, ist natürlich abzusehen und so muss Toby kurz darauf miterleben, wie ein Mitglied des königlichen Hofes angegriffen wird und das Nachbarreich eine Kriegserklärung abgibt. Um die bevorstehenden Auseinandersetzungen zu verhindern, wird Toby als Diplomatin losgeschickt. Ihr ist dabei durchaus bewusst, dass sie als Diplomatin nicht gerade die beste Wahl ist und dass sie als Wechselbalg in einem Reich, in dem ausschließlich reinblütige Fae eine Rolle spielen, einen besonders schweren Stand haben wird.

Bei Amazon gibt es ein paar Rezensionen, in denen sich beschwert wird, dass in diesem Roman zu wenig passiert und dass Toby sich häufig im Kreis dreht. In gewisser Weise stimmt das und es ist definitiv nicht die actionreichste Geschichte, die Seanan McGuire geschrieben hat, aber mir hat das Buch trotzdem wieder sehr gut gefallen. Es fühlt sich für mich an, als ob die Autorin den Boden für den nächsten größeren Handlungsstrang bereitet, in dem sie dafür sorgt, dass Toby die Welt der Fae durchwirbelt und alte Strukturen aufbricht, während sie ihre Fähigkeiten auslotet und sicherer in ihrer Anwendung wird. Mir bereitet es großes Vergnügen auf der einen Seite zu sehen, dass Toby immer mehr in ihrer Welt Fuß fasst und dass sie gelernt hat, sich auf ihre Familie und ihre Freunde zu verlassen, während auf der anderen Seite Seanan McGuire immer detaillierter die dunklen Seiten ihrer fantastischen Welt ausarbeitet.

Als Diplomatin in dem „Kingdom of Silences“ findet Toby dort (aus ihrer Sicht) erschütternde Umstände vor. Der regierende König ist – selbst für ein Fae – erschreckend rassistisch, die Regeln, die Oberon für das Zusammenleben der Fae aufgestellt hat, werden dort Tag für Tag gebeugt und über die Lebensumstände der Untergebenen möchte ich gar nicht erst reden. So schwankt Toby ständig zwischen dem Gefühl etwas gegen diese Missstände tun zu müssen und ihrer Verpflichtung als Diplomatin. Obwohl eigentlich von Anfang an klar ist, dass ihre Mission vergeblich ist, so muss sie doch die drei Tage durchhalten, die ihr offiziell zur Verhinderung des Krieges zur Verfügung stehen – und sei es nur, um ihrer Königin die Chance zu geben, diese Zeit zu nutzen, um sich auf einen Angriff vorzubereiten. Ich mochte es, wie dieser Konflikt dargestellt wurde, und wie Toby und ihre Freunde mit der Situation umgingen, obwohl sie doch eigentlich aufgrund ihrer offiziellen Rollen so hilflos waren.

Oh, und noch ein Aspekt, der bei Amazon kritisiert wurde, ist die Darstellung der Geschlechter in der Geschichte. Das bezieht sich auf eine Figur, die bislang immer als Mann dargestellt wurde, und von der man nun die Information bekommt, dass sie als Mädchen geboren wurde. Ich weiß nicht, warum das vorher ein Thema hätte sein sollen, während es an dieser Stelle meinem Empfinden nach eine gute Erklärung dafür ist, dass die Person eben nicht auf den ersten Blick von Personen erkannt wird, die sie als Kind kannten. Wieso ist es für manche Leser so ein Problem, dass eine Figur in solch einem Roman das Geschlecht gewechselt hat, während es anscheinend kein Problem ist über Gestaltwandler, Brückentrolle oder ähnliches zu lesen?

Seanan McGuire: The Winter Long (October Daye 8)

Nachdem ich „Chimes at Midnight“ von Seanan McGuire beendet hatte, habe ich am nächsten Tag gleich zur Fortsetzung gegriffen. Eigentlich hätte ich nach dem siebten Band erst einmal eine Pause einlegen können, weil ich das Gefühl hatte, dass in der Hintergrundgeschichte ein Punkt erreicht worden sei, an dem der große Handlungsbogen zu einem befriedigenden Abschluss geführt worden sei. Aber da ich „The Winter Long“ schon daheim hatte und ich gerade so schön wieder in Tobys Welt drin war, habe ich natürlich die Reihe weitergelesen. Genau genommen habe ich gelesen bis ich am nächsten Morgens um halb fünf die letzte Seite geschafft hatte, weil ich den Roman dann nicht einfach mittendrin aus der Hand legen konnte.

Der Roman beginnt mit dem gleichen guten Gefühl mit dem „Chimes at Midnight“ endet. Toby ist zu einem Ball eingeladen und ihr größtes Problem ist, dass sie einfach keine Lust hat auf so eine Veranstaltung zu gehen. Nicht nur, dass sie in der Vergangenheit regelmäßig um ihr Leben fürchten musste, es ist auch so, dass sie sich einfach nicht wohlfühlt, wenn sie sich unter die „gehobene Gesellschaft“ mischen und sich amüsieren soll. Überraschenderweise wird der Abend dann doch noch ganz nett (und hält keine Attentate oder ähnliche Ereignisse für sie bereit). Es war schön noch einmal so präsentiert zu bekommen, wie sehr sich Tobys Leben in den vergangenen Jahren verändert hat und wie gut es ihr inzwischen geht. Aber natürlich bekommt man als Leser von Seanan McGuire solche Szenen nur geboten, um kurz darauf miterleben zu müssen wie zerbrechlich Tobys Glück doch ist.

Wieder schlägt die Autorin dabei den Bogen zum Anfang der Geschichte, doch während sie dies in „Chimes at Midnight“ nutzte, um Tobys Entwicklung aufzuzeigen, wird dieses Mittel in „The Winter Long“ verwendet, um noch einmal all die vergangenen Ereignisse um eine weitere Schicht zu bereichen, um viele bekannte Charaktere von einer neuen Seite zu präsentieren und die Hintergründe rund um die Geschichte der Feen zu vertiefen. Das ist nicht nur sehr, sehr cool gemacht, sondern an einigen Stellen auch ganz schrecklich nervenaufreibend. Nicht, weil die Handlung so rasant erzählt wird, sondern weil Toby nach und nach bewusst wird, wie wenig sie über die Personen weiß, denen sie Vertrauen geschenkt hat und wie sehr sie ihr Leben lang manipuliert wurde.

Neben einigen überraschenden Wendungen und Enthüllungen und großartigen Szenen mit der Luidaeg und Tybalt, finde ich es vor allem beeindruckend wie Seanan McGuire viele winzig kleine Elemente der vergangenen Romane aufgreift und so zu einem Gesamtbild zusammenfasst, dass das alles stimmig und richtig (und im Nachhinein überraschend alarmierend) zu sein scheint. Dazu kommt, dass einige Begegnungen mit Personen aus ihrer Vergangenheit (wie Simon Torquill, der dafür gesorgt hatte, dass Toby 14 Jahre in Fischgestalt verbringen musste, während ihre Tochter ohne Mutter aufwuchs) dem Leser ebenso wie Toby aufzeigen, wie sehr sie sich verändert hat und wie sehr sie an ihren Herausforderungen gewachsen ist.

Dabei finde ich es immer wieder schön, dass Toby zwar stärker wird und mehr über ihre ungewöhnliche Magie erfährt, aber ihre Siege nicht durch ihre „Superheldenfähigkeiten“ erringt, sondern durch eine Kombination aus Dickköpfigkeit und Freunden, die ihr zur Seite stehen, weil sie sie mit Respekt behandelt – etwas, das in der Feenwelt nicht gerade selbstverständlich ist. Überhaupt sind all diese Details über die Feenwelt, über die Magie und ihre Gesetze und Beschränkungen immer wieder toll zu lesen. Ebenso wie die immer vielfältiger werdende Historie der Feen und die Passagen, die von Oberon, Maeve und Titania und ihre Kindern erzählen.

Ich bin wirklich glücklich, dass sich diese Reihe so fantastisch entwickelt hat, und sehr gespannt darauf, was Seanan McGuire noch alles mit Toby anstellen wird. Langweilig wird es auch in Zukunft definitiv nicht werden, wenn ich nach all den neuen Erkenntnissen und dieser tollen Szene auf der vorletzten Seite gehe! *freu*

Seanan McGuire: Chimes at Midnight (October Daye 7)

Obwohl „Chimes at Midnight“ schon der siebte Band der October-Daye-Reihe von Seanan McGuire ist, denke ich, dass ich eine recht spoilerfreie Rezension zu dem Roman schreiben kann. Der Anfang dieser Geschichte fühlt sich vollkommen anders an als die vorhergehenden Bände. Zum ersten Mal scheint October (Toby) Daye an einem Punkt angekommen zu sein, an dem sie zufrieden mit ihrem Leben ist. Natürlich ist das Leben nicht auf einmal unkompliziert geworden, aber es fühlt sich gut an. Toby hat die großen Verluste der letzten Zeit verarbeitet, sie führt mit Tybalt eine wunderbare Beziehung (hach, so schöne Tybalt-Momente!) und es gibt keine aktuelle Bedrohung für ihre Freunde.

Dafür muss sie sich Sorgen um die Wechselbälger in San Francisco machen, da in letzter Zeit ungewöhnlich große Mengen „Goblin Fruit“ auf den Straßen der Stadt zu erstehen sind – und diese Frucht ist tödlich für die Mischlinge, die menschliches Blut in sich haben. Da die „Goblin Fruit“ in der Feenwelt keine verbotene Frucht ist, kann nur ein Gebot der örtlichen Herrscherin dazu führen, dass dieser gefährliche Stoff aus San Francisco verbannt wird. So muss Toby die Königin aufsuchen und von ihrem Anliegen überzeugen – was natürlich gründlich schief läuft und damit endet, dass Toby aus dem Königreich verbannt wird. Gerade mal drei Tage bleiben ihr, um ihre Angelegenheiten zu regeln und die Grenzen des Regierungsbereichs der Königin hinter sich zu lassen.

Trotz ihrer Verbannung behält Toby das erste Drittel des Buches hindurch ihren Optimismus (sagte ich schon, wie schön das ist? ;D) und versucht einen Plan zu entwickeln, durch den sie ihrer Verbannung entgehen und die Wechselbälger vor der Gefahren der „Goblin Fruit“ beschützen kann. Dass bei diesem Plan nicht alles glatt läuft, muss ich ja kaum noch betonen, und dass die ganze Sache dann doch erschreckend schnell ganz schön gefährlich für Toby wird, vermutlich auch nicht.

Nachdem ich mir so lange Zeit gelassen habe, bis ich wieder in Tobys Welt zurückkehrte, habe ich das Lesen dieses Romans umso mehr genossen. Es war schön wieder mehr Details über die verschiedenen Elemente dieser fantastischen Welt zu erfahren, mehr Details über Tobys Familie und über ihre Fähigkeiten und mehr über die Charaktere, die mit ihre befreundet sind. Auch werden in dieser Geschichte neue Figuren eingeführt, die ich auf Anhieb mochte.

Obwohl nicht alle Enthüllungen wirklich überraschend kamen und manches Problem für Toby fast ein bisschen leicht zu lösen war, habe ich den Einfallsreichtum und den Humor (Evil Pie! Ernsthaft? *g*) von Seanan McGuire wieder genossen. Die Autorin nutzt dieses Buch unter anderem, um ihrer Stammbuchhandlung in San Francisco eine Liebeserklärung zu machen – und mit schön beschriebene Buchhandlungen (oder sympathischen Buchhändlern und Bibliothekaren) kann man mich auch immer fangen.

Überhaupt gibt es so viele San-Francisco-Szenen in diesem Buch, dass es sich ein wenig anfühlt, als ob Seanan McGuire mit diesem Band wieder zum Anfang der Geschichte zurückgekehrt wäre, um zu zeigen wie viel sich in der Zwischenzeit in Tobys Leben getan hat und wie sehr sie diesen Teil der Feenwelt durch ihre Aktivitäten verändert hat. Das hat sich – trotz der stellenweise wirklich ernsthaften Entwicklungen – nicht nur gut angefühlt, sondern auch eine schöne Grundlage für einen weiteren größeren Handlungsbogen rund um Toby und ihre Freunde geschaffen. Ich bin gespannt, was die Autorin noch mit dieser Figur vorhat!

P.S.: Ich bin übrigens froh, dass ich vor diesem Roman „Sparrow Hill Road“ gelesen habe. Denn obwohl beide Welten nichts miteinander zu tun haben, gibt es einen Moment, in dem Toby über die Unveränderlichkeit von Straßen nachdenkt und diesen Moment konnte ich – so kurz er war – viel mehr würdigen, weil ich die Geschichte von Rose noch im Hinterkopf hatte.

Seanan McGuire: Ashes of Honor (October Daye 6)

Nachdem ich ein paar Monate eine October-Daye-Pause machen musste, gab es am ersten Novemberwochenende für mich den aktuellen Band der Serie für die English-Challenge. Und da „Ashes of Honor“ schon der sechste Teil der Reihe ist, enthält diese Rezension unvermeidliche Spoiler zum Inhalt – also nur lesen, wenn man den fünften Band schon kennt!

Ein Jahr ist vergangen, seitdem October den Tod ihres Geliebten Connor miterleben musste, und ein Jahr ist vergangen, seitdem sie ihre Tochter Gillian vor die Wahl zwischen der Menschenwelt und ihrer übernatürlichen Herkunft stellen musste. In ihrer Trauer um die beiden ist Toby in den letzten Monaten unverantwortliche Risiken eingegangen – und so langsam geht ihrer Umgebung die Geduld mit ihrem selbstmörderischen Verhalten aus.

Aufgerüttelt wird Toby erst durch einen Auftrag von Etienne, dem Seneschall ihres Lords. Dieser hat gerade erst erfahren, dass er eine Tochter hat – und dass diese vermisst wird. Vor sechzehn Jahren hatte Etienne eine Affäre mit einer Professorin für Folklore und obwohl er sie seit ihrer Trennung im Auge behalten hat, gelang es der Frau ihm zu verschweigen, dass aus dieser Beziehung eine Tochter hervorgegangen ist. Chelsea hat anscheinend die Fähigkeiten ihres Vaters geerbt Türen in andere Räume zu öffnen und so zu teleportieren. Und nun ist Chelsea vor den Augen ihrer Mitschüler verschwunden und ihre Eltern müssen befürchten, dass sie entweder die Kontrolle über ihre Fähigkeiten verloren hat oder gar von jemanden entführt wurde, der mit dem Wechselbalg nichts Gutes im Sinn hat.

Für Toby bietet auch dieser Fall wieder einige Herausforderungen. Erst einmal ist es für sie nicht gerade einfach mit einem Mädchen mitzuhalten, das teleportieren kann (und kaum Kontrolle über diese Fähigkeit hat) und dann erinnert sie Etiennes Situation an ihren eigenen Verlust. Auch wenn Toby aufgrund ihrer besonderen Magie in der Lage war Gillians Leben nach ihrer Entscheidung für die Menschenwelt zu retten, so wird sie ihre Tochter nie wiedersehen. Außerdem bringt Tybalt, der October bei der Suche nach dem Mädchen zur Seite steht, sie immer wieder aus dem Tritt. Ihre Gefühle für den König der Katzen sind im Laufe der Zeit gewachsen, aber noch hat Toby das Gefühl, dass sie Connor verraten würde, wenn sie eine neue Beziehung einging. Erst als Tybalt aufgrund von Intrigen an seinem Hof in Gefahr gerät, bringt es Toby fertig einen Schritt auf ihn zu zu gehen.

Seanan McGuire hat in „Ashes of Honor“ einen sehr großen Schwerpunkt auf Octobers Beziehung zu Tybalt gelegt und ich muss zugeben, dass mir das sehr gefallen hat. Endlich wird Toby gezwungen ein paar Dinge hinter sich zu lassen und sich mit ihren Gefühlen für den König der Katzen auseinanderzusetzen. Das führt nicht nur zu einer Menge Tybalt-Zeit in diesem Roman (und ja, ich habe eine Schwäche für diese Figur!), sondern auch zu einigen neuen Informationen über die beiden Höfe der Katzen  und das dort herrschende Machtverhältnis. Aber auch über die ursprünglichen Herkunftsorte der übernatürlichen Wesen und was die Abwesenheit von Oberon für die Gemeinschaft der Feen bedeutet gibt es so einige neue Informationen, die die Seanan McGuires Fantasywelt wieder ein Stückchen komplexer und interessanter machen.

Ich bin sehr gespannt, wie es nach diesem Band mit der Geschichte weitergeht. Ein bisschen habe ich schon das Gefühl, dass man spürt, dass die Autorin die Handlung konzipierte, als sie noch nicht sicher sein konnte, dass ihr Verlag noch mehr October-Daye-Romane veröffentlichen will. Man könnte „Ashes of Honor“ ganz gut als Ende der Reihe nehmen, denn am Ende geht es mit Tobys Leben ein ganzes Stück aufwärts. Umso gespannter bin ich, was Seanan McGuire für ihre ungewöhnliche Heldin noch auf Lager hat und welche Wendungen für den großen Handlungsbogen in den kommenden drei Romanen noch kommen werden …

Seanan McGuire: One Salt Sea (October Daye 5)

Ich weiß, für euch wird es langsam langweilig, aber auch in diesem Monat habe ich für die English Challenge einen October-Daye-Band gelesen. „One Salt Sea“ ist der fünfte Teil der Reihe und dieses Mal geht es für October (Toby) Daye darum eine Krieg zu verhindern. Dabei versucht Toby noch immer mit all den Veränderungen fertig zu werden, die die Handlungsentwicklung in „Late Eclipses“ für sie ganz persönlich mit sich gebracht hat. Doch ein drohender Krieg zwischen dem Feenvolk des Landes und des Wasser ist eindeutig wichtiger als die privaten Probleme der Detektivin – vor allem, da die Luidaeg um Tobys Eingreifen in diesem Fall gebeten hat.

So bringt Toby die (ihr nicht gerade wohlgesonnene) „Queen of Mists“ dazu, sie mit der Suche nach den entführten Kindern der „Undersea Duchy of Saltmist“ zu beauftragen – in der Hoffnung, dass die Wiederbeschaffung der beiden vermissten Söhne ein Ausbrechen des Krieges verhindern kann. Dabei kann Toby dieses Mal nicht auf die Hilfe der Luidaeg zählen, da die Meerhexe sich bei einem Konflikt zwischen dem Land- und dem Wasservolk so neutral wie möglich verhalten muss. Einzig als Kontaktvermittlerin steht sie der Detektivin zur Verfügung und das ist auch notwendig, da Toby bislang kaum Kontakt mit dem Feenvolk des Meeres hatte.

Seanan McGuire gelingt es auch in diesem Band die großen Probleme der Feenwelt anhand der direkten Auswirkung auf Toby und ihre Freunde für den Leser relevanter und spürbarer zu gestalten. So sorgt der bevorstehende Krieg zum Beispiel dafür, dass Connor, mit dem Toby nach seiner Trennung von seiner Frau inzwischen offiziell eine Beziehung hat, zurück nach Saltmist gehen muss. Würde der Krieg ausbrechen, müsste der Selkie gegen Toby und all die anderen, die ihm in seiner Zeit an Land, ans Herz gewachsen sind, kämpfen. Und es wird auch wieder deutlich, dass der Wahnsinn, der „Queen of Mists“ eine große Gefahr für das Landvolk darstellt, denn obwohl sie keine Chance auf einen Sieg hat, ist sie diejenige, die sich am bereitwilligsten in den Krieg stürzen möchte.

Für mich hat dieser Band zwei entscheidende Punkte mit sich gebracht, die die Geschichte wieder sehr spannend gemacht haben: Auf der einen Seite konnte die Autorin hier das eine oder andere lose Ende in Tobys Biografie abschneiden und so den Weg für weitere Entwicklungen bereiten. Auf der anderen Seite bot sich durch die tragende Rolle, die das Meervolk in diesem Roman spielt, eine großartige Möglichkeit, um die fantastische Welt von Seanan McGuire weiter auszubauen. Ich finde es immer wieder faszinierend und spannend, wie es der Autorin gelingt diese Feengesellschaft so fremdartig wirken zu lassen und doch dafür zu sorgen, dass man das Handeln der verschiedenen Personen stimmig und – in gewisser Weise – nachvollziehbar findet. Doch vor allem freue ich mich auf die weiteren Entwicklungen in Tobys Leben (vor allem, da ich – herzloserweise – das Gefühl habe, dass sie nun ein bisschen „Ballast“ losgeworden ist) und kann es kaum erwarten, dass im September die Fortsetzung erscheint.

Seanan McGuire: Late Eclipses (October Daye 4)

„Late Eclipses“ ist der vierte October-Daye-Band und wurde von mir für die English-Challenge gelesen. Ich versuche, die Rezension so spoilerfrei wie möglich zu halten, aber ganz funktioniert das bei einem vierten Band leider nicht mehr. Trotzdem will ich vorher noch eine Bemerkung loswerden, in der Hoffnung, dass die verschiedenen Tybalt-Fans sie lesen: Der König der Katzen hat in diesem Teil der Reihe viele Szenen, die euch wirklich gefallen sollten, also lest schnell weiter! ;D

Gleich zu Beginn dieses Romans wird October an den Hof der „Queen of Mists“ gerufen und von dieser zur Erbin der verstorbenen Fürstin Winterrose, zur „Countess of Goldengreen“ ernannt. So ungewöhnlich diese Ernennung Tobys zur Lady ist, so sehr befürchten Toby und ihre Freunde, dass die Königin mit dieser Ehrung nichts Gutes für October im Sinn hat. Doch dann lässt die Nachricht, dass ihre Freundin Lily schwer erkrankt ist, Toby alle Gedanken an höfische Intrigen vergessen, und die Privatdetektivin begibt sich auf die Suche nach der Ursache für Lilys Zustand. Als eine Undine, die vollständig aus Wasser besteht, müsste Lily eigentlich immun gegen jegliche Krankheit sein, und doch schwinden ihre Kräfte in rasantem Tempo. Kurz darauf erkranken weitere Personen in Tobys Umfeld, während October befürchten muss, dass eine Widersacherin aus ihrer Vergangenheit erneut in San Francisco ihre Untaten treibt.

Für mich ist „Late Eclipses“ der persönlichste Band rund um October Daye. Aufgrund der verschiedenen Ereignisse muss Toby immer wieder an ihren Fähigkeiten und Wahrnehmungen zweifeln, außerdem bangt sie um verschiedene Personen, die ihr sehr nahestehen, während sie sich zusätzlich gegen die Intrigen der „Queen of the Mists“ wehren muss. Das alles führt dazu, dass es zu einigen dramatischen Szenen kommt, in denen der Leser wieder mehr über Toby, ihre Vergangenheit und ihren Freundeskreis erfährt.

Trotzdem fühlt sich die Geschichte nicht überfrachtet an, weil die verschiedenen Handlungsstränge letztendlich alle darauf abzielen, den Leser tiefer in Tobys Geschichte einzuführen. So bekommt man mehr Details zu den Ereignissen, die zu Tobys 14 Jahren als Fisch in Lilys Teich geführt haben, sowie einen kleinen Einblick in das, was Luna und ihrer Tochter Rayseline zu dieser Zeit zugestoßen ist. Es gibt aber auch Rückblicke, in denen Tobys Vater vorkommt, und welche, die das Verhältnis zwischen October und ihrer berüchtigten Mutter Amandine näher beleuchten.

Nach den ersten vier Kapiteln fiel es mir sehr schwer, das Buch aus der Hand zu legen – was dazu geführt hat, dass ich mal eben bis morgens um vier Uhr gelesen habe, weil ich wissen wollte, wie die Geschichte ausgeht. Dabei fand ich die eine oder andere Wendung zwar vorhersehbar, aber bei all den faszinierenden Details konnte ich darüber locker hinwegsehen. Vor allem stand in der Regel weniger die Frage im Raum, wer was wie getan hat, sondern wie Toby beweisen kann, dass es so passiert ist (und dass sie keine Schuld an den Vorgängen hat). Mir sind die vertrauten Figuren nur noch mehr ans Herz gewachsen, ich bin hingerissen von der Vielschichtigkeit der fantastischen Welt und sehr gespannt darauf, wie sich die Geschichte nach all den in diesem Band präsentierten Enthüllungen weiter entwickeln wird.

So möchte ich – wie immer nach dem Lesen eines October-Daye-Romans – jetzt am liebsten zum folgenden Roman greifen, aber leider befindet sich der noch nicht in meinem Besitz. Außerdem sollte ich vielleicht so langsam anfangen, die Bücher sorgfältig zu dosieren, denn wenn ich es richtig gesehen habe, dann gibt es gerade nur einen weiteren englischen Titel („One Salt Sea“), während der neueste („Ashes of Honor“) erst für September angekündigt ist. Unabhängig davon, wann die nächsten Bände erscheinen und von mir angeschafft werden: Ich bin mir sicher, dass ich dieser Reihe noch eine ganze Weile treu bleiben werde, denn die Bücher machen mir eine Menge Spaß.

Seanan McGuire: An Artificial Night (October Daye 3)

„An Artificial Night“ ist der dritte October-Daye-Band und wieder muss sich October „Toby“ Daye – Wechselbalg, Privatdetektivin und Ritterin am Hof des Fae-Fürsten Sylvester – verschiedenen übernatürlichen Herausforderungen stellen, die dem Leser die Möglichkeiten bieten, tiefer in Seanan McGuires fantastische Welt einzutauchen. Dabei beginnt die Geschichte ganz harmlos mit einem Kindergeburtstag bei Tobys Freunden Stacy und Mitch, deren jüngster Sohn Andrew seinen vierten Geburtstag feiert. Im Schnellverfahren lernt man als Leser die Kinder der Familie – Cassandra (19), Karen (11), Anthony (9), Jessica (6), Andrew (4) – kennen und erfährt, wie viel sie Toby (deren eigene Tochter Gillian keinen Kontakt mehr zu ihr haben möchte) bedeuten. Doch so harmonisch geht es in der Geschichte natürlich nicht weiter, und so hält der nächste Morgen für Toby einige Schockmomente bereit.

Erst einmal ruft Connor bei Toby an und bittet um eine Verabredung, obwohl sich die beiden aus dem Weg gehen sollten, da sie ihre Gefühle füreinander trotz Connors Ehe mit Sylvesters Tochter nicht im Griff haben. Dann steht auch noch Tobys „Fetch“ (eine Art magischer Doppelgänger, der als „Leiche“ zurückgelassen wird, wenn eines der übernatürlichen Wesen stirbt) – genannt May Daye – vor der Tür und kündet vom baldigen Tod der Privatdetektivin.  Und zuletzt erfährt Toby nicht nur, dass Karen in ein mysteriöses Koma gefallen ist, sondern auch, dass Andrew und Jessica in der Nacht spurlos aus ihren Betten verschwunden sind.

Doch die Kinder von Stacy und Mitch sind nicht die einzigen, die vermisst werden, auch Tybalt – König der Cait Sidhe – bittet October um Hilfe bei der Suche nach vermissten Kindern, ebenso wie Quentin (siehe „A Local Habitation“), dessen menschliche Freundin Katie verschwunden ist. Letztendlich sieht sich Toby gezwungen, die Luidaeg um Hilfe zu bitten, obwohl sie schon tief in der Schuld der mächtigen Meerhexe steht. Doch nur mit der Unterstützung einer der Erstgeborenen, wie die Luidaeg eine ist, kann die Detektivin die Spur der Kinder aufnehmen. Schnell steht fest, dass sie sich dafür in das Reich des „Blind Michael“ begeben muss, dessen Reiter alle hunderte Jahre auf die Jagd nach Kindern gehen, mit denen sie ihre Reihen aufstocken.

Wie schon bei den beiden vorhergehenden Teilen hatte ich beim Lesen das Gefühl, dass Toby ständig von einem Ort zum anderen unterwegs ist und dabei nicht immer ganz gezielt vorgeht. Aber das gehört wohl zu einer Geschichte von Seanan McGuire dazu, und da die Autorin diese Reisen sehr atmosphärisch beschreibt und immer wieder (neue) Details zu den verschiedenen Figuren und Hintergründen dieser besonderen magischen Welt einbaut, wird es auch nicht langweilig. Im Gegensatz zu dem vorhergehenden Band gibt es hier keinen Kriminalfall, der gelöst werden muss, sondern die gesamte Geschichte dreht sich um Tobys Bemühungen, die Kinder aus der Hand von „Blind Michael“ zu retten. Dabei muss October Daye nicht nur an ihre physischen und psychischen Grenzen gehen, sondern auch in dem ständigen Bewusstsein handeln, dass ihr Tod schon vorhergesagt wurde.

Seanan McGuire beweist bei der Gestaltung von „Blind Michaels“ Reich wieder einmal ein großartiges Händchen für atmosphärische Landschaften. Sein Reich ist abweisend, voller Dornen und Steine und bietet demjenigen, der sich dort hinein verirrt, keinen Schutz und keine Hoffnung. Und die Reiter, die schon seit Jahrhunderten zu seinen Jägern gehören, sind so grausam und so wahnsinnig, wie es nur die Fae sein können. Ich habe diese Variante der „Wilden Jagd“ wirklich genossen – vor allem, da es der Autorin gelingt, durch Toby, ihren Humor, ihren Freundeskreis und Figuren wie die Luidaeg die Geschichte etwas aufzulockern. Auch mag ich es, wie sich die verschiedenen Nebenfiguren im Laufe der Serie immer weiter entwickeln und wie sich ihre Beziehungen zu Toby vertiefen.

Tybalt war mir ja schon bei seinem ersten Auftritt sympathisch (und wenn ich mir die diversen Rezensionen angucke, dann stehe ich damit nicht alleine), aber auch die Luideag gewinnt mit jedem weiteren Band an Tiefe. Und zu Sylvesters Gemahlin Luna (einer dreischwänzigen Kitsune) gibt es in diesem Roman sogar eine ganze Menge Hintergrundinformationen, während mich die kleinen Schnipsel zu der Undine Lily wünschen lassen, dass diese Figur in einem der kommenden Bände noch mehr Raum bekommt.

Auch wenn ich jedes Mal beim Lesen über die eine oder andere Länge in der Handlung stolpere und mir wünsche, dass die Autorin hier und da etwas straffen würde, so mag ich die October-Daye-Serie aufgrund der komplexen Fantasywelt, des souveränen Umgangs mit diversen Mythologien, den liebenswerten Figuren und des Humors wirklich gern und werde mir bestimmt auch die weiteren Bände rund um Toby zulegen. Teil vier habe ich sogar schon im Haus – und nun muss ich mir nur überlegen, ob ich den für die English-Challenge noch etwas aufhebe oder ob ich meiner Neugier nachgebe und das Buch in den nächsten Tagen lese.

Seanan McGuire: A Local Habitation (October Daye 2)

Seit den Ereignissen in „Winterfluch“ sind ein paar Monate vergangen und October (Toby) Daye scheint es inzwischen wieder ganz gut zu gehen. Schon auf den ersten Seiten erfährt man, dass sie als Privatdetektivin in den letzten Wochen gut zu tun hatte, dass sich der kleine Rosenkobold Spike gut bei ihr eingelebt hat und dass sie inzwischen eine Art Freundschaft mit der Luidaeg (im Deutschen wurde sie, wenn ich mich recht erinnere, als Meerhexe bezeichnet) geschlossen hat. Dann bekommt Toby von ihrem Lehnsherrn Sylvester den Auftrag nach Fremont zu fahren und nach seiner Nichte zu gucken, die sich schon länger nicht gemeldet hat. January und er haben regelmäßig Kontakt, auch wenn sie sich aus politischen Gründen nicht gegenseitig besuchen können.

Für Toby erscheint dieser Fahrt erst einmal nur etwas lästig, vor allem, weil sie Quentin (einen von Sylvesters Schützlingen) mitnehmen soll, damit der Junge etwas lernt. Doch kaum in Fremont angekommen, muss die junge Frau feststellen, dass irgendetwas nicht in Ordnung ist und dass es Todesfälle gegeben hat. Und da weder January noch ihre Angestellten nicht bereit sind mit offenen Karten zu spielen, ist es an Toby mehr über das Ganze herauszufinden. Letztendlich stellt es sich als überaus passend heraus, dass Toby mit ihren besonderen Fähigkeiten (sie ist ein Wechselbalg, d.h. ihr Vater war ein Mensch, ihre Mutter eine Daoine Sidhe) nach Fremont geschickt wurde, denn ihre Erfahrungen als Ermittlerin sind ebenso gefragt wie ihr Gespür für Blut.

Auch in diesem zweiten October-Daye-Band scheint Toby sehr viel Wegstrecke für sehr wenige Informationen hinter sich bringen zu müssen. Doch dieses Mal fährt sie dafür nicht quer durch San Francisco, sondern läuft durch Januarys „Firmengelände“, da die Adelige nicht nur die Verantwortung für ein kleines und unabhängiges Gebiet zwischen zwei Feen-Herzogtümern hat, sondern auch ein erfolgreiches Unternehmen leitet. Trotzdem hatte ich auch dieses Mal (in der Regel) nicht das Gefühl, dass Seanan McGuire die Handlung dadurch künstlich in die Länge zieht, sondern dies als ein Mittel nutzt, um dem Leser die Umgebung und die vielen verschiedenen Figuren vorzustellen.

Außerdem macht Toby – meiner Ansicht nach – in diesem Band einen professionelleren Eindruck, während sie in „Winterfluch“ nicht wie eine erfolgreiche Privatdetektivin handelte. Viele Sachen, die für mich auf der Hand lagen, während Toby im Dunklen tappte, kann ich zu einem großen Teil auf ihre Unwissenheit bezüglich moderner Technik schieben. Die verlorenen Jahre hat sie in der Beziehung nicht einfach aufholen können, stattdessen hat sie sogar mit den eher altmodischen Geräten in ihrem Besitz Probleme bei der Bedienung. Was mich allerdings etwas stört, ist, dass die Luidaeg bei ihrem letzten Gespräch mit Toby einige „seltsame Äußerungen“ von sich gegeben hat, die ich ganz eindeutig als orakelige Warnung verstanden habe. Toby hingegen misst diesen Sätzen so gar keine Bedeutung bei, was ich doch etwas unbedacht finde, wenn man überlegt, dass die Meerhexe ein mächtiges und allwissendes Wesen mit besonderen Fähigkeiten ist.

Was den Kriminalfall angeht, finde ich wirklich, dass Seanan McGuire in „A Local Habitation“ bessere Arbeit geleistet hat als in „Winterfluch“. Zwar war die Identität wieder weit vor der Lösung offensichtlich, aber dafür gab es mehr Details bezüglich der Morde und der Motivationen der verschiedenen Charaktere, die nicht so klar auf der Hand lagen. Auch die Grundidee, die Handlung als einen Mord in einem „geschlossenen“ Raum anzulegen, hat mir gefallen, auch wenn die Autorin das noch besser hätte machen können. Die „Knoten“, die als Lebensraum der mit der realen Welt verbundenen Feengeschöpfe dienen, haben zwar ihre ganz eigenen Gesetze, sind für mich aber als Handlungsort auf Dauer nicht so reizvoll wie die normale Welt.

Insgesamt habe ich mich – trotz einer Länge im Mittelteil – auch von dem zweiten Band rund um October Daye gut unterhalten gefühlt. Die Reihe werde ich auf jeden Fall weiterverfolgen! Nicht nur, weil mir das Urban-Fantasy-Setting der Autorin gefällt, sondern auch weil ich so einige Charaktere ins Herz geschlossen habe und mehr über sie herausfinden will. Außerdem hoffe ich, dass Seanan McGuire es langfristig auf die Reihe bekommt, dass sie nicht nur gute Ansätze, unterhaltsame Dialoge und sympathische Figuren in ihren Romane nutzt, sondern beweist, dass sie auch den Krimiteil richtig gut hinbekommt.

Mit dem Lesen und Besprechen von „A Local Habitation“ habe ich übrigens die „English“-Challenge abgeschlossen! Wenn ich in diesem Jahr schon sonst nicht so erfolgreich war, so habe ich immerhin eine Herausforderung gemeistert! 😉

Seanan McGuire: Winterfluch (October Daye 1)

Wieder ist Kiya Schuld daran, dass ich zu einem Buch gegriffen habe. Denn ihr Beitrag zu „Rosemary and Rue“ sorgte dafür, dass ich auch endlich mal meine Ausgabe von „Winterfluch“ aus dem SuB zog. Den Roman hatte ich vor über 1 ½ Jahren beim read-a-thon gewonnen und obwohl ich Lust auf die Geschichte hatte, ging sie neben all den anderen Urban-Fantasy-Titeln, die irgendwie dringender zu lesen waren, etwas unter. Ich muss gestehen, dass ich inzwischen sogar vergessen hatte, wie das Buch überhaupt auf meinem SuB gelandet war. Umso schöner ist es, dass ich es jetzt endlich gelesen habe.

„Winterfluch“ ist der erste Teil einer Reihe um October Daye, die in Deutschland leider nicht weiter fortgesetzt wird – allerdings gefallen mir die englischen Cover auch deutlich besser und preislich sind die auch wesentlich erschwinglicher. October (Toby) Daye ist ein Wechselbalg, die Tochter eines Menschenmannes und einer Fae-Braut, und bestreitet ihren Lebensunterhalt als Privatdetektivin. Dabei arbeitet sie auch regelmäßig für die übernatürliche Gemeinde von San Francisco, bis sie eines Tages (im Jahr 1995) bei einer Beschattung von einem mächtigen Fae verzaubert wird.

Vierzehn Jahre vergehen bis Toby den Bann abschütteln kann und in der Zwischenzeit ist in der Welt eine Menge passiert, was die junge Frau nicht so schnell aufholen kann. Während sie sich vor ihren früheren Freunden versteckt und nichts mehr mit den anderen Wechselbälgern oder den Fae zu tun haben will, wird eine alte Bekannte von ihr angegriffen und ermordet. Abgesehen davon, dass Toby durch den Tod der Fürstin Winterrose erschüttert ist und sowieso alles in ihrer Macht stehende getan hätte, um die Hintergründe aufzudecken, zwingt sie auch noch der Todesfluch der Fae zum ermitteln. Denn wenn Toby nicht herausfindet, wer Winterrose umgebracht hat, wird auch sie sterben.

Alles in allem ist die Grundidee von „Winterfluch“ nicht neu. Ich habe in den letzten Jahren so einige Romane mit ähnlichen Figuren und Handlungssträngen gelesen und auch Kiyas Verweis auf die Dresden-Files-Geschichten ist nicht von der Hand zu weisen. Außerdem hatte ich nach mehr als der Hälfte des Buches das Gefühl, dass Toby zwar ständig quer durch San Francisco fährt und Leute aufsucht, aber eigentlich nichts passiert. Dass sie dazu durch das etwas komplizierte Fae-Protokoll gezwungen wird, gibt allerdings eine recht gute Erklärung dafür ab.

Außerdem bietet dies Seanan McGuire die Möglichkeit dem Leser eine ausführliche Einblick in ihre fantastische Welt zu geben. Weitere Probleme ergeben sich dadurch, dass October eigentlich eine besonders gute Privatdetektivin sein soll – so hat sie sich sogar die Ritterwürde verdient – sich aber nicht dementsprechend verhält, aber vielleicht ist das auch eine Folge der 14 – etwas fischigen – Jahre unter dem Bann. Ich bin mir sicher, dass ein solches Leben den Verstand deutlich beeinträchtigt. 😉

Trotz all dieser Kritikpunkte hat mir der Roman gut gefallen. Ich mag die Komplexität von Seanan McGuires fantastischem San Francisco, die stimmige Umsetzung alter (irischer) Märchenelemente und die vielen kleinen Szenen, in denen einem die Charaktere nähere kommen. Dabei fällt mir mal wieder auf, wie oft ich beim Lesen eines Buches die Hauptfigur gern schütteln würde, damit sie etwas vernünftiger agiert (wobei ich Toby schon mochte), und wie oft mir vor allem die Nebenfiguren ans Herz wachsen und dafür sorgen, dass ich gern noch mehr Bände dieser Reihe lesen möchte.

Auch hat es mir gefallen, dass die Autorin geradezu beiläufig auch andere Sagenelemente ins Spiel gebracht hat, so konzentriert sie sich zwar sehr auf die keltische Mythologie, lässt aber auch eine japanische Kitsune auftauchen. Und manche Szenen sind so anrührend geschrieben, dass ich am Ende sogar ein paar Tränen in den Augen hatte (und das lag bestimmt nicht daran, dass ich morgens um halb zwei etwas übermüdet war). Insgesamt gesehen ist „Winterfluch“ für mich auf jede Fall ein vielversprechender Serienauftakt, wenn auch mit der Hoffnung verbunden, dass die Autorin in Zukunft ein paar Längen weniger in ihre Geschichten einbaut.

Und zuletzt gibt es für Kiya noch ein paar Zitate, damit sie die Übersetzung von Tobys Illusionszauber mal anschauen kann:

„Frau Susi hat ein Boot, da kann sie überwintern. Doch warm ist’s darauf nicht, sie friert sich ab den – Hinterm Berg wohnen Zwerg’ in ihren Haus, aus die Maus.“ (S. 177/178 – der Zauber an der Mautstelle)

„Herzkönigin gern Torte backt, am Sommertag und splitternackt.“ (S. 64 – der Zauber vor Winterroses Gebäude) „Herzbube stiehlt die Torte, packt sie ohne Worte.“ (S. 65 – der Zauber vor Winterroses Wohnung)

Auf Englisch finde ich diese kleinen Sprüche dann doch netter …

Oh, und wenn man bei „Winterfluch“ den englischen Originaltitel „Rosemary and Rue“ im Hinterkopf behält, dann schließt sich auf den letzten Seiten sehr schön der Bogen zwischen Titel und Handlung.