Seanan McGuire: The Winter Long (October Daye 8)

Nachdem ich „Chimes at Midnight“ von Seanan McGuire beendet hatte, habe ich am nächsten Tag gleich zur Fortsetzung gegriffen. Eigentlich hätte ich nach dem siebten Band erst einmal eine Pause einlegen können, weil ich das Gefühl hatte, dass in der Hintergrundgeschichte ein Punkt erreicht worden sei, an dem der große Handlungsbogen zu einem befriedigenden Abschluss geführt worden sei. Aber da ich „The Winter Long“ schon daheim hatte und ich gerade so schön wieder in Tobys Welt drin war, habe ich natürlich die Reihe weitergelesen. Genau genommen habe ich gelesen bis ich am nächsten Morgens um halb fünf die letzte Seite geschafft hatte, weil ich den Roman dann nicht einfach mittendrin aus der Hand legen konnte.

Der Roman beginnt mit dem gleichen guten Gefühl mit dem „Chimes at Midnight“ endet. Toby ist zu einem Ball eingeladen und ihr größtes Problem ist, dass sie einfach keine Lust hat auf so eine Veranstaltung zu gehen. Nicht nur, dass sie in der Vergangenheit regelmäßig um ihr Leben fürchten musste, es ist auch so, dass sie sich einfach nicht wohlfühlt, wenn sie sich unter die „gehobene Gesellschaft“ mischen und sich amüsieren soll. Überraschenderweise wird der Abend dann doch noch ganz nett (und hält keine Attentate oder ähnliche Ereignisse für sie bereit). Es war schön noch einmal so präsentiert zu bekommen, wie sehr sich Tobys Leben in den vergangenen Jahren verändert hat und wie gut es ihr inzwischen geht. Aber natürlich bekommt man als Leser von Seanan McGuire solche Szenen nur geboten, um kurz darauf miterleben zu müssen wie zerbrechlich Tobys Glück doch ist.

Wieder schlägt die Autorin dabei den Bogen zum Anfang der Geschichte, doch während sie dies in „Chimes at Midnight“ nutzte, um Tobys Entwicklung aufzuzeigen, wird dieses Mittel in „The Winter Long“ verwendet, um noch einmal all die vergangenen Ereignisse um eine weitere Schicht zu bereichen, um viele bekannte Charaktere von einer neuen Seite zu präsentieren und die Hintergründe rund um die Geschichte der Feen zu vertiefen. Das ist nicht nur sehr, sehr cool gemacht, sondern an einigen Stellen auch ganz schrecklich nervenaufreibend. Nicht, weil die Handlung so rasant erzählt wird, sondern weil Toby nach und nach bewusst wird, wie wenig sie über die Personen weiß, denen sie Vertrauen geschenkt hat und wie sehr sie ihr Leben lang manipuliert wurde.

Neben einigen überraschenden Wendungen und Enthüllungen und großartigen Szenen mit der Luidaeg und Tybalt, finde ich es vor allem beeindruckend wie Seanan McGuire viele winzig kleine Elemente der vergangenen Romane aufgreift und so zu einem Gesamtbild zusammenfasst, dass das alles stimmig und richtig (und im Nachhinein überraschend alarmierend) zu sein scheint. Dazu kommt, dass einige Begegnungen mit Personen aus ihrer Vergangenheit (wie Simon Torquill, der dafür gesorgt hatte, dass Toby 14 Jahre in Fischgestalt verbringen musste, während ihre Tochter ohne Mutter aufwuchs) dem Leser ebenso wie Toby aufzeigen, wie sehr sie sich verändert hat und wie sehr sie an ihren Herausforderungen gewachsen ist.

Dabei finde ich es immer wieder schön, dass Toby zwar stärker wird und mehr über ihre ungewöhnliche Magie erfährt, aber ihre Siege nicht durch ihre „Superheldenfähigkeiten“ erringt, sondern durch eine Kombination aus Dickköpfigkeit und Freunden, die ihr zur Seite stehen, weil sie sie mit Respekt behandelt – etwas, das in der Feenwelt nicht gerade selbstverständlich ist. Überhaupt sind all diese Details über die Feenwelt, über die Magie und ihre Gesetze und Beschränkungen immer wieder toll zu lesen. Ebenso wie die immer vielfältiger werdende Historie der Feen und die Passagen, die von Oberon, Maeve und Titania und ihre Kindern erzählen.

Ich bin wirklich glücklich, dass sich diese Reihe so fantastisch entwickelt hat, und sehr gespannt darauf, was Seanan McGuire noch alles mit Toby anstellen wird. Langweilig wird es auch in Zukunft definitiv nicht werden, wenn ich nach all den neuen Erkenntnissen und dieser tollen Szene auf der vorletzten Seite gehe! *freu*

5 Kommentare

  1. 1000 Worte

    Ich verfolge jetzt schon eine ganze Weile deinen Lob dieser Reihe und so langsam überlege ich mir ernsthaft sie auf meine Wunschliste zu setzen ^^ Klingt irgendwie komplex und interessant. Ich schlaf noch mal ne Nacht drüber 🙂

  2. Ich hab die ersten paar Bände auf meinem SuB liegen und werde auch immer hibbeliger, umso mehr Rezensionen zu den Büchern ich von dir lese. Ich glaube, die Bücher sind im Sommer auch endlich mal dran. 😉

    Liebste Grüße und schöne Rezi!
    Nazurka

  3. BücherFähe

    Wow, du hast bis halb 5 durchgelesen? Das muss ja ein richtig fesselndes Buch sein. 😀

    Schön zu lesen, dass die Reihe, obwohl sie solange fortgesetzt wird, dich immernoch so packen kann. Vor allem wenn man das mit Trilogien vergleicht, bei denen es gerademal der erste Band schafft, packend zu sein. 😀

  4. @1000 Worte und Nazurka: Die ersten zwei oder drei Bände dieser Reihe fand ich nur "nett", aber immerhin nett genug, um weiterzulesen. Inzwischen bin ich vollkommen hingerissen von dieser und anderen Reihen der Autorin, Ich glaube, man muss einfach ausprobieren, ob einem ihre Schreibweise liegt – es gibt leider genügend Leute, denen diese Romane zu gemächlich laufen und in gewisser Weise muss man damit leben, dass Toby und ihre Freunde viel von einem Ort zum anderen fahren, nur um dort eine Kleinigkeit zu erfahren. Für mich passt es, weil ich all diese Informationen faszinierend finde und die Geschichte immer komplexer wird und die Figuren sympathisch sind. 😉 Ich bin auf jeden Fall gespannt, ob sie euch gefallen! 🙂

  5. @BücherFähe: Ich finde es so großartig, wie die Autorin Nichtigkeiten, die man am Anfang kaum beachtet hat, nun auf einmal wieder aufgreift und ihnen unheimliches Gewicht gibt. Die Serie hat sich wirklich mit jedem Band gesteigert und der Hintergrund wird immer komplexer – das ist so toll! 🙂 Und man merkt schon, dass das Ganze nicht als Trilogie geplant war, sondern als "ich hoffe, ich kann den geplanten Handlungsstrang in mehreren Romanen erzählen, aber da es nicht sicher ist, ob ich alle Teile veröffentlichen kann, schreibe ich so, dass jeder Roman theoretisch in sich abgeschlossen ist". 😉

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