Schlagwort: Spionageroman

Dorothy Gilman: A Palm for Mrs. Pollifay (Hörbuch)

Mit „A Palm for Mrs. Pollifax“ bekommt Emily Pollifax zum ersten Mal einen Auftrag, der über eine reine Kuriertätigkeit hinausgeht. Ihr Vorgesetzter bei der CIA, Mr. Carstairs, ist – ebenso wie sein Kollege Schönbeck von Interpol – besorgt über zwei Diebstähle, die in den letzten Tagen stattgefunden haben. In beiden Fällen wurde waffenfähiges Plutonium gestohlen, aber es gelingt den Behörden nicht herauszufinden, wohin das brisante Diebesgut geschafft wurde. Allerdings gibt es einen vagen Hinweis auf ein Klinik-Hotel in der Schweiz und einen ermordeten Agenten, der diesem Hinweis nachging.

Da Mr. Carstairs der Meinung ist, dass dieser Fall weniger Erfahrung als ein gewisses Gespür für Menschen erfordert, schickt er seine Mrs. Pollifax in die Schweiz. Getarnt als erholungsbedürftige Schwiegermutter, die nach einem schweren Fall von Hongkong-Grippe wieder auf die Beine kommen soll, soll Mrs. Pollifax sich das Klinik-Hotel inklusive der Angstellten, Gäste und Patienten anschauen. Ausgerüstet wird sie dafür mit einem – als Schmuckkoffer – getarnten Geigerzähler und ihre Absicherung besteht in einem Kellner, der für Interpol arbeitet, und einem „Kontaktmann“, mit dem sie jeden Abend Lichtsignale austauscht. Schließlich will Mr. Carstairs kein Risiko eingehen, wenn er eine so unerfahrene und impulsive Agentin in einen solchen Einsatz schickt.

Während Mrs. Pollifax nachts in Pyjama und Pantoffeln durch das Gebäude schleicht und versucht mit ihrem Geigerzähler eine Spur von dem verschwundenen Plutonium zu finden, knüpft sie tagsüber enge Kontakte zu den Gästen. Dabei lernt sie eine ziemlich gemischte Gruppe von Menschen kennen, von der zurückhaltenden Court, die Tag für Tag in den Bergen rund um den Genfer See wandert, über den Playboy Robin, der in dem Klinik-Hotel etwas fehl am Platz wirkt, über den ehemaligen Chef der Sûreté bis zu einem kleinen umtriebigen Jungen, der auf der Suche nach Freunden zu sein scheint.

Ich mag an diesem Roman gleich zwei Aspekte: Auf der einen Seite scheint Mrs. Pollifax in relativer Sicherheit zu agieren. Sie hat Agenten, die sie im Auge behalten, sie beschäftigt sich mit dem Klinikalltag und den anderen Gästen und nachts stapft sie durch menschenleere Korridore und hält ihren Geigerzähler im Blick. Auf der anderen Seite gibt es diese Mischung aus Untertönen und Humor. Als Leser weiß man halt, dass irgendwas an diesem Klinik-Hotel nicht koscher ist und so wirkt jeder Gast verdächtig. Dazu kommen die Momente, in denen z.B. Marcel, der Interpol-Mann, der als Kellner im Hotel arbeitet, Mrs. Pollifax als unprofessionelle alte Dame abtut, die sich von ihren Muttergefühlen vom  Job ablenken lässt, oder in denen andere Gäste Aspekte über Emily herausfinden, die sie von einer älteren Amerikanerin so nicht erwartet hätten.

Natürlich bleibt es nicht aus, dass die umtriebige Rentnerin in Gefahr gerät und den einen oder anderen schrecklichen Moment durchmachen muss, aber – wie es sich für einen Mrs.-Pollifax-Roman gehört – sie findet auch immer wieder ungewöhnliche Lösungen für ihre Probleme. Ich amüsiere mich so sehr bei diesen Geschichten, dass ich sie einfach nur jedem ans Herz legen möchte, der mal humorvolle Cozy-Spionageromane ausprobieren mag. Und ich kann versichern, dass die Geschichten auch beim wiederholten Lesen oder Hören immer noch genauso gut funktionieren wie beim ersten Mal.

Zu Barbara Rosenblat muss ich ja nach den vorherigen Rezensionen eigentlich gar nichts mehr sagen, kann aber auch hier noch einmal wiederholen, dass die Sprecherin ihre Sache ganz wunderbar macht. Sie verleiht Mrs. Pollifax eine glaubwürdige „Alte Dame“-Stimme, kann aber auch als neunjähriger Junge oder leichtlebiger Playboy überzeugen. Ich freu mich jetzt schon auf den Oktober, der mir „Mrs. Pollifax on Safari“ bringen wird – eine Geschichte, in der Emily einen Auftragsmörder stellen muss und einen überraschenden Verbündeten findet.

Dorothy Gilman: The Elusive Mrs. Pollifax (Hörbuch)

Ich dachte ja eigentlich, dass zwei Rezensionen zu den Mrs.-Pollifax-Hörbüchern auf meinem Blog vollkommen ausreichen würden – mehr liest doch eh niemand zu einer schon älteren Reihe. Aber es macht mir so viel Spaß über Mrs. Pollifax und ihre Abenteuer zu schreiben und ich freue mich jeden Monat darauf die nächste Geschichte im Original hören zu können, dass es nun doch mehr Texte zu dieser ungewöhnlichen Spionin geben wird.

Zu Beginn von „The Elusive Mrs. Pollifax“ wird Mr. Carstairs von seinem Assistenten daran erinnert, dass er Mrs. Pollifax nie wieder einsetzen wollte, weil sie alle Regeln brechen würde, weil sie nicht einmal wüssten, an welche Regeln sie sich als Agentin zu halten hätte und weil Carstairs jedes Mal um zehn Jahre altern würde, wenn sie im Einsatz wäre. Sie sei all die Sorgen einfach nicht wert, hätte Carstairs gesagt – doch der erfahrene CIA-Mitarbeiter wischt alle diese Einwände beiseite und ist sich sicher, dass dieses Mal mit Mrs. Pollifax alles glatt laufen würde. Es ist ja nur ein simpler Kurierjob … 😀

So reist Emily Pollifax hinter den Eisernen Vorhang nach Bulgarien, um in einem wunderschönen Vogelnest-Hut für eine bulgarische Widerstandsgruppe acht Pässe ins Land zu schmuggeln – ohne zu wissen, dass die CIA aus Sparsamkeit die Gelegenheit nutzt und heimlich Geldbündel in ihren Steppmantel eingenäht hat. Doch es wird nicht so einfach für den Empfänger an dieses Geld zu kommen, da Mrs. Pollifax aufmerksam genug ist, um jedes Eindringen in ihr Hotelzimmer zu bemerken und eventuelle Eindringlinge in die Flucht zu schlagen. Neben all den unerwarteten Einbrechern, muss sich Emily auch noch mit Nevana von der bulgarischen Tourismusbehörde herumschlagen, die ganz genaue Vorstellungen davon hat, welche Sehenswürdigkeit Mrs. Pollifax unter welchen Umständen zu besichtigen hat – und die gar nicht glücklich darüber ist, dass diese dickköpfige amerikanische Touristen gegen all ihre Anweisungen handelt.

Außerdem macht sich Emily Gedanken um den jungen Phil Trenda – ein Student, der gemeinsam mit einer ganzen Gruppe von jungen Rucksacktouristen unterwegs ist und der bei der Einreise nach Bulgarien von der Geheimpolizei inhaftiert wurde. Spionage wird dem jungen Mann vorgeworfen und die amerikanische Botschaft in Sofia scheint nicht besonders hilfreich zu sein. Zwischen ihren Versuchen mit den bulgarischen Widerstandskämpfern in Kontakt zu treten und den Diebstahl ihres Hab und Guts zu verhindern, muss Mrs. Pollifax also auch noch dafür sorgen, dass der amerikanische Botschafter sich um das Wohlergehen von Phil kümmert.

An dieser Geschichte mag ich nicht nur, dass ihre gesamte Umgebung an Mrs. Pollifax verzweifelt, weil sie so unberechenbar handelt (oft natürlich nur aus Unwissen um die eigentliche Situation heraus), sondern auch, dass verschiedenen Handlungsstränge, die definitiv nichts miteinander zu tun haben, durch Emily verbunden werden. Dass geschmuggelte Geld, der inhaftierte Student und die Pässe für die Widerstandsgruppe werden nur durch Mrs. Pollifax zu einer Geschichte – und führen so langfristig zu ungewöhnlichen und unvorhersehbaren Bündnissen, die für den Hörer mehr als amüsant zu verfolgen sind.

Emily bringt eine neue Sicht auf vertraute Vorgänge und sorgt so dafür, dass auch ihre Mitstreiter umdenken, sich mehr zutrauen und ungewöhnliche Wege gehen. Ich mag es einfach, dass sie selten etwas als gegeben hinnimmt, aber auf der anderen Seite auch weiß, wann sie die Entscheidung eines Menschen akzeptieren muss. Dazu kommt noch, dass sie in diesem Teil der Serie etwas persönlicher gezeigt wird. Man erfährt von ihrer Einsamkeit nach dem Tod ihres Mannes und es gibt eine wunderschöne kleine Szene, in der deutlich wird, dass sie sich wieder auf einen anderen Mann einlassen könnte, wenn die Umstände nicht so wären wie sie sind.

Ach ja, Barbara Rosenblat liest die Geschichte gewohnt gut. Ich mag die Sprecherin wirklich und ich finde es wunderbar, wie gut ich sie verstehen kann! 😉

Dorothy Gilman: The Amazing Mrs. Pollifax (Hörbuch)

Nachdem ich im Juni solchen Spaß mit „The Unexpected Mrs. Pollifax“ hatte, musste ich mir in diesem Monat gleich das zweite Hörbuch rund um diese ungewöhnliche „Hobbyagentin“ besorgen. Seitdem Mrs. Pollifax aufgrund einer kleinen Verwechslung ihren ersten Auftrag von Mr. Carstairs bekommen hat, ist einige Zeit vergangen. Inzwischen lebt sie ganz zufrieden mit all den Verpflichtungen, die eine aktive Rentnerin so umtreibt, vom Gartenclub bist zum Kunstverein – wobei man die wöchentlichen Karatestunden, die Emily Pollifax inzwischen belegt hat, nicht unterschlagen sollte.

Von der CIA hat sie seit ihrem kleinen Kurierauftrag nicht mehr gehört, bis eines Vormittags das Telefon bei ihr klingelt und sie gefragt wird, ob sie innerhalb von zwanzig Minuten abreisebereit sein könne. Auch dieses Mal sucht Mr.Carstairs eine vertrauenswürdige und zuverlässige Person, die in Agentenkreisen unbekannt ist. So reist Mrs. Pollifax Hals über Kopf von ihrem gemütlichen Vorortleben in New Jersey nach Istanbul, um sich in einer Hotellobby mit einer kommunistischen Agentin zu treffen, die anscheinend überlaufen will. Damit Emily nicht wieder spurlos verschwindet und weil schon einer von Carstairs‘ Männern um Leben gekommen ist, bekommt die rüstige Rentnerin einen Aufpasser zur Seite gestellt, doch viel hilft das natürlich nicht.

So sieht sich Mrs. Pollifax wenige Stunden nach ihrer Ankunft in Istanbul von der Polizei befragt, von Unbekannten mit Waffen bedroht und überhaupt in großen Schwierigkeiten, die ihr allen möglichen Einfallsreichtum abverlangen. Zum Glück neigt diese ungewöhnliche Agentin dazu, immer wieder unerwartete Freundschaften zu schließen und so bekommt sie regelmäßig Hilfe von Menschen, von denen man das nicht hätte erwarten können. Viel mehr will ich über den Inhalt gar nicht sagen, denn dann würde ich zu viele amüsante Wendungen vorweg nehmen.

Abgesehen davon, dass ich ein wenig das Kartendeck vermisst habe, das Mrs. Pollifax in ihrem ersten Abenteuer stets begleitete, habe ich mich wieder großartig mit dieser Geschichte amüsiert. Es ist schon wieder ein paar Jahre her, dass ich die Romanvorlage gelesen habe, und obwohl ich mich an viele Details noch erinnerte (oh, dieser Hubschrauberflug oder das „love in“! :D), gab es immer wieder Momente, in denen mich die Ereignisse überrascht haben weil ich bestimmte Elemente nicht mehr parat hatte. Dorothy Gilman versteht es eine witzige Agentengeschichte zu erzählen, ohne dabei die schrecklichen oder bedrohlichen Momente zu vergessen. Dazu kommen noch einige wunderbar sympathische Charaktere, ein angenehmes 70er-Jahre-Feeling und Mrs. Pollifax angenehmer vorurteilsfreier Umgang mit anderen Menschen.

Wie schon beim ersten Teil (und bei „Crocodile on the Sandbank“) sagte mir die Lesung durch Barbara Rosenblat sehr zu. Ihre Mrs. Pollifax klingt alt, aber nicht gebrechlich, und auch wenn ich nicht beurteilen kann, ob ihre Art Akzenten dazustellen wirklich so ganz korrekt ist, so sorgt es für eine angemessene Atmosphäre. Es hat wirklich Spaß gemacht zuzuhören. Bei diesem Hörspiel habe ich mal wieder gemerkt wie viel leichter mir meine Arbeit (die letzten Stunden Tapetenkratzen mit der Flurtapete) von der Hand geht, wenn ich ein gutes Hörbuch auf den Ohren habe und wie viel eher ich das Ganze um einen Tag verschiebe, wenn ich auf mein Hörbuch – sei es wegen des Sprechers oder der Geschichte an sich – nicht ganz so viel Lust habe.

Dorothy Gilman: The Unexpected Mrs. Pollifax (Hörbuch)

Von Mrs. Pollifax hatte ich ja schon in meinem Figurenkabinett geschrieben, sie ist wirklich eine der Romanfiguren, die mir sehr am Herzen liegen. So ist es vielleicht kein Wunder, dass ich mit ihr meinen ersten erfolgreichen englischen Hörbuchversuch unternommen habe, nachdem mir Natira das Hörbuch geliehen hat. „The Unexpected Mrs. Pollifax“ ist der erste Roman von Dorothy Gilman rund um die rüstige Rentnerin, die sich nach einer erschreckend depressiven Phase bei der CIA vorstellt und als Agentin bewirbt. So naiv das klingt, so stimmig finde ich diesen Schritt in der Geschichte dargestellt. Emily Pollifax hat das Gefühl im Leben zu nichts mehr nutze zu sein, sie langweilt sich nach dem Tod ihres Ehemannes und dem Auszug der Kinder und als ihr Arzt sie fragt, ob es nicht irgendetwas gebe, das sie schon immer machen wollte, erinnert sie sich an ihre Träume von einem Leben als Spionin, die sie als kleines Mädchen während des 2. Weltkriegs hegte.

Ihr ist bewusst, dass sie keine Ausbildung in diesem Gebiet hat, aber gute Nerven, Lebenserfahrung und Kenntnisse in erster Hilfe sollten doch auch etwas wert sein und so macht sie sich auf den Weg. Überraschenderweise bekommt sie wirklich einen kleinen Auftrag, da man ein unbekanntes Gesicht benötigt, um ein brisantes Päckchen aus Mexiko nach Amerika zu schmuggeln. So genießt Mrs. Pollifax ein paar wunderbare Tage als amerikanische Touristin, bis sie am vereinbarten Tag den ausgemachten Übergabeort betritt – und gefangen genommen wird. Wenig später findet sie sich hinter dem Eisernen Vorhang wieder und muss um ihr Leben ebenso bangen wie um das eines weiteren – deutlich erfahreneren, aber dafür verletzten – CIA-Agenten.

Ich liebe, liebe, liebe Mrs. Pollifax und die Sprecherin Barbara Rosenblat hat die Geschichte so wunderbar gelesen. Ihre Stimme machte die so vertrauten Figuren noch ein Stückchen lebendiger, und egal, ob Barbara Rosenblat Frauen oder Männer darstelle, es klang stimmig. Dank der überzeugenden Sprecherin habe ich mit Mrs. Pollifax mitgelitten, weil sie sich so wenig nützlich fühlte, habe ihre Aufregung und Freude über die Reise nach Mexiko erlebt und das Schwanken zwischen Angst und dem festen Willen Rückgrad zu beweisen und angesichts des Todes keine Schwäche zu zeigen.

Während ich Mrs. Pollifax Abenteuer hörte, haben meine Nachbarn bestimmt das eine oder andere Kichern aus meinem Garten gehört. Ich finde es so wunderbar, wie sie auch in extremen Situationen nicht von ihren Grundsätzen abweicht. So zeigt sie deutliches Bedauern, als einer ihrer Wärter von seinem schmerzenden Rücken erzählt, und besteht energisch darauf ihm eine Massage mit Alkohol zu verabreichen, um sein Leiden zu lindern. Einer ihrer Mitgefangenen wirft ihr im Laufe der Geschichte vor, dass sie – wie so viele Frauen – viel zu vertrauensselig ist, aber das ist gar nicht mal der Punkt. Sie hat genaue Ansichten wie man sich gegenseitig zu behandeln hat – nämlich mit Respekt und Mitgefühl – und solange man sie nicht zu wütend macht, dann handelt sie eben auch nach diesen Ansichten.

Auf der anderen Seite macht sie im Laufe der Geschichte auch die Entdeckung, dass es doch überraschend viel … ähm … Spaß machen kann, wenn man jemandem einen Stein auf den Kopf haut, um ihn bewusstlos zu schlagen. Auch beweist Emily Pollifax im Laufe der Geschichte, dass sie einfallsreich ist, aufmerksam beobachtet und nicht bereit ist die Hoffnung aufzugeben. Mit all diesen Eigenschaften reißt sie auch immer wieder ihren Leidensgenossen mit, ohne dass sie dabei unrealistisch oder übertrieben dargestellt wird. Mir hat es so viel Freude bereitet ihr erstes Abenteuer im Auftrag der CIA zu verfolgen, dass ich in den nächsten Monaten bestimmt noch weitere Hörbücher mit ihr hören werde – vor allem, da diese ebenfalls von Barbara Rosenblat gelesen werden.

Ian Rankin: Der diskrete Mr. Flint (Hörbuch)

„Der diskrete Mr. Flint“ ist ein Frühwerk des Autors Ian Rankin und die Romanvorlage (die wohl auch nicht so umfangreich ist, zumindest wird mir für die englische Ausgabe eine Seitezahl von 254 angezeigt) wurde für die Hörbuchausgabe gekürzt. Wobei ich nach dem Lesen einer ausführlichen Buchrezension den Verdacht habe, dass vor allem „Actionszenen“ weggefallen sind – auf jeden Fall hatte ich beim Hören nicht das Gefühl, dass ich irgendetwas verpassen oder nicht verstehen würde. Man muss aber schon etwas aufpassen, um nicht durcheinander zu kommen, wenn auf einmal wieder eine Person eine Rolle spielt, die eher am Anfang der Geschichte Erwähnung fand.

Aber ich nehme schon wieder Sachen voraus, also erst einmal ein paar Worte zum Inhalt des Hörbuchs. Die Geschichte dreht sich um Miles Flint, der als „Aufpasser“ beim MI5 in London arbeitet, und spielt in den 80er Jahre, zu einer Zeit als die Bomben der IRA eine regelmäßige Bedrohung darstellten. Miles Arbeit ist weder aufregend, noch besonders gefährlich. Er ist nur einer von vielen Agenten, die Tag für Tag verdächtige Personen beobachten, ihren Bewegungen analysieren und ihre Gespräche abhören. Doch dann läuft bei einer simplen Beobachtung etwas schief und Miles muss für den misslungenen Auftrag die Verantwortung übernehmen. In den folgenden Tagen fragt er sich ständig, wie so etwas passieren konnte und beginnt auf eigene Faust zu ermitteln …

Ian Rankin orientiert sich mit „Der diskrete Mr. Flint“ an den eher ruhigen Spionagegeschichten, die – meinem Gefühl nach – eher vor als während des Kalten Krieges entstanden. Der zurückhaltende Miles muss sich aber nicht mit russischen Spionen auseinandersetzen, sondern vor allem mit seinen eigenen Kollegen vom MI5 und der Befürchtung, dass einer von ihnen ein Doppel- oder gar Dreifachagent sein könnte. Die Handlung wird aus mehreren Perspektiven erzählt, so dass man als Hörer schon früh weiß, dass noch mehr Personen in die Angelegenheit verwickelt sind als Miles absehen kann und dass einer von Miles‘ Kollegen geheime Botschaften mit einer unbekannten Person austauscht.

Mir hat die Geschichte sehr viel Spaß gemacht, ich fand sie kurzweilig und stellenweise von einem angenehm leisen Humor durchzogen. Ich habe eine Schwäche für eher ruhige und klassische Spionagegeschichte und Miles Flint ist mir als Protagonist wieder Willen schnell ans Herz gewachsen. Ein bisschen extrem fand ich seine Käfer-Hobby und nachdem die kriselnde Beziehung zu seiner Frau Sheila anfangs doch einigen Raum einnahm, hätte ich mir gewünscht, dass sie am Ende eine etwas entscheidendere Rolle gespielt hätte. Auch die Zeit, in der das Ganze spielt, hat Ian Rankin schön dargestellt. Auf der einen Seite gibt es da die Bomben und die Paranoia der Menschen (die natürlich bei den Agenten noch ausgeprägter ist als bei den normalen Bürgern) und auf der anderen Seite muss man sein Leben trotzdem weiterleben. Die Gesellschaftskritik – eigentlich vor allem eine Kritik an den beiden Seiten des Nordirland-Konflikt – wird von Ian Rankin nicht gerade dezent angebracht, aber passend innerhalb der Geschichte. Für diejenigen, die von Rankin die Rebus-Geschichten mögen, möchte ich noch anmerken, dass „Mr. Flint“ eigentlich nichts damit zu tun hat. Sowohl der Stil, als auch die Figurenzeichnungen sind vollkommen unterschiedlich – und sollte meiner Meinung nach auch nicht miteinander verglichen werden.

Gelesen wird das Hörbuch von Heikko Deutschmann, den ich als Sprecher sehr gerne mag. Auch bei „Der diskrete Mr. Flint“ hat er eine gute Arbeit abgeliefert, die einzelnen Figuren gut und individuell gesprochen (ich verkneife mir mal die übliche Anmerkung zum Thema Frauenstimmen :D), ohne dabei zu übertreiben. Über die Tonqualität kann ich mich auch nicht beschweren, sonstige Extras gab es nicht, allerdings waren die Tracks mit einer durchschnittlichen Länge um die 10 Minuten doch recht lang. Aufgefallen ist mir das aber erst, als ich nach drei Stunden Schmetterlingsflieder stutzen feststellte, dass ich keine 20 Tracks gehört hatte.