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Mary Roberts Rinehart: The Swimming Pool (Hörbuch)

Ich verspreche, das hier ist erst einmal die letzte Mary-Roberts-Rinehart-Rezension für die nächsten Wochen. Aber die Autorin macht mir gerade so viel Spaß und die Hörbücher sind so schön lang und füllen so einige Arbeitsstunden aufs angenehmste … „The Swimming Pool“ ist die bislang „jüngste“ Geschichte, die ich von der Autorin gehört habe, denn sie entstand 1952, aber sie fühlt sich nicht moderner an als zum Beispiel „The Great Mistake“.

Erzählerin in „The Swimming Pool“ ist die siebenundzwanzigjährige Kriminalschriftstellerin Lois – wobei ich es amüsant finde, wie Mary Roberts Rinehart durch diese Figur die Romane, in denen nach Hinweisen und Fußspuren gesucht wird, auf die Schippe nimmt. Lois ist die jüngste von insgesamt vier Geschwistern und wohnt mit ihrem deutlich älteren Bruder Philip in dem ehemaligen Sommerhaus der Familie. Ihre älteste Schwester Anne ist mit einem erfolglosen Architekten verheiratet und Mutter von zwei Kindern und auch ihre zweite Schwester (Judith), die bis zu Lois‘ Geburt das Nesthäkchen der Familie war, ist schon vor über zwanzig Jahren aus dem Haus ausgezogen, um einen reichen Geschäftsmann zu ehelichen.

Der Vater der vier Geschwister hat vor über zwanzig Jahren Selbstmord begangen, angeblich weil er bei der großen Wirtschaftskrise das Vermögen der Familie verloren hat, und auch Lois Mutter ist schon vor einiger Zeit gestorben. Mit Mühe und Not gelingt es Lois und Philip das Sommerhaus so weit zu erhalten, dass sie darin leben können, und sogar den Swimming Pool, den die Mutter für die damals siebzehnjährige Judith hatte bauen lassen, konnten sie vor kurzem soweit renovieren, dass er wieder nutzbar ist. Trotzdem ist Judith entsetzt, als sie nach ihrer aufsehnerregenden Scheidung zu ihren Geschwistern ins Sommerhaus zieht. Ihr war all die Jahre nicht bewusst, in welch heruntergekommenen Zustand das Gebäude ist – trotzdem kommt ihr nicht in den Sinn, dass sie Lois und Philip (finanziell) helfen könnte. So werden Judiths Ansprüche an ihre Familie und ihre Umgebung schnell zu einer Belastung für Lois und Philip und einzig die Tatsache, dass sich ihre Schwester anscheinend in großer psychischer Not befindet, sorgt dafür, dass die beiden Judith nicht vor die Tür setzen.

Lois nimmt im Laufe der Geschichte immer wieder Kontakt zu einem Psychiater auf, der Judith schon seit einiger Zeit behandelt. Aber selbst gemeinsam finden sie keinen Grund für die Paranoia, die Angstattacken und die Zusammenbrüche von Judith. Alles, was Lois weiß, ist, dass ihre Schwester bei ihrer Abreise aus Reno (wo die Scheidung stattfand) zusammenbrach und seitdem Todesangst hat. Auch O’Brian, ein ehemaliger Soldat und Polizist, den Lois im Zug von Reno nach Hause kennenlernt, gibt der jungen Frau Rätsel auf. Auf der einen Seite scheint er Judith beschützen zu wollen, auf der anderen Seite kann er Lois nicht erklären, warum ihre Schwester in solcher Angst lebt. Als dann noch eine – der Familie unbekannte – Frau ermordet in ihrem Swimming Pool aufgefunden wird, muss Lois mehr über ihre Familie und die Vergangenheit herausfinden.

Ich finde es spannend, dass Mary Roberts Rinehart bestimmte Muster immer wieder verwendet. Da ist die Familie, die vor der Wirtschaftskrise reich und angesehen war, oder der Vater, der Selbstmord beging (so wie auch Mary Roberts Rineharts Vater sich selber tötete) oder die dominante Mutter, die die gesamte Familie nach ihren Launen tanzen lässt. Und obwohl diese Elemente immer wieder auftauchen, fühlt sich jede Geschichte unterschiedlich an. Mir ist bewusst. dass die Autorin mit diesen Kriminalgeschichten „Massenware“ produziert hat, aber dabei hat sie es geschafft für jedes Buch einen eigenen Ton zu treffen und jede Hauptfigur mit einem ganz eigenen Charakter auszustatten. Wie schon bei den vorhergehenden Geschichten mochte ich auch in „The Swimming Pool“ die Atmosphäre und die Darstellung der Zeit, die vor allem in solchen kleinen Begebenheiten zum Tragen wie bei einem Hauskäufer, der wegen der Atombombe nicht mehr in der Stadt leben will. Diese Details lassen mich, ebenso wie die Sprache und die Dialoge gern darüber hinwegsehen, dass ich in der Regel relativ schnell die Auflösung erahnen kann. Und ich mag es, dass der Fall eben nicht durch Spuren, Hinweise und wissenschaftliche Elemente gelöst wird, sondern durch das Wissen um den Charakter einer Person – und diesen Aspekt beherrscht Mary Roberts Rinehart wirklich.

Gelesen wurde die Geschichte wieder von Laurel Lefkow, die auch schon die Sprecherin bei „The Great Mistake“ war. Auch dieses Mal habe ich ihre Arbeit genossen und ihr gern zugehört. Sie verleiht den verschiedenen Figuren einen ganz eigenen Klang, ohne dabei zu übertreiben, und ich fühle mich sehr wohl mit ihrer Art des Vorlesens. Inzwischen habe ich mir noch ein paar weitere Titel mit ihr auf den Merkzettel gepackt – mal schauen, ob mich einer davon in den nächsten Monaten locken kann.

Mary Roberts Rinehart: The Great Mistake (Hörbuch)

Abgesehen davon, dass ich gerade diese ruhigen amerikanischen Krimis gern mag, haben diese Hörbücher den Vorteil, dass sie mit über elf Stunden relativ lange „halten“ und so deutlich mehr Arbeitsstunden füllen als die meisten anderne Titel auf meinem Wuschzettel. „The Great Mistake“ wurde 1940 von Mary Roberts Rinehart geschrieben und man merkt der Geschichte auch an, dass sie später spielt als „The Album“ oder „The Circular Staircase“. Die Handlung hat eine andere Atmosphäre, wirkt moderner und die Figuren sind weniger traditionsverhaftet und die Frauen wirken großteils deutlich selbstbewusster.

Bislang mag ich es sehr, wie sich die Geschichte der Autorin im Laufe der Zeit verändern, obwohl die grundsätzliche Erzählweise (chronologisch und mit dem jeweiligen Wissen, dass die Erzählerin zu dem Zeitpunkt hatte) gleich bleibt. Protagonistin in „The Great Mistake“ ist die fünfundzwanzigjährige Patricia „Pat“ Abbott. Die junge Frau hat früh ihre Eltern verloren und war dadurch gezwungen ihren Lebensunterhalt als Schreibkraft zu verdienen. Als sie in ihrem Heimatort Beverly (genauer gesagt auf dem „Hill“, während sie selber als Mitglied einer alteingesessenen Familie aus dem Valley stammt) einen Job als persönliche Sekretärin von Maud Wainwright und ihrem charmanten Sohn Tony ergattern kann, scheint ihr Leben deutlich besser zu werden.

Doch dann wird ein Mann im „Playhouse“ der Wainwrights ermordet, Tonys geldgierige Ehefrau Bessie taucht nach langer Zeit wieder auf und Maud scheint einen großen Schock verarbeiten zu müssen, über den sie mit niemanden reden kann. Pat ist bei den ganzen Ereignissen anfangs vor allem nur als Beobachterin dabei, aber durch ihre Freundschaft zu Maud (und ihre Gefühle für Tony) wird sie – ebenso wie durch ihre Bekanntschaft mit dem Polizeichef von Beverly – immer tiefer in die Sache verwickelt.

So sehr es mich sonst nervt, wenn bei einer solchen Geschichte mit Andeutungen der weiteren Entwicklung („hätte ich gewusst, dass diese vier Ereignisse zusammenhängen“ oder ähnliches) gearbeitet wird, finde ich es hier so gut in die Erzählstimme eingebunden ist, dass es mir Spaß macht und meine Neugier auf die weitere Handlung weiter anfacht. So habe ich mich dieses Mal lange Zeit gefragt, wie der nette kleine Polizist angeschossen wurde, und durfte die Auflösung des Mordes ebenso wie die Protagonist erst einige Zeit nach der Ergreifung des Täters erfahren.

Ich mag es, wie die Autorin in ihrem vertrauten Rahmen immer wieder Abwechslung in die Erzählung bringt, und ich mag die verschiedenen Figuren. Ich stelle mir gern vor wie ihr Leben verläuft und lasse mir Details daraus erzählen und ich finde es spannend, wie die Verbrechen den Alltag der verschiedenen Personen erschüttert. Allerdings muss ich auch zugeben, dass ich bei diesem Hörbuch die verschiedenen Geheimnisse, Motive und die Identität des Mörders relativ schnell durchschaut hatte. So hat mich „The Great Mistake“ weniger miträtseln lassen (auch wenn es noch genügend Punkte gab, bei denen mich die genauen Details überrascht haben), als dass ich interessiert verfolgt habe, wie die Ereignisse nach und nach aufgelöst wurden.

Die Sprecherin Laurel Lefkow hat ihre Arbeit sehr gut gemacht. Ich mochte sie sowohl in der Rolle der vernünftige Pat, als auch in der des pragmatischen Polizeichefs Jim oder all den anderen Figuren. Sie hat mir nie das Gefühl gegeben, sie würde übertreiben oder unangemessen betonen. Egal, ob sie Frauen- oder Männerstimmen verkörperte, ich habe ihr die Figur abgenommen – und es hat Spaß gemacht ihr zuzuhören.