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Christopher Golden und Rachel Autumn Deering (Hrsg.): Hex Life – Wicked New Tales of Witchery (Anthologie)

Ich schwanke bei Anthologien immer, ob ich lieber welche lesen, in denen vertraute und bewährte Autor.innen versammelt sind, oder welche, in denen ich neue entdecken kann. „Hex Life“ lockte mich mit einer guten Mischung aus vertrauten und für mich neuen Autor.innen und einem Thema, das mich reizte. Und damit ich mich auch noch in einigen Jahren daran erinnern kann, was ich von dem Ganzen gehalten habe, gibt es hier wieder einen Sammelbeitrag zu den verschiedenen Kurzgeschichten.

1. Kat Howard: An Invitation to a Burning
Ich mochte die Grundidee sehr, dass jeder Ort Hexen benötigt – selbst wenn sie dort nicht gut behandelt werden -, damit all die kleine Alltagsmagie (wie das Aufgehen von Hefeteig) funktioniert. Und ich mochte die Entwicklung der Protagonistin Sage von einer bedrohten Frau zu einer Person mit eigener Macht sehr. Das war ein schöner Einstieg in die Anthologie und wenn diese Geschichte bezeichnend für den Ton in dieser Sammlung ist, wird es sehr spannend, all die anderen Autor.innen und ihre Ideen zum Thema zu entdecken.

2. Angela Slatter: Widow’s Walk
Ich muss gestehen, dass mich Angela Slatter schon mit dem Anfang ihrer Geschichte gut unterhalten hat, wo die Autorin beschreibt, wie vier sehr unterschiedliche Witwen, die natürlich im Ort als Hexen verschrien sind, gemeinsam in einem großen Haus leben. Noch mehr gefiel mir die Beschreibung davon, wie diese vier Witwen sich um andere Frauen kümmern (auch wenn die eine oder andere Lösung vielleicht etwas radikal ist) – das war wirklich hübsch zu lesen und bot so einige Momente zum Schmunzeln.

3. Kelley Armstrong: Black Magic Momma (An Otherworld Story)
Diese Geschichte hat mich nicht ganz so begeistert wie die beiden anderen, aber ich glaube, das lag daran, dass die Handlung einfach „klassische Urban Fantasy“ war. Und obwohl ich das normalerweise mag, habe ich die ungewöhnlicheren Erzählweisen von Kat Howard und Angela Slatter doch mehr gemocht. Für sich genommen ist „Black Magic Momma“ ein unterhaltsamer Einblick in das Leben der alleinerziehenden Eve und in die Gefahren, denen sich eine Hexe ausgesetzt sieht, die mit schwarzmagischen Elementen handelt.

4. Sarah Langan: The Night Nurse
Das war eine wirklich merkwürdige Geschichte. Die Handlung wird erzählt aus der Perspektive von Esme, die zu Beginn mit ihrem dritten Kind schwanger ist. Sie lernt in einem Museumsshop eine Frau namens Wendy kennen, die ihr anbietet, ihr in den kommenden Wochen als Night Nurse zur Seite zu stehen. Doch Wendy ist eine Hexe, und so gut sich all die Dinge anfühlen, die Esme auf Wendys Rat hin tut, so seltsam und unheimlich ist die Atmosphäre in der Geschichte – bis Esme am Ende Wendys Preis für ihre Arbeit zahlen soll. Sagte ich schon, dass ich die Geschichte merkwürdig fand? Das ist gerade wirklich das einzige Wort, das mir dazu einfällt …

5. Mary SanGiovanni: The Memories of Trees
Nachdem ich die vorhergehende Geschichte so seltsam fand, gefiel mir „The Memories of Trees“ wieder deutlich besser. Die Handlung spielt in einer dystopischen Welt, in der die Menschen – nach einem Zusammenbruch der technischen Gesellschaft – einen neuen Gott anbeten. Und weil die Menschheit nicht so recht lernfähig ist, wird dieser neue Glaube natürlich auch genutzt, um Menschen zu vernichten, die anders sind, die andere Vorstellungen vom Leben haben oder die gar Geschichten aus der Zeit vor dem Zusammenbruch der Gesellschaft erzählen. Doch als die Ältesten Martha und ihre Pflegetochter Ellena der Hexerei beschuldigen und hinrichten wollen, wecken sie damit uralte Kräfte. Ich bin immer wieder überrascht davon, wie sehr ich selbst heftig geschriebene „Rachemomente“ in Büchern genießen kann, wenn mir die Autor.innen das Gefühl geben, dass diese Heftigkeit gerechtfertigt ist oder durch die Natur der ausführenden Person begründet werden. Hier war es so, dass ich das Ende definitiv angemessen fand.

6. Rachel Caine: Home (A Morganville Vampires Story)
Es ist lange her, dass ich die ersten Morganville-Vampirgeschichten gelesen habe, und ich muss zugeben, dass meine Erinnerungen daran nur noch sehr vage sind. Trotzdem habe ich diese Kurzgeschichte sehr genossen, weil es Rachel Caine gelingt, nicht nur die Figuren (selbst ohne Hintergrundwissen) interessant und glaubwürdig zu gestalten, sondern auch ihre Befürchtungen so darzustellen, dass man ihre Reaktionen und Handlungen nachvollziehen und ihre Ängste teilen kann. In der Geschichte, die aus der Sicht von Shane erzählt wird, eröffnet eine Hexe einen Coffeeshop in Morganville, was aus gleich mehreren Gründen die Vampire in Panik versetzt. Trotz all der düsteren und traurigen Untertöne gab es eine Menge amüsanter Momente – ich finde es immer wieder schön, wenn eine Autorin ein Händchen dafür hat, diese gegensätzlichen Emotionen beim Lesen in mir hervorzurufen. Ich denke, ich sollte die Morganville-Romane jetzt doch mal ernsthafter auf die „irgendwann kaufen und lesen“-Liste setzen. 😉

7. Jennifer McMahon: The Deer Wife
Eine nette Geschichte über Jules, die sich in die Hexe des Waldes verliebt. Dass diese Hexe nicht nur rätselhaft, liebevoll und voller Wissen, wenn es um Magie und den Wald geht, ist, sondern auch ihre dunklen Seiten hat, ignoriert Jules lieber. Ich mochte die schönen Aspekte der Beziehung zwischen Jules und der Hexe, hatte aber ein bisschen Probleme damit, dass die Protagonistin so eine Vermeidungshaltung an den Tag legt, wenn es um die düsteren Folgen ihrer Beziehung geht. Alles in allem war die Geschichte nett, aber sie hat nicht gerade viele Spuren bei mir hinterlassen, die auch nach dem Lesen noch nachklangen.

8. Kristin Dearborn: The Dancer
Diese Geschichte wird aus Sicht von Paul Baker erzählt, der von der Familie Weaver gerufen wurde, weil es seit einiger Zeit rund um ihre siebzehnjährige Tochter Ani Poltergeist-Aktivitäten gibt. Für Baker steht schnell fest, dass die Umgebung für Ani nicht die richtige ist, doch da ihre Eltern nicht gerade verständnisvolle Menschen sind, kommt es einige Zeit später zu einer Eskalation. Ich mochte an der Geschichte, wie Kristin Dearborn mit der Frage spielt, wer dort „gut“ und wer „böse“ ist, und ich mochte Paul Bakers Perspektive. So habe ich mich gut unterhalten gefühlt, auch wenn die Handlung insgesamt etwas vorhersehbar war.

9. Hillary Monahan: Bless Your Heart
Hillary Monahan hat mit „Bless Your Heart“ eine schön böse Geschichte geschrieben, in der man als Leser mitverfolgt, wie die Protagonistin Audrey nach viel zu vielen Jahren, in denen ihr Sohn Tucker gemobbt wurde, dafür sorgt, dass ihm in Zukunft nie wieder etwas passiert. Es gibt gerade zum Ende der Geschichte ein paar unappetitliche Elemente, aber das passt zu Audreys Sumpfhexen-Magie, und ich mochte, wie sich die Handlung von einer – wenn auch sehr wütenden – häuslichen Backszene zu diesem eher ekelerregenden Rachemoment entwickelte.

10. Ania Ahlborn: The Debt
„The Debt“ ist eine wirklich böse, feine Geschichte mit einem klassischen Märchenanfang, bei dem ein Vater nach dem Tod seiner Frau seine Tochter im Wald aussetzt. Doch hier wird Karolin nicht einfach nur ihrem Schicksal überlassen und stolpert zufällig über ein Hexenhäuschen, sondern das Mädchen ist dazu da, eine alte Schuld abzutragen. Auch wenn die Handlung etwas vorhersehbar ist, fand ich die Geschichte sehr schön rabenschwarz und gut geschrieben.

11. Sherrilyn und Madoug Kenyon: Toil and Trouble (A Dark-Hunter Hellchaser Story)
Ich muss gestehen, ich weiß nicht so recht, was ich von dieser Kurzgeschichte halten soll. Ich mochte den Anfang, wo es um drei Hexen ging, die ihr Leben lang anderen Personen die Zukunft vorhergesagt haben, und wo in jedem Satz die Frustration zu spüren war, dass diese Personen immer die gleichen Fragen stellten und nie auf die Ratschläge der Hexen hörten. Der Rest der Geschichte drehte sich um ihre Auszubildende, die die Hexen hasst und kein Verständnis für ihre Lebens- und Denkweise hat. Vielleicht hätte ich mehr mit der Geschichte anfangen können, wenn ich mehr über die Autoren oder ihre anderen Veröffentlichungen wüsste – ich muss aber gestehen, dass mich dieser kleine Ausflug in ihre fantastische Welt nicht davon überzeugt hat, dass ich davon mehr lesen wollen würde.

12. Tananarive Due: Last Stop on Route Nine
Eine Geschichte mit sehr viel Südstaaten-Feeling über Charlotte und ihren Neffen Kai, die nach der Beerdigung von Charlottes Großmutter vom Weg abkommen. Das Ganze war etwas seltsam, aber auch schön unheimlich und definitiv ein Argument dafür, seinen Instinkten zu vertrauen und die Gefühle einer Person nicht abzutun, nur weil sie jung und verstört ist.

13. Rachel Autumn Deering: Where Relics Go to Dream and Die
Die Geschichte war überraschend eindringlich, nicht schön, nicht romantisch, aber gerade deshalb etwas, das vermutlich noch eine ganze Weile in mir nachklingt. Ich kann nicht mal sagen, ob ich das Ganze mochte, aber ich finde Rachel Autumn Deerings Erzählweise interessant, ich mochte, wie sie einer recht friedlichen Sterbeszene und einem erfüllten Traum so eine böse Wendung gab.

14. Amber Benson: This Skin
Eine zwar nicht ungewöhnliche, aber sehr gut geschriebene Geschichte über ein Mädchen, das früher mal an Hexerei interessiert war. Ich weiß gar nicht, wie ich darüber schreiben soll, ohne zu viel zu verraten. Aber es geht um einen Mord und eine Zehnjährige, die der Meinung ist, sie hätte einen würdigen Gegner in dem Polizisten gefunden, der ihre Zeugenaussage aufnimmt, nachdem sie den Fund von fünf Leichen gemeldet hat. Keine schöne Geschichte, aber ich mochte die Erzählweise von Amber Benson und die kleinen Wendungen in der Handlung.

15. Chesya Burke: Haint Me Too
Eine sehr gute Geschichte, die aus der Perspektive der elfjährigen Shea erzählt wird, deren Eltern für eine Plantage im Süden der USA arbeiten und die auch vierzig Jahre nach der Befreiung der Sklaven immer wieder gegen Weiße ankämpfen müssen, die alles dafür tun, um die „früheren Verhältnisse“ wiederherzustellen. Ich mag, wie Shea sich im Laufe der Handlung verändert, auch wenn ich mir wünschte, sie hätte nicht zu solchen Mitteln greifen müssen, um sich und ihre Familie in Sicherheit zu bringen.

16. Helen Marshall: The Nekrolog
Diese Geschichte wird aus zwei (eigentlich sogar drei) Perspektiven erzählt, und während die eine sich recht „normal“ anfühlt mit all den Gedanken über die Verwandtschaft der Erzählerin und über ihre Schul- und Studienzeit, so berichtet die zweite Perspektive von einem erschreckenden und verstörenden Leben in einem Regime, dem Menschenleben recht gleichgültig sind. Ich mag die Gegensätzlichkeit dieser beiden Erzählstränge und dass sie sich gerade deshalb so gut ergänzen – es ist schwer, mehr über die Geschichte zu sagen, aber ich glaube, dass ich sie noch eine ganze Weile mit mir herumtragen werde.

17. Alma Katsu: Gold Among the Black
„Gold Among the Black“ spielt in einer mittelalterlichen Welt und dreht sich um die dreizehnjährige Waise Greta, die nur ihren Hund Jesper hat. Es gibt ein paar Elemente, die ich an dieser Geschichte mag – ein bisschen erinnert sie mich an „Die gewöhnliche Prinzessin“ von M. M. Kaye, nur dass diese ein Wohlfühlbuch ist, während Alma Katsu sich auf die gefährlicheren und düsteren Seiten eines Lebens als Dienstmädchen in einem Schloss konzentriert. Am Ende fand ich Gretas Geschichte aber etwas unbefriedigend, weil ich mich über den Grund, aus dem sie ihre Entscheidung fällte, ärgerte und das Gefühl hatte, dass man aus der Grundidee so viel mehr hätte machen können.

18. Theodora Goss: How to Become a Witch-Queen
Was für ein wundervoller Abschluss für diese Anthologie! Theodora Goss erzählt in „How to Become a Witch-Queen“ von Schneewittchen, die nach dem Tod ihres Mannes einen Weg für ihr weiteres Leben finden muss. Sie hat keine Lust, länger ihr Leben nach den Wünschen anderer auszurichten, und so muss sie all ihren Einfallsreichtum und ihre Ressourcen aufwenden, um sich eine selbstbestimmte Existenz aufzubauen. Falls sich nun jemand fragen sollte, was das mit einer Anthologie rund um Hexen zu tun hat: „It’s much easier to be a queen when you’re also a witch!“ Nachdem ich dieses Geschichte gelesene habe, muss ich mir doch mal „The Strange Case of the Alchemist’s Daughter“ von der Autorin anschauen, obwohl ich den Klappentext – trotz diverser Lobpreisungen aus vertrauenswürdigen Quellen 😉 – bislang nicht besonders reizvoll fand.

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Abschließen kann ich sagen, dass diese Anthologie wirklich eine spannende und bunte Mischung zu bieten hatte, und ich mochte es sehr, dass ich nie vorhersagen konnte, in welche Richtung sich die nächste Geschichte bewegen und ob sie mir gefallen würde. Allerdings hatte (neben „How to Become a Witch-Queen“) nur eine Geschichte für mich so etwas wie einen „Wohlfühlfaktor, und weil ich so gern an „The Widow’s Walk“ zurückdenke, habe ich mir prompt den Verity-Fassbender-Reihen-Auftakt von Angela Slatter als eBook gegönnt und bin gespannt, ob ich die Autorin in Romanlänge auch lesen mag.

Christopher Golden (Hrsg.): Dark Cities (Anthologie)

Da ich in den letzten Jahren festgestellt habe, dass ich es mag, wenn ich auf dem Blog einen Beitrag habe, in dem ich kurze Bemerkungen zu den verschiedenen Kurzgeschichten einer Anthologie gesammelt habe, gibt es auch einen zu „Dark Cities“. In dieser Anthologie sind so einige Autoren versammelt, die ich mag, aber es gibt natürlich auch wieder welche, die ich noch gar nicht kenne oder bei denen ich das Gefühl habe, ich kann sie immer noch nicht so recht einschätzen. Aber genau das ist ja auch das Spannende an Kurzgeschichtensammlungen. 😉

Scott Smith: The Dogs

Die Handlung wird aus der Sicht von Rose erzählt, die regelmäßg in New York Männer trifft und die Nacht mit ihnen verbringt. Sie mag es, wenn diese Männer sie in Restaurants ausführen, die sie sich selbst nie leisten könnte, und es ist ihr egal, dass diese Begegnungen immer nur für eine Nacht sind. Eine Nacht verbringt Rose mit einem Typen, dessen Hund sie (indem er in ihrem Kopf mit ihr redet) davor warnt, dass der Mann sie ermorden will – womit der Hund nicht ganz unrecht hat, aber natürlich steht so einiges mehr hinter den Mordabsichten des Herrn. Die Grundidee der Geschichte mochte ich eigentlich, auch wenn die Handlung an sich spätestens ab dem Punkt vorhersehbar wurde, an dem Rose mit dem Hund ins Gespräch kommt.

Aber die Erzählweise hat mich recht unberührt gelassen (was ich bei einer Horrorgeschichte wirklich bedenklich finde) und es gab eine Szene in der Geschichte, die ich absolut wiederwärtig fand und die so – meiner Meinung nach – nur von einem Mann geschrieben werden konnte. Diese eine Szene trägt nichts zur Handlung bei, was nicht auf anderem Wege hätte erreicht werden können, und „erzwungener Sex als Mittel, um eine Frau gefügig zu machen“ gehört zu den Dingen, die ich nicht lesen will. Was dazu führt, dass ich am Ende der Geschichte ziemlich sauer war, dass dieser Aspekt überhaupt in „The Dogs“ vorkam und dass gerade diese Geschichte aus Auftakt der Anthologie gewählt wurde. (Mein Mann hat dazu angemerkt, dass Ekel als Horrorelement nicht unüblich ist und der Autor ja mit meiner Reaktion auf die Szene sein Ziel erreicht hätte – ich will so etwas trotzdem nicht lesen!)

Tim Lebbon: In Stone

Nachdem ich so unzufrieden mit der Auftaktgeschichte war, hat es einige Wochen gedauert, bis ich „Dark Cities“ wieder in die Hand nahm. Aber mit „In Stone“ wartete eine ganz andere Art von Geschichte auf mich, und das fand ich sehr angenehm. Die Handlung wird von einem Mann erzählt, dessen bester Freund Nigel vor einiger Zeit gestorben ist. Seit Nigels Tod kann der Erzähler nicht mehr schlafen und streift deshalb nachts allein durch London. Bei diesen nächtlichen Spaziergängen begegnet ihm eines Tages eine merkwürdige Frau, deren Verhalten ihn in den folgenden Tagen intensiv beschäftigt. Richtig gruselig ist die Geschichte nicht, aber sie spielt auf interessante Weise mit der Idee der menschenfeindlichen Stadt – bei mir hat das zu einigen absurden Gedankenspielen geführt und sowas mag ich ja.

Helen Marshall: The Way She is with Strangers

Eine Geschichte über eine Stadt voller Menschen, die ihren Weg verloren haben, und über eine Frau, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, diesen Menschen den Weg zu weisen. Ich bin mir auch eine ganze Weile nach dem Lesen noch nicht sicher, was ich von dem Ganzen halte, aber ich mochte die melancholische Atmosphäre der Geschichte und die Art und Weise, in der sie erzählt wurde.

M. R. Carey: We’ll always have Paris

„We’ll always have Paris“ wird erzählt von Inspector Philemon, der – kurz nach dem erfolgreich geschlagenen Krieg gegen Zombies – gegen einen Serienmörder ermittelt. Die Opfer wurden an verschiedenen Orten der Stadt gefunden, und jedes einzelne starb an einer ungewöhnlichen Kopfverletzung, doch es scheint – von der Todesart abgesehen – keine Verbindung zwischen den Toten zu geben, so dass der Inspector auch nach dem vierzehnten Opfer noch keine Spur zum Täter hat. Was eine normale Kriminalgeschichte sein könnte, bekommt hier durch den Schauplatz und den vor einiger Zeit geführten Krieg gegen Zombies in einen besonders düsteren Touch, den ich wirklich mochte. Auch gefiel mir die Wendung am Ende, die zwar nicht total überraschend kam, aber zu einer stimmigen Entwicklung bei Insector Philemon führte.

Cherie Priest: Good Night, Prison Kings

Eine überraschend coole Geistergeschichte rund um „seven pretty kittens and two prison kings“ oder auch um eine verstorbene Frau, ihr Leben und ihre Familie. Doch, die Geschichte gefiel mir.


Scott Sigler: Dear Diary

Irgendwie erinnert mich „Dear Diary“ an „In Stone“ (die zweite Geschichte in der Anthologie). Aber während „In Stone“ atmosphärisch war und meine Fantasie befeuert hat, fand ich „Dear Diary“ deutlich weniger reizvoll, was an der Vorhersehbarkeit der Handlung und dem Charakter des Protagonisten lag. Insgesamt war die Geschichte vor allem deprimierend und wenig gruselig.

Amber Benson: What I’ve always done

Gut erzählte, coole Geschichte über einen „Fixer“ und warum Monster sich nicht verlieben sollten. (Ich weiß nicht, ob Amber Benson im Laufe der Zeit einfach besser wurde als Autorin, oder ob mir ihre Kurzgeschichten einfach nur mehr liegen als ihre Romane, aber je kürzer die bislang gelesenen Geschichten, desto mehr habe ich sie genossen.)

Jonathan Maberry: Grit

Da ich von Jonathan Maberry nur Kurzgeschichten aus verschiedenen Anthologien kenne, fällt es mir immer schwer, seine Figuren einzuordnen. Diese Kurzgeschichte gehört zu den Monk-Addison-Geschichten, von denen ich bislang keine andere gelesen habe, und es gelingt dem Autor, eine schöne noir-Note in die Erzählung zu bringen. Die Hauptfigur ist ein Privatdetektiv, der zwar hauptsächlich Kautionsflüchtlinge jagt, dessen „Nebenjob“ sich aber mit deutlich düstereren Aspekten des Lebens beschäftigt. Ich mochte die Idee mit den Tätowierungen (auch wenn ich die eine oder andere Frage zum Thema Hygiene hätte 😉 ) und den Geistern, aber obwohl ich seine Figuren und Ideen mag, fällt mir immer wieder auf, dass Johnathan Maberry doch eher für eine männliche Zielgruppe schreibt.

Kasey Lansdale und Joe R. Lansdale: Dark Hill Run

Die Grundidee mochte ich eigentlich. Der Protagonist Johnny möchte sich das Rauchen abgewöhnen (unter anderem deshalb, weil er Läufer ist,) und geht deshalb zu einem Hypnotiseur. Doch obwohl durch die Hypnose die Nikotinsucht verschwindet, findet dadurch auch etwas vor langer Zeit Verdrängtes wieder einen Weg in Johnnys Leben. Die Vorgeschichte war nett erzählt und die Bedrohung, die in Laufe der Handlung auftaucht, war auch ganz gut beschrieben. Aber die Lösung für Johnnys Problem lag so sehr auf der Hand, dass ich beim „spannenden Showdown“ nur darauf wartete, dass der entscheidende Punkt endlich kommt – was definitiv zu Lasten der Spannung ging.

Simon R. Green: Happy Forever

Eine wunderbar bitter-böse Geschichte um einen professionellen Dieb und die Dinge im Leben, die man nicht stehlen sollte. Mehr kann ich dazu eigentlich gar nicht sagen, um nicht zu spoilern. Allerdings muss ich zugeben, dass ich mit dem Einstieg in die Geschichte leichte Probleme hatte …

Paul Tremblay: The Society of the Monsterhood

Die Handlung spielt in einer rauen Gegend und wird ausgelöst durch vier Kinder, die dank eines Stipendiums jeden Morgen abgeholt werden, um in einer Privatschule unterrichtet zu werden. Diese „Bevorzugung“ der Kinder löst eine Entwicklung aus, die einen darüber nachdenken lässt, wer in so einer Nachbarschaft das größte Monster ist und wie solche Monster entstehen. Sehr gute Geschichte mit überraschender Wendung und einem nachdenklich machenden Ende.

Nathan Ballingrud: The Maw

Atmosphärische und verstörende Geschichte, die aus zwei Perspektiven erzählt wird und bei der ich mir auch einige Tage nach dem Lesen nicht sicher bin, was ich davon halte (und wie der Autor begründen will, dass der Hund dem „Ruf“ gefolgt ist).

Tananarive Due: Field Trip

Eine eigentlich ganz normale Szene in der U-Bahn mit wunderbar unheimlichen Untertönen und ebenso beängstigenden Gedanken der Erzählerin. Sehr cool.

Christopher Golden: The Revelers

Eine Kurzgeschichte über Freundschaft und wie sie sich verändern kann. Ich muss gestehen, dass ich ein Problem mit den Figuren hatte, weil diese Feierabend-/Wochenend-Party-Besäufnis-Drogen-Welt auf mich noch nie einen Reiz ausgeübt hat. Ich mochte aber die Bilder, die die Geschichte heraufbeschworen hat und die mich an viele (alte) Filme erinnerten, die ich gern mag. Das Ende der Geschichte hingegen war eher deprimierend und hinterließ einen bitteren Nachgeschmack.

Ramsey Campbell: Stillness

Diese Geschichte hat mir wieder mal gezeigt, dass ein Autor dafür sorgen muss, dass mich seine Figuren interessieren, damit die Handlung mich packen kann. Dummerweise war mir der Protagonist Donald ziemlich egal, weil ich ihn vor allem langweilig fand. Er arbeitet in einem Charity-Laden, verbringt seine Abende mit Essen und Musikhören und gehört einem Buchclub an, der sich einmal im Monat trifft. Erst als er sich eines Tages über eine „lebendige Statue“ vor dem Laden aufregt, ändert sich sein Leben und er fühlt sich regelrecht von dieser gruseligen „Statue“ verfolgt. So unheimlich ich die Grundidee finde, so wenig hat mich Donalds Schicksal interessiert, und so hat mich die Geschichte auch nicht packen können.

Kealan Patrick Burke: Sanctuary

Erzählt wird die Geschichte von einem zehnjährigen Jungen, dessen größtes Hobby das Zeichnen und Schreiben ist. Die Handlung spielt an einem Sonntag, an dem der Junge seinen Vater (der nach der Kirche immer in der Kneipe versackt) zum Essen holen soll, und die Umgebung, die der Junge beschreibt, ist wirklich gruselig. Ein verlassener Stadtteil voller Schimmel und Moos, abgestorbener Bäume und Menschen ohne Hoffnung, die jeden Sonntag in die Kirche gehen und doch verloren sind … Am Ende kann man sich nicht ganz sicher sein, welcher Teil der fantastischen und gruseligen Geschichte „real“ ist und welcher nicht, oder welcher Teil in welcher Zeitebene spielt, aber gerade das macht den Reiz von „Sanctuary“ aus.

Sherrilyn Kenyon: Matter of Life and Death

Überraschend lustige Geschichte, wenn man bedenkt, dass „Dark Cities“ eine Horror- bzw. Dark-Fantasy-Anthologie ist. Erzählt wird die Handlung aus der Perspektive der Lektorin Elliott, die zu Beginn von „Matter of Life and Death“ froh darüber ist, dass ihre Star-Autorin verstorben ist, auch wenn sie nicht weiß, welche Auswirkungen das finanziell auf den Verlag haben wird. Aber die Aussicht, nie wieder etwas mit dieser anstrengenden und gehässigen Frau zu tun haben zu müssen, hellt Elliotts Laune sehr auf – bis auf einmal Nachrichten von der verstorbenen Autorin eintreffen. Ein bisschen hatte ich am Ende das Gefühl, dass da eine Autorin ihre unterdrückten Gefühle gegenüber Lektoren sehr genussvoll in allen Facetten ausgelebt hat. 😀

Seanan McGuire: Graffiti of the Lost and Dying Playces

Sehr atmosphärischer und bedrückender Text über Gentrifizierung und das Sterben einer Stadt – aus der Sicht einer Protagonistin, die ihr Viertel früher so sehr geliebt hat und nun ausharren will, bis die letzten Spuren des früheren Lebens erloschen sind …


Nick Cutter: The Crack

Uhhh … Die Geschichte fand ich heftig, allein deshalb schon, weil das Thema Gewalt gegen Kinder für sich genommen schlimm genug ist und es gar nicht mal den Horroraspekt in der Handlung benötigte, damit einem das Ganze unter die Haut geht.

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Mit Anthologien verlasse ich eher mal meine Komfortzone und in der Regel finde ich darin – unabhängig vom Thema – spannende und faszinierende Geschichten. Auch „Dark Cities“ hatte einige wunderbar atmosphärische Texte zu bieten und Autoren, deren Erzählweise, Charaktere und Ideen mich auf unterschiedliche Weise gut unterhalten haben. Trotzdem muss ich zugeben, dass ich am Ende von „Dark Cities“ vor allem mal wieder zu dem Schluss gekommen bin, dass Horror und Dark Fantasy eher weniger meine Genres sind. Denn je besser solch eine Geschichte ist, desto länger hält das unangenehme Gefühl beim Lesen an, desto länger drehen sich meine Gedanken um Elemente der Handlung – und das sind in der Regel keine Dinge, die ich in meinen Alltag mitnehmen möchte.

Christopher Golden und Thomas E. Sniegoski: The Nimble Man (The Menagerie #1)

„The Nimble Man“ von Christopher Golden und Thomas E. Sniegoski ist der zwölfte und letzte Roman des „Modern Magic“-Bundles (den elften Titel habe ich übersprungen, weil es eine Kurzgeschichtensammlung ist, von der ich denke, dass sie besser zu etwas herbstlichem Wetter passen könnte). Ich muss gestehen, dass ich das Buch mochte, obwohl es im Vergleich zu anderen Urban-Fantasy-Geschichten eigentlich nichts Besonderes ist. Aber vor allem hat mich beim Lesen die Frage beschäftigt, welche Zusammenhänge es zwischen diesen Autoren und dem Comiczeichner Mike Mignola gibt und inwieweit sich diese Personen wohl gegenseitig beeinflusst haben.

„The Nimble Man“ dreht sich um eine Gruppe von ungewöhnlichen Wesen, die sich seit langer Zeit immer wieder zusammenschließen, um gegen das Böse zu kämpfen. Kopf dieser „Menagerie“ ist Arthur Conan Doyle, der entgegen anderslautender Gerüchte nicht im Jahr 1930 verstorben ist, sondern damals in die Feenwelt wechselte, um eine Beziehung mit der Feenprinzessin Ceridwin. führen zu können. Doyle ist ein starker Magier, aber vor allem ist er derjenige, dem die anderen loyal zur Seite stehen, um seine Pläne zu verwirklichen. Die anderen Figuren sind zum Beispiel die Vampirin Eve, der Gestaltwandler Clay und der Goblin Squire, weitere Personen werden im Laufe der Geschichte eingeführt, was zu einigen Perspektivwechseln führt, die ich stellenweise etwas zu abrupt fand.

In diesem Roman (es gibt noch drei Fortsetzungen) versucht Arthur Conan Doyle, seinen ehemaligen Lehrmeister Sweetblood zu finden, um zu verhindern, dass dessen Kräfte von anderen Personen missbraucht werden. Während er noch nach dem Aufenthaltsort von Sweetblood sucht, stolpert er über überraschend mächtige Gegner – und die ersten Anzeichen der bevorstehenden Apokalypse. Im Prinzip sind das alles recht gewöhnliche Elemente für eine Urban-Fantasy-Geschichte, aber ich muss zugeben, dass es Christopher Golden und Thomas E. Sniegoski gelungen ist, wirklich faszinierende Charaktere zu erschaffen. Vor allem hat mich lange die Frage nach den Hintergründen der verschiedenen Figuren beschäftigt, und so sind es auch die Charaktere, die mich neugierig auf weitere Bände der Reihe gemacht haben. Ich hoffe, dass es noch sehr viele Details dazu gibt, wie einige der Protagonisten zu dem geworden sind, was sie in „The Nimble Man“ zu sein scheinen. Außerdem mochte ich die Mischung aus verschiedenen Mythologien, realen Figuren und Ereignissen sowie actionreichen Kämpfen. (Dafür hätte ich auf darauf verzichten können, dass eine der Gegnerinnen ständig nackt durch die Gegend läuft – das hat jetzt nicht gerade viel zu Handlung beigetragen.)

Ein Teil meiner Neugier bezüglich der weiteren Entwicklung der Charaktere und der Hintergründe basiert vermutlich auch darauf, dass mich viele Elemente – unter anderem der Umgang mit mythischen Figuren, aber auch bestimmte Protagonisten – in dieser Geschichte an die Comic-Reihen um „Hellboy“ und die Regierungsbehörde „B.P.R.D.“ von Mike Mignola erinnert haben. Es könnte sogar sein, dass Christopher Golden und Thomas E. Sniegoski sich davon haben inspirieren lassen, denn der erste „Hellboy“-Comic entstand schon in den 90ern, während „The Nimble Man“ 2004 erschienen ist – zwei Jahre nach dem ersten „B.P.R.D.“-Comic, an dem Golden und Sniegoski zusammen mit Mike Mignola gearbeitet haben. Wobei Christopher Golden Ende der 90er anfing, „Hellboy“-Romane zu schreiben und somit vielleicht seinerseits Einfluss auf Mike Mignolas Werk hatte, obwohl Mike Mignola zu der Zeit noch eine sehr enge Kontrolle über sämtliche „Hellboy“-Veröffentlichungen ausübte. Ich muss gestehen, ich fände es spannend zu wissen, wie weit sich da diese Künstler gegenseitig inspiriert haben …