Schlagwort: Elizabeth Peters

Höreindrücke im Juni

„Tod auf dem Nil“ von Agatha Christie ist eines von gleich mehreren Agatha-Christie-Hörbüchern, das ich in den letzten Tagen gehört habe. Wenn der Kopf voll ist, dann halte ich mich eben doch eher an vertraute Autoren. „Tod auf dem Nil“ ist eine Poirot-Geschichte und nach dem Anfang, der in einem britischen Herrenhaus und einem Klub in London spielt, findet ein Großteil der Handlung auf einem Nil-Kreuzfahrtschiff statt. Ich mag den Roman, aber bei der von Gerd Anthoff gelesenen Hörbuchversion musste ich hier und da die Zähne zusammenbeißen. Der Sprecher ist nicht nur dann, wenn er die Frauen spricht, nur schwer erträglich. Immerhin fand ich seine Poirot-Interpretation gar nicht so schlimm, gerade das manchmal durchschimmernde „väterliche“ Verhalten des Belgiers, wenn er zwar die Gefühlsaufwallungen der jüngeren Mitreisenden versteht, aber eben auch weiß, dass das alles nicht so schlimm ist, wie es der Person in diesem Moment erscheint, war sogar ganz passend rübergebracht. Trotzdem werde ich um Gerd Anthoff als Hörbuchsprecher demnächst erst einmal einen großen Bogen machen!

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An „Crocodile on the Sandbank“ von Elizabeth Peters habe ich mich gewagt, nachdem ich „The Unexpected Mrs. Pollifax“ gehört und doch überraschend gut verstanden hatte. Nachdem ich im März oder April erst eine deutsche Hörbuchversion von „Im Schatten des Todes“ gehört hatte, hatte ich auch die Details der Geschichte noch so präsent, dass ich die erste Stunde durchgehalten habe, obwohl ich da noch deutlich weniger folgen konnte als bei Mrs. Pollifax. Da machte es sich deutlich bemerkbar, dass Elizabeth Peters doch einen anderen Schreibstil hat als Dorothy Gilman, denn an der Sprecherin konnte es nicht liegen, die war in beiden Fällen die gleiche. Barbara Rosenblat liest wunderbar – ich mag ihre Betonung, ich mag ihre Stimme und ich mag ihre Interpretation der Figuren. Ihre Evelyn war sanft, aber nicht weichlich, ihre Amelia war energisch, tatkräftig, aber auch an den richtigen Stellen etwas unsicher und auch ihre Männer waren überzeugend – vor allem Emerson war hinreißend und überzeugend (!) aufbrausend.

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„Emma im Knopfland – Eine verknöpft und zugenähte Geschichte“ von Ulrike Rylance ist eine niedliche kleine Geschichte mit gerade mal 2 Stunden und 41 Minuten Laufzeit. Hauptfigur Emma verschlägt es, als sie sich in ihren Ferien bei Onkel Hubert und Tante Mechthild langweilt, in ein Zimmer voller Knöpfe. Bevor Emma sich noch groß umgucken kann, fällt ihr ein großer goldener Knopf auf, der vor ihr davon zu rennen scheint – und als sie diesen berührt, landet sie im Knopfland. Dort muss Emma ein paar Abenteuer bestehen und schließt neue Freundschaften, bevor sie einen Weg zurück in das Knopfzimmer findet.

Eigentlich ist die Geschichte nett und unterhaltsam, aber mir gab es dabei einfach zu viele „Anlehnungen“ an bekannte Kinderbücher. Vor allem „Alice im Wunderland“ wurde immer wieder von der Autorin herangezogen, so dass Hofdame Isolde (der große goldene Knopf) eine gewisse Ähnlichkeit mit der Herzkönigin hat, während Emma natürlich im Laufe der Handlung auch in eine Teeparty platzt und weitere Elemente dem Hörer immer wieder auffallen. Hätte ich das Gefühl, dass Ulrike Rylance aus diesen Dingen eine eigene Geschichte gemacht hätte, wäre das bezaubernd gewesen. Aber ohne eine spürbare individuelle Note ärgere ich mich eher über all die vertraut wirkenden Szenen. Gelesen wird das Hörbuch (bei dem ich übrigens nicht rausfinden konnte, ob es für diese Umsetzung bearbeitet wurde) von Fritzi Haberlandt. Die Sprecherin macht ihre Sache eigentlich sehr gut, verleiht den verschiedenen Charakteren eine eigene Note und sorgt dafür, dass selbst die Nebenfiguren einen recht hohen Wiedererkennungswert haben. Da ich das Hörbuch – trotz seiner Kürze – über einige Tage verteilt gehört habe, kam mir das wirklich zugute.

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„Das Böse unter der Sonne“ von Agatha Christie hat mich mehrere Tage lang sehr gut unterhalten. Ich mag die Geschichte (ich mag sogar die Verfilmung mit Ustinov, obwohl er definitiv nicht mein „Poirot“ ist, aber es gibt tolle andere Darsteller in dem Film und die Atmosphäre passt) und mit der ungekürzten Version hätte mir nur noch der Sprecher das Ganze verderben können. Aber stattdessen hat Jürgen Tarrach das Hörspiel – besonders Poirot, aber überraschenderweise auch die diversen Frauenrollen – wunderbar gelesen. Einzig seine Aussprache des Vornamen „Odell“ klang eher nach Oddl, aber ansonsten habe ich nichts zu kritisieren. Dank der tollen Umsetzung habe ich viele amüsante Stunden mit „Das Böse unter der Sonne“ verbracht – ich finde die Tatdurchführung immer wieder genial ausgedacht und mag die wunderbare Darstellung der vielen verschiedenen Figuren. Beim Hören kam mir übrigens der Gedanke, dass Agatha Christie wohl Schuld daran ist, dass ich bei vielen Krimis immer recht schnell auf den Täter komme, denn sie hat dafür gesorgt, dass ich in diesem Genre jede Nebenbemerkung als potenziell wichtig abspeichere.

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„Die Tote in der Bibliothek“ von Agatha Christie ist – wie all die anderen Hörbücher in diesem Beitrag – wieder einmal eine Leihgabe von Natira und ich hatte mich sehr auf mein – vorerst letztes – Agatha-Christie-Hörbuch gefreut. Die Geschichte ist ja recht bekannt und ich mag sie sehr. Alles beginnt mit dem Fund einer Mädchenleiche in der Bibliothek des Herrenhauses der Bantrys und während Mrs. Bantry anfangs das Ganze noch spannend findet (sie liest gern Kriminalromane), geht ihr nach kurzer Zeit auf, dass das gesamte Dorf ihren Mann verdächtigt. So animiert sie ihre Freundin Miss Marple sich des Falls intensiv anzunehmen und die Unschuld von Colonel Bantry zu beweisen. Wie gesagt, ich mag den Roman, aber dieses Mal habe ich die (auch noch gekürzte) Handlung nicht so genossen wie sonst, da mir die Sprecherin nicht so zusagte. Ich kann Traudel Sperber gar nichts konkretes „vorwerfen“. Ihre Stimme ist mir nur zu weich und zu jung für das Hörbuch und weder ihre Interpretation der Charaktere, noch ihre Betonung insgesamt sagt mir wirklich zu.

Elizabeth Peters: Im Schatten des Todes (Hörbuch)

Auch „Im Schatten des Todes“ von Elizabeth Peters (Pseudonym von Barbara Mertz) habe ich im Rahmen der Hörbuch-Challenge gehört und dabei das Wiedersehen mit langvertrauten Figuren genossen. Die Romane der Autorin rund um Amelia Peabody, ihre Familie und ihre Freunde haben ich vor lange Zeit für mich entdeckt und gerade die ersten Bände immer wieder gelesen, auch wenn ich die Reihe in den letzten Jahren etwas aus den Augen verloren habe. „Im Schatten des Todes“ ist der erste Band rund um Amelia Peabody und die Geschichte wurde für die Hörbuchumsetzung gekürzt, ohne dass ich das Gefühl hatte wirklich relevante Passagen zu verpassen.

Amelia (die ich übrigens auch schon länger als eine Kandidatin für mein Figurenkabinett im Hinterkopf habe) ist zu Beginn der Geschichte 32 Jahre alt. In den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts ist sie damit definitiv eine alte Jungfer und nachdem ihr Vater stirbt und ihr sein – überraschend großes – Vermögen vermacht, beschließt sie, dass sie auf Reisen gehen möchte. Ihr Vater hat sich als Wissenschaftler mit diversen fremden Kulturen beschäftigt und auch ihre eigene Neigung zum Lernen immer gefördert. Amelias erstes Ziel soll Ägypten sein, da sie sich sehr für Archäologie interessiert. Bei einem Zwischenstop in Rom sammelt Amelia – die inzwischen ihre Reisebegleiterin aufgrund gesundheitlicher Probleme verloren hat – die junge Evelyn Barton-Forbes auf, eine von ihrer Familie verstoßene Adelige, mit der sie sich schnell anfreundet.

Endlich in Kairo angekommen erkundet Amelia nicht nur jede erreichbare Pyramide, sondern erlebt auch die eine oder andere ungewöhnliche Begebenheit. Außerdem lernen sie und Evelyn die Brüder Emerson kennen, zwei britische Archäologen, die auf dem Weg zu einer Ausgrabung sind. Und da Evelyn auf den ersten Blick Interesse an Walter Emerson entwickelt hat, sieht es Amelia als ihre Pflicht an für ein Wiedersehen zwischen den beiden zu sorgen – vor allem, da es ihr die Möglichkeit geben wird, einmal ihre Nase in eine Ausgrabung zu stecken.

Wie es sich für einen gemütlichen Kriminalroman gehört, setzt Elizabeth Peters bei ihrer Amelia-Peabody-Reihe vor allem auf die Gestaltung und Entwicklung der Figuren und so ist es kein Wunder, dass man als Hörer recht schnell dahinter kommt, welche Person und welche Motive hinter den seltsamen Vorfällen in Kairo und später an der Ausgrabungsstätte stecken. Aber das schadet nichts, da die verschiedenen Charaktere so angenehm individuell und liebenswert gestaltet wurde. Amelia ist eine energische Frau mit entschiedenen Ansichten, die ganz zufrieden damit ist eine „finanziell unabhängige alte Jungfer“ zu sein. Wenn sie das Gefühl hat, sie hätte Recht, dann setzt sie ihren Kopf gegen alle Widerstände durch. Evelyn hingegen ist deutlich sanfter und diplomatischer – was auch ganz gut ist, denn sonst wäre sie nicht in der Lage Amelia immer wieder in ihrem Tun zu zügeln oder daran zu hindern sich mit dem älteren Emerson anzulegen.

Ich mag die Figuren einfach, ich mag den Humor der Serie und ich finde die Details über die Ausgrabungen zu dieser Zeit wirklich interessant (wenn auch zum Teil erschütternd, wenn man bedenkt wie viel bei diesen oft wenig wissenschaftlichen Aktionen zerstört wurde), und dass die Autorin selber Archäologin ist, gibt diesen Passagen eine Authentizität, die ich sehr reizvoll finde. So habe ich auch beim Hören des Hörbuchs zum wiederholten Mal die Handlung genießen können, während die Sprecherin Dagmar Heller durch ihre Stimme und Betonung der ganzen Geschichte eine ungewohnten Nuance zufügte.

Grundsätzlich muss ich sagen, dass die Sprecherin ihre Sache sehr gut gemacht hat. Sie hat jeder Figur eine individuelle Note verliehen, ohne dabei zu übertreiben, und ihre Lesung schön facettenreich gehalten. Auch fand ich ihre Stimme passend für Amelia, aus deren Perspektive das Ganze erzählt wird, und die mit ihren über 30 Jahren auch eine „erwachsene“ und manchmal etwas herrisch wirkende Stimme benötigte. Die Tonqualität war auch gut, auf die Länge der Tracks habe ich dieses Mal nicht geachtet, weil ich das Hörbuch immer gleich mehrere Stunden am Stück gehört habe. Insgesamt war es sehr schön auf diese Weise ein Wiedersehen mit Amelia und den anderen genießen zu können.