… mit selbstgebackenen Keksen.
… mit einer hübschen und praktischen Neuanschaffung.
… mit Geschenken.
… und viel gemeinsam verbrachter Zeit mit meinem Mann.
… mit Kuchen aus dem Café in unserem Viertel.
… mit leckerem Lieferessen.
Auch in diesem Jahr haben wir uns Urlaub genommen, um das japanische Filmfest, das jährlich in unserer Stadt stattfindet, genießen zu können. Da wir uns bei dem Gedanken unwohl fühlten, dass wir stundenlang in schlecht gelüfteten und voll besetzten Kinosälen sitzen würden, haben wir uns wieder auf das Online-Angebot beschränkt. Was bedeutete, dass wir nicht alle Filme des Festivals zur Auswahl hatten, aber insgesamt haben wir zwischen dem 31. Mai und 06. Juni eine bunte Mischung japanischer Filme genießen können.
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Am ersten Abend haben wir „They Say Nothing Stays the Same“ geschaut, weil ich hoffte, dass uns das Regiedebüt von Joe Odagiri nicht nur schöne Landschaftsaufnahmen, sondern auch eine nette Geschichte rund um einen alten Fährmann präsentieren würde. Die Handlung spielt Ende des 19. Jahrhunderts und dreht sich darum, dass der Bau einer Brücke den Fährmann Toichi (Akira Emoto) in absehbarer Zeit arbeitslos machen wird. Der Kern der Handlung ist natürlich, dass es keinen Stillstand gibt und sich alles ständig ändert, und eine gewisse Melancholik ist bei dem Thema natürlich zu erwarten, vor allem, wenn die Handlung aus Sicht einer Person erzählt wird, die durch den Wandel ihren Lebensunterhalt verliert. Dummerweise erzählt Joe Odagiri seine Geschichte voller Plattheiten und Wiederholungen, und seine einzige Aussage scheint „früher war alles besser“ zu sein. Außerdem greift er in seinem Film nicht nur auf Handlungselemente zurück, die unnötig brutal sind, sondern er scheint seine Zuschauer auch für begriffsstutzig zu halten, so dass er seine Botschaften immer wieder wiederholt und am Ende sogar mehrfach von den diversen Figuren aussprechen lässt. Ich muss gestehen, dass ich bis zur Hälfte des Films noch die Hoffnung auf überraschende Elemente und Wendungen hatte, die das Ganze vielleicht hätten retten können, außerdem waren die Naturaufnahmen wirklich wunderschön und haben mich bis dahin über die nervigeren Elementen hinweggetröstet. Aber insgesamt wuchs meine Frustration mit dem Film im Laufe des Abends immer mehr und mein Mann meinte am Ende, dass er es wirklich bedauert, dass er für so etwas mehr als zwei Stunden seiner Urlaubszeit aufgewandt hat.
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Am zweiten Tag haben wir den Film „Ninja Girl“ geschaut – für uns beim Anschauen des Programms der vielversprechendste Film, aber leider war diese Satire dann doch ein Enttäuschung. Die Grundidee klang nett (junge, schüchterne Beamtin bekommt von ihrem Großvater auf dem Sterbebett erzählt, dass sie von einer Ninja-Familie abstammt, und den Auftrag erteilt, seinen Kampf gegen die rassistische Stadtverwaltung weiterzuführen) und ich denke immer noch, dass sich daraus ein sehr cooler Film hätte machen lassen können. Aber am Ende war ich richtig frustriert beim Angucken, weil es so unendlich viele unlogische Handlungselemente in dem Film gab (sowohl was die Motive der Figuren anging, als auch bei so einfachen Dingen wie zeitliche Abfolge der Ereignisse) und wir so oft das Gefühl hatten, dass Yu Irie (der für Drehbuch und Regie verantwortlich war) sich einfach nur gefragt hat, welche Szenen er gern in seinem „Ninja-Film“ sehen würde, ohne sich darüber Gedanken gemacht zu haben, wie diese Szenen in die Gesamthandlung passen würden.
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Nach einem Tag Pause, damit wir uns etwas von den Enttäuschungen erholen konnten, haben wir uns an „The Sunday Runoff“ gewagt und damit zum Glück genau die Art von Film präsentiert bekommen, die wir davon erwartet hatten. Die Handlung dreht sich um Tsutomu Tanimura (Masataka Kubota), der als Privatsekretär für den Politiker Shohei Kawashima im Unterhaus des japanischen Parlaments arbeitet. Als sein Chef einen Schlaganfall erleidet, wird dessen älteste Tochter Yumi (Rie Miyazawa) als Nachfolgerin ausgewählt – vor allem, weil die Parteikollegen davon ausgehen, dass die Frau leicht manipulierbar sein wird. Doch Yumi Kawashima ist alles andere als eine gefügige Marionette, und sowohl ihre verwöhntes Wesen als auch ihre unberechenbare Art machen Tsutomu das Leben ziemlich schwer. „The Sunday Runoff“ ist eine sehr solide gemachte Komödie über die Korruption in der (japanischen) Politik, über die Machenschaften der etablierten Politiker und die Geschäftsmänner und Lobbyisten, die hinter diesen Personen stehen, und wir haben uns beim Anschauen sehr gut unterhalten gefühlt. Ich weiß nicht, wie viel ich langfristig von dem Film noch in Erinnerung behalten werde, aber die fast zwei Stunden, die wir mit den Charakteren verbracht haben, haben viel Spaß gemacht (und in mir immer wieder Erinnerungen an die Dokumentation „i – Documentary Of The Journalist“ geweckt, in der viele alte japanische Politiker gezeigt werden, die sich ihrer Macht und Position nur allzu gewiss sind).
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Der letzte Film des japanischen Filmfestivals in diesem Jahr war für uns „Salaryman“ von der costa-ricanischen Künstlerin und Fotografin Allegra Pacheco, die damit ihr Debüt als Dokumentarfilmerin vorlegte. Ich muss gestehen, dass mich ein paar der Bilder im Trailer etwas misstrauisch gemacht hatten, weil ich fürchtete, dass diese Dokumentation sich mehr um die Regisseurin als ihr Thema drehen würde (und ja, es gab auch wirklich mehr Szenen und Informationen über Allegra Pacheco, als meiner Meinung nach notwendig gewesen wären), aber auf der anderen Seite haben mich die Aussagen der „Salarymen“ über ihre Arbeit und ihre Stellung in ihren Firmen sehr neugierig gemacht. All die Interviews mit den – in der Regel männlichen – Büroangestellten, die sich Tag für Tag als gesichtslose Masse in schwarzen Anzügen durch japanische Großstädte bewegen und auf Kosten ihrer Gesundheit und ihres Familienlebens die Wirtschaft am Laufen halten, und die dann nach der Arbeit im Kollegenkreis saufen bis zum umfallen, fand ich sehr spannend. So viele hoffnungslose und (alkohol-)kranke Männer, so viele ältere Männer, die sich eingeredet haben, dass sie sich ja immerhin am Wochenende um ihre Familien gekümmert haben, so viele Männer, die glauben, dass ihre Firma zusammenbricht, wenn sie nicht 70 bis 100 Stunden pro Woche arbeiten, während sie sich gleichzeitig durchaus darüber im Klaren sind, dass sie für ihre Arbeitgeber jederzeit ersetzbar sind.
Auf der anderen Seite diejenigen, die versuchen einen Weg zu finden, um trotz ihrer Arbeit ihre Lebensfreude (einer von diesen Salaryman verwendete sogar den Begriff „Menschlichkeit“) nicht zu verlieren und dabei zum Beispiel so etwas wie „extreme commuting“ betreiben. Was in diesem Fall bedeutete, dass eine Gruppe von Kollegen einen internen Wettbewerb darüber laufen hat, wer die spannendsten und ungewöhnlichsten Aktivitäten (wie z.B. Kanu- oder Riesenrad fahren, Surfen, Sehenswürdigkeiten abklappern, Onsen besuchen u.ä.) zwischen Aufwachen und Arbeitsbeginn auf die Reihe bekommt. Dazu mochte ich noch erwähnen, dass die Regisseurin auch über die weiblichen Büroangstellten sprach und einige von ihnen zu Wort kommen ließ. Kaum eine der interviewten Frauen war wirklich eine „Salarywoman“, aber ihr Arbeitstag ist nicht weniger lang und hart als die der Salaryman und auch unter ihnen ist „Tod durch Überarbeitung“ oder „Selbstmord aufgrund von Überarbeitung“ ein großes Risiko. Am Ende war ich zwar von der Art und Weise, in der Allegra Pacheco diese Dokumentation aufbereitet hat, nicht ganz glücklich, fand aber all die Interviews spannend zu verfolgen.
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Da wir in den vergangenen Tagen immer wieder an frühere Filme, die wir beim Filmfestival gesehen haben, denken mussten, werden wir wohl in der kommenden Wochen unsere Urlaubstage weiterhin mit dem einen oder anderem japanischen Werk verbringen. Zumindest hat mein Mann schon die BluRays von „The Woodsman and the Rain“, „Uzumasa Limelight“, „Beyond the Infinite Two Minutes“ und „Shin Godzilla“ rausgekramt … Ich weiß nicht, ob es ein Glück (für unseren Geldbeutel und Regalplatz) oder Pech ist, dass so wenige Filme, die uns beim japanischen Filmfestival gefallen haben, später auf BluRay oder DVD erhältlichlich sind, aber die, die wir in unseren Besitz haben, genießen wir doch immer wieder.
Es ist schon wieder eine ganze Weile her, seitdem es hier einen „Was schön war“-Beitrag gegeben hat. Aber in den vergangenen Monaten gab es auch relativ wenig herausstechende Momente, bei denen es sich gelohnt hätte, sie hier festzuhalten. Umso netter war es, dass wir in den vergangenen Tagen ein Überraschungspaket von einem Freund meines Mannes erhalten haben – voller Leckereien und Aufmerksamkeiten für uns beide.
Irgendwie hege ich den Verdacht, dass unser beider Schwäche für „Animal Crossing“ ein kleines bisschen beim Zusammenstellen des Pakets berücksichtigt wurde. 😉 Wir haben uns auf jeden Fall sehr über die Tom-Nook- und Melinda-Tassen gefreut. Auch wenn ich zugeben muss, dass ich noch keine Ahnung habe, wie ich unsere neuen Tassen in unseren überfüllten Küchenschränken unterbringen soll … *g*
Die ersten „Adventsplätzchen“ des Jahres backen
und damit einer Freundin eine Freude bereiten können.
Ein Überraschungspäckchen zu bekommen,
dessen Inhalt mir viel Freude bereitet
(und ein paar schöne Erinnerungen weckt).
Nach einem stressigen Tag
mit der ersten Autofahrt seit zwei Jahren
und diversen Stationen,
um Sachen zu spenden und richtig entsorgen zu können,
ein entspannter Tag mit Café-Kuchen und indischem Lieferessen.
Viele, viele neue Bücher
geschenkt zu bekommen.
Auch wenn ich in den letzten Wochen recht still war,
so gab es doch den einen oder anderen erinnerungswürdigen Moment in meinem Leben.
Dass die Nachbarin
nach einem Fahrradausflug bei uns klopfte,
um sich mit einem selbstgepflückten Blumenstrauß
für all die angenommenen Päckchen der letzten Monate zu bedanken.
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Die gemeinsamen Urlaubstage mit meinem Mann,
obwohl wir gar nicht so viel anders gelebt haben
als die vergangenen Monate …
Aber das ständige Kontrollieren des Arbeitslaptops fiel weg,
ebenso wie das Gefluche über den Job. 😉
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Am selben Tag den vollständigen Impfschutz
– dank einer zwei Wochen vorher stattfindenden kurzfristigen J&J-Impfaktion der Stadt –
und den 15. Hochzeitstag feiern zu können … 🙂
Da der Beitrag über das diesjährige japanische Filmfestival in der vergangenen Woche schon lang genug war, gibt es hier jetzt den zweiten Teil mit den Filmen, die wir zwischen Freitag und Montag gesehen hatten.
Was unseren Start in den Freitag anging, so weiß ich immer noch nicht so recht, was ich von „Sayonara TV“ (Regisseur: Koji Hijikata) halten soll. Oder genauer gesagt weiß ich nicht, was ich davon halten soll, dass man den Film für den „Nippon Docs Award“ (der für Dokumentationen vergeben wird) bewerten sollte. Denn es wird zwar die ganze Zeit über so getan, als ob der Alltag eines Nachrichtensenders (inklusive prekärer Arbeitsverhältnisse und ethisch fragwürdiger Nachrichtenpräsentation) dokumentiert würde, am Ende wird aber deutlich, dass es keine richtige Dokumentation ist. Und selbst wenn „Sayonara TV“ eine Dokumentation gewesen wäre, würde sich der Film im Vergleich zu „i – Documentary Of The Journalist“, eine Dokumentation über die Arbeit von Isoko Mochizuki, die wir im vergangenen Jahr bei der Nippon Connection gesehen hatten, unbefriedigend und nicht kritisch genug anfühlen. Am Ende bleibt bei mir wirklich nur das Wort „unbefriedigend“ hängen, wenn ich daran denke …
Danach folgte mit „Our 30-Minute Session“ (Regie Kentaro Hagiwara) ein eher entspannter und netter Film über einen extrem introvertierten jungen Mann (Sota), der dank eines alten Walkmans den Geist eines vor einem Jahr verstorbenen und sehr extrovertierten Musikers (Aki) herbeibeschwören kann. Für 30-Minuten-Sequenzen (die Lauflänge einer Kassettenseite) kann Aki Sotas Körper übernehmen. Dies will er nutzen, um nicht nur seine alte Band wieder zusammenzubringen, sondern auch seine Freundin Kana wieder glücklich zu machen. Die Handlung war ziemlich vorsehbar und der Film etwas länger, als ihm gutgetan hat, aber insgesamt war das eine niedliche und ganz unterhaltsame Geschichte. Kein Film, der mir lange in Erinnung bleiben wird, aber ich habe einen netten Abend damit verbracht.
„Ainu Neno An Ainu“ (Regie: Laura Liverani und Neo Sora) ist ein Film, der im Prinzip als Nebenprodukt eines Fotoprojekts über die indigene Bevölkerung Nordjapans entstanden ist. Wir hatten im vergangenen Jahr schon eine Dokumentation („Ainu – Indigenous People Of Japan“) gesehen, die zeigte, wie die heutigen Ainu seit den 1970er Jahren versuchen, ihre Kultur und Sprache wiederzubeleben, nachdem die japanische Regierung ihnen beides seit dem Ende des 19. Jahrhunderts verboten hatte. In „Ainu Neno An Ainu“ gab es auf der einen Seite ein Wiedersehen mit den älteren Ainu, die wir schon aus der letztjährigen Dokumentation kannten, und auf der anderen Seite kamen überraschend viele jüngere Ainu zu Wort, die heute von ihren Eltern und Großeltern ihre Sprache und Traditionen lernen und sich dafür engagieren, ihre Kultur zu erhalten. Der Aufbau der Dokumentation war nicht ganz so gelungen, das Ganze wirkte etwas willkürlich zusammengestückelt, aber es war schön zu sehen, wie die jüngeren Generationen ihre Identität als Ainu ausleben können und wollen.
Auf den Film „Special Actors“ von dem Regisseur Shinichiro Ueda hatten wir uns eigentlich sehr gefreut, weil die Beschreibung eine amüsante Handlung zu versprechen schien. Die Geschichte dreht sich um den erfolglosen Schauspieler Kazuto, der in stressigen Situationen immer in Ohnmacht fällt – was für seine Karriere natürlich nicht sehr förderlich ist. Auf Anregung seines Bruders lässt sich Kazuto als „Special Actor“ engagieren, um zukünftig auf Beerdigungen die Reihen der Trauergäste aufzufüllen oder ähnliche „alltägliche“ Jobs als Darsteller anzunehmen – und natürlich läuft bei einem der größten Aufträge der Special-Actor-Firma eine Menge schief. Ich habe die Grundidee des Films wirklich geliebt und mochte jeden einzelnen Nebendarsteller, und ich hätte liebend gern einen Film über diese verschiedenen Personen, die für eine ganz besondere Schauspieler-Agentur arbeiten, verfolgt. Womit ich ein riesiges Problem hatte, war der Hauptdarsteller Kazuto Osawa, der mich einfach nicht überzeugen konnte (obwohl ich gelesen habe, dass die Figur Kazuto auf persönlichen Problemen und Erfahrungen des Schauspielers basiert).
Nachdem wir von Dienstag an zwei Filme pro Tag gesehen hatten, waren wir am Sonntag ein bisschen film-müde und hatten uns auf „his“ von dem Regisseur Rikiya Imaizumi beschränkt. „his“ erzählt die Geschichte von Shun und Nagisa, die während ihrer Studienzeit eine Beziehung hatten. Jahre später lebt Shun als Selbstversorger zurückgezogen in einem kleinen Dorf, als Nagisa ihn gemeinsam mit seiner kleinen Tochter aufsucht. Nachdem Nagisas Versuch in einer heterosexuellen Beziehung zu leben gescheitert ist, streitet er nun vor Gericht mit seiner Ex-Frau um das Sorgerecht für die Tochter. Es war schön zu verfolgen, wie die beiden Männer sich wieder näherkamen und wie selbstverständlich Nagisas Tochter Shun als Familienmitglied akzeptierte. Und es gab wunderbare Szenen mit der (überalterten) Dorfgemeinschaft, die deutlich weniger Probleme mit der Homosexualität der beiden Männer hatte, als Shun und Nagisa erwartet hätten. Insgesamt mochte ich es, dass der Film weniger auf Drama setzte, als darauf zu zeigen welche alltäglichen Probleme es mit sich bringt, wenn man in Japan nicht der vermeintlichen Norm entspricht. Dabei wurde es auch wunderbar vermieden, einem der Charaktere Schuld für das Scheitern einer Beziehung, die Probleme beim Aufziehen eines kleinen Kindes oder ähnliches zuzuschieben. Stattdessen wurde versucht, den vielen verschiedenen Perspektiven gerecht zu werden, ohne das Leben der Figuren zu bewerten. Der Film ist übrigens auch Gewinner des Nippon Cinema Award, der von den Zuschauern vergeben wird.
Um das Filmfest bis zum letzten Tag auszunutzen, hatten wir dann am Sonntagabend noch einen Film für den Montag gebucht, dessen Beschreibung sich ganz amüsant anhörte. In „The Stormy Family“ (Regie: Masahide Ichii) treffen sich die vier Geschwister der Suzuki-Familie, um eine Trauerfeier für ihre vor zehn Jahren nach einem Banküberfall spurlos verschwundenen Eltern abzuhalten. Im Rahmen der Trauerfeier werden alte Konflikte und Kränkungen wieder hervorgeholt und gemeinsam über die Frage nachgedacht, wieso ihr Vater damals eine Bank überfallen hat. Es gab ein paar skurril-amüsante Momente in der Geschichte, aber insgesamt konnte uns der Film nicht so recht überzeugen, da die Handlung – trotz der eigentlich ganz reizvollen Ausgangsidee – recht vorhersehbar und wenig ungewöhnlich war.
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Insgesamt waren also die Filme, die wir in diesem Jahr gesehen haben, von eher gemischter Qualität. Aber ich muss zugeben, dass die Tatsache, dass wir selten vorhersagen können, ob ein Film unseren Erwartungen entsprechen wird oder nicht, auch einer der spannenderen Aspekte der Nippon Connection für mich ist.
Da ich es in den letzten Jahren immer schön fand, wenn ich hier auf dem Blog etwas zu den Filmen nachlesen konnte, die wir während vergangener „Nippon Connections“ gesehen haben, sammle ich hier mal meine Eindrücke zu den gesehenen Filmen. Da auch in diesem Jahr das Festival donline stattfand, haben wir wieder eine Menge gesehen, was dafür sorgte, dass die Qualität der verschiedenen Filme sehr unterschiedlich war. *g*
Unser Start-Film war in diesem Jahr „It’s a Summer Film!“, eine wunderbar amüsante und leicht absurde Mischung aus Coming-of-Age-Geschichte und Liebeserklärung ans Filmemachen, die unter der Regie von Sôshi Masumoto gedreht wurde. Die Handlung begleitet die Schülerin Barefoot, die gemeinsam mit zwei Freundinnen den Sommer über einen Samuraifilm dreht, weil sie so frustriert davon ist, dass der Filmclub an ihrer Schule nur Liebesfilme produziert. Es war einfach wunderbar lustig zu verfolgen, wie Barefoot die verschiedenen Mitschüler dazu bringt, ihr bei ihrem Dreh zu helfen. Allein die Szenen rund um Rintaro, der ihr Hautpdarsteller sein soll, obwohl er sich dazu definitiv nicht in der Lage sieht, haben mich mehrfach schallend zum Lachen gebracht. Es hat einfach Spaß gemacht, diese Gruppe von Schülern zu begleiten, die all ihre Energie und ihren Einfallsreichtum in die Verwirklichung von Barefoots Traum stecken. Und es gibt so großartige Frauenfiguren und Frauenfreundschaften in diesem Film. Ich weiß nicht, ob es die leicht absurden Elemente in dem Film benötigt hätte, aber sie haben mich definitiv nicht gestört. Insgesamt mochte ich die Geschichte und die verschiedenen Charakteren sehr gern – „It’s a Summer Film!“ war für mich der perfekte Start in eine Woche voller japanischer Filme.
Unser zweiter Film des Tages war „Shiver“ – der im Prinzip nichts anderes war als ein ca. 1 1/2 Stunden langes Musikvideo des Taiko-Ensemble Kodo, das in Zusammenarbeit mit dem Komponisten Koshiro Hino und dem Regiesseur Toshiaki Toyoda entstanden ist. Da ich Taiko-Trommeln wirklich gern höre und es immer wieder beeindruckend finde, den Musikern zuzuschauen, war das ein schön entspannter Ausklang für den ersten Nippon-Connection-Tag. (Mein Mann hat dann im Laufe der Woche noch die beiden Filme „Wolf’s Calling“ und „The Day of Destruction“ von Toshiaki Toyoda gesehen und war von beiden Werken nicht so angetan, da die kritischen Botschaften beider Filme eigentlich nur mit Anmerkungen des Regisseurs in die gezeigten Szenen reininterpretiert werden konnten. Filme, für die man erst einmal eine Interpretationsanleitung benötigt, sind eindeutig nicht unser Ding. 😉 )
Am Mittwoch sind wir dann mit „Under the Open Sky“ (Regie Miwa Nishikawa) in den Filmtag gestartet. Den Film haben wir ausgewählt, obwohl uns das Thema nicht so ansprach, weil wir den Hauptdarsteller Koji Yakusho immer wieder großartig finden. Die Handlung dreht sich um den ehemaligen Yakuza-Gangster Mikami, der nach dreizehn Jahren Haft fest entschlossen ist, seinen Weg in die Gesellschaft zurückzufinden. Dabei macht es ihm die Gesellschaft aber nicht leicht, denn natürlich sind die Vorurteile und Hindernisse, denen der Ex-Häftling begegnet, kaum zu überwinden. „Under the Open Sky“ ist eine leise erzählte – und trotz des einen oder anderen amüsanten Moments – melancholische Geschichte über einen Mann, dem es schwer fällt, sich in der heutigen Gesellschaft zurechtzufinden, und über eine Gesellschaft, die es ihm schwer macht, seine kriminelle Lebensweise hinter sich zu lassen. Der gesamte Film lebt von der intensiven schauspielerischen Leistung von Koji Yakusho, die es einem während des Zuschauens auch leichter macht, über die zum Teil etwas sehr klischeebehafteten Elemente der Handlung hinwegzusehen.
Nach dem eher bedrückenden Film haben wir uns später am Tag noch die Dokumentation „Koshien – Japan’s Field of Dreams“ gegönnt, in der es um Highschool-Baseball geht – was ja eigentlich so gar nicht mein Thema ist. Aber ich fand es faszinierend, diesen Film über zwei Highschool-Baseball-Teams und ihre Trainer zu verfolgen, die beide unbedingt zum 100. Jubiläum am Koshien (dem Tunier, das den Höhepunkt der Highschool-Baseball-Saison bildet) teilnehmen wollten. Dabei zeigte die Regisseurin Ema Ryan Yamazaki zwei sehr unterschiedliche Trainer, von denen der eine sehr traditionsbehaftet und der andere offen für neue Methoden ist, was ich sehr spannend fand. Bei den Spielern selbst wurde deutlich, wie sehr der Sport ihr Leben prägt und welchen unglaublichen Einfluss die Trainer auf sie haben. Dabei gab es so viele Momente, die – für mich immer noch befremdliche – Elemente einer traditonellen japanischen Gesellschaft zeigten, aber auch die Stellen, an denen die Traditionen sich nicht gut in unsere moderne Welt transportieren lassen und wo inzwischen neue Wege gesucht werden müssen. Diese Auseinandersetzungen mit der Suche nach neuen Methoden und das Setzen des Schwerpunkts auf die Beziehungen zwischen Trainern und Spielern haben die Dokumentation für mich zu einem wirklich lohnenden Film gemacht.
Der Donnerstag startete mit einem Film, auf den wir uns beide sehr gefreut hatten, nachdem wir die Beschreibung im Programm gelesen hatten. „Beyond the Infinite Two Minutes“ ist ein Low-Budget-Projekt der Theatergruppe EUROPE KIKAKU, und große Teile der Handlung wurden ohne Schnitt gedreht. Da es eine Zeitreise-Geschichte ist, gibt es so einige Szenen, die natürlich seperat gedreht wurden, aber bei der Haupthandlung kann man eigentlich ganz gut verfolgen, dass da sehr viele Teile der Geschichte am Stück gedreht wurde. Die Handlung rund um den Cafébesitzer Kato, dessen privater Fernseher zwei Minuten in die Zukunft „schauen“ kann, während sein Café-Fernseher zwei Minuten in die Vergangenheit „sieht“, war sehr amüsant, ziemlich absurd und hat uns großen Spaß gemacht. Der Theaterhintergrund der Schauspieler war definitiv spürbar, ebenso die Vertrautheit, mit der sie miteinander umgingen. Der Film hat nicht umsonst den „Nippon Visions Audience Award“ (für Newcomer-Filme) gewonnen!
Da wir bei der Planung davon ausgingen, dass ein Zeitreise-Film vielleicht etwas mehr Aufmerksamkeit erfordern würde, hatten wir uns für den Nachmittag entspannte und leichte Unterhaltung vorgenommen. Mit dem Film „Can’t Stop the Dancing“ von Regisseur Shinobu Yaguchi haben wir genau das dann auch gefunden. Die Geschichte rund um die ehrgeizige Büroangestellte Shizuka, die nach dem Besuch eines Jahrmarkt-Hypnotiseurs anfängt zu singen und zu tanzen, sobald sie Musik hört, war zwar weniger Musical, als wir erwartet hatten, bot uns aber dafür ein wunderbar lustiges Roadmovie (mit gut platzierten Musical-Nummern). Ich mochte die Entwicklung, die die Protagonistin im Laufe des Films durchmachte, ebenso wie ihre Mitstreiterin wider Willen, und es war lustig einen altvertrauten Schauspieler (Akira Takarada) als alternden Hypnotiseur in den Film zu entdecken. Alles in allem hatten wir wirklich sehr viel Spaß mit diesem unterhaltsamen Film. 🙂
Ein neuer Anfang auf Opas vernachlässigtem Bauernhof.
Die ersten Flächen roden und bebauen,
das Haus und die Ställe renovieren
und natürlich das Sammeln von vielen verschiedenen Dingen …
Ein Nachmittag mit frisch gebackenen Keksen
und Mini-Marshmallows für meinen heißen Kakao.
Mir Zeit nehmen für ein neues Handarbeitsprojekt
(eine gehäkelte Decke für meinen Mann),
zu sehen wie es langsam Form annimmt
(und in der Lage zu sein, all die anderen angefangenen Projekte
währenddessen zu ignorieren *g*).
In diesem Jahr gab es bislang viel zu wenig „Was schön war“-Beiträge auf diesem Blog, obwohl ich mir doch so viele schöne Dinge vorgenommen hatte. Ich fürchte, dass ich all die geplanten Ausflügen wohl eher auf das kommende (oder gar das übernächste?) Jahr schieben werde, denn selbst wenn die Temperaturen in den kommenden Wochen wieder erträglich werden, so gibt es in der Nachbarstadt Offenbach gerade das deutschlandweit höchste Neuaufkommen an Covid-19-Erkrankungen und die Straßenbahn, die wir hauptsächlich nutzen, um aus unserem Viertel zu kommen, pendelt nun einmal zwischen Offenbach und Frankfurt hin und her. Deshalb verzichten ich lieber weiterhin auf die Nutzung des Öffentlichen Nahverkehrs, wenn es irgendwie geht …
Aber auch ohne Ausflüge und große Erlebnisse gibt es ja schöne Tage, und nachdem ich gestern Abend dasaß und mir durch den Kopf ging, dass ich diesen Samstag wirklich genossen habe, dachte ich mir, dass es vielleicht doch mal wieder Zeit für einen „Was schön war“-Beitrag wäre. 😉
Zum ersten Mal seit Wochen die Nacht durchgeschlafen
und nach dem ersten (sehr späten) Aufwachen
noch bis zum Mittag im Bett gedöst.
Mit dem Ehemann den Nachmittag über
gemeinsam gepuzzelt und nach fast drei Wochen
endlich das Puzzle beendet
und dabei sehr viel Spaß gehabt.
Nachdem wir vor ein paar Tagen festgestellt hatten,
dass wir beide Lust auf Nudeln mit Ketchup hatten,
gab es nach sehr, sehr langer Zeit mal wieder
„Kindheitsessen“. 😉
Es ist schon Juni, und bislang habe ich in diesem Jahr nicht mal einen „Was schön war“-Beitrag pro Monat auf die Reihe bekommen, weshalb ihr jetzt mit zwei Posts am Stück leben müsst … 😉
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Nachdem wir an den ersten drei Tagen schon sechs Filme geschaut hatten, ging es am Freitag weiter mit „Ainu – Indigenous People Of Japan“ und dem Film „Dancing Mary“. Dass die japanische Gesellschaft nicht sehr gut mit indigenen Bevölkerungsgruppen umgeht, sollte inzwischen allgemein bekannt sein, und so ist es nicht verwunderlich, dass die japanische Regierung – als sie in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ernsthafte Besiedlungsbestrebungen auf Hokkaido verfolgte – dafür sorgte, dass die Traditionen, die Religion und die Sprache der Ainu ausstarben. Um das wenige noch erhaltene (und wiederentdeckte) Wissen der Ainu zu erzählen, hat Naomi Mizoguchi gut ein Jahr lang vier ältere Ainu (alle waren Anfang bis Mitte 80) begleitet. Alle vier haben in den vergangenen vierzig Jahren große Bemühungen auf sich genommen, um ihre ursprüngliche Sprache, die sie zum Teil noch in Gesprächen mit ihren Großeltern gehört hatten, neu zu erlernen und die traditionellen und religiösen Elemente, an die sie sich noch erinnern konnten, an nachfolgende Generationen weiterzugeben. Auch wenn die Geschichte, die diese vier Ainu zu erzählen hatten, nicht neu ist, wenn man sich schon mal damit auseinandergesetzt hat, wie indigene Volksgruppen in den vergangenen Jahrhunderten weltweit die eigene Identität genommen wurde und welchem Rassismus sie ausgesetzt waren, so fand ich die Dokumentation doch sehr berührend. Und die Szenen am Ende, in denen man eine recht große Zahl jüngerer Personen sah, die sich anscheinend für die Kultur der Ainu interessierten, machen Hoffnung für die Zukunft.
Unser Abendfilm „Dancing Mary“ hingegen hat mich etwas ratlos hinterlassen. Irgendwie fand ich den Film weder gut noch schlecht und insgesamt etwas belehrender, als mir lieb war. Der Regisseur Sabu (Hiroyuki Tanaka) ist dafür bekannt, dass er in seinen Geschichten ganz durchschnittliche Charaktere extremen Situationen aussetzt und dabei eine Mischung aus Komik und Melancholie verwendet. In „Dancing Mary“ ist der einfache Stadtverwaltungsbeamte Kenji dafür verantwortlich, dass ein altes Gebäude abgerissen werden soll, in dem der Geist der Tänzerin Mary sein Unwesen treibt. Unterstützt von einer Schülerin, die Geister sehen kann, versucht Kenji, Mary mit ihrem langvermissten Freund wieder zu vereinen. Doch so einfach ist es nicht, einen vor Jahrzehnten verschwundenen erfolglosen Musiker aufzutreiben, wenn die einzigen Hinweise von Geistern kommen können. Dazu kommt noch, dass in der Zwischenzeit Kenjis Vorgesetzte die Yakuza mit ins Spiel gebracht haben, um endlich den Abriss über die Bühne bringen zu können. Es gab immer wieder absurde und amüsante Momente in dem Film, während es gleichzeitig in den eher melancholischen Szenen auch sehr viele „ermahnende“ Elemente gab, die mir ehrlich gesagt einfach zu viel waren. Außerdem bin ich im Nachhinein regelrecht verärgert, weil Mary zwar der Aufhänger der Geschichte war, aber am Ende die Figur war, deren Charakter am wenigsten ausgebaut war. Alles in allem war „Dancing Mary“ ein netter, aber nicht gerade erinnungswürdiger Film.
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Da die Inhaltsbeschreibung des Anime „Yoyo und Nene – Die Magischen Schwestern“ nach netter und fluffiger Unterhaltung klang, dachte ich, dass das der richtige Start in den Samstag sei, bevor wir später am Tag den Film „Mrs. Noisy“ schauen würden. Irgendwie nett und fluffig war die Geschichte auch: Es geht um die Hexe Yoyo aus dem „Königreich der Zauberer“, die durch eine Art Unfall im aktuellen Tokyo landet und nun herausfinden muss, wer mit seinem Fluch die magische und die menschliche Welt durcheinanderbringt. Aber so richtig glücklich war ich mit dem Anime nicht – was vermutlich auch daran lag, dass ich selten mit deutschen Synchronisationen zufrieden bin, mir wäre japanischer Ton mit Untertiteln lieber gewesen. Außerdem gab es heftige Widersprüche und Logiklücken in der Handlung, und wenn es nicht so viele und so große gewesen wären, hätte ich da vermutlich drüber hinweggucken können, aber so muss ich sagen, dass ich mir von dem Film mehr versprochen hatte.
„Mrs. Noisy“ erzählt die Geschichte der Autorin Maki, die nicht nur keine Ideen für eine nächste Veröffentlichung hat, sondern sich auch damit rumschlagen muss, dass ihre neue Nachbarin zu den unmöglichsten Zeiten ihre Futons ausklopft und so ständig Lärm produziert. Als Maki dann ihre Erlebnisse mit der Nachbarin als Kurzgeschichte veröffentlicht, werden diese nicht nur so populär, dass daraus eine ganze Reihe wird, sondern die Öffentlichkeit findet auch heraus, welches Vorbild hinter dem Charakter „Mrs. Noisy“ steckt. So ungefähr klang die Inhaltsangabe auf der Nippon-Connection-Seite, wobei ich das Gefühl hatte, dass dort die tragisch-KOMISCHE Seite des Films sehr betont würde – nur habe ich keine Komik in der Handlung gefunden. Ich war von Anfang an regelrecht wütend auf die Protagonistin Maki, fand die Passagen, die aus Sicht von Mrs. Noisy erzählt wurden, vorhersehbar und das Ende so viel harmonischer, als die tragische Geschichte es verdient hätte. Ich kann die Aussage, die die Regisseurin mit dem Film dem Zuschauer mitgeben wollte, würdigen, aber die Umsetzung hat für mich so nicht gestimmt.
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Sonntag war offiziell der letzte Tag des Filmfestivals, und für uns standen der Anime „Her Blue Sky“ und der Film „Me and My Brother’s Mistress“ an. „Her Blue Sky“ dreht sich um die siebzehnjährige Aoi, die wild entschlossen ist, nach ihrem Schulabschluss ihren kleinen Heimatort in den Bergen zu verlassen und in Tokyo als Musikerin Erfolg zu suchen. Sie will auf gar keinen Fall so enden wie ihre Schwester Akane, die sie in den dreizehn Jahren, die seit dem Tod der Eltern vergangen sind, aufgezogen hat. Vor allem, da Akane damals für Aoi ihren Wunsch begraben hat, gemeinsam mit ihrem Freund – dem Musiker Shinnosuke – nach Tokyo zu gehen. In diesem Sommer aber kehrt nicht nur Shinnosuke für ein Musikfest zurück, sondern Aoi begegnet auch einer jüngeren „Geist“-Version des Musikers und verliebt sich in ihn. „Her Blue Sky“ ist kein großes Kunstwerk, aber ich mochte die recht leise erzählte Geschichte rund um die beiden Schwestern Aoi und Akane. Mir gefiel, wie Akanes Seite der Handlung nur durch kleinen Szenen und Erinnungen, die Aoi mit ihrer Schwester verbindet, erzählt wurde, und ich habe Aoi gern beim „Erwachsenwerden“ verfolgt.
„Me and My Brother’s Mistress“ wird aus der Sicht des Teenagermädchens Yoko erzählt. Seit dem Tod ihrer Eltern sind sie und ihr älterer Bruder Kenji sich sehr nah. Umso erschütterter ist Yoko, als sie herausfindet, dass Kenji ein Verhältnis mit Misa hat, obwohl er mit Kaho verlobt ist und diese bald heiraten wird. Anfangs will Yoko Misa dazu bringen, dass sie sich von Kenji trennt, doch dann kommt sie zu der Überzeugung, dass diese eigentlich viel besser zu ihrem Bruder passen würde als die langweilig wirkende Kaho. Ich mochte diese Geschichte über die drei Frauen rund um Kenji sehr. Die Regisseure Takashi Haga und Sho Suzuki lassen in ihrem Film sehr viel unausgesprochen und bieten so dem Zuschauer die Möglichkeit, das Gesehene selbst zu interpretieren, ohne mir das Gefühl zu geben, dass in der Handlung etwas fehlen würde. Die Darstellerinnen fand ich wirklich gut gewählt und ich mochte den feinen Humor in der Geschichte (und die Freundschaft zwischen Yoko und ihrer chinesischen Klassenkameradin, mit der sie sich regelmäßig berät). Ohne die jeweiligen Punkte direkt anzusprechen, greift „Me and My Brother’s Mistress“ viele verschiedene Themen auf und überlässt es dem Zuschauer, seine Schlüsse daraus zu ziehen.
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Am Montag haben wir dann – dank der Tatsache, dass die bezahlten Filme 24 Stunden lang zur Verfügung stehen, – doch noch eine Dokumentation geschaut. „An Ant Strikes Back“ erzählt die Geschichte eines Mannes, der für eine der größten Umzugsfirmen Japans arbeitete und jahrelang (auch mit Hilfe einer Gewerkschaft) für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen kämpfte. Dass eine gewisse Ergebenheit gegenüber der Firma in Japan erwartete wird, dürfte genauso allgemein bekannt sein wie der Brauch, dass Arbeitgeber vor ihren Vorgesetzten vor Ort sein und erst nach ihnen den Arbeitsplatz verlassen sollten, wenn sie nicht als faul gelten wollen. Dies finde ich (ebenso wie viele andere Traditionen, die die Verbundenheit des Angestellten mit seinem Arbeitgeber beweisen sollen) schon oft genug seltsam. Wenn man dann aber zu Beginn von „An Ant Strikes Back“ erfährt, wie Arbeitsbedingungen, Bezahlung, Überstunden und Zahlungen bei Beschädigungen an Fahrzeugen und Arbeitsmaterialien bei dieser Umzugsfirma geregelt wurden, dann scheint es unfassbar zu sein, dass diese Firma überhaupt noch Menschen findet, die für sie arbeiten. Und doch wird in der Dokumentation überzeugend dargestellt, wie sehr die Angestellten von ihren Vorgesetzten und der Firmenpolitik beeinflusst werden (die Ehefrau des Angestellten bezeichnete es an einem Punkt des Films als „Gehirnwäsche“) und wie groß die Not sein muss, um überhaupt in Erwägung zu ziehen, die Hilfe einer unabhängigen Gewerkschaft in Betracht zu ziehen.
Der Regisseur Tokachi Tsuchiya erzählt selbst in seinem Film, dass seine Motivation der Selbstmord eines engen Freundes war, der nicht mehr mit den Bedingungen an seinem Arbeitsplatz leben konnte. Und wenn man mehr Details über die Arbeitsbedingungen in dieser Umzugsfirma erfährt, von dem Rassismus dort hört und den Schikanen, denen der Angestellte ausgesetzt wurde, weil er es gewagt hat, sich an die Gewerkschaft zu wenden und für bessere Bedingungen zu kämpfen, dann scheint es nicht mehr so verwunderlich, dass es in Japan den Begriff „karoshi“ für den Tod aufgrund von Überarbeitung gibt. Umso bewundernswerter ist es, dass dieser eine Angestellten trotz allem seinen Kampf um humanere Arbeitsbedingungen jahrelang durchgehalten hat. Insgesamt fand ich viele der beschriebenen Details wirklich erschütternd und kann nur hoffen, dass sich die japanische Gesetzgebung endlich mal des Problems annimmt und mit strikteren Regeln dafür sorgt, dass Arbeitgeber ihre Angestellten nicht länger so menschenverachtend behandeln dürfen.
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Ich muss schon zugeben, dass ich in diesem Jahr die Festival-Atmosphäre, das gemeinsame Erleben eines Films in einem Kinosaal und all die kleinen Extras rund um die Nippon Connection vermisst haben. Auf der anderen Seite fand ich es schön, dass wir so viel Zeit (und Geld) gespart haben, weil wir nicht mit den Öffentlichen Verkehrsmitteln quer durch die Stadt fahren mussten, und dass wir uns frei überlegen konnten, wann wir welchen Film schauen wollten. Wir hätten in einem „normalen“ Jahr beim japanischen Filmfest bestimmt nicht so entspannt so viele Filme geschaut, weil Terminüberschneidungen bei den Filmvorführungen, die schlechte Luft (und Hitze) in den Kinosälen und eben die Fahrzeit einfach dazu führen, dass wir uns gut überlegen müssen, wie viel wir pro Tag auf die Reihe bekommen und welcher Film als erstes wegfallen muss, weil ein anderer – uns wichtigerer – Film zeitgleich in einem anderen Kino läuft. Nach diesem Jahr hoffe ich sehr, dass die Nippon Connection für die kommenden Festivals das Online-Angebot nicht komplett wieder streichen wird, sondern es parallel zum Vor-Ort-Programm anbietet. Eine Mischung aus der Festival-Atmosphäre vor Ort und dem entspannten Nachholen von Filmen, die man nicht während der Kinoaufführung sehen konnte, fände ich wirklich großartig!