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Michelle Harrison: A Storm of Sisters

„A Storm of Sisters“ ist der vierte Band rund um die Widdershins-Schwestern von Michelle Harrison. Dieses Mal schickt die Autorin die drei Schwestern Fliss, Betty und Charlie gemeinsam mit ihrer Großmutter Bunny in den abgelegenen Ort Wilderness, um sich um Cousine Clarissa zu kümmern, die sich bei einem Unfall das Bein gebrochen hat. Für Betty ist diese Reise eine willkommene Abwechslung zum Alltag in dem kleinen Cottage in Pendlewick. Denn so gern sie ihr neues Zuhause mag, so sehnt sie sich doch weiterhin danach, neue Orte zu entdecken. Und Wilderness hat den drei Schwestern so einige Abenteuer zu bieten, denn der Ort ist nicht nur für seine ungewöhnlich kalten Temperaturen berühmt, sondern auch für seinen Wintermarkt, der zufällig gerade während ihres Besuchs stattfindet. Noch spannender wird es, als die Schwestern feststellen, dass in Clarissas kleinem Cottage kein Platz für sie ist und sie deshalb in dem großen Hotel des Ortes unterkommen.

Das Hotel „Echo Hall“ ist zur Zeit voller Besucher, die den Wintermarkt erleben wollen, und wimmelt geradezu von all den Gerüchten über eine Geistererscheinung. Genauer gesagt soll der Geist des ehemaligen Dienstmädchens Elora umgehen, nachdem diese vor einigen Jahrzehnten in dem See in der Nähe des Hotels ertrunken ist. Auch besagen die Gerüchte, dass Elora nur deshalb ertrank, weil sie ihren Liebsten, der ein Straßenräuber war, inmitten eines Schneesturms suchte, nachdem dieser den kostbaren Kristall einer Wahrsagerin an sich gebracht hatte. Und bei all den Erlebnissen, die die drei Widdershins-Schwestern in der Vergangenheit schon mit übernatürlichen Elementen hatten, überrascht es nicht, dass auch dieser sagenhafte Kristall der Wahrsagerin über seine ganz eigene Magie verfügen soll. Gemeinsam versuchen Fliss, Betty und Charlie, mehr über Eloras Geschichte herauszufinden und so vielleicht einen Todesfall zu verhindern, der angeblich durch den Anblick von Eloras Geist vorhergesagt wurde.

Ich habe es so genossen, wieder durch Bettys Perspektive all die Ereignisse rund um die Widdershins-Schwestern zu verfolgen. Bettys Neugier auf die unbekannte Umgebung, auf all die Menschen, die sie im Hotel kennenlernt, und natürlich auf die Details rund um Eloras Geschichte sorgt dafür, dass ich viel Spaß dabei hatte, mit ihr zusammen Wilderness zu erkunden. Dazu kamen noch all die eindringlichen Beschreibungen des fürchterlich kalten und verschneiten Winters, der einerseits für eine wunderbar märchenhafte Atmosphäre bei dem Wintermarkt sorgte, aber auf der anderen Seite immer auch als Bedrohung im Raum stand. Michelle Harrison konzentriert sich nämlich nicht nur auf die romantische und gemütliche Seite des Winters, sondern schreckt in „A Storm of Sisters“ nicht davor zurück, Betty und ihre Schwestern durch die fürchterliche Kälte in Gefahr zu bringen. Ich mag diese Mischung aus heimeligen und unheimlichen Szenen und dass all die bedrohlichen Elemente in der Geschichte wie die fürchterliche Kälte ebenso wie die Bedrohungen, die von gierigen und skrupellosen Menschen ausgehen, dadurch ausgeglichen werden, dass Fliss, Betty und Charlie füreinander da sind und sich gegenseitig beschützen.

Obwohl „A Storm of Sisters“ schon der vierte Band der Reihe ist, habe ich nicht das Gefühl, dass der Autorin so langsam die Ideen ausgehen oder dass sich bestimmte Elemente wiederholen. Wilderness bietet als Kulisse ganz andere Möglichkeiten als die Marschen oder das idyllische Pendlewick, und Eloras Geistergeschichte hat einen vollkommen anderen Hintergrund als Bettys Familiengeschichte oder der Hexenfluch in den vorhergehenden Bänden. Das sorgt dafür, dass es immer wieder überraschende Elemente und Wendungen in der Handlung zu entdecken gibt, die mich beim Lesen neugierig auf die weiteren Entwicklungen machen. Auch mochte ich es sehr, wie Michelle Harrison mit den Vorurteilen und Erwartungen der Leser*innen spielt und welche Folgen dies für die Enthüllungen am Ende der Geschichte hatte. Trotz der unheimlichen Elemente, der Flüche und Geistererscheinungen gehören die Widdershins-Romane für mich eindeutig in die Kategorie „Wohlfühlbücher“, und jedes Mal, wenn ich einen neuen Band beendet habe, habe ich das Gefühl, dass dieser noch ein kleines bisschen besser war als der davor. Ich hoffe sehr, dass Michelle Harrison noch lange nicht die Ideen rund um Betty und ihre Schwestern ausgehen und ich so noch einige unheimliche Abenteuer mit den drei Mädchen erleben kann.

Abi Elphinstone (Hrsg.): Winter Magic (Anthologie)

Wie immer, wenn ich eine Anthologie lese, gibt es hier einen Sammelbeitrag, in dem ich ein paar Sätze zu den jeweiligen Geschichten festhalte. Als ich nach Weihnachten zum ersten Mal zu „Winter Magic“ griff, fiel mir erst auf, dass ich doch relativ selten Anthologien lese, die mit Geschichten von (verschiedenen) Kinder- und Jugendbuchautoren gefüllt sind. Der Großteil meiner Anthologien ist ja doch eher Urban Fantasy für erwachsene Leser … *g* Einige der in diesem Band gesammelten Kurzgeschichten wurden schon an anderer Stelle veröffentlicht, aber für mich waren sie alle neu, obwohl ich viele der Autor.innen schon von anderen Werken kannte.

 

Emma Carroll: A Night at the Frost Fair
„A Night at the Frost Fair“ ist eine süße Geschichte über ein Mädchen, das nach dem Besuch ihrer Großmutter in einem Altersheim eine kleine und überraschende Zeitreise unternimmt. Vor allem dreht sich die Handlung um das Thema Familie, aber auch um einen offenen und verständnisvollen Umgang mit anderen Menschen, darum, dass Menschen gewisse Freiheiten benötigen und dass die besten Absichten kein Ersatz sind für Respekt und die Bereitschaft zuzuhören und zu verstehen. Eigentlich mochte ich die Geschichte, aber ich musste mich beim Lesen auch daran erinnern, dass sie für Kinder geschrieben wurde und ich deshalb der Autorin nicht vorwerfen sollte, dass sie bestimmte Aspekte nicht anspricht und dass sich am Ende ganz einfach alles zum Guten wendet. Die zynische, erwachsene Seite in mir war aber ein bisschen grummelig, weil sie bestimmte Elemente unrealistisch fand (und damit meine ich nicht den fantastischen Anteil der Handlung) und denkt, dass das besser hätte gelöst werden müssen.

Amy Alward (Amy McCulloch): The Magic of Midwinter
Eine sehr süße Geschichte über Freundschaft, Wichtelmagie, Alchemie und der Suche nach dem perfekten Geschenk für eine Person, die schon alles zu haben scheint. Und da „The Magic of Midwinter“ Teil der Potion-Diaries-Serie ist und ich die Charaktere sehr mochte und die Handlung wirklich niedlich fand, habe ich „The Potion Diaries“ mal auf meine Merkliste gesetzt, obwohl mich der Klappentext normalerweise nicht reizen würde. Aber ich mochte in „The Magic of Midwinter“ die Protagonistin Sam und ihren Tonfall sehr gern und bin durch diese Kurzgeschichte neugierig auf die Mischung aus Magie, Fabelwesen und „modernen Elementen“ geworden, die in der Potion-Diaries-Trilogie zu finden ist.

Michelle Harrison: The Voice in the Snow
Diese Kurzgeschichte spielt in der Welt von Michelle Harrisons Roman „The Other Alice“ (eine der wenigen Titel der Autorin, die ich nicht kenne,) und ich habe es sehr genossen, wie viele Märchenmomente in der Handlung aufgegriffen werden, ohne dass es dabei auch nur ansatzweise zu einer Art Nacherzählung kommt. Ich mochte die Protagonistin Gypsy (auch wenn ich die Namenswahl ziemlich unglücklich finde) und mir gefiel, wie sie darauf reagierte, dass ihre Stimme gestohlen wurde. Doch vor allem hat mich eine Nebenfigur neugierig gemacht, die nur eine sehr kleine Rolle hatte und von der ich mich frage, ob sie in „The Other Alice“ vielleicht noch einmal vorkommt. Nur gut, dass das Buch eh schon auf meinem Merkzettel sitzt und irgendwann wohl von mir gelesen werden wird. 😉

Geraldine McCaughrean: The Cold-Hearted
Ich muss gestehen, dass ich nicht so recht weiß, was ich von dieser Geschichte halten soll. Die Handlung wird aus der Sicht von Fergal erzählt, der – wenige Minuten, nachdem er gemeinsam mit dem Hund den Wagen verlassen hat – zusehen muss, wie seine Familie im Auto von einer Lawine begraben wird. Im Laufe der Geschichte entdeckt er ein ganzes Dorf voller Menschen, die seit Jahrhunderten unterirdisch leben, und versucht dann alles, um diese dazu zu bewegen, ihm zu helfen. Insgesamt war das nicht schlecht erzählt, aber irgendwie haben mich weder die Grundidee noch die Figuren gepackt …

Katherine Woodfine: Casse-Noisette
Eine sehr süße (fiktive) Geschichte rund um die Uraufführung des Balletts „Der Nussknacker“, die aus der Sicht der zwölfjährigen Tänzerin Stanislava Belinskaya geschrieben wurde, die damals die Clara tanzte. Die Handlung ist etwas kitschiger, als ich es von der Autorin gewohnt bin, aber ich mochte die Grundidee und die Protagonistin sehr und fand die Geschichte überraschend berührend.

Berlie Doherty: Someone Like the Snow Queen
Ich bin etwas zwiegespalte, wenn es um diese Geschichte geht. Auf der einen Seite mochte ich den etwas moderneren Touch, den der „Schneeköniginnen-Anteil“ der Handlung am Anfang hatte, auf der anderen Seite gefiel mir die Ausgangssituation (Teenager-Mädchen ist für die Aufsicht über ihren fünfjährigen Bruder zuständig und vernachlässigt ihre Pflichten) nicht. Ich glaube, ich hätte „Someone Like the Snow Queen“ lieber gemocht, wenn ich nicht zu Beginn so frustriert wegen der Protagonistin gewesen wäre, dass es mir schwerfiel, Mitleid für ihre Situation zu empfinden. So habe ich den Großteil meiner Lesezeit damit verbracht, mir zu überlegen, welche Elemente die Autorin meiner Meinung nach besser hätte machen können.

Lauren St. John: The Room With the Mountain View
Oh, mit dieser Geschichte habe ich wirklich viel Spaß gehabt, obwohl sie so was wie ein „Hallmark-Movie für 11jährige, der sich anfangs als Krimi verkleidet“ war. Ich mochte die Protagonistin Lexie auf Anhieb, weil sie so glücklich über ihren Beinbruch während ihrer Skiferien war (schließlich konnte sie so auf einige Stunden ungestörte Lesezeit hoffen), ich habe gern verfolgt, wie sie überraschend eine neue Freundin fand, und wie die beiden Mädchen – ganz wie in „Das Fenster zum Hof“ – über einen vermeintlichen Mord stolperten. Dabei greift Lauren St. John zwar so einige Klischees (wie das emotional vernachlässigte „arme“ reiche Mädchen) auf, aber die Art und Weise, in der die Handlung erzählt wurde, hat dafür gesorgt, dass ich mich wunderbar dabei amüsiert habe.

Michelle Magorian: Snow
Keine Kurzgeschichte, sondern ein süßes Gedicht über Schnee.

Jamila Garvin: Into the Mountain
Eine Variante des Rattenfängers von Hameln, die ich sehr nett fand, die aber nicht lange in meiner Erinnerung haften blieb.

Piers Torday: The Wishing Book
Eine seltsame kleine Geschichte rund um ein Mädchen, das mit seiner Stief-Großmutter nicht zurechtkommt. Ich mochte den Anfang und Ende von „The Wishing Book“, aber den Mittelteil fand ich ziemlich absurd und die Auflösung zu simpel. Ich weiß nicht, ob ich nach dieser Kurzgeschichte mehr von dem Autoren lesen würde, wenn ich nicht schon einen Roman von Piers Torday gelesen hätte, der mir gut gefallen hat.

Abi Elphinstone: The Snow Dragon
„The Snow Dragon“ erzählt von einem ganz besonderen magischen Weihnachtsabend für ein Waisenkind, von der Hoffnung, eine Familie zu finden, von alltäglicher und besonderer Magie und davon, wie kostbar Fantasie ist. Auf der einen Seite war die Geschichte wirklich süß zu lesen, auf der anderen Seite war mir die böse Waisenhausleiterin zu klischeebefrachtet und übertrieben dargestellt und das Happy End ein bisschen zu vorhersehbar. Aber ich mochte den Drachen und den tanzenden Dackel!

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Insgesamt bot mir „Winter Magic“ eine bunte Mischung aus sehr unterschiedlichen Winter- und Weihnachtsgeschichten. Ich habe zwar nur eine neue Autorin durch diese Anthologie für mich entdeckt (mein SuB wird sich darüber freuen), aber das ist ja für mich auch nicht unbedingt das Ziel, wenn ich Anthologien lese. Ich habe dafür wieder einmal feststellen müssen, dass ich mich in stressigen Zeiten viel leichter auf eine Kurzgeschichte einlassen kann als auf ein paar Seiten eines Romans, und dass ich es mag, dass ich so gar nicht weiß, was die nächste Geschichte mir bringen wird. Abgesehen von einem groben Grundthema gibt es eine Menge Überraschungen in so einer Kurzgeschichtensammlung, und das genieße ich sehr!

Michelle Harrison: A Tangle of Spells

Nach „A Pinch of Magic“ und „A Sprinkle of Sorcery“ ist „A Tangle of Spells“ der dritte Roman von Michelle Harrison rund um die drei Widdershins-Schwestern Betty, Fliss (Felicity) und Charlie (Charlotte). Zum ersten Mal spielt dabei die Geschichte nicht auf der düsteren Insel Crowstone (oder einer der anderen Inseln in den Marschen), sondern auf dem Festland in dem kleinen Ort Pendlewick. Dort hat Großmutter Bunny nach den Ereignissen in „A Sprinkle of Sorcery“ ein kleines Cottage gekauft, um der Familie einen Neustart zu ermöglichen. Auch wenn es nicht allen drei Schwestern leichtfällt, das alte Wirtshaus „The Poacher’s Pocket“ hinter sich zu lassen, so freut sich die dreizehnjährige Betty sehr darauf, endlich aus Crowstone abzureisen und neue Gebiete entdecken zu können.

Doch der erste Blick auf ihr neues Cottage ist eher desillusionierend. Blackbird Cottage ist anscheinend schon länger vernachlässigt worden, der Garten ist vollkommen überwuchert, die Böden sind schief und Spinnenweben durchziehen das gesamte Haus. Und dann sind da noch die neuen Nachbarn, die zwar recht freundlich zu sein scheinen, aber bei bestimmten Themen – besonders, wenn jemand Magie erwähnt – doch etwas extrem reagieren. Schon bald hören Betty und ihre Schwestern erste Geschichten über die böse Hexe Eliza Bird und ihre Untaten sowie über den „Hungry Tree“, der aus Elizas Knochen wuchs, nachdem diese auf dem Dorfplatz erhängt wurde. Kurz darauf taucht auch noch eine unheimliche Gestalt im Garten des Cottage auf und legt einen Fluch auf Fliss, doch weder Bettys Großmutter noch ihr Vater glauben den Mädchen, als sie von all den unheimlichen Ereignissen berichten. So bleibt Betty und Charlie nichts anderes übrig, als gemeinsam mehr über die Hexen von Pendlewick und den Fluch, der auf Fliss liegt, herauszufinden, um ihre große Schwester zu retten.

Ich habe es sehr genossen, dass die Handlung dieses Mal in einem scheinbar idyllischen kleinen Ort auf dem Festland spielt und sich doch ebenso unheimlich und bedrohlich liest wie die ersten beiden Teile der Trilogie. Nur weil Pendlewick voller hübscher kleiner Häuser ist und inmitten gepflegter Felder liegt, bedeutet das nicht, dass der Ort nicht ebenfalls über eine schreckliche Geschichte verfügt. Erst nachdem Betty mehr über all die Ereignisse in der Vergangenheit herausgefunden hat und versteht, was die Hexen dem kleinen Ort angetan haben, ist sie in der Lage, etwas gegen den Fluch, der auf Fliss liegt, zu unternehmen. Doch all diese Informationen sind natürlich nicht so einfach zu finden, sodass Betty und Charlie immer wieder in Gefahren geraten, aus denen sie auch ihr ganz eigenes kleines Stück Magie nicht so einfach herausholen kann. Dabei mag ich es sehr, wie die Autorin immer wieder Elemente aus den vorherigen Romanen aufgreift und zeigt, wie sehr Betty aus früheren Ereignissen gelernt hat und wie viel sie aus ihrem Leben auf Crowstone doch mit nach Pendlewick genommen hat.

Während in „A Pinch of Magic“ und „A Sprinkle of Sorcery“ die düsteren Elemente der Handlung durch das enge Verhältnis der drei Widdershins-Schwester aufgelockert wurde, ist es in „A Tangle of Spells“ deutlich schwieriger für Betty, einen Ausgleich für all die Bedrohungen zu finden. Der Fluch, der auf Fliss liegt, beeinflusst auch die anderen Familienmitglieder und sorgt dafür, dass Betty dieses Mal keinen Rückhalt bei ihrer Familie (abgesehen von der siebenjährigen Charlie) findet. Auf der anderen Seite haben all die früheren Ereignisse dafür gesorgt, dass Betty sich sicher sein kann, dass ihre Familie – trotz ihres aktuellen abweisenden Verhaltens – sie liebt, weshalb sie immer wieder genügend Rückgrat und Dickköpfigkeit aufbringt, um auch gegen den stärksten Fluch angehen zu können. Es ist ja selten so, dass eine Trilogie mit jedem Band immer besser wird, aber nachdem mir schon „A Sprinkle of Sorcery“ noch etwas besser als der erste Teil gefallen hatte, muss ich zugeben, das Michelle Harrison sich mit „A Tangle of Spells“ noch weiter gesteigert hat. Damit ist das Buch definitiv eine würdige Fortsetzung für eine wunderbare Reihe voller unheimlicher, magischer und wohltuender Elemente, und ich hoffe sehr, dass die Autorin auch in Zukunft Geschichten schreibt, die ich so sehr genießen kann wie diese drei Romane.

Michelle Harrison: A Sprinkle of Sorcery

Nach dem Lesen von „A Pinch of Magic“ von Michelle Harrison hatte ich mir vorgenommen, darauf zu achten, dass ich den nächsten Band rund um die Widdershins-Schwestern zur passenden Jahreszeit lese. Aber dann hatte ich so große Lust auf „A Sprinkle of Sorcery“, dass ich das Buch noch im September angefangen habe, obwohl die Handlung im Mai spielt. 😉 Allerdings fand ich es dieses Mal nicht so schlimm, dass ich den Roman nicht zur passenden Jahreszeit las, denn von Frühling spürt man in der Geschichte nicht viel, ist doch die Atmosphäre auf Crowstone (und all den anderen Inseln) düster genug, um in den Herbst zu passen. Und da die Handlung von „A Sprinkle of Sorcery“ ohne Vorkenntnisse aus dem ersten Band gut lesbar ist, gibt es hier auch keine Spoiler zu „A Pinch of Magic“.

Die Geschichte beginnt an einem Abend im Wirtshaus „The Poacher’s Pocket“, während die dreizehnjährige Betty Widdershins und der Rest der Familie darauf warten, dass ein potenzieller Käufer für das Gebäude auftaucht. Doch bevor die Abendfähre an der Insel anlegt, erklingen die Gefängnisglocken von der Nachbarinsel Repent herüber. Schnell macht die Neuigkeit die Runde, dass zwei Gefangene von der Insel Torment geflüchtet sind, und kurz darauf findet die sechsjährige Charlie (Charlotte) ein etwa gleichaltriges und vollkommen durchnässtes Mädchen versteckt im Hinterhof. Schnell sind sie und Betty sich einig, dass sie Willow vor den Wächtern, die jedes Haus der Insel durchsuchen, in Sicherheit bringen müssen. Doch natürlich läuft dann etwas schief, und so müssen Betty und ihre ältere Schwester Fliss (Felicitas) mitansehen, wie die Großmutter Bunny und die kleine Charlie von zwei Wächtern abgeführt werden.

Gemeinsam mit Willow machen sich die beiden Mädchen auf, um ihre Familienmitglieder zu retten, und erleben dabei einige fantastische Abenteuer auf See. Ich liebe es, wie Michelle Harrison dabei eine sehr düstere und realistische Welt rund um die Inselgruppe in den Marschen schafft und auf der anderen Seite immer wieder Märchen und eine kleine Prise Zauberei in die Geschichte einwebt. Während sich der erste Band um einen Fluch drehte, der auf den Frauen der Familie Widdershins lag, so sind hier die Angelpunkte der Geschichte vor allem das Schicksal der entführten Charlie und das von Willow, die alles daran setzt, die Unschuld ihres Vaters zu beweisen, bevor dieser hingerichtet werden kann. Dabei spielen Irrlichter eine große Rolle in Willows Leben. Ich fand es großartig, wie die Autorin diese schon im ersten Band in die Handlung eingebaut und hier – mit einigen ungewöhnlichen Facetten versehen – wieder aufgenommen hat.

Auch in „A Sprinkle of Sorcery“ ist die Atmosphäre durchgehend ziemlich düster, denn Betty und ihre Schwestern machen sich die ganze Zeit über Sorgen, sie hungern und frieren, und sie müssen mit Entführern, Piraten und Hexen fertigwerden. Trotzdem hat man nicht das Gefühl, man würde beim Lesen in lauter Hoffnungslosigkeit versinken, da die Mädchen einfach wunderbar mutig und einfallsreich sind. Immer wieder gibt es Szenen, die einfach nur amüsant sind (Betty als Piratenkapitän-Geist ist mein absoluter Lieblingsmoment in dem Buch gewesen), oder in denen die Zuneigung zwischen den Schwestern wirklich herzerwärmend zu lesen ist. So gut mir „A Pinch of Magic“ gefallen hat, so denke ich, dass ich „A Sprinkle of Sorcery“ noch besser fand. Ich weiß nicht, ob es daran lag, dass ich einfach den richtigen Zeitpunkt für den Roman gewählt hatte, oder daran, dass mir all die Seefahrt- und Piratenelemente so viel Freude bereitet haben, aber ich kann diese Geschichte mindestens ebenso sehr empfehlen wie den ersten Band. Und ich freue mich sehr darüber, dass der dritte Band („A Tangle of Spells“) im Original gerade für Anfang Februar 2021 angekündigt wurde.

Michelle Harrison: A Pinch of Magic

Ich muss gestehen, dass mich das hübsche Cover auf „A Pinch of Magic“ von Michelle Harrison aufmerksam gemacht hat und ich erst im Nachhinein kapiert habe, dass das die Autorin ist, von der ich schon die „Elfenseelen“-Trilogie so sehr mochte. Außerdem sollte ich schon mal darauf hinweisen, dass es nicht die beste Idee von mir war, diese Geschichte im Juli zu lesen, obwohl die gesamte Atmosphäre in „A Pinch of Magic“ nach Herbst und Halloween ruft – bei der Fortsetzung werde ich also erst schauen, wann sie spielt, und sie dann jahreszeitlich passender lesen. Erzählt wird die Handlung aus der Perspektive der Betty Widdershins, deren großer Traum es ist, eines Tages die kleine Insel Crowstone zu verlassen und die Welt zu sehen. Doch als sie an ihrem dreizehnten Geburtstag (der auch noch auf Halloween fällt) heimlich mit ihrer sechsjährigen Schwester Charlie (Charlotte) aufs Festland fahren will, werden die beiden von ihrer Großmutter Bunny erwischt.

Um weitere Alleingänge von Betty zu verhindern, klärt Bunny die beiden Mädchen über den Fluch auf, der seit langer Zeit auf der Familie Widdershins liegt. Dieser Fluch sorgt dafür, dass jedes weibliche Mitglied der Familie, das die Insel Crowstone verlässt, im Laufe eines Tages stirbt. Angesichts dieser Mitteilung kann nicht einmal die Tatsache, dass Charlie, Betty und die sechzehnjährige Fliss (Felicity) zusammen mit dem Fluch auch drei magische Gegenstände geerbt haben, Betty aufmuntern. Stattdessen überlegt sie, dass es doch irgendeinen Weg geben muss, um diesen Familienfluch zu brechen und das Schicksal der Widdershins-Frauen zu ändern – und bei der Suche nach solch einem Weg lässt sie sich auch von all den Gefahren, die auf sie lauern, nicht aufhalten.

Ich mochte „A Pinch of Magic“ wirklich sehr! Mir gefiel die Atmosphäre, die Michelle Harrison in der Geschichte aufbaut, die Trostlosigkeit der kleinen Inselgruppe im Sumpfgebiet vor dem Festland, die Armut, die das Leben der Bewohner von Crowstone durchzieht, den Schatten, den die Gefängnisinsel Repent über die anderen Inseln wirft, und wie all dies erträglich wird durch den Zusammenhalt innerhalb der Familie Widdershins. Das Wirtshaus „Poacher’s Pocket“, das Großmutter Bunny gehört, ist kein wirklich heimeliger Ort, aber es ist das Zuhause und die Zuflucht von Fliss, Betty und Charlie. Ich fand es auch wunderbar zu lesen, wie unterschiedlich die Autorin die drei Schwestern dargestellt hat. So ist Fliss diejenige, die am wenigsten kämpferisch ist und die sich – nachdem sie an ihrem sechzehnten Geburtstag von dem Fluch erfahren hatte – damit abgefunden hat, dass sie den Rest ihres Lebens auf der Insel bleiben wird. Betty hingegen will ihre Träume nicht aufgeben und erkennt erst im Laufe der Zeit, dass die Gefahren, die die Suche nach einer Aufhebung des Fluchs mit sich bringen, nicht nur sie, sondern auch diejenigen, die sie liebt, betreffen könnten.

Neben den tollen Charakteren und der wunderbar-trostlosen Atmosphäre brachte „A Pinch of Magic“ auch noch eine Handlung mit sich, die voller amüsanter, gefährlicher und überraschender Szenen steckt. Von Anfang an steht fest, wer den Fluch über die Familie Widdershins gebracht hat, aber erst im Laufe der Zeit erfährt man die Geschichte und die Beweggründe dieser Person und muss so immer wieder überdenken, wer denn wohl der „Bösewicht“ in der Geschichte ist. Und obwohl die drei Schwestern in lebensgefährliche Situationen geraten, bleibt der Ton in der Geschichte in der Regel heiter genug, dass auch jüngere Leser.innen Freude an der Handlung haben werden. Außerdem ist es wunderbar. von dem Verhältnis der drei Schwestern zueinander zu lesen, gerade weil sie nicht immer nur nett miteinander umgehen, aber trotzdem die gesamte Zeit durchscheint, wie sehr die drei einander mögen und wie wichtig ihnen das Wohlergehen der anderen ist. So freue ich mich jetzt schon sehr auf das Lesen der Fortsetzung – vielleicht sogar gerade deshalb, weil ich mir nicht so recht vorstellen kann, worum sich der nächste Band wohl drehen wird.

Oh, und für diejenige, die neugierig auf die Geschichte geworden sind, aber keine Bücher auf Englisch lesen mögen: Der Titel der deutschen Ausgabe von „A Pinch of Magic“ lautet „Eine Prise Magie“ und auch die Fortsetzung („A Sprinkle of Sorcery“) ist schon unter dem Titel „Ein Hauch von Zauberei“ auf Deutsch erschienen.

Michelle Harrison: Elfenseele 3 – Jenseits der Ferne

Ein bisschen hat es gedauert bis mit „Jenseits der Ferne“ der dritte Band der „Elfenseele“-Reihe von Michelle Harrison erschienen ist. In diesem Buch übernimmt wieder Rowan „Red“ Fox die Hauptrolle, auch wenn Tanya und Fabian ebenfalls auftauchen und ihren Part zur Handlung beitragen. Doch von Anfang an: Nachdem Rowan im vorhergehenden Band endlich ins Elfenreich gelangt war und dort ihren kleinen Bruder James wiedergefunden hatte, lebt sie nun mit Tanyas Großmutter, Fabian und seinem Vater und der Haushälterin Nell auf Elvesden Manor.

Eigentlich fühlt sie sich sehr wohl in ihren neuen Zuhause und auch der Kontakt zu Rose, die sich im letzten Buch als Rowans Mutter entpuppt hat, wird immer besser. Wobei es auch hilft, dass Rose auf dem Gelände von Elvesden Manor ein kleines Tierheim eröffnen durfte und die beiden so täglich miteinander reden können. Und doch gibt es etwas, was dem Mädchen auf der Seele liegt.

Als sie vor einem Jahr ihre Suche im Elfenreich begann, wurde sie (gemeinsam mit Fabians Vater Warwick) von der Heckenhexe gefangen genommen. Bei ihrem Fluchtversuch hätten die beiden auch den dritten Gefangenen, Eldritch, mitnehmen können, doch da dieser an James Entführung beteiligt war, ließ Rowan ihn an eine Mauer gekettet im Keller der Hexe zurück. Inzwischen aber belastet sie der Gedanke, was wohl aus Eldritch geworden ist und lässt sie keine Ruhe mehr finden. Zusätzlich wird ihr Leben von Sperling, Tino und anderen alten Bekannten durcheinander gebracht. Sperling und seine Freunde gehören dem Coven an, der es sich zur Aufgabe gemacht hat Kinder, die durch Wechselbälger ausgetauscht wurde, wieder aus dem Elfenreich zurück zu holen.

Tino will nicht nur, dass Rowan wieder ihre früheren Aufgaben im Coven übernimmt, sondern hat auch selber gravierende Probleme. So sind einige Mitglieder dieses vertrauten Kreises verschwunden und werden nur wenig später ermordet aufgefunden. Dabei wird deutlich, dass die Täter nicht nur von ihrer geheimen Tätigkeit bei der Rückbeschaffung gestohlener Kinder wussten, sondern auch die jeweilige spezielle Aufgabe der Person in diesem Kreis und ihre jeweilige Schwachstelle genau kannten. Auch wenn Rowan mit diesem Teil ihres Lebens eigentlich abgeschlossen hat, kann sie ihre ehemaligen Verbündeten doch nicht im Stich lassen. Und auch Tanya und Fabian wollen ihren Teil dazu beitragen, dass die Morde, die so eindeutig mit dem Elfenreich verbunden sind, aufgeklärt werden. Dabei geraten nicht nur die Jugendlichen in Gefahr, sondern auch alle anderen Bewohner von Elvesden Manor.

Obwohl mir auch dieser dritte Band der „Elfenseelen“-Reihe gut gefallen hat und ich Rowan als Hauptfigur lieber sehe als Tanya, so hat mich dieser Teil nicht ganz so mitgerissen wie ich es gehofft hatte. Zum einen denke ich, dass es daran liegt, dass die Handlung – trotz diverser übernatürlicher Gestalten und Vorgänge – in unserer Welt spielt und daran, dass Elvesden Manor eine deutlich geringere Rolle übernimmt, als mir lieb gewesen wäre. Ich habe eben eine ganz besondere Schwäche für die kleinen Bewohner dieses Hauses, wenn man mal von dem schleimigen Langfinger im Abfluss absieht.

Und dann werden sehr viele Figuren neu in die Handlung eingeführt, so viele, dass ich zu kaum einem der neuen Charaktere eine Beziehung aufbauen konnte. Außerdem wird schnell deutlich gemacht, dass nicht alle Mitglieder des Coven eine reine Weste haben – wobei der Verräter in diesem Kreis in meinen Augen so offensichtlich war, dass in dieser Beziehung keine Spannung bei mir aufkam. Zuletzt störten mich noch ein wenig die beiden „Liebesgeschichten“, die hier und da in der Handlung durchschimmern. Trotzdem habe ich das Lesen dieses Romans genossen, auch wenn sich das bislang vielleicht nicht so angehört hat.

Michelle Harrison hat eine spannende Grundsituation geschaffen und vor allem fand ich es interessant noch mehr über Rowans Zeit auf der Straße und über das Geschäft mit Kindern/Wechselbälgern zu erfahren. Vor allem der Versuch des Coven einem Jungen zu helfen, dessen Mutter anscheinend nicht mehr wie früher ist, hat mir einen fesselnden Einblick in die Schwierigkeiten dieser Aufgabe geboten. Außerdem habe ich die Vorbereitungen für die Endschlacht genossen, ebenso wie das Wiedersehen mit den schon vertrauten Figuren (nur auf die Haushälterin Nell könnte ich verzichten, die nervt mich doch ziemlich). „Jenseits der Ferne“ ist in meinen Augen zwar nicht ganz auf dem Niveau der früheren Romane, aber immer noch ein tolles Buch.

Michelle Harrison: Elfenseele – Zwischen den Nebeln

Mit „Elfenseele – Zwischen den Nebeln“ veröffentlicht der Loewe-Verlag den zweiten Band von Michelle Harrison. Über „Hinter dem Augenblick“ hatte ich ja schon im Dezember geschrieben und da mir das Buch so gut gefallen hatte, musste ich natürlich auch die Fortsetzung lesen! Im ersten Teil stand Tanya im Mittelpunkt, ein Mädchen, dass mit der Gabe gesegnet (oder sollte man besser sagen verflucht) war Feen und Elfen sehen zu können. Aufgrund dieser Fähigkeit geriet sie immer wieder in Schwierigkeiten, lernte aber auch einige Menschen kenne, die ebenfalls die übernatürlichen Wesen sehen konnten – und ihr helfen wollten. Rowan „Red“ Fox zum Beispiel hat Tanya viel darüber beigebracht, wie sie sich vor den Übergriff der Feen und Elfen schützen könnte.

Am Ende von „Hinter dem Augenblick“ gelang es Red nach einer dramatischen Auseinandersetzung mit dem „kleinen Volk“ sogar das Elfenreich zu betreten, etwas, was sie schon seit über einem Jahr versuchte. Damals musste Red nach einem Autounfall, der ihre Eltern das Leben kostete, mit ihrem kleinen Bruder zusammen in einem Heim leben. Als dort Kinder verschwinden und durch Wechselbälger ersetzt werden, versucht Red alles, um ihren Bruder James zu beschützen – doch vergeblich!

Nachdem James von den Feen geraubt wurde, sammelt seine Schwester so viel Informationen wie möglich über die übernatürlichen Wesen und findet heraus, dass sie vielleicht eine kleine Chance haben könnte, ihren Bruder aus dem Elfenreich zu befreien. Doch dafür muss sie selber in diese magische Welt gelangen. Als ihr das letztendlich gelingt, fällt sie der Heckenhexe in die Hände, die ihre ganz eigenen unheimlichen Pläne mit dem Mädchen hat.

Mir gefiel „Zwischen den Nebeln“ noch besser als der erste Teil, da sich die Autorin noch mehr auf die düsteren Seiten der britischen Volksmärchen konzentriert hat. Zwar wird der eine oder andere Teil von Reds Aufgabe im Feenreich etwas einfach gelöst, aber dafür werden die Charaktere vielschichtiger beschrieben und der Hintergrund des Mädchens wird schön ausgearbeitet. Im Vergleich zu Tanya, deren Leben doch bislang immer sehr glatt verlief, zeigt Red viel mehr unterschiedliche Seiten ihres Charakters. Sie ist durch das Leben auf der Straße misstrauisch geworden, wirkt manchmal hart und erschreckend skrupellos – und wird doch die ganze Zeit nur von ihrer Liebe zu ihrem kleinen Bruder angetrieben.

Auch Tanya und Fabian wird in diesem Buch wieder eine Rolle zugestanden, da neben dem magischen Reich auch wieder das Herrenhaus Elvesden Manor zum Schauplatz der Geschichte wird – und ich sollte noch erwähnen, dass die Handlung auch verständlich ist, wenn man „Hinter dem Augenblick“ nicht gelesen hat, wobei so einige Anspielungen mit diesem Vorwissen eher zu genießen sind. Insgesamt bietet „Zwischen den Nebeln“ eine schöne Mischung aus traurigen Geschehnissen, fantastischen Elemente, niedlichen, bedrohlichen und hilfsbereiten magischen Wesen und vielen kleinen amüsanten Szenen.

Wenn es der Autorin gelingt diese Qualität zu halten (oder gar noch besser zu werden) und weiterhin so schöne und märchenhafte Geschichten zu erzählen, dann freu ich mich jetzt schon auf alle noch kommenden Romane von Michelle Harrison.

Michelle Harrison: Elfenseele – Hinter dem Augenblick

Solange sie denken kann, ist Tanya in der Lage Feen und Elfen zu sehen (ich bin mir nicht ganz sicher, ob die deutsche Übersetzung da wirklich dem Original entspricht, aber ich verwendet mal weiter die im Buch verwendeten Begriffe). Als sie ein Kind war, fanden ihre Eltern es noch niedlich, wenn sie ihnen von all den unsichtbaren Gestalten erzählte, doch je älter Tanya wird, desto mehr Ärger bekommt sie durch diese Fähigkeit.

Die Elfen haben angefangen sie zu piesacken, um das Mädchen daran zu hindern den anderen von ihnen zu erzählen – und je mehr Schabernack diese Wesen treiben, desto wütender wird ihre Mutter darüber, dass Tanya soviel kaputt macht und die Schuld dann immer auf nichtexistierende Gestalten schiebt. So ist es kein Wunder, dass Tanya dazu verdonnert wird, die Ferien bei ihrer Großmutter zu verbringen, in einem alten und fast verfallenen Haus in den Tiefe der Grafschaft Essex.

Auch hier wimmelte es von Elfen und Kobolden, was das Leben für Tanya nicht einfacher macht. Doch nach einigen unheimlichen Vorfällen beschließt sie zusammen mit Fabian, dem Sohn des Verwalters, mehr über die übernatürlichen Wesen herauszufinden – genauso wie über das geheimnisvolle Verschwinden der Morwenna Bloom, die vor 50 Jahren in den Henkerswald hinter dem Anwesen von Tanyas Großmutter ging und nach diesem Tag nie wieder gesehen wurde.

Michelle Harrison ist mit „Elfenseele“ ein wirklich spannender und unterhaltsamer Jugendroman gelungen. Auch wenn man meinen könnte, dass die dreizehnjährige Tanya vielleicht im Laufe der Zeit besser mit den Elfen hätte umgehen können, so bezaubern mich die verschiedenen Wesen und ihre unterschiedlichen Eigenschaften. So unangenehm es sein muss, wenn ein „Abflussbewohner“, ein lurchartiger Elfe, einem ständig glitzernde Sachen aus dem Badezimmer stahl, so nett ist die Idee einer Herdfee, die dafür sorgt, dass der Tee immer warm ist. Letztere würde ich gern einladen bei mir zu wohnen – auch wenn die vier Katzen wohl zuviel für sie sein müssten. 😉

Aufbauend auf den verschiedenen (britischen) Feensagen spinnt die Autorin eine fantastische Geschichte rund um die dreizehn Schätze des Feenreichs, die Menschen, die die übernatürlichen Wesen sehen können, Wechselbälger und den Übergang in das magische Reich. Auch wenn sich die Handlung eher langsam entwickelt, so hat es mir gefallen, dass ich nur selten vorhersagen konnte, in welche Richtung die Geschichte gehen würde. Und obwohl Michelle Harrison am Ende sehr viele verschiedene Hinweise zu einem stimmigen Gesamtbild verknüpft hat, so bleibt noch genug zu erzählen für eine (hoffentlich ebenso gelungene) Fortsetzung. Die ist übrigens für den englischsprachigen Markt schon angekündigt und soll im Januar unter dem Titel „Thirteen Curses“ erscheinen. 🙂