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Stephanie Burgis: Good Neighbors (The Full Collection)

Eigentlich hatte Stephanie Burgis nur vier „Good Neighbors“-Kurzgeschichten geplant, als sie die erste Geschichte rund um Mia Brandt und Leander Fabian schrieb. Aber irgendwie sind die folgenden Titel immer etwas länger geworden als die davor und so kommt die „Full Collection“ (die die Texte „Good Neighbors“, „Deadly Courtesies“, „Fine Deceptions“ und „Fierce Company“ beinhaltet) insgesamt auf 254 Seiten. Ich persönlich bin sehr froh darüber, dass die Autorin so viel Spaß beim Schreiben und so viele fantastische Ideen für ihre „Cozy-Spooky Fantasy Rom-Com“ hatte, denn ich habe mich beim Lesen wunderbar amüsiert. (Und ich hoffe sehr, dass sie wirklich irgendwann ihre Überlegung weitere Geschichten in dieser Welt zu schreiben, in denen dann zwei wirklich wunderbare Nebenfiguren als Protagonistinnen auftreten werden, wahr werden lässt.)

Alle vier Geschichten in „Good Neighbors“ werden aus der Sicht der 24jährigen Mia Brandt erzählt, die gerade erst mit ihrem Vater in ein Cottage im Schatten eines unheimlichen Schlosses vor den Mauern des kleinen Städtchen Hapthorn gezogen ist. Mia ist wild entschlossen ein unauffälliges und (zumindest nach außen) respektables Leben zu führen, nachdem sie ihre frühere Heimatstadt nach einem Vorfall (der einen Fackel-schwingenden Mob, einen verletzten Vater und die Zerstörung ihres Geburtshauses beinhaltete) verlassen musste. Von nun an will sie sich nur noch um sich, ihren Vater und ihre Erfindungen kümmern und vor allem möchte sie sich nicht die Mühe machen müssen mit ihren Nachbarn ein „freundschaftliches“ Verhältnis aufbauen zu müssen. Doch ihr neuer Nachbar, der Nekromant Leander Fabian, sorgt dafür, dass die abweisende Erfinderin sich nicht nur mit seinen untoten Minions beschäftigen, sondern langfristig auch eine (widerwillige) Allianz mit ihm schließen muss.

Ich habe es wirklich genossen zu lesen, wie Mia eigentlich immer nur allein gelassen werden will, damit sie in Ruhe an ihren Erfindungen arbeiten kann, und dann kommt irgendwas dazwischen, dass dafür sorgt, dass sie sich in Sachen wie Lokalpolitik einmischen oder einen Nekromanten-Ball besuchen muss. Dazu kommt, dass ihre Allianz mit ihrem Nachbarn es ihr nicht gerade einfach macht damit umzugehen, dass sie sich von dem – überraschend sympathischen und attraktiven – Leander angezogen fühlt. Neben all den amüsanten Momenten, in denen sich die beiden kabbeln, zieht sich durch alle vier Geschichten die Unsicherheit, die beide Figuren empfinden, wenn es darum geht sich auf eine andere Person einzulassen. Die Ereignisse, die dazu geführt haben, dass Leander von einem sadistischen Nekromanten aufgezogen wurde, und die, die dazu geführt haben, dass Mias Vater verletzt wurde und sie ihre Heimatstadt verlassen musste, haben bei beiden Charakteren Spuren hinterlassen. Und obwohl sich sowohl Mia, als auch Leander im Laufe der Zeit darüber klar werden, dass ihr Gegenüber sie nicht verletzten will, gibt es doch immer wieder Momente, in denen sie sich instinktiv zurückziehen.

Diese Mischung aus Humor, sympathischen und realistischen Charakteren und vielen fantastischen Elementen hat dafür gesorgt, dass es mir ziemlich schwer fiel das Buch aus der Hand zu legen, nachdem ich damit angefangen hatte. Ich mochte es sehr, wie Stephanie Burgis klassische Horror-Elemente aufgriff und daraus so eine wunderbare Wohlfühlgeschichte machte. Dabei unterschlägt die Autorin nicht die hässlichen Seiten, die ein Leben als „unnatürliche“ Person haben kann, denn es gibt es eine Menge Menschen in den Geschichten, die alles bekämpfen, was sie als „anders“ oder „beängstigend“ empfinden. Aber selbst die Momente, in denen es gefährlich für die Protagonistin wird, beinhalten so viel Humor, dass sie überraschend unterhaltsam zu lesen sind. Und am Ende findet Stephanie Burgis einen Weg, damit all die Figuren, die ich im Laufe der Geschichten ins Herz geschlossen hatte, in einer guten Nachbarschaft aufgenommen werden. Ich fand es ziemlich spannend zu verfolgen, was sich alles aus dieser ersten kleinen Kurzgeschichten rund um eine abweisende Erfinderin und einen charmanten Nekromanten entwickelt hat und möchte gern irgendwann noch mehr so wohltuende Geschichten rund um all die „guten Nachbarn“ lesen.

Stephanie Burgis: Scales and Sensibility (Regency Dragons 1)

„It was a truth universally acknowledged that any young lady without a dragon was doomed to social failure.“

Dies ist der erste Satz in „Scales and Sensibility“ von Stephanie Burgis und eigentlich wisst ihr damit über den Ton der Geschichte schon fast alles, was ihr wissen müsst. 😉 Dieser Titel ist die aktuellste Veröffentlichung der Autorin, obwohl sie die erste Version des Manuskripts schon vor vielen Jahren geschrieben hatte. Aber damals hieß es, dass es keinen Markt für fantastische Regency-Romane gäbe, weshalb sich Stephanie Burgis lieber auf andere Ideen konzentrierte. Wenn ich an all die Jahre denke, in denen ich fantastische Regency gesucht habe, frage ich mich, wie irgendein Agent oder Verlag auf die Idee kommen konnte, dass der Markt dafür nicht reif wäre … aber nun gut … „Scales and Sensibility“ wird aus der Perspektive von Elinor Tregarth erzählt, die nach dem Tod ihrer Eltern von ihrer Tante aufgenommen wurde. Elinor sehnt sich nicht nur sehr nach ihren beiden jüngeren Schwestern, die von zwei anderen Verwandten aufgenommen wurden, sondern auch nach einer liebevollen und respektvollen Umgebung. Sowohl ihr Onkel als auch ihre Cousine Penelope lassen Elinor ständig spüren, dass sie nur die arme Verwandte ist und dankbar sein muss, dass sie überhaupt aufgenommen wurde.

Die Tatsache, dass Elinor Penelope bei ihrer ersten Saison helfen soll (obwohl sie selbst bislang kein Debüt hatte) und von ihrer Cousine ebenso schlecht wie die Dienstmädchen behandelt wird, macht es für die junge Frau nicht einfacher. Und dann gibt es da noch den kleinen Drachen Sir Jessamyn, der – wie es sich bei einer Dame der Gesellschaft gehört – dekorativ auf Penelopes Schulter sitzen sollte, aber stattdessen so viel Angst vor seiner Besitzerin hat, dass er regelmäßig seinen Darm auf ihren Kleidern entleert. Als Penelope ihn deswegen beinah verletzt, platzt Elinor der Kragen, was zur Folge hat, dass sie gemeinsam mit Sir Jessamyn das Haus verlässt. Ohne Geld, ohne eine Unterkunft in Aussicht und mit einem (gestohlenen) Drachen auf der Schulter scheint Elinors Schicksal besiegelt, doch dann überrascht Sir Jessamyn die junge Frau mit einer unerwarteten Fähigkeit, und außerdem macht Elinor die Bekanntschaft von Benedict Hawkins, dessen Geldsorgen ihn dazu bringe, dass er die Hand von Penelope gewinnen will. Mit der Hilfe von Sir Jessamyn, und um Benedict bei seinem Vorhaben zu unterstützen, landet Elinor inmitten einer trubeligen Hausparty, bei der sie jederzeit als Hochstaplerin und Diebin eines kostbaren Drachens enttarnt werden könnte. Dazu kommt noch, dass es auch noch andere Gäste bei dieser Gesellschaft gibt, die sich mit ganz eigenen (unlauteren) Motiven dort eingefunden haben.

Mir hat „Scales and Sensibility“ wirklich viel Freude beim Lesen bereitet, auch wenn ich die ganze Zeit sehr mit Elinor mitgelitten habe. Die junge Frau ist eigentlich ein sehr ehrlicher und offenherziger Mensch, und die Scharade, die sie mit allen Anwesenden bei dieser Hausparty spielen muss, gefällt ihr so gar nicht. Aber jedes Mal, wenn sie offen und ehrlich sein will, passiert etwas, das dafür sorgen würde, dass ein anderer Mensch darunter leiden müsste, wenn sie ihre Identität aufdecken würde. Also wird Elinor immer weiter gezwungen, Theater zu spielen und gleichzeitig Wege zu finden, um mit den diversen Erpressungen und Bedrohungen umzugehen und natürlich Benedict bei seinen Bemühungen um Penelopes Hand zu unterstützen. Trotz all dieser unangenehmen Situationen für Elinor ist die Geschichte wirklich lustig und ich habe ständig vor mich hingekichert, während es zu Missverständnissen zwischen den verschiedenen Figuren, etwas zu offenherzigen Aussagen von Elinors Tante und ähnlichen Momenten kam. Doch vor allem mochte ich einige der Charaktere wirklich gern und wollte unbedingt wissen, wie es mit ihnen weitergeht.

Allen voran natürlich Elinor, deren Zuneigung zu ihren Schwestern und Sir Jessamyn wirklich schön zu lesen war, auch wenn sie beides immer wieder in Schwierigkeiten gebracht hat. Ebenso mochte ich Benedict Hawkins sehr gern, der zwar ein Mitgiftjäger ist, aber nicht nur gute Gründe dafür hat, sondern auch ein freundlicher, ehrbarer und hilfsbereiter Mensch ist. Dazu kommen noch Figuren wie Benedicts bester Freund Cornelius Aubrey, dessen geistesabwesende Gelehrsamkeit vielleicht etwas übertrieben ist, aber für wunderbar amüsante Momente sorgt, oder Elinors Tante, die im Laufe der Geschichte entdeckt, wie befreiend es doch sein kann, einfach nur offen die eigene Meinung zu äußern. Ich mochte diesen Roman wirklich gern und ich habe große Lust, mehr von Elinor, ihren beiden Schwestern (die bislang nur durch Elinors Erinnerungen bekannt sind) und natürlich diese ungewöhnlichen kleinen Drachen und ihre überraschenden Fähigkeiten zu lesen. Zum Glück plant Stephanie Burgis zwei weitere Regency-Dragon-Romane, in denen dann Elinors Schwestern die Protagonistinnen sein werden.

Stephanie Burgis: The Raven Heir

„The Raven Heir“ von Stephanie Burgis wird aus Sicht der zwölfjährigen Cordelia erzählt, die gemeinsam mit ihren Geschwistern Giles, Rosalind und Connall, ihrer Mutter und deren Freundin Alys in einer Festung im Wald aufwächst. Ihr ganzes Leben lang hat Cordelia an diesem Ort verbracht und sie sehnt sich danach, endlich die Welt außerhalb der Festung erkunden zu können. Doch ihre Mutter, die eine mächtige Zauberin ist, verbietet es den Kindern, einen Fuß aus der Festung zu setzen. Nicht einmal die Tatsache, dass sich Cordelia in jedes beliebige Tier verwandeln und sich so sicher durch den Wald bewegen kann, kann ihre Mutter dazu bringen, sie aus der Festung zu lassen. Erst als eine Gruppe bewaffneter Männer die Festung angreift, erfahren die Drillinge Cordelia, Giles und Rosalind, dass einer von ihnen ein Recht auf den Thron von Corvenne hat. Doch wer von ihnen es ist, bleibt ein Geheimnis, denn ihre Mutter hat ihnen nie verraten, wer von ihnen als Erstes geboren wurde. Gemeinsam müssen die drei Geschwister aus der Festung fliehen und nicht nur einen Weg finden, ihre eigene Freiheit zu bewahren, sondern auch ihre Lieben aus den Händen der Angreifer zu befreien.

Stephanie Burgis kam auf die Idee zu „The Raven Heir“, als sie über die Rosenkriege zwischen den Häusern York und Lancaster nachdachte und darüber, wie es den Kindern während dieser Kriege erging. Einige von ihnen wurden jahrelang als Geiseln gehalten und schon als Kleinkinder von ihren Müttern getrennt, während diese alles versuchten, um ihre Kinder zurückzubekommen. All diese Gedanken über Kinder, die zu politischen Schachfiguren wurden, führten dann zu der Geschichte rund um Cordelia und ihre Geschwister, deren Mutter alles versucht, um ihre Kinder zu beschützen. Das hatte zur Folge, dass „The Raven Heir“ überraschenderweise beim Lesen für mich das gleiche Gefühl bereithielt wie „Cart and Cwidder“ von Diana Wynne Jones, und das hatte ich so nicht erwartet. Auch hier spielt die Geschichte in einem Land, das unter dem seit Jahrzehnten andauernden Krieg leidet. Und auf ihrer Flucht lernen Cordelia, Giles und Rosalind nicht nur mehr über das Land, in dem sie leben, sondern auch über sich, ihre Magie und ihre Familie. Alle drei müssen damit fertig werden, dass ihre Mutter solch große Geheimnisse vor ihnen hat, und es ist nicht einfach für die Geschwister zu verstehen, dass ihre Mutter nicht nur eine mächtige Zaubererin ist, sondern auch ein Mensch mit Fehlern und Schwächen.

Auf der anderen Seite gilt es für Cordelia und die anderen beiden, ihre eigenen Grenzen auszutesten und herauszufinden, wie weit sie mit ihren eigenen Fähigkeiten gehen können. Sie müssen für sich herausfinden, wem sie trauen können und wollen – und welche Dinge ihnen wirklich wichtig sind. So dreht sich ein Großteil der Handlung um die innere Entwicklung der Protagonistin, während sie gemeinsam mit Giles und Rosalind auf der Flucht ist. Das alles führt zu wunderbaren Szenen zwischen den Geschwistern, in denen immer wieder deutlich wird, dass sie sich zwar häufig gegenseitig auf die Nerven gehen, aber doch als Familie immer zusammenstehen. Ich mochte all diese berührenden Momente, die zeigen, wie viel die anderen Cordelia bedeutet, und wie schwer es ihr gerade deshalb manchmal fällt, offen mit ihren Geschwistern zu reden. Daneben gab es aber auch noch eine ganze Reihe von amüsanten Momenten, die die Handlung so weit auflockerten, dass ich trotz aller Bedrohungen für die Geschwister sehr viel Spaß beim Lesen hatte und immer wieder kichern musste. „The Raven Heir“ ist nur der erste Teil einer Trilogie, und ich muss gestehen, dass ich mir im Moment nicht vorstellen kann, in welche Richtung die Geschichte noch gehen soll. Aber egal, welche Abenteuer als nächstes auf die Geschwister warten, ich freue mich jetzt schon auf ein Wiedersehen mit Cordelia, Giles, Rosalind und natürlich ihrem großen Bruder Connall.

Stephanie Burgis: The Princess Who Flew with Dragons

„The Princess Who Flew with Dragons“ ist der dritte Band von Stephanie Burgis, der in der fantastischen Stadt Drachenburg beginnt. Aber dieses Mal begleitet man nicht die Drachin Aventurine oder die Händlerin Silke bei ihren Abenteuern, sondern Prinzessin Sofia bei einer Reise, die sie in das ferne Villenne bringt. Sofia, die schon in den vorhergehenden Geschichten eine (Neben-)Rolle einnahm, sieht sich als die „unnütze“ Prinzessin von Drachenburg. Während ihre ältere Schwester Katrin schon seit Jahren die Regentschaft für ihren trauernden Vater übernommen hat, versteckt sich Sofia mit ihren Philosophiebüchern in ihrem Zimmer und versucht, so wenig Aufmerksamkeit wie möglich auf sich zu ziehen. Dabei ist sie sich durchaus der Verantwortung bewusst, die die Königsfamilie gegenüber ihren Untertanen hat, sie weiß nur nicht, wie sie selbst etwas zum Wohl des Königsreichs beitragen könnte. Gegen diese Gefühle der Unzulänglichkeit hilft es auch nicht, dass Katrin sie immer wieder in Situationen bringt, die Sofia zu Dingen zwingen, die sie sich einfach nicht zutraut.

Genau dies ist auch der Fall, als Sofia nach Villenne reisen muss, wobei die Tatsache, dass sie sich nicht einmal auf die Reise vorbereiten durfte, die Sache nicht besser macht. Doch in Villenne angekommen muss Sofia entdecken, wie befreiend es ist, dass sie sich anonym durch diese Stadt bewegen und neue Freunde finden kann. Alles könnte so großartig sein, wenn sich nicht doch noch ihre Schwester Katrin einmischen und dann auch noch die Eisriesen aus dem Norden angreifen würden. Ich habe Sofia gern auf ihrer Reise nach Villenne und zu sich selbst begleitet. Es war berührend, von ihren Ängsten und Selbstzweifeln zu lesen, und so schön zu verfolgen, wie sie aufblüht, als sie unter ganz ungewöhnlichen Rahmenbedingungen Villenne erkundet. Für Sofia geht mit diesen sorglosen Tagen ein Traum in Erfüllung. Aber natürlich ist es für eine Prinzessin – egal, wie unnütz sie sich selbst fühlt – nicht in Ordnung, wenn sie ihre diplomatische Mission für ihr eigenes Vergnügen vernachlässigt. So ist es kein Wunder, dass eines Tages Katrin vor ihr steht und ihr den ganzen Spaß verdirbt.

Erst als Sofia sich gemeinsam mit ihrem Freund Jasper (dem kleinen Bruder von Aventurine) aufmacht, um Katrin und all die anderen zu retten, die von den Eisriesen gefangen genommen wurden, merkt sie, wie viel sie in den letzten Wochen über sich und ihre Fähigkeiten gelernt hat. Gerade weil Sofias Situation (auch während ihrer Rettungsmission) nicht gerade einfach ist, bieten sich Stephanie Burgis wunderbare Gelegenheiten für witzige Dialoge und Szenen. So habe ich beim Lesen der Geschichte regelmäßig mit Sofia mitgelitten und musste doch immer wieder vor mich hinkichern, wenn sie mal wieder ein überraschendes Abenteuer erlebte oder bewies, wie wenig sie das Leben innerhalb ihres Palastzimmers auf die reale Welt vorbereitet hatte.

Ich glaube, dass Sofia, gerade weil sie die unsicherste der drei Protagonistinnen ist, mir als Erzählerin noch besser gefallen hat als Aventurine oder Silke. Denn obwohl ich die anderen beiden auch mochte, sieht man bei Sofia besonders schön die Entwicklung, die sie im Laufe der Zeit durchmacht. Ich mochte es auch sehr, wie sich die Beziehung der beiden Schwestern am Ende wandelt und wie Sofia mehr über den Umgang mit anderen Menschen lernt, als sie sich endlich eingesteht, dass sie sich gegenüber ihren Freunden nicht verstellen muss. Wenn ich einen Kritikpunkt suchen müsste, dann vielleicht, dass sich am Ende alles ein bisschen zu schnell in Wohlgefallen auflöst. Aber „The Princess Who Flew with Dragons“ ist nun einmal ein Buch für Kinder im Grundschulalter und ich lese diese Bücher für den garantierten „Wohlfühlfaktor“, also kann ich mich definitiv nicht beschweren, wenn ich genau das auch geboten bekomme.

Stephanie Burgis: Congress of Secrets

„Congress of Secrets“ war der letzte Titel von Stephanie Burgis‘ Backlist, der mir noch fehlte, und nachdem ich ihn mir im August gekauft hatte, dauerte es ein bisschen, bis ich in der richtigen Stimmung für einen Roman war, der 1814 in Wien spielt und voller politischer Intrigen steckt. Die Autorin greift für „Congress of Secrets“ auf dieselbe Welt zurück, in der auch „Masks and Shadows“ spielte, was sich nicht nur durch einen Verweis auf eine der Nebenfiguren aus „Masks and Shadows“ zeigt, sondern auch durch die Art und Weise, in der Stephanie Burgis die Alchemie ihrer Welt beschreibt. In beiden Romanen ist die Alchemie eine dunkle, dämonische Macht, die von Menschen verwendet wird, die sich zum Drahtzieher hinter dem Thron aufschwingen wollen (oder diesen Platz schon eingenommen haben). So ist es nicht verwunderlich, dass die Atmosphäre in „Congress of Secrets“ von Anfang an bedrückend ist und man die gesamte Geschichte hindurch um die verschiedenen Figuren bangen muss.

Erzählt wird die Handlung aus mehreren Perspektiven, wobei man vor allem die Sicht von Lady Caroline Wyndham (geborene Karolina Vogl) und die von Michael Steinhüller verfolgt. Beide Personen sind in Wien geboren und mussten aufgrund von Ereignissen rund um Carolines Vater vor über zwanzig Jahren die Stadt verlassen. Damals wurden die – noch relativ jungen – Gesetze zur Pressefreiheit von Kaiser Joseph II zurückgenommen, was dazu führte, dass einige Journalisten und Drucker illegal Handblätter verteilten, in denen sie über die aktuelle politische Situation aufklärten. Carolines Vater war einer dieser Drucker, und als die Geheimpolizei ihn festnahm, wurde auch Caroline gefangen gesetzt, wobei Michael, der als Druckerlehrling für Herrn Vogl arbeitete, die Flucht gelang. Während Michael sich in den vergangenen vierundzwanzig Jahren als Hochstapler und Betrüger durchs Leben schlug, hat es Caroline Jahre nach ihrer Inhaftierung nach England verschlagen, wo sie inzwischen zu einer geachteten Dame der Gesellschaft geworden ist, die nach dem Tod ihres zweiten Ehemannes frei über ihr Vermögen verfügen kann.

Dieses Vermögen will Caroline nun ebenso wie ihren guten Ruf einsetzen, um während des Wiener Kongresses mehr über das Schicksal ihres Vaters zu erfahren und ihn wenn irgendwie möglich aus der Gefangenschaft freikaufen. Dabei ist ihr durchaus bewusst, dass sie ein großes Risiko eingeht, denn wenn Kaiser Franz II oder gar Johan Anton von Pergen, der (inoffizielle) Leiter der Geheimpolizei, sie wiedererkennen würden, dann würden all ihre Beziehungen in Großbritannien sie nicht davor bewahren können, in den geheimen Wiener Verliesen zu landen. Anfangs scheint für Caroline alles gut zu laufen, denn sie kennt die richtigen Leute, die sie mit dem Kaiser in Verbindung bringen können, und es gelingt ihr, den Kaiser mit ihrem Charme und der Aufsicht auf finanzielle Unterstützung auf sich aufmerksam zu machen. Doch dann begegnet sie Michael wieder, der den Wiener Kongress für einen letzten großen Coup nutzen will, der ihm genügend Geld bringen soll, um seine Zukunft zu sichern. Während sich Caroline der großen Gefahr durchaus bewusst ist, in der sie schwebt, scheint es Michael egal zu sein, wie riskant seine Pläne sind und was aus den Menschen wird, die er darin verwickelt.

Ich muss gestehen, dass die Figur des Michael Steinhüller es mir anfangs recht schwer gemacht hat, diesen Roman zu genießen. Ich mochte die Zeit und die Atmosphäre des Wiener Kongresses sehr, ebenso wie die Art und Weise, in der Stephanie Burgis reale Ereignisse und Figuren mit der Bedrohung durch ihre Variante der Alchemie verknüpfte. Das Ganze sorgt dafür, dass man sich gemeinsam mit der Protagonistin ständig vergewissern will, dass man nicht belauscht wird, dass die Risiken, die die Figuren eingehen, auch gerechtfertigt sind, und dass man nur auf den Moment wartet, in dem Pergen seine Informationen, seine Macht und natürlich auch die Alchemie nutzt, um Caroline und ihre Verbündeten in seine Gewalt zu bekommen. Dazu kommt dann eine Figur wie Michael, ein leichtsinniger Mensch, der sich keine Gedanken über seine Taten macht, der nicht darüber nachdenkt, was er über die Personen in seiner Umgebung bringt, wenn er sie ausnutzt, betrügt und erpresst, nur um seinen eigenen Vorteil daraus zu schlagen. Obwohl ich mir sicher war (schließlich habe ich inzwischen genügend Geschichten der Autorin gelesen), dass sich auch Michael am Ende als weniger skrupellos herausstellt, als er anfangs wirkt, fand ich es sehr schwer, diesen Weg zu verfolgen.

Eigentlich ist es ja ein Beweis dafür, wie gut Stephanie Burgis ihre Geschichte erzählt hat, wenn mir ein Protagonist so sehr auf die Nerven geht, aber das machte das Lesen für mich nicht einfacher. Auf der anderen Seite konnte ich das Buch auch nicht nur wegen dieser einen Figur abbrechen, wo ich doch den Rest so gut geschrieben und spannend fand und unbedingt wissen wollte, wie es weitergeht. Ganz versöhnt war ich am Ende mit Michael nicht (und der „romantische“ Teil der Geschichte hätte für meinen Geschmack ruhig etwas weniger hastig passieren dürfen), aber insgesamt bleiben mir von „Congress of Secrets“ vor allem die tolle Atmosphäre, der wunderbare Einsatz der diversen realen historischen Figuren für diese Geschichte und der spannende und stellenweise sogar amüsante Schluss in Erinnerung. Außerdem haben die Literaturverweise am Ende des Buches dafür gesorgt, dass ich mir die Biografie „Prince of Europe: The Life of Charles Joseph de Ligne“ bestellt habe, weil ich endlich mehr über diese Person lernen will, nachdem sie mir schon so oft in historischen Romanen begegnete und mir eigentlich immer sympathisch war.

Stephanie Burgis: The Girl with the Dragon Heart

„The Girl with the Dragon Heart“ ist nach „The Dragon with a Chocolate Heart“ der zweite Roman von Stephanie Burgis, der in der Stadt Drachenburg spielt. Dieses Mal dreht sich die Handlung um Silke, die im ersten Buch zur besten Freundin der Drachin Aventurine wurde. Theoretisch kann man diese Geschichte unabhängig vom ersten Band lesen, doch natürlich gibt es das eine oder andere Detail in „The Girl with the Dragon Heart“, das einem schon etwas über den Ausgang von Aventurines Abenteuer verraten würde. Wer „The Dragon with a Chocolate Heart“ schon gelesen hat, wird Silke als unerschrockenes und kreatives Mädchen kennengelernt haben, das immer eine Lösung für die Probleme ihrer Freunde findet und das ganz hervorragend mit Worten umgehen kann. In „The Girl with the Dragon Heart“ lernt man hingegen ganz neue Seiten an Silke kennen, denn der Weg nach Drachenburg war auch für sie nicht ganz einfach, und ihre Vergangenheit belastet und beeinflusst sie bis zum heutigen Tag.

Ich mochte Silke schon in dem ersten Roman, in dem sie auftauchte, aber in „The Girl with the Dragon Heart“ habe ich sie richtig ins Herz geschlossen. Sie ist manchmal etwas engstirnig und begreift lange Zeit nicht, dass es mehrere Wege gibt, um ihre Ziele im Leben zu erreichen, aber Stephanie Burgis gelingt es sehr gut, aufzuzeigen, warum Silke so ist und so handelt, wie sie es tut. Auch wenn das Mädchen nie darüber redet, so ist sie doch traumatisiert davon, dass vor vielen Jahren – als ihre Familie aus einem entfernteren Königreich nach Drachenburg flüchtete – ihre Eltern im Elfenwald verschwanden. Seit dieser Zeit lebt Silke unter der Obhut ihres großen Bruders Dieter am Flußufer von Drachenburg, einer der ärmsten Gegenden der Stadt. Doch Silke lässt es nicht zu, dass ihr Leben auf einen kleinen Teil der Stadt beschränkt wird. Sie hat die vergangenen Jahre damit zugebracht, alle Viertel Drachenburgs zu durchstreifen, Schleichwege zu finden und Kontakte zu knüpfen. Sie ist wild entschlossen, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um sich einen Platz im Leben zu erobern, der ihr die Sicherheit bietet, die sie in den vergangenen Jahren vermisst hat. Und ein Auftrag der Kronprinzessin, die eine unauffällige Spionin sucht, um die Geheimnisse einer Delegation der Feen zu enthüllen, scheint trotz aller damit verbundenen Gefahren die perfekte Gelegenheit zum Erreichen von Silkes Zielen zu sein.

Für mich hat bei „The Girl with the Dragon Heart“ die Mischung aus Spannung, Humor und Emotionen genau gestimmt. Ich fand es schön, einen Blick hinter Silkes selbstbewusste Fassade zu werfen und mitzuverfolgen, welche Gedanken ihr durch den Kopf gehen, wenn ihr vorlautes Mundwerk sie mal wieder in Schwierigkeiten gebracht hat, oder zu spüren, wie sehr Aventurine und die Betreiber des Schokoladenhauses ihr ans Herz gewachsen sind. Es hat mich sehr berührt, davon zu lesen, wie sehr sie unter dem Verlust ihrer Eltern leidet und wie dieser Vorfall im Elfenwald und die wenigen Erinnerungen, die sie noch an ihre Mutter hat, ihr Leben beeinflusst haben. Erst im Laufe der Geschichte lernt Silke, dass sie nicht immer alles alleine schaffen muss und dass auch zerbrechliche Dinge ein solides Fundament für ein Leben sein können, und es hat mir sehr viel Spaß gemacht, diesen Lernprozess zu verfolgen.

Dazu kamen noch all die kleinen, wunderbaren fantastischen Elemente, die diese Welt so besonders machen, und diese schrecklich verlockenden Passagen rund um (heiße) Schokolade, die dazu geführt haben, dass ich ständig das Gefühl hatte, ich müsste in die Küche springen und mir zumindest einen Kakao kochen, und natürlich diese vielen stimmigen Charaktere rund um Silke, die die Geschichte nicht nur bereichert haben, sondern auch sehr viel Reibungsfläche für ein so selbstbewusstes und eigensinniges Mädchen geboten haben. Ich freu mich jetzt schon darüber, dass es im kommenden Jahr noch einen weiteren Roman von Stephanie Burgis geben wird, der die jüngere Prinzessin und Aventurines Bruder Jasper zum Thema haben wird.

Stephanie Burgis: Masks and Shadows

Von Stephanie Burgis habe ich in den letzten Jahren fast alle Veröffentlichungen gelesen. Was mir bislang aber noch fehlte, waren ihre ersten beiden Romane für Erwachsene („Masks and Shadows“ und „Congress of Secrets“). „Masks und Shadows“ spielt im Jahr 1779 und wird zu einem großen Teil aus der Perspektive der frisch verwitweten Charlotte von Steinbeck erzählt. Zusätzlich kann man noch die Sicht des Kastraten Carlo Morelli sowie einige weitere Personen verfolgen. Alle Beteiligten sind zu Gast (oder Angestellte) im Palast des ungarischen Prinzen Nikolaus, dessen offizielle Geliebte Charlottes Schwester Sophie ist. Charlotte und Carlo stolpern unabhängig voneinander über seltsame Vorgänge im Palast, die anscheinend mit den beiden anwesenden Alchemisten in Verbindungen stehen und in die auch einige Mitglieder des Gesangsensembles des Opernhaus des Prinzen verwickelt zu sein scheinen.

Ich muss gestehen, dass ich den Titel aus dem Regal gezogen hatte, weil ich etwas Abwechslung zu den eher düsteren Geschichten haben wollte, die ich Ende Oktober gelesen habe – und dann musste ich feststellen, dass „Masks and Shadows“ auf seine Weise nicht weniger düster war als „Into the Drowning Deep“ und „Der Besucher“. Von Anfang an ist die Situation für Charlotte unangenehm, nachdem sie feststellen muss, dass ihre Schwester nicht nur die Geliebte des Prinzen Esterházy ist, sondern auch öffentlich als seine Begleiterin und Gastgeberin bei seinen Veranstaltungen auftritt. Die Prinzessin Esterházy hingegen wurde von ihrem Mann in ihre Gemächer verbannt und scheint auf den ersten Blick bei Hof keine Rolle mehr zu spielen. Dass dieser erste Eindruck täuscht, wird Charlotte schnell bewusst, denn in diesem Palast scheint das Überleben davon abhängig zu sein, wie gut man informiert ist und wie gut man sich bei all den Intrigen behaupten kann.

Für Carlo sind die Vorgänge weniger überraschend als für Charlotte, die seit ihrer Verheiratung in einem sehr abgeschiedenen und ländlichen Umfeld gelebt hat. Der musico hingegen hat nur deshalb eine so erfolgreiche Karriere führen können, weil er die Vorgänge an den verschiedenen Höfen Europas in der Regel schnell durchschaute und sich darauf einstellen konnte. Doch was unter dem Dach des Prinzen Esterházy vor sich geht, ist auch für Carlo nicht so einfach zu entschlüsseln. Ich fand es sehr faszinierend, die verschiedenen Informationen und Perspektiven zu verfolgen, immer mehr Details über die Charaktere und ihre Motivation zu bekommen und mir meine Gedanken darüber zu machen, welcher der Beteiligten wohl welchen seiner Verbündeten hintergehen wird.

Stephanie Burgis spart dabei nicht an Szenen, die deutlich machen, wie willkürlich die Regentschaft des Prinzen Nikolaus war und wie gefährlich das Leben an einem solchen Hof sein konnte, wenn man weder Einfluss noch mächtige Verbündete hatte. Sehr schön fand ich dabei, wie unterschiedlich Charlotte und Carlo viele Szenen wahrnahmen, denn obwohl Charlotte für ihre Zeit relativ offen ist und ein Bewusstsein für die Ungerechtigkeit von Standesunterschieden hat, so ist sie doch von ihrer Erziehung und ihrer Umgebung beeinflusst. Carlo hingegen ist als Sohn armer italienischer Bauern geboren worden und weiß, welche Entbehrungen für das einfache Volk damit verbunden sind, wenn ihr Prinz zum Beispiel beschließt, dass er ein Stück Land trockenlegen lassen will, um dort einen neuen Prachtbau errichten zu lassen. Dabei ist sich Carlo durchaus der Tatsache bewusst, dass er – dadurch, dass er sich von den diversen Adelshäusern engagieren lässt – ebenso seinen Vorteil aus diesem System zieht.

Ausgeglichen werden die düsteren Szenen rund um die Intrige, die im Palast gesponnen wird, und die kritischen Elemente bezüglich des Verhaltens der Adeligen am Hof durch die Liebe zur Musik, die sich durch die gesamte Geschichte zieht. Dass für Carlo die Musik mehr ist als eine Tätigkeit, mit der er seinen Lebensunterhalt bestreiten kann, ist mehr als offensichtlich. Dass diese Musik ihm auch etwas genommen hat, das dafür sorgt, dass ihn viele Menschen nicht als gleichwertig oder gar als Mann wahrnehmen, ebenso. Trotzdem liebt er die Musik, liebt es, zu singen und sich mit Gleichgesinnten auszutauschen. Auch Charlotte und viele andere haben ein besonderes Verhältnis zur Musik und so sind diese Passagen selbst dann schön zu lesen, wenn man – so wie ich – relativ wenig mit Opern anfangen kann. Ebenso mochte ich es, Charlottes Entwicklung zu verfolgen, die zum ersten Mal in ihrem Erwachsenenleben vor mehreren möglichen Wegen steht und für sich entscheiden muss, wie sie ihre Zukunft gestaltet und auf wessen Gefühle und Erwartungen sie dabei Rücksicht nehmen kann und möchte.

Ein weiterer Pluspunkt in der Geschichte war für mich der Schauplatz. Schloss Esterházy galt zu seiner Zeit als ungarisches Versailles, und seine prachtvollen Bauten waren berühmt (wenn auch anscheinend nicht unbedingt geschmackvoll eingerichtet, wenn ich nach den Beschreibungen der Autorin gehe). Auch hatte Prinz Nikolaus in seinem Palast einige der berühmtesten Künstler seiner Zeit versammelt, wie zum Beispiel den Komponisten Joseph Haydn, der jahrelang exklusiv für den Prinzen arbeitete. Diese Mischung aus Möglichkeiten und Gefahren, die sich durch eine solche Anstellung für die Künstler ergaben, hat Stephanie Burgis meiner Meinung nach gerade anhand von Haydns Beispiel gut eingefangen, was für einen wirklich atmosphärischen Rahmen für ihre Geschichte sorgt.

Insgesamt hat mir „Masks and Shadows“ zwar nicht die erhoffte Abwechslung von meiner eher düsteren Lektüre geboten, aber dafür habe ich den unverbrauchten Schauplatz und die realistischen (und of genug auch sympathischen) Charaktere sehr gemocht, während die unheimliche, von den Alchemisten beschworene Gefahr und die damit verbundene Intrige für Spannung sorgte. Insgesamt habe ich die Geschichte wirklich gern gelesen und mich dabei immer wieder darüber gefreut, wie gut es Stephanie Burgis dabei meiner Ansicht nach gelingt, Spannung und Grusel aufkommen zu lassen und doch immer wieder kleine Momente einzubauen, in denen man als Leser hoffen kann, dass die eine oder andere Figur vielleicht doch noch davonkommt oder vielleicht sogar gestärkt und gereift aus all den schrecklichen Situationen hervorgeht.

Stephanie Burgis/Tiffany Trent (Hrsg.): The Underwater Ballroom Society (Anthologie)

„The Underwater Ballroom Society“ ist eine von Stephanie Burgis und Tiffany Trent herausgegebene Anthologie, die aus einem Austausch der beiden Autorinnen über den „Underwater Ballroom at Witley Park“ auf Twitter entstand. Ich habe Mitte März überraschenderweise das eBook gewonnen, da ich den Newsletter zu der Anthologie abonniert hatte – offiziell wird der Titel erst am 30. April veröffentlicht – und da ich bei solchen Sammlungen gern beim Lesen meine Gedanken zu den einzelnen Geschichten aufschreibe, gibt es wieder einen Blogpost zu dem Titel.

1. „The Queen of Life“ von Ysabeau S. Wilce

Bei „The Queen of Life“ fand ich sowohl die Welt, in der die Geschichte spielt, als auch die Erzählweise sehr eigen und musste mich erst einmal darauf einlassen. Nachdem ich aber beim Aufstieg der Band „Love’s Secret Domain“ angekommen war und verfolgen musste, wie der Bassist Robert Mynwar von dem Elfenkönig Oberon entführt wurde, hatte mich die Handlung gepackt. Ich mochte das wunderbar atmosphärische Treffen zwischen der Musikerin Sylvanna de Godervya und dem geheimnisvollen Jungen an einer Kreuzung ebenso wie die Rolle, die der dicke Corgi in den folgenden Passagen übernahm, und fand die Szene im Ballsaal der Feen sehr berührend. Doch das Beste war die Entwicklung der Protagonistin und die Art und Weise, wie die Geschichte endete. Das hat mir so viel Freude bereitet, dass ich direkt im Anschluss „Flora Segundas magische Missgeschicke“ von der Autorin in der Bibliothek auf die Merkliste gesetzt habe, um zu schauen, ob es da ebenso viele ungewöhnliche und atmosphärische Elemente zu finden gibt.

2. „Twelve Sisters“ von Y. S. Lee

„Twelve Sisters“ spielt zwölf Jahre, nachdem die zwölf Prinzessinnen ihre zertanzten Schuhe an den Nagel hängen und zusehen mussten, wie die Älteste von ihnen den Soldaten heiratete, der ihr Geheimnis aufdeckte. Schon im ersten Absatz wird deutlich, dass dieser Soldat seiner Frau in den vergangenen Jahren kein guter Ehemann war, dass er sie misshandelte und gegen ihren Willen dafür gesorgt hat, dass sie nun zum zwölften Mal schwanger ist. Doch nicht nur Prinzessin Anya leidet unter dem Soldaten, sondern das gesamte Königreich – und es wird noch schlimmer werden, wenn der todkranke König erst verstorben ist und der Soldat das Reich erbt. Erzählt wird die Geschichte aus der Perspektive der jüngsten Prinzessin (Ling), die sich in den vergangenen Jahren nicht nur um ihren Vater und die älteste Schwester gekümmert hat, sondern auch um die verzauberte Welt, in der die Schwestern Nacht für Nacht tanzten. Ich fand Lings Perspektive (und ihre Prioritäten im Leben) wunderbar, ich mochte die märchenhafte und doch erschreckend realistische Atmosphäre dieser Geschichte sehr und ebenso gefiel mir die Lösung, die Y. S. Lee für die Prinzessinnen gefunden hat. Dummerweise hat das dazu geführt, dass ich mir prompt den Debütroman der Autorin („The Agency: A Spy in the House“) auf den Wunschzettel gepackt habe.

3. „Penhallow Amid Passing Things“ von Iona Datt Sharma

Das war eine wunderschöne Geschichte über eine Schmugglerin (Penhallow), den gleichnamigen Ort, für den sie verantwortlich ist, und die Gesetzeshüterin (Trevelyan), die an der Küste Dienst tut – und darüber, dass die beiden Frauen so viel verbinden könnte, wenn sie nicht auf gegensätzlichen Seiten des Gesetzes stünden. „Penhallow Amid Passing Things“ spielt in einem England, in dem die Magie nur noch Legende ist, auch wenn einige von den älteren Leuten immer noch hoffen, dass die Magie eines Tages wieder zurückkommt. Diese Sehnsucht nach Magie und das Gefühl, Unrecht verhindern zu müssen, ist es dann auch, die Penhallow und Trevelyan über ihren Schatten springen lässt und das ist wunderschön (und amüsant) zu verfolgen. Nur gut, dass die Autorin noch keinen Roman geschrieben hat, sonst hätte ich einen weiteren Zugang auf der Wunschliste zu verzeichnen …

4. „Mermaids, Singing“ von Tiffany Trent

Eine wunderschön erzählte Geschichte, die im viktorianischen London spielt und aus zwei Perspektiven erzählt wird. „Mermaids, Singing“ ist voller atmosphärischer Elemente wie dem Chinesischen Viertel und magischer Dinge wie Gestaltwandlern, Einhörnern, Harpyien, Meerjungfrauen und dem dazu passenden unheimlichen Zirkus. Die Bösewichte erinnern mich an Mommy Fortuna zu ihren mächtigsten Zeiten (inklusive passendem Partner), während die Protagonisten (wenn man davon absieht, dass der männliche Part ein Gestaltwandler ist) angenehm normal sind und vor allem aufgrund ihrer guten Zusammenarbeit und der wohlverdienten Unterstützung von höherer Stelle am Ende Erfolg haben. (Und da „The Unnaturalist“ von Tiffany Trent in derselben Welt zu spielen scheint und mir die Charaktere ebenso wie die Erzählweise in dieser Kurzgeschichte so gut gefallen hatten, ist gleich ein weiteres Buch auf die Wunschliste gewandert.)

5. „A Brand New Thing“ von Jenny Moss

So unterschiedlich die Geschichten sind, so sehr mag ich sie doch bislang alle – auch „A Brand New Thing“ von Jenny Moss rund um Eve, die so ganz anders ist als der Rest der Familie (von der ominösen Tante Dorothy mal abgesehen). Eve hat so ihre Eigenarten, deshalb fällt es ihr schwer, eine Arbeit zu unterbrechen, weil sie sie erst beenden muss, bevor sie sie zur Seite legen kann, sie tippt dreimal auf eine Türklinke, bevor sie sie benutzt, und sie versteht den Sinn hinter all den Konventionen der höheren britischen Gesellschaft so gar nicht. Während ihre Familie kurz vor der Hochzeit ihrer Schwester Edith besonders darauf bedacht ist, dass Eve sich nicht immer so schrecklich seltsam verhält, entdeckt zur selben Zeit Eve eine magisch wirkenden Ballsaal unter dem Teich auf dem Anwesen ihres Vaters. Ich habe die Perspektive von Eve so sehr gemochte, ebenso wie ihre Entwicklung im Laufe der Geschichte und die Tatsache, dass der Ballsaal nicht die Lösung für Eves Probleme beinhaltet. Ich würde wirklich gern mehr über Eve und ihr weiteres Schicksal lesen …

6. „Four Revelations from the Rusalka Ball“ von Cassandra Khaw

Vier Enthüllungen über Dinge, die man bei einem Rusalka Ball sehen oder erleben kann. Keine Geschichte, aber kleine, skurrile und magische Dinge, die die Fantasie des Lesers anheizen.

7. „Spellswept“ von Stephanie Burgis

Die Kurzgeschichte Spellswept erzählt davon, wie Amy und Jonathan, die ich schon aus dem Titel „Snowspelled“ kenne, zusammenkamen. In der Welt, die Stephanie Burgis hier entworfen hat, liegt die politische Macht in den Händen der Frauen, während die Männer (als emotionaleres Geschlecht) Magie lernen und mit dieser ihre Frauen bei ihrer Arbeit unterstützen. Für eine junge Frau wie Amy, die ihr Leben lang darauf hingearbeitet hat, eine politische Karriere zu verfolgen, kommt es also überhaupt nicht in Frage, einen Mann wie Jonathan, der über keinerlei magische Ausbildung verfügt, zu heiraten. Während Amy also eigentlich plant, auf dem Frühlingsball ihre Verlobung mit Lord Llewellyn bekanntzugeben, lernt sie im Laufe des Abends, dass es manchmal nötig ist, nicht den traditionellen Weg einzuschlagen, um ein Ziel zu erreichen. So eine süße Liebesgeschichte, voller amüsanter Momente und unglaublich rührender Szenen. Ich mag die Figuren und ich mag die Welt, die Stephanie Burgis da geschaffen hat. (Und im Gegensatz zu „Snowspelled“, das mir viel zu kurz war, fand ich hier die Länge der Geschichte für die Handlung auch passend.)

8. „The River Always Wins“ von Laura Anne Gilman

Ich mochte an dieser Geschichte sehr, dass der „Ballsaal“ dieses Mal ein Punk-Club kurz vor dem Abriss war. Ein Punk-Club voller übernatürlicher Gestalten aus den unterschiedlichsten Mythologien, die zum letzten Mal den Ort besuchen, an dem sie in ihrer Jugend all ihre Aggressionen rauslassen konnten. Dummerweise bringt dieses letzte Mal auch so einige Erinnerungen an frühere Zeiten zurück, die nicht ganz so erinnerungswert sind. Sehr interessante Variante einer Sirene, sehr atmosphärisch erzählte Geschichte und eine tolle Freundschaft zwischen zwei ungewöhnlichen Frauen. (Keine neue Autorin für die Wunschliste, da Laura Anne Gilman da schon länger draufsteht … 😉 )

9. „The Amethyst Deceiver“ von Shveta Thakrar

Eine Geschichte über eine ungewöhnliche symbiotische Gemeinschaft und über die Industrialisierung und ihre Folgen für die Natur. Und auch eine Geschichte über das Leben als Kind eines englischen Vaters und einer indischen Mutter in einem Land, in dem die höhere Gesellschaft diese Mutter und ihre Kinder wohl niemals als ebenbürtig ansehen wird, unabhängig davon, wer ihr Vater ist und wie sie sich benehmen. Sehr schöne fantastische Elemente – ich fand es toll, dass Pilze hier für mehr als nur den klassischen Feenkreis stehen -, starke Erzählstimme, deren Beweggründe und Gefühle mich schnell gepackt haben, und eine wunderbare Wendung am Ende. Ich mag die ungewöhnliche Idee hinter der Geschichte und würde gern mehr über die verschiedenen Pilze lernen.

10. „A Spy in the Deep“ von Patrick Samphire

„A Spy in the Deep“ ist eine Geschichte, die in der „Regency Mars“-Welt des Autors spielt und sich um Harriet George dreht, die mitten in der Ausbildung zur Spionin für die Britisch-Marsianische-Regierung steckt. Um zu beweisen, was sie in den vergangenen Monaten alles gelernt hat, soll Harriet eigenständig (wenn auch unter Aufsicht) eine einfache Mission bewältigen – bei der natürlich alles schiefläuft, was schieflaufen kann. Ich fand die Geschichte sehr unterhaltsam, ich mochte die Charaktere (also die, die auch sympathisch sein sollten) und ich habe es genossen, Harriet bei der Durchführung ihrer Mission zu verfolgen. Zu meiner eigenen Überraschung hatte ich aber erstaunlich große Probleme mit der Vorstellung von einer Britisch-Marsianischen-Gesellschaft, in der es auf der einen Seite im Jahr 1816 Krieg mit Napoleon gibt und auf der anderen Seite der Mars durchgehend besiedelt ist (inklusive einheimischer „Marsianer“, die vor vielen Jahrtausenden von der Erde dorthin ausgewandert waren). Das ist definitiv mein ganz persönliches Problem und liegt nicht an der Erzählweise von Patrick Samphire – die ist so unterhaltsam, dass ich nun um die erste Geschichte rund um Harriet George herumschleiche, weil ich wissen will, was es mit dem „Gläsernen Phantom“ auf sich hat.

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Insgesamt war ich wirklich sehr glücklich mit „The Underwater Ballroom Society“. Es gibt nur selten Anthologien, bei denen ich durchgehend so zufrieden mit den Geschichten bin, mich so gut unterhalten fühle und so viele neue Autoren auf meine Merkliste setze. Die verschiedenen Kurzgeschichten sind wunderbar vielfältig, es gibt ein angenehm diverses Figurenspektrum, sehr viele ungewöhnliche fantastische Grundideen und immer wieder überraschende Wendungen. Das hat mir sehr viel Spaß gemacht!

Stephanie Burgis: Snowspelled (The Harwood Spellbook 1)

„Snowspelled“ ist die aktuellste Veröffentlichung von Stephanie Burgis und eine wirklich wunderbare, unterhaltsame Mischung aus Fantasy und Historical. Die Protagonistin Cassandra Harwood ist die erste Frau, der es in Angland erlaubt wurde, Magie zu studieren. Denn normalerweise beschäftigen sich die adeligen Frauen dieser Gesellschaft mit Politik („It was a truth universally acknowledged that women were the more pragmatic sex; that was why we were expected to run the government, …“), während die Männer mit ihrer Magie die Frauen in ihrer wichtigen Aufgabe nur unterstützen durften („… while men attended to the more mystical and imaginative realm of magic.“). So musste Cassandra sehr dafür kämpfen, dass sie überhaupt diesen Weg gehen durfte und das macht es umso schlimmer, dass sie seit einem selbstverschuldeten Vorfall vor vier Monaten keine Zauber mehr wirken darf, wenn sie nicht ihr Leben riskieren will.

Eine weitere Folge dieses Vorfalls war, dass Cassandra ihre Verlobung mit Mr. Rajaram Wrexham gelöst hat, weil sie der Meinung ist, dass sie ohne ihre Magie keine angemessene Ehefrau für einen der besten Magier Anglands abgeben würde. Denn in ihren Augen bestand ein Großteil ihrer Beziehung auch darin, sich in der Magie zu messen oder gemeinsam große Sprüche wirken zu können, und ohne diese gemeinsamen Aktivitäten muss ihrer Ansicht nach seine Bereitschaft, an der Verlobung festzuhalten, vor allem auf Mitleid basieren. Dass Cassandra Mr. Wraxham trotzdem immer noch liebt, ist für den Leser unübersehbar, aber da sie sich ja nicht für den Rest ihres Lebens in ihrem Zimmer verstecken kann, bringt ihre Schwägerin Amy sie dazu, trotzdem an einer Wochenendgesellschaft teilzunehmen, zu der auch Mr. Wraxham eingeladen wurde. Während Cassandra der Gesellschaft (und Mr. Wraxham) beweisen will, dass ihr Leben weitergeht und sie keinerlei Gefühle mehr für ihren Ex-Verlobten hegt, wird sie von einem Elfenlord überlistet und muss nun innerhalb einer Woche herausfinden, wer den Frieden zwischen den Elfen und den Menschen gefährdet.

Ich mochte die „umgedrehte“ Regency-Welt, die Stephanie Burgis für diese Geschichte geschaffen hat, wirklich gern. Auf der einen Seite sind es die Frauen, die die Politik bestimmen, während die Männer zwar wichtige Zuarbeit leisten, aber nicht wirklich große Entscheidungen fällen dürfen. (Sehr schön war da die Szene, in der die Frauen sich nach dem Essen zurückzogen, um in Ruhe über Politik zu diskutieren, während die Männer erst folgen durften, nachdem ein Dienstmädchen ihnen signalisiert hat, dass die wichtigen Gespräche nun vorbei sind.) Aber die Autorin macht auch an Cassandras Beispiel deutlich, dass eine solch klare Trennung zwischen den Geschlechtern selbst für diejenigen ungut ist, die theoretisch dem einflussreicheren Geschlecht angehören

Dazu kommen noch die vielen kleinen und großen fantastischen Elemente, die von der Existenz der Elfen (und anderer nichtmenschlichen Wesen) zeugen. So werden die Straßen im Auftrag der Elfen von Trollen bewacht (um sicherzugehen, dass die jährliche Steuer für die Benutzung gezahlt wird), und es gibt traditionelle Zeremonien, die gewährleisten sollen, dass die Verträge mit den Elfen eingehalten werden. Es gibt Güter wie Lampen oder Seide, die von den Elfen zu horrenden Preisen bezogen werden, und natürlich die vielen kleinen Dinge, die ein Mensch beachten sollte, um nicht beim Kontakt mit Elfen in eine Falle zu geraten. Letzteres wird Cassandra zum Verhängnis, als sie in einer kritischen Situation ein Versprechen gibt, das anders ausgelegt werden konnte, als sie es beabsichtigt hatte.

Insgesamt beweist Stephanie Burgis in dieser Geschichte wieder, dass sie ein Händchen für glaubwürdige Charaktere hat, die nicht ganz in ihre Zeit und Gesellschaft passen und trotzdem versuchen, ihren Weg zu finden. Dazu gehört nicht nur Cassandra mit ihrer Leidenschaft für Magie, sondern auch ihr Bruder, der sich statt mit Magie mit Geschichte beschäftigt, oder die beiden Damen, die ebenfalls zur Wochenendgesellschaft gehören und einen Weg suchen, um zu heiraten, ohne dass die eine von ihnen auf ihren erhofften Platz in der Boudiccate (Regierung) verzichten muss. Auch Mr. Wrexham, bei dem nur der Vorname und die Tatsache, dass er sich aus eigener Kraft vom Hafenviertel Zugang zum Magiestudium erarbeitet hat, erahnen lassen, dass seine Familie (oder zumindest nicht alle Teile davon) nicht schon seit Jahrhunderten in Angland leben, finde ich mit seinen Stärken und Unsicherheiten stimmig gestaltet.

Ich mochte diese Mischung aus Regency-ähnlichem EAngland, Fantasy und Liebesgeschichte, ich mochte die Figuren und die Tatsache, dass die Autorin ganz selbstverständlich in einen „historischen“ Roman ein gleichgeschlechtliches Paar einbaut (wenn auch unter Bedingungen, die bei einer solch konservativen Gesellschaft erwartbar sind). Doch vor allem mochte ich es, zu verfolgen, wie sich Cassandra im Laufe der Geschichte verändert. Anfangs ist sie nur noch ein Schatten ihrer selbst, weil sie das Gefühl hat, dass sie ohne Magie keinen Wert mehr hat – vor allem, da sie den klassischen Weg für eine Frau der Gesellschaft nicht gehen will. Doch dann entdeckt sie nach und nach, dass es nicht nur einige Dinge gibt, die ihr Leben trotzdem noch lebenswert machen, sondern dass sie auch ohne ihre Magie noch etwas bewirken und ein Ziel für die Zukunft finden kann.

Bei diesen vielen wirklich hübsch gemachten Elementen und Entwicklungen in der Geschichte kam leider das eigentliche Problem (das Versprechen gegenüber dem Elfenlord) etwas zu kurz. So ist mein größter Kritikpunkt am Ende von „Snowspelled“, dass die Geschichte so viel mehr Potenzial gehabt hätte und dass die gerade mal 168 Seiten für meinen Geschmack eindeutig zu kurz waren, um der Handlung und den verschiedenen Figuren, über die ich gern noch mehr erfahren hätte, wirklich gerecht zu werden. Da ich mich aber insgesamt gut amüsiert habe und die Welt und die Charaktere wirklich mochte, freu ich mich jetzt schon, dass es irgendwann im kommenden Jahr eine Fortsetzung zu „Snowspelled“ geben wird.

Stephanie Burgis: The Dragon with a Chocolate Heart

Seitdem mir die „Kat, Incorrigible“-Titel von Stephanie Burgis so gut gefallen haben, folge ich der Autorin auf Twitter und habe dadurch schon vor der Veröffentlichung einiges über ihren neuen Roman „The Dragon with a Chocolate Heart“ erfahren. Diese kleinen Informationen über die Geschichte haben dafür gesorgt, dass ich wirklich ungeduldig auf das Buch gewartet habe – und im Prinzip in dem Moment mit dem Lesen anfing, in dem mir der Fahrradkurier mein Exemplar überreichte. „The Dragon with a Chocolate Heart“ wird aus der Perspektive von Aventurine erzählt, die das jüngste Mitglied einer stolzen Drachenfamilie ist. Bis zu dem Tag, an dem die Geschichte beginnt, hat Aventurine noch keinen Schritt außerhalb der Höhle gemacht, in der ihre Familie lebt, da ihre Schuppen noch weitere 30 bis 100 Jahre Zeit benötigen, um so weit auszuhärten, dass sie fliegen und auf die Jagd gehen kann.

Doch Aventurine ist ungeduldig, sie langweilt sich in der Höhle und kann nicht verstehen, dass ihr älterer Bruder kein Problem mit dieser erzwungenen Untätigkeit hat. Angetrieben von ihrer Ungeduld beschließt Aventurine, dass sie ihrer Familie beweisen muss, dass sie selbstständig genug für ein Leben außerhalb der Höhle ist. Dummerweise endet ihr erster Jagdversuch damit, dass sie sich – verzaubert durch eine magische heiße Schokolade – in der Gestalt eines ungefähr zwölfjährigen Mädchens wiederfindet. Unter diesen Umständen kann sie nicht zurück zu ihrer Drachenfamilie und muss einen Weg finden, wie sie unter Menschen überleben kann – und dann ist da noch diese neuentdeckte Leidenschaft für Schokolade!

Es hat mir so viel Spaß gemacht, Aventurine bei ihren Erlebnissen in der Stadt zu begleiten, und ich mochte ihre Gedanken so sehr. Sie ist nicht dumm und viele Dinge kann sie sich selbst zusammenreimen oder muss nur einmal sehen, wie Menschen damit umgehen, um sich eine Meinung dazu zu bilden. Auf der anderen Seite gibt es sehr viele Elemente im Leben der Menschen, die für ein Drachenmädchen absolut unverständlich sind (unter anderem die Neigung zu eintöniger Kleidung, wo doch prachtvoll gefärbte Schuppen der Stolz eines jeden Drachen sind). Stephanie Burgis hat dabei für meinen Geschmack ein gutes Gleichgewicht gefunden zwischen den für Aventurine akzeptablen und irritierenden Aspekten des menschlichen Lebens und ich mochte es, dass die ungewöhnliche Denkweise des Drachenmädchens immer wieder Ereignisse in Bewegung setzte, die ihre ganze Umgebung aufrüttelten.

„The Dragon with a Chocolate Heart“ ist ein Kinderbuch und dementsprechend einfach ist die Handlung eigentlich gestrickt, aber es gibt so viele wunderbare kleine Szenen rund um die Suche nach einer Tätigkeit, die Aventurine mit Leidenschaft erfüllt, rund um die Herstellung von heißer Schokolade, um die Freundschaft zwischen dem Drachemädchen und ihrer menschlichen Freundin Silke und um die Widersinnigkeit von Standesregeln, Politik und Geschäftsgebaren. Mir sind beim Lesen sehr viele Figuren ans Herz gewachsen und ich muss zugeben, dass ich mir die ganze Zeit vorgestellt habe, was wohl Hayao Miyazaki für einen Film aus dieser Geschichte machen würde. Dieser Roman ist mit seiner wunderbar temperamentvollen und selbstbewussten Protagonistin, den vielen liebevollen Details und der Magie der Schokolade eindeutig eine Wohlfühlgeschichte, die ich bestimmt noch häufiger genießen werde (und das nächste Mal am Besten im Winter mit einer Tasse heißer Schokolade vor der Nase 😉 ).