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Skyla Dawn Cameron: The Killing Beach (Waverly Jones 1)

„The Killing Beach“ von Skyla Dawn Cameron habe ich schon vor ein paar Wochen gelesen und es gibt Elemente an dem Buch, die mich bis heute nicht ganz losgelassen haben. Auf den ersten Blick scheint „The Killing Beach“ ein ganz normaler Thriller zu sein. Die Protagonistin Waverly Jones (ehemals Milton) kommt nach vielen Jahren Abwesenheit zurück in ihre Heimatstadt Port Milton, um dort als Privatdetektivin zu arbeiten. Genau genommen hat eine Reihe von Morden Waverly zurück in ihren Geburtsort gebracht. Die Opfer dieser Morde sind Männer sind, deren äußere Beschreibung die junge Frau an den vor elf Jahren verschwundenen Detective-Sergeant Sebastian Kyle erinnern. Denn diese Mordserie ist nicht die erste, die die kleine Stadt erschüttert: Als Waverly noch eine Teenagerin war, wurden einige junge Mädchen ermordet und Detective-Sergeant Sebastian Kyle hatte vor seinem unerklärlichen Verschwinden die Ermittlungen übernommen.

Da Waverlys gleichaltrige Schwester Meadow vermutlich ebenfalls dem Serienmörder zum Opfer fiel und Waverly schon vor dem Verschwinden ihrer Schwester mit einer Intensität für Sebastian Kyle schwärmte, wie sie nur eine (einsame) Teenagerin aufbringen kann, lässt sie dieser alte Fall natürlich nicht los – womit wir alle Elemente für einen klassischen Thriller hätten. Doch Skyla Dawn Cameron hat mit Waverly eine sehr ungewöhnliche und nicht gerade sympathisch wirkende Figur in den Mittelpunkt ihrer Geschichte gestellt. Ihre Protagonistin ist abweisend und manipulativ, und all die Jahre, die sie in Therapie war, haben weniger dafür gesorgt, dass sich Waverly ein „gesellschaftlich akzeptableres“ Verhalten zugelegt hat, als dass sie sich ihrer Probleme definitiv bewusst ist und deshalb einfach keine Beziehungen zu anderen Menschen eingehen möchte. Dazu kommt, dass das Verschwinden ihrer Schwester Meadow und die Tatsache, dass ihre Leiche nie gefunden wurde, Waverly nachhaltig traumatisiert hatte – was dazu führt, dass sie sich regelmäßig vorstellt, dass ihre Schwester sie begleitet. (Also nicht als Geist, sondern als eine – recht eloquente – Projektion ihres Unterbewusstseins.)

Ich fand es sehr spannend, dass Waverly so gar keine sympathische Figur war und dass ich es trotzdem genossen habe, aus ihrer Perspektive die Handlung zu verfolgen. Skyla Dawn Cameron verzichtet auf reißerische Details rund um die Opfer und die Dinge, die ihnen angetan wurden, und konzentriert sich stattdessen auf die Folgen solcher Verbrechen. Auf die Folgen nicht nur für die Angehörigen und Freunde der Opfer, sondern auch für eine Generation junger Frauen, die mit der Angst vor einem Serienmörder aufwachsen musste, auf all die Bewohner des Ortes, die sich fragen mussten, wer von ihnen wohl der Täter ist und welche Hinweise sie eventuell übersehen, und auf die Ermittler, die mit ihrem Scheitern fertigwerden mussten. Diese Elemente sind es, die bis heute bei mir hängengeblieben sind und die mich auch darüber hinweggetragen haben, dass der Roman in der Mitte ein kleines bisschen langatmig wurde. Ich fand die Geschichte aus Waverlys Perspektive faszinierend zu lesen, und das sorgt – ebenso wie der Cliffhanger am Ende (und die Hoffnung, dass Skyla Dawn Cameron auch bei diesem Punkt nicht den ausgetretenen Pfaden des Genres folgen wird) – dafür, dass ich ziemlich ungeduldig auf den im November erscheinenden zweiten Teil der Reihe warte.

Skyla Dawn Cameron: Livi Talbot 1-3

Nachdem ich in letzter Zeit so viele fantastische Kinder- und Jugendbücher gelesen habe, hatte ich in den vergangen Tagen spontan Lust auf Urban Fantasy. Aber so richtig konnten mich meine schon gelesenen Reihen nicht reizen, und bei den ungelesenen Titeln auf meinem eReader ging es mir ähnlich, bis ich bei „Solomon’s Seal“, dem ersten Livi-Talbot-Roman von Skyla Dawn Cameron, landete. In der Zwischenzeit habe ich nicht nur den zweiten und dritten Band der Reihe („Odin’s Spear“ und „The Emperor’s Tomb“) gelesen, die beide ebenfalls schon auf meinem eReader schlummerten, sondern mir auch den Band 2.5 („Ashford’s Ghost“) gekauft, damit ich den am chronologisch passenden Punkt der Reihe lesen konnte. Die Geschichten drehen sich um Olivia „Livi“ Talbot, die mit 17 von ihrem (einfluss)reichen Vater aus dem Haus geworfen wurde, nachdem sie schwanger geworden war. Ein paar Jahre hat sie sich und ihre Tochter mit Jobs als Kellnerin durchgebracht, bis ihr Bruder Martin – ein anerkannter Archäologe – sie engagierte, um Zutritt zu dem Haus einer ehemaligen Schulkameradin von Livi zu bekommen, wo er ein ungewöhnliches archäologisches Fundstück vermutete.

Dies war Livis erste Berührung mit magischen Artefakten, die aktiviert wurden, als es vor einigen Jahren einen weltweiten „Pulse“ gab. Seitdem verdient sie ihren Lebensunterhalt als Schatzjägerin, die aus den entlegensten Regionen der Welt (oder auch dem einen oder anderem nicht so entlegenem Museum) Artefakte für ihre Auftraggeber besorgt. Die Arbeit ist gefährlich und wenig vorhersehbar, und genau das gefällt Livi, die von sich behauptet, ein Adrenalin-Junkie zu sein. Möglich sind diese Jobs, weil sich während ihre Abwesenheit ihre Mitbewohnerin Pru um Livis Tochter kümmert, während Livis Bruder Martin einer der größten Gefahrenpunkte für ihr Leben geworden ist, weil er keine Hemmungen hat, sie bei ihren Aufträgen mit radikalen Mitteln aufzuhalten oder gar ihre Beute an sich zu bringen. Ein weiteres Problem sind häufig Livis Auftraggeber, die nicht gerade zu den vertrauenswürdigsten Personen gehören – ein Punkt, mit dem sie sich im Laufe der Zeit immer wieder auseinandersetzen muss und der auch für einige Weiterentwicklungen ihres Charakters sorgt.

Ich mochte beim Lesen diese Schatzjäger-Lara-Croft-Elemente sehr, vor allem da es Skyla Dawn Cameron gelingt, die körperlichen Herausforderungen, die zum Beispiel das Erkunden oder Ertauchen von Höhlen, das Bergsteigen auf verschneiten Gipfeln und dergleichen mit sich bringen, sehr realistisch zu beschreiben. So gibt es immer wieder Passagen, in denen Livi ihre Ausrüstung überprüft, in denen erklärt wird, worauf zu achten ist, wenn eine Person längere Zeit in tiefer Dunkelheit unterwegs ist und welche Orientierungslosigkeit das mit sich bringen kann. Dazu kommen noch all die fantastischen Elemente, die in der allgemeinen Welt, in der Livi lebt, gar keine so große Rolle spielen, die aber bei ihren Aufträgen einen großen Einfluss auf ihr Überleben haben können. So begegnet sie ungewöhnlichen (oder als verstorben geltenden) Tieren ebenso wie zum Beispiel Gestaltwandlern oder einem Dschinn, und ich muss zugeben, dass mich die Autorin hier immer wieder überraschend konnte, was beim Lesen viel Spaß gemacht hat.

Noch ein Punkt, der mir wirklich viel Freude bereitet hat, war, dass Skyla Dawn Cameron bei Livis Abenteuern nicht nur das Erreichen das Ziels, sondern auch immer den Rückweg im Auge hatte. Das ist etwas, was ich bei „Abenteuerfilmen“ oft schrecklich nervig finde, wenn die Charaktere Dutzende Hinternisse überwinden müssen, um ihren „Schatz“ zu finden, der Heimweg aber am Ende gar kein Thema ist, obwohl die Figuren auf ihrem Hinweg alles in Schutt und Asche gelegt haben. Bei den Livi-Talbot-Romanen hingegen steht von Anfang an fest, dass jede eingestürzte Höhle, jede aktivierte Falle, jedes fantastische Wesen, an dem sie sich mit Mühe und Not vorbeischleichen konnte, auf dem Rückweg ein Problem darstellt, das bewältigt werden muss. Es reicht nicht, ein gesuchtes Artefakt in die Hände zu bekommen, sie muss es auch schaffen, heil mit ihrem Schatz wieder nach Hause zu kommen – und das ist manchmal der richtig herausfordernde Teil ihres Jobs.

Der einzige Grund, warum ich mir noch nicht die restlichen drei bislang erschienenen Romane der Reihe angeschafft habe, ist, dass in den Klappentexten zu den kommenden Bänden Punkte erwähnt werden, die ich nicht so gerne lese. (Ganz ehrlich, sag mir, dass die Protagonistin betrogen/verraten wird oder einen großen Verlust erleidet und schon habe ich keine Lust mehr auf die Geschichte …) Auf der anderen Seite hat Skyla Dawn Cameron in den bislang von mir gelesenen Teilen jedes Mal nach ca. einem Drittel der Handlung etwas eingebaut, das mich zumindest bei den ersten beiden Bänden fast dazu gebracht hätte, die Lektüre abzubrechen, was sie dann aber so gedreht hat, dass mir die Geschichte am Ende wirklich Spaß gemacht hat. Außerdem mag ich die Figuren rund um Livi und ihre Hintergründe (ich muss nur ignorieren, dass Zeit in diesen Büchern etwas flexibler gehandhabt wird, was es z.B. Livi ermöglich hat, sich in gerade mal vier Jahren von einer misshandelten Kellnerin in eine weltberühmte Schatzjägerin und Höhlenexpertin zu verwandeln 😉 ) und ich wüsste gern, wie es für die Charaktere in Zukunft weitergeht.

Charlotte MacLeod: Madoc and Janet Rhys 5 – The Wrong Rite (Hörbuch)

„The Wrong Rite“ von Charlotte MacLeod ist die letzte Geschichte rund um Madoc und Janet Rhys. Inzwischen sind die beiden seit sechs Jahren verheiratet und haben eine acht Monate alte Tochter, die mitkommen durfte, als Janet und Madoc nach Wales fliegen, um den 90sten Geburtstag von Madocs Großonkel Sir Caradoc Rhys zu feiern. Während Janet sich etwas erschlagen von all den angeheirateten Verwandten fühlt, die sich zur Geburtstagsfeier versammeln, muss sich Madoc mit der Frage auseinandersetzen, wer in der alten Kapelle auf dem Anwesen ein Schaf geopfert haben könnte und was es mit dem Geist eines Druiden auf sich hat, der im Herrenhaus zu spuken scheint. Nachdem Madocs Verwandtschaft den Tod des Schafes noch zugunsten einer harmonischen Geburtstagsfeier vertuschen kann, kommt es am Abend des Festes zu einem ungewöhnlichen Todesfall, bei dem die örtliche Polizei nur zu gern den Mountie Madoc Rhys als zusätzlichen Ermittler heranzieht.

Wie so oft in ihren Romanen konzentriert sich Charlotte MacLeod auch in „The Wrong Rite“ erst einmal darauf, die beteiligten Personen – in diesem Fall Madocs walisische Familie – und die Umgebung näher vorzustellen. Insgesamt scheint der walisische Teil der Familie Rhys ein kunterbunter und sympathischer Haufen zu sein, auch wenn es natürlich – wie es sich nun einmal für Familienfeiern gehört – Personen gibt, die die Geduld der Anwesenden über das tolerierbare Maß strapazieren. Ich mochte an diesem speziellen Fall, dass Madoc theoretisch mit allen Beteiligten vertraut ist, sich aber im Laufe der Ermittlungen eingestehen muss, dass gemeinsame Kindheitserinnerungen und regelmäßig Treffen bei Familienfeiern nicht ausreichen, um einen Menschen wirklich gut zu kennen.

Wie immer bei einer Charlotte-McLeod-Geschichte habe ich den Humor und die vielen kleinen Szenen, in denen man die verschiedenen Charaktere besser kennenlernt, bei „The Wrong Rite“ sehr genossen. Obwohl sich der Anfang etwas hingezogen hat, weil dieses Mal nicht nur der Leser, sondern auch Janet Rhys all die Personen neu kennenlernte und es deshalb relativ viele erklärende Passagen in der Geschichte gab, habe ich auch diesen relativ langsamen Einstieg gemocht. Für mich reichten die diversen treffenden und nicht selten spitzen Bemerkungen während dieser erklärenden Absätze, um mich gut zu amüsieren und neugierig auf weitere Figuren und Szenen zu bleiben. Am Ende gibt es noch die eine oder andere unvorhersehbare Wendung in der Handlung, bis der Fall zufriedenstellend gelöst und alle Probleme der Beteiligten (natürlich von den Übeltätern abgesehen) beseitigt sind.

William Dufris hat auch dieses Hörbuch in seiner gewohnten Qualität gelesen. Ich musste mich ja beim ersten Hörbuch erst einmal an diesen Sprecher gewöhnen, bin aber inzwischen eigentlich sehr zufrieden mit seiner Art, eine Geschichte zu lesen. Allerdings muss ich schon anmerken, dass es bei „The Wrong Rite“ stellenweise überraschend schwierig, war die ganzen walisischen Rhys-Männer auseinanderzuhalten, weil der Sprecher sie alle (natürlich) mit demselben walisischen Akzent und der selben sanften Stimmlage ausgestattet hat. Was mich mal wieder sehr froh darüber sein ließ, dass Charlotte MacLeod oft genug die Namen der jeweiligen Personen einfließen ließ, dass ich trotzdem den Überblick bei den Dialogen behielt. Ich nehme nur ungern Abschied von Janet und Madoc Rhys, da ich die beiden Protagonisten und ihr Umfeld wirklich gern mag. Auf der anderen Seite bin ich nun auch neugierig auf die letzten mir noch unbekannten Geschichten von Charlotte MacLeod – mal schauen, wann es zeitlich klappt, dass ich mich auf die Ereignisse rund um den „Grub and Stakers“-Gartenclub einlassen kann.

Vicki Grant: 36 Fragen an dich

Ich weiß nicht mehr, wo ich über „36 Fragen an dich“ von Vicki Grant gestolpert bin. Ich weiß aber noch, dass ich das Buch nach dem Lesen einer Rezension spontan in der Bibliothek vorgemerkt hatte, in der Hoffnung, dass mir da eine „nette“ Geschichte erzählt wird. Die Grundidee basiert auf einem Experiment mit dem Titel „The Experimental Generation of Interpersonal Closeness: A Procedure and Some Preliminary Findings“, das von Arthur Aron entwickelt wurde und davon ausgeht, dass es möglich ist, dass sich zwei Menschen sehr nahe zu kommen (bzw. sich verlieben), wenn diese zwei Menschen einander 36 vorgegebene Fragen so ehrlich wie möglich gegenseitig beantworten. Wer mehr dazu wissen will, kann gern einmal online nach dem Experiment suchen, da findet man in diversen Artikeln auch alle Fragen und Details zum Experimentaufbau aufgeführt.

In „36 Fragen an dich“ erzählt Vicki Grant nun die Geschichte zweier fiktiver Experimentteilnehmer, die von ihrer Art und Herkunft unterschiedlicher nicht sein könnten. Hildy (eigentlicht Hilda, aber den Namen mag sie nicht) kommt aus einem Akademikerhaushalt, hat lauter musische Extrafächer belegt, wirft mit Fremdwörtern um sich und versucht, sich jederzeit korrekt zu verhalten. Paul hingegen hat die Schule vorzeitig abgebrochen, wirkt geldgierig (die Geldprämie ist der einzige Grund, warum er an der Studie teilnimmt) und abweisend und macht sich regelmäßig über Hildys Gedanken und Gefühle lustig. Aber natürlich hat jeder der beiden Probleme und deutlich mehr Tiefgang, als man auf den ersten Blick annehmen soll, und je besser sie sich kennenlernen, desto mehr mögen sie sich.

Ich hatte gar keine so großen Erwartungen an die Geschichte gesetzt, wollte nur eine nette und unterhaltsame Lektüre für einen viel zu heißen Nachmittag und dann habe ich mich beim Lesen ständig geärgert. Vicki Grant nimmt zwei klischeeüberfrachtete Achtzehnjährige, garniert Hildys Leben mit einem besten schwulen Freund und einer Freundin, deren einzige Charakterisierung darin besteht, dass sie 1. bei einem Cafébesuch nur ein halbes Croissant isst und 2. in einen Straßenmusiker verknallt ist, und mischt das Ganze noch mit zwei von Anfang an vorhersehbaren Dramen im Leben der Protagonisten. Für mich war die Geschichte zu absehbar, zu sehr künstlich gestreckt durch die 36 Fragen (das gegenseitige Kennenlernen habe ich in anderen Romanen schon deutlich glaubwürdiger und unterhaltsamer gelesen) und die Hälfte der Zeit hätte ich Hildy gern aus den unterschiedlichsten Gründen heraus geschüttelt.

Einer der Gründe ist, dass sie ständig Paul berichtigt, seine Rechtschreibung verbessert und darauf besteht, dass er nicht flucht, dass sie aber – trotz all ihrer „politisch korrekten“ Verhaltensweise – seine abweisende und verschlossene Art als „maskulin“ bezeichnet, während er auf einmal – laut ihrer Wortwahl – seine „feminine Seite“ zeigt, wenn er über Gefühle redet. Eine junge Frau, die sich mit allen möglichen Themen auseinandersetzt, die sich angeblich für diverse gute Zwecke einsetzt und die einen „schwulen besten Freund“ hat, sollte meiner Meinung nach schon mal darüber nachgedacht haben, dass dieses Schubladendenken von den „emotionalen Frauen“ und den „zurückhaltenden, introvertierten“ Männern gefährlicher und schädlicher ist als ein spontanes Schimpfwort. Aber Hildy wiederholt trotz ihres Beteuerns, wie wichtig ihr die Rolle der Frau und Feminismus sei, regelmäßig ihre ungute Wortwahl, und sie findet Pauls „maskuline Art“ total cool, obwohl sie doch sonst angeblich so ein aufmerksamer und nachdenklicher Mensch ist.

Paul selbst ist als Figur ganz in Ordnung (was auch daran liegt, dass man von ihm nur seine Dialoge mit Hildy mitbekommt) und ich mochte die kleinen Zeichnungen, die immer wieder im Buch zu finden waren, weil Paul bei Gesprächen nebenbei „kritzelt“, um seine Stimmung und seine Gedanken auszudrücken. Auch die letzten Kapitel waren eigentlich nett zu lesen inklusive des großen Missverständnisses und der daraus folgenden Bemühungen Hildys, alles wieder gutzumachen. Aber ich muss zugeben, dass ich an diesem Punkt schon so grummelig wegen der klischeeüberfrachteten Handlung und der Vorhersehbarkeit all der „überraschenden“ Wendungen und Enthüllungen war, dass ich mich darauf gar nicht mehr einlassen konnte. Mir ist bewusst, dass ich bei einem Jugendbuch nicht zur eigentlichen Zielgruppe gehöre, aber das ändert nichts daran, dass ich mir bei einer solchen Geschichte eine sympathische Erzählstimme, amüsante Dialoge oder zumindest die eine oder andere überraschende Wendung wünsche.

Charlotte MacLeod: Madoc und Janet Rhys 4 – Trouble in the Brasses (Hörbuch)

„Trouble in the Brasses“, das vierte Hörbuch rund um „Madoc und Janet Rhys“, muss leider ohne Janets Beteiligung auskommen, da diese gerade ihre Schwägerin zu Besuch hat, als Madoc von seinen Eltern zur Hilfe gerufen wird. Der berühmte Konzertmeister und seine ebenso berühmte Frau sind seit Wochen mit einem klassischen Orchester auf Tournee und beunruhigt, weil irgendetwas mit den Blechbläsern nicht in Ordnung ist und sie nicht herausfinden, was das sein könnte. Als Madoc beim Orchester eintrifft, kann er nur noch hilflos zusehen, wie einer der Musiker tot umfällt. Da anfangs davon ausgegangen wird, dass der Mann eines natürlichen Todes starb, darf das Orchester seine Reise zum nächsten Auftrittsort antreten – nur um unterwegs von einem Sturm überrascht zu werden und mit dem Flugzeug notlanden zu müssen.

Für Madoc bringt der Fall dieses Mal besondere Herausforderungen mit sich, da er nicht nur herausfinden muss, was mit dem verstorbenen Musiker passiert ist (und ob jemand ihn ermordet haben könnte), sondern auch von seinen Eltern mit der Versorgung des mitten in der kanadischen Wildnis gestrandeten Orchesters beauftragt wird. Auch wenn ich mich wiederhole: Charlotte MacLeod trifft meinen Humor mit ihren Geschichten jedes Mal wieder. Ich habe mich wunderbar amüsiert, während ich davon gelesen habe, wie all die Musiker sich wie egoistische kleine Raupen von Madoc versorgen ließen, wie er versucht, irgendwie die Dynamik zwischen all diesen Künstlern zu durchschauen, und wie sich das Verhältnis zwischen ihm und seinen Eltern gestaltet. Dass dieses Verhältnis trotz aller Zuneigung nicht so einfach ist, konnte man schon in den vorhergehenden Bänden der Reihe mitbekommen, schließlich ist es für eine so musikalische Familie doch sehr seltsam, einen so aus der Art schlagenden Sohn zu haben.

Natürlich stellt die Autorin die verschiedenen Figuren überspitzt dar, aber sie geht nie so weit, dass man die Figuren als unglaubwürdig empfindet. Die Orchester-Musiker stehen sich in gewisser Weise sehr nahe, da sie bei der Arbeit (und den damit verbundenen Reisen) sehr viel Zeit miteinander verbringen, aber auf der anderen Seite haben die meisten von ihnen auch ein privates Leben, das wenig mit ihrer Musikerkarriere zu tun hat. Dazu kommen Madoc, der zwar in einem Musiker-Haushalt aufgewachsen ist, aber eher mit amüsiertem Unverständnis auf dieses Leben reagiert, die beiden Piloten des Flugzeugs und der eine oder andere exzentrische Bewohner der kanadischen Wildnis – und schon ergeben sich so viele unterhaltsame Szenen, dass ich beim Hören ständig vor mich hingeschmunzelt habe. Neben all den humorvollen Elementen gehen die Mordermittlungen ein wenig unter, aber trotzdem gelingt es Charlotte MacLeod, den Fall am Ende stimmig von Madoc lösen zu lassen.

William Dufris leistet auch bei diesem Hörbuch wieder gute Arbeit (zu meinen Glück gibt es in dieser Geschichte recht wenige Personen, deren Passagen im Dialekt gelesen wurden, was für mich ja immer noch eine Herausforderung darstellt). Das einzige, was ich zu beklagen habe, ist, dass ich nun nur noch ein einziges ungehörtes Hörbuch vor mir habe, in dem Janet und Madoc eine Rolle spielen. Immerhin gibt es noch die vier „Dittany Henbit and Osbert Monk“-Hörbücher von Charlotte MacLeod, die ich auch noch nicht kenne. Eine paar unterhaltsame Hörbuchstunden mit dem typischen Humor der Autorin und einer mir unbekannten Geschichte habe ich also hoffentlich noch vor mir liegen.

Charlotte MacLeod: Madoc and Janet Rhys 3 – A Dismal Thing to Do (Hörbuch)

„A Dismal Thing to Do“ ist der dritte Band rund um Madoc und Janet Rhys von Charlotte MacLeod. Dieses Mal beginnt die Geschichte kurz nach der Hochzeit der beiden Protagonisten, während Janet mit ihrem neuen Auto unterwegs ist, um einen Waschtisch für ihr neues Haus aufzutreiben. Da sich ihre Schwiegermutter für einen Kurzbesuch angekündigt hat, ist es Janet sehr wichtig, das Gästezimmer so schnell wie möglich perfekt eingerichtet zu haben. Dieses Anliegen ist für sie so bedeutsam, dass sie sich trotz einer dicken Schneedecke und der eher unverständlichen Wegbeschreibung ihrer neuen Nachbarin auf den Weg zu einer Scheune macht, wo ein solcher alter Waschtisch zu finden sein soll. Doch statt heil mit ihrer Beute heimzukommen, beobachtet Janet auf einer kleinen Straße, wie vor ihr eine Art Umzugswagen aus dem Gleichgewicht gerät und umkippt.

Die Schneemassen am Straßenrand verhindern, dass sie problemlos zum Führerhaus des Wagens kommen kann, und so sucht sie in einer Scheune neben der Straße nach einer Leiter oder einem anderen Hilfsmittel, das ihr über die Schneewehen hinweghelfen kann. Noch bevor sie fündig wird, hört Janet von draußen eine Explosion und die Scheune bricht über ihr zusammen. Madoc hingegen freut sich zu Beginn der Geschichte auf ein paar Urlaubstage. Seitdem er Janet im vergangenen Jahr begegnet ist, konnten sie – trotz ihrer Heirat – nicht einmal ein paar geruhsame gemeinsame Tage miteinander verbringen, da seine Arbeit als Mountie immer wieder dazwischenkam. Doch nun sind alle aktuellen Fälle abgearbeitet und Madoc ist wild entschlossen, sich in der kommenden Woche ausschließlich auf seine Frau zu konzentrieren. Als er jedoch nach Hause kommt, fehlt von Janet jede Spur, und wenig später erhält er einen Anruf von den Kollegen, die ihm mitteilen, dass der Wagen seiner Frau unverschlossen mit all ihren Papieren darin gefunden wurde.

So dramatisch meine Inhaltsbeschreibung sich vielleicht auch anhören mag, so unterhaltsam entwickelt sich die weitere Handlung. Selbst bei den Szenen, bei denen Janet wirklich in Gefahr schwebt, gelingt es Charlotte MacLeod immer wieder, humorvolle Elemente einzubauen, die mich zum Schmunzel gebracht haben. Mir liegt der Humor der Autorin aber auch wirklich sehr, vor allem, da mir ihre Charaktere und deren Handlungen – trotz der einen oder anderen Übertreibung – immer stimmig und realistisch vorkommen. Kurz nach Janets „Unfall“ führt eine Spur Madoc nach Pitcherville (Janets Heimatort), so dass die Geschichte vor allem von dem sehr abgeschiedenen Leben in der ländlichen Gemeinde und den etwas eigenbrötlerischen Personen bestimmt wird, die man schon in „A Pint of Murder“ kennengelernt hat. Ich mag die liebevolle Art, mit der Charlotte MacLeod mit den verschiedenen Charakteren umgeht, ich mag die amüsanten kleinen Szenen, die häufig darauf beruhen, dass die Figuren die diversen Macken ihrer Nachbarn nur allzu gut kennen, und ich mag es, dass die Autorin immer wieder neue Wendungen in ihre Kriminalfälle einbaut, die dafür sorgen, dass selbst ein größerer Fall seinen Platz in einer kleinen Ortschaft wie Pitcherville findet.

Auch habe ich mich ja inzwischen gut an William Dufris‘ Art zu lesen gewöhnt und mag sogar sehr, wie individuell er die verschiedenen Figuren darstellt. Ich muss aber auch zugeben, dass ich, sobald er in Dialekt verfällt – und das ist bei dieser Geschichte dank der vielen Landwirte, Schrotthändler und Handwerker, die zu Wort kommen, sehr häufig der Fall – vollkommen aufgeschmissen bin und nur noch aus dem Zusammenhang erraten kann, was gesprochen wird. Zum Glück lässt sie Madoc immer wieder das Ermittelte durchdenken oder er teilt anderen Leuten seine Erkenntnisse mit, so dass ich der Handlung trotzdem gut folgen konnte. Dennoch ist das für mich weiterhin das größte Problem, wenn ich englische Hörbücher höre. Bei einem Buch kann ich mir Zeit nehmen, um den Klang der Dialoge auf mich wirken zu lassen, so dass ich noch genügend von den Worten mitbekomme, um den Inhalt zu begreifen. Bei gesprochenem Dialakt hingegen stoße ich immer noch ganz schnell an meine Grenzen.

Charlotte MacLeod: Madoc and Janet Rhys 2 – Murder Goes Mumming (Hörbuch)

„Murder Goes Mumming“ ist der zweite Band der „Madoc and Janet Rhys“-Serie von Charlotte MacLeod (veröffentlicht unter dem Pseudonym Alisa Craig) und hier führt die Geschichte Janet Wadman und Madoc Rhys in ein abgeschiedenes Haus an der kanadischen Küste. Seit den Ereignisse in „A Pint of Murder“ sind nur wenige Monate vergangen, aber Janet und Madoc haben sich in der Zwischenzeit gut genug kennengelernt, dass der Mountie sich sicher ist, dass er in Janet die Frau fürs Leben gefunden hat. Doch noch bevor er ihr einen Heiratsantrag machen kann, prescht schon seine Mutter (eine weltberühmte Opernsängerin. die wegen eines Auftritts gerade in der Nähe ist,) vor, da sie ihren Sohn verlobt sehen will, bevor sie wieder abreisen muss. So kommt es dazu, dass sich Janet und Madoc wenige Tage vor Weihnachten für alle Beteiligten überraschend verloben und nun vor der Frage stehen, wo sie die Feiertage gemeinsam verbringen können. Zum Glück werden die beiden von „Squire“ Condrycke, einem Bekannten von Madocs Mutter, eingeladen, Weihnachten mit ihm und seiner Familie in einem abgelegenen Haus an der Küste zu verbringen.

Für Madoc, der von seinen Gastgeber aufgrund der Berühmtheit seiner Mutter besondere Aufmerksamkeit erfährt (obwohl er seltsamerweise irgendwie für die Regierung arbeitet, statt ebenfalls Künstler zu sein), wird dieser Aufenthalt unerwartet herausfordernd, als sich herausstellt, dass Janets Ex-Freund ebenfalls anwesend sein wird. Zusätzlich trübt noch der unerwartete Tod der alten Mrs. Condrycke (Squires Schwiegermutter) die weihnachtliche Stimmung – vor allem, da Madoc Beweise dafür findet, dass die alte Dame keines natürlichen Todes gestorben ist. Durch einen Schneesturm vom Rest der Welt abgeschnitten verbringen Janet und Madoc also die Weihnachtstage mit einer Leiche, einer etwas exzentrischen Familie (inklusive einer alten Tante mit übernatürlichen Fähigkeiten) und einem walisischen Butler mit nicht ganz sauberer Weste, während sie herauszufinden versuchen, wer ein Motiv hatte, Mrs. Condrycke zu töten.

Auch wenn Charlotte MacLeod ihre Krimis immer in relativ kleinen Gemeinschaften spielen lässt, so ist dies doch die erste Geschichte (wenn ich mich recht erinnere), in der die Autorin auf die klassische Hausgesellschaft, die durch Wetterbedingungen von der Außenwelt abgeschnitten wurde, zurückgreift. Ich habe die Geschichte wirklich gern gehört und mich so langsam auch an den Sprecher William Dufris gewöhnt. Ich mochte es, wie Janet und Madoc miteinander umgingen – gerade weil ihre Situation durch das Eingreifen von Madocs Mutter doch etwas ungewöhnlich ist – und wie sie gemeinsam auf der Suche nach dem Mörder sind, ohne dass Janet dabei wagemutiger vorgeht, als es für ihren Charakter angemessen wäre, während Madoc – trotz aller Bemühungen, sie zu beschützen – immer wieder einsehen muss, dass seine Verlobte ganz gut auf sich selbst aufpassen kann. Wie immer habe ich auch all die kleinen amüsanten Momente genossen, die Charlotte MacLeod in ihre Geschichten einbaut. Der Humor dieser Autorin liegt mir wirklich, ebenso wie ich es mag, dass sie sich bei ihren Krimis auf Charaktere konzentriert, die trotz diverser Eigenheiten und der einen oder anderen Übertreibung überraschend realistisch wirken.

So macht auch bei „Murder Goes Mumming“ vor allem die Interaktion der verschiedenen Condryckes untereinander einen besonders großen Reiz der Geschichte aus, ebenso wie Janets und Madocs Reaktion auf diese Familie und ihre ganz eigenen Weihnachtsgebräuche. Wobei ich betonen muss, dass auch die Auflösung dieses Mal nicht ganz so offensichtlich war wie bei „A Pint of Murder“. Dass der Täter beim ersten Teil relativ leicht erahnbar war, hatte mich zwar nicht gestört, aber es war nett, dass ich beim Hören der Fortsetzung etwas mehr mitraten konnte. Ich freu mich jetzt schon auf das nächste Madoc-und-Janet-Rhys-Hörbuch, auch wenn ich vermutlich vor dem Weiterhören erst einmal etwas anderes auf den Player packen werden. Schließlich will ich mir die wenigen Geschichten, die ich von Charlotte MacLeod noch neu zu entdecken habe, noch ein bisschen einteilen.

Charlotte MacLeod: Madoc und Janet Rhys 1 – A Pint of Murder (Hörbuch)

„A Pint of Murder“ von Charlotte MacLeod ist der erste Teil der „Madoc und Janet Rhys“-Krimis, die die Autorin unter dem Pseudonym „Alisa Craig“ verfasste. Ich muss gestehen, dass ich eine Weile um dieses Hörbuch herumgeschlichen bin, weil ich die Hörprobe dank des Sprechers William Dufris nicht so verlockend fand. Da mir aber diese Romane in meiner Charlotte-MacLeod-Sammlung fehlen und die Hörbücher die günstigste Variante sind, um an die Geschichten zu kommen, habe ich in den letzten Wochen dann doch zugeschlagen.

Die Handlung beginnt – wie so oft bei einem Charlotte-MacLeod-Krimi – mit einem relativ harmlos wirkenden Todesfall. Die alte Agatha Treadway wird tot auf ihrem Küchenfußboden aufgefunden, nachdem sie anscheinend durch eine unsachgemäß eingemachte Portion Brechbohnen vergiftet wurde. Ihre Nachbarin Janet Wadman hätte den Vorfall als Unfall abgetan, wenn sie nicht genau gewusst hätte, dass Agatha Treadway mehr als vorsichtig beim Einmachen war. Die alte Dame lebte nicht nur schon seit mehreren Jahrzehnten als Selbstversorgerin, nachdem ihr Mann durch eine Lebensmittelvergiftung gestorben war, sie erlaubte auch niemandem, ihr beim Einmachen, Kochen und Backen zu helfen, weil sie sichergehen wollte, dass die Lebensmittel auch korrekt verarbeitet wurden. Als Janet dann noch im Keller der Verstorbenen ein Glas mit Schnibbelbohnen findet, obwohl ihrer Nachbarin immer nur Brechbohnen eingekocht hat, ist sie sich sicher, dass Agatha ermordet wurde. Als es dann noch zu einem weiteren verdächtigen Todesfall kommt, wird Detective Inspector Madoc Rhys von den Mounties herangezogen, um in dieser Angelegenheit zu ermitteln. Er muss schnell feststellen, dass es erstaunlich viele Verdächtige gibt.

Erzählt wird die Geschichte aus den Perspektiven von Janet Wadman und Madoc Rhys und so bekommt man als Leser sowohl die Ansichten einer Person, die mit all den potenziellen Verdächtigen sehr vertraut ist, als auch die eines Außenstehenden, was ich persönlich sehr unterhaltsam fand. Gerade bei Janets Passagen schwingt immer mit, dass man in einer so kleinen ländlichen Gemeinde die Eigenheiten und Macken der Nachbarn sehr gut kennt und gelernt hat, damit umzugehen. So hat Janet auch keine Probleme, die Verwandtschaft ihrer verstorbenen Nachbarin – unabhängig davon, ob ihr jemand sympathisch ist oder nicht – durchgehend verdächtig zu finden und sich darüber Gedanken zu machen, welche Beweggründe jeder für einen Mord an Agatha Treadway gehabt haben könnte. Auch wenn es etwas sehr offensichtlich war, wer die Morde begangen hat, so habe ich es genossen, den Gedankengängen von Janet und Madoc zu folgen und mich wunderbar über all die kleinen humorvollen Szenen amüsiert, die einfach zu einem Charlotte-MacLeod-Roman gehören. „A Pint of Murder“ ist ein gemütlicher Krimi, bei dem der Schwerpunkt eher auf den verschiedenen Charakteren und ihrer Beziehung zueinander liegt als auf der Jagd nach dem Täter. Solch eine Herangehensweise bei einem Krimi mag ich ganz besonders gern, vor allem, wenn eine Autorin so ein gutes Händchen für die Darstellung der verschiedenen Figuren hat und einem als Leser die erzählenden Personen so sympathisch sind.

Leider bin ich mit dem Sprecher William Dufris nicht so glücklich gewesen. Er hat zwar grundsätzlich eine angenehme Stimme, aber seine Betonung des Textes hat es mir stellenweise schwierig gemacht, ihn zu verstehen. Eigentlich dachte ich, dass mein Hörverständnis bei englischsprachigen Hörbüchern inzwischen recht gut wäre, und ich konnte der Handlung auch gut genug folgen, um die Details zu genießen, aber ich habe erschreckend oft einzelne Wörter nicht verstanden oder hatte stellenweise aufgrund der Betonung Mühe, einem Satz zu folgen. (Sehr schön war der Moment, an dem mir aufging, dass die eine Person keine „ducks“, sondern „dogs“ züchtete – mich hatte es nämlich irritiert, dass das Gespräch ständig zwischen Geflügel und Welpen wechselte.) Solche Probleme hatte ich weniger bei den Textpassagen, die im Dialekt geschrieben wurden, wo ich es ja noch verstanden hätte, sondern vor allem bei normalen Dialogen. Auch fand ich die unterschiedlichen Stimmlagen, die William Dufris für die verschiedenen Frauenfiguren verwendete, in der Regel eher unangenehm statt unterhaltsam, auch wenn ich ihm zugestehen muss, dass man so die verschiedenen Figuren gut auseinanderhalten konnte. Da mir die Geschichte insgesamt aber Spaß gemacht hat, werde ich mir trotz des Sprechers auch die vier anderen „Janet und Madoc Rhys“-Hörbücher anhören – und wer weiß, vielleicht gewöhne ich mich ja irgendwann an William Dufris‘ Art, einen Text vorzulesen.

Emma Hooper: Etta und Otto und Russell und James

„Etta und Otto und Russell und James“ von Emma Hooper ist eine Zufallsentdeckung in der Bibliothek gewesen. Eigentlich hatte ich den Roman nur in die Hand genommen, um herauszufinden, ob er ein Jugendbuch ist oder nicht, da ich das Cover in der Beziehung etwas verwirrend fand – und dann bin ich nach dem ersten kurzem Anlesen hängen geblieben. Die Geschichte wird von der Autorin in einer ungewöhnlichen Form erzählt, so springt sie nicht nur von Perspektive zu Perspektive, sondern auch in der Zeit. Dabei verwendet sie eine stellenweise sehr schlichte und dann wieder überraschend poetische Sprache und lässt viele Elemente der Handlung ohne weitere Erklärung im Raum stehen, damit der Leser sich selbst ein Bild von den Ereignissen und den Figuren machen kann.

Der Roman beginnt damit, dass sich die 83jährige Etta auf den Weg zum Meer macht. Ihrem Ehemann Otto hinterlässt sie einen Brief, in dem sie ihn von ihrer Absicht unterrichtet, einen Stapel mit Rezeptkarten, damit er sich in ihrer Abwesenheit etwas kochen kann, und den Laster, während sie die über 3000 Kilometer bis zum Meer zu Fuß gehen will. Kurz überlegt Otto, ob er ihr hinterherfahren soll, beschließt dann aber, dass er Etta ihren Wille lassen wird. Vor vielen Jahren war er es, der wegfuhr und sie allein zurückließ, nun ist er an der Reihe, auf sie zu warten. Ihr Nachbar Russell hingegen kann nicht verstehen, dass Otto Etta einfach ziehen lässt. Deshalb verlässt er zum ersten Mal, seitdem er sie als junger Mann übernommen hat, seine Farm, um sich auf die Suche nach Etta zu machen.

Emma Hooper erzählt die Geschichte vor allem aus Ettas und Ottos Perspektive, wobei Russell in ihrer beider Leben immer eine große Rolle spielte. So erfährt man als Leser in kleinen und größeren Bruchstücken, wie die Kindheit der drei Personen war, wie sie aufwuchsen, wie der zweite Weltkrieg ihr Leben beeinflusste, wie Liebe und Freundschaft ihr Leben prägten und wie sich ihr Verhältnis im Laufe der Zeit immer wieder verändert hat und doch eine feste Konstante in ihrem Leben darstellte. Sehr schön gelingt es der Autorin dabei, zu zeigen, wie Etta inzwischen von Demenz beeinflusst wird. Sie erlebt auf ihrer Wanderung gute und schlechte Tage, Momente, in denen sie anderen Ratschläge geben kann und in denen sie mühelos für sich selbst sorgt, und dann wieder Phasen, in denen sie nicht mehr weiß, wer sie ist und in denen die Erlebnisse, von denen Otto ihr erzählt hat, ihre eigenen Erinnerungen überlagern. Außerdem gibt es da den Kojoten James, dem sie während ihrer Wanderung begegnet und mit dem sie im Laufe der Tage intensive Gespräche führt. Etwas gewöhnungsbedürftig ist es dabei schon, dass der Kojote Etta antwortet – interpretieren kann der Leser dabei diese Dialoge, wie er will, da die Autorin keine Erklärung für James anbietet.

Die Kindheitserinnerungen von Otto und Russell sind geprägt von den Härten der Natur in Saskatchewan, wo eine Trockenperiode dazu führte, dass die Landwirtschaft brachlag und viele ihre Farmen in den 1930er Jahren aufgeben mussten. So ist Ottos Familie arm und kinderreich, und er und seine Geschwister wechseln sich mit dem Schulbesuch ab, damit immer genügend Kinder zuhause sind, um die anfallende Arbeit zu verrichten. Doch trotz aller Herausforderungen scheint es eine glückliche Kindheit gewesen zu sein, in der man sich umeinander kümmerte, trotz all der Verpflichtungen Zeit zum Spielen hatte und trotz des Nahrungsmittelknappheit ein unerwarteter weitere Esser Platz am Tisch fand. Ich muss gestehen, dass ich diese Kindheitserinnerungen wirklich faszinierend fand und sich mir kleine Informationen aus Nebensätze tief eingeprägt haben. So war es zum Beispiel nötig, dass man den Kühen regelmäßig Augentropfen verabreichte, weil sonst der umherwehende Sand zu Entzündungen geführt hätte. Ein Teil von mir findet die Vorstellung, dass man Nutztiere in einem so unwirtlichen Gebiet hält, wirklich irritierend, während ein anderer Teil die Hartnäckigkeit, mit der die Farmer durchhielten und gegen die widrigen Umstände ankämpften, bewundert.

Diese Akzeptanz des Unausweichlichen, die ich bei den Farmern und ihren Tieren fand, durchzieht eigentlich die ganze Geschichte. Es ist – auch wenn nicht darüber geredet wird – selbstverständlich, dass Russell und Otto Etta lieben, es ist ganz natürlich, dass Etta alt und dement ist und vor allem ist das kein Grund, sie an ihrem Vorhaben zu hindern. Auch wenn es für Otto schwer ist, dass er sie ziehen lassen muss, und obwohl er sich die ganze Zeit Sorgen und Gedanken macht, so akzeptiert er, dass das etwas ist, was sie tun muss, solange sie noch dazu in der Lage ist. Ich fand die Liebe zwischen diesen drei Charakteren herzzerbrechend wunderbar. Es gibt ein paar Rezensionen, in denen behauptet wird, dass Otto Etta gar nicht lieben würde, aber für mich ist seine Liebe zu ihr in jeder Geste, in jeder Erinnerung sehr präsent. Ihm ist eben bewusst, dass seine Liebe ihm kein Recht gibt, sie aufzuhalten, und wenn das bedeutet, dass er kaum noch essen und schlafen kann, dann ist das sein Problem. Es ist sehr schwierig zu beschreiben, was diese Geschichte in mir ausgelöst hat. Ich fand sie auf jeden Fall wunderbar zu lesen, mochte die Charaktere in all ihren Facetten und kann auch gut mit dem „offenen“ Ende leben, das für jeden Leser eine eigene Interpretation der Ereignisse zulässt. Ich bin mit meiner Variante davon, wie Ettas Reise endete, vermutlich zufriedener, als ich es mit einem von Emma Hooper vorgegebenen Happy End gewesen wäre.

Jocelyne Saucier: Ein Leben mehr

Über „Ein Leben mehr“ von Joycelyn Saucier bin ich durch einen Tweet von Papiergeflüster gestoßen, und da der Titel interessant klang, habe ich ihn letzte Woche in der Bibliothek ausgeliehen. Die Geschichte handelt von mehreren Personen, die an einem See in den nordkanadischen Wäldern aufeinandertreffen, und wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt. Angestoßen werden die Ereignisse von „der Fotografin“, die einige Jahre zuvor – durch eine zufällige Begegnung mit einer alten vogelfütternden Frau im Park – auf die Großen Brände aufmerksam wurde. Diese Brände haben zu Beginn des 20. Jahrhunderts ganze Landstriche in Kanada ausgelöscht, es gab viele Tote und natürlich haben die Erlebnisse während der Brände die überlebenden Personen geprägt.

Eine Legende aus dieser Zeit dreht sich um den geheimnisvollen Ted, Ed oder Edward Boychuck, der nach dem Brand von Matheson tagelang durch das zerstörte Land irrte. Und um diesen Boychuck zu finden, macht sich die Fotografin auf in die Wälder, wo er angeblich leben soll. Doch statt auf Boychuck trifft sie auf Tom und Charlie, die sich in den letzten Jahren das Seeufer mit dem legendären Mann geteilt haben. Jeder dieser alten Männer hatte seine ganz eigenen Gründe, sich in die Wälder zurückzuziehen, jeder von ihnen suchte nach Einsamkeit und Ruhe, und doch lebten sie nah genug beieinander, um sich gegenseitig helfen zu können. Durch das Auftauchen der Fotografin, durch ihre Fragen und durch weitere Ereignisse wird das Leben von Tom und Charlie durcheinandergewirbelt.

Da nicht wirklich viel in diesem Roman passiert, will ich nicht zu viel über den Inhalt verraten – der Klappentext hat meiner Meinung nach schon ein Detail zu viel preisgegeben, was ich beim Lesen etwas schade fand. „Ein Leben mehr“ ist eine ruhige Geschichte über eine Handvoll Menschen, die aus sehr unterschiedlichen Gründen aufeinandertreffen und die man als Leser für gut ein Jahr auf ihrem Weg begleitet. Während die einen ein bescheidenes und anspruchsloses Leben führen und sich sicher sind, dass es genauso bis zu ihrem Tod weitergehen wird, machen sich andere Figuren überhaupt keine Gedanken um die Zukunft, sondern leben im Hier und Jetzt ohne jeglichen Ehrgeiz. Die Fotografin hingegen ist eindeutig auf der Suche – vordergründig nur nach den Überlebenden der Großen Brände, die sie ablichten will, bevor auch noch die letzten von ihnen versterben, doch es steckt mehr hinter ihrer Reise.

Viele Dinge werden in diesem Buch nicht ausgesprochen und es bleibt dem Leser überlassen, sich seine Gedanken zu machen. Es ist auf jeden Fall eine leise Geschichte über das Leben, die Liebe und den Tod und die Suche nach der richtigen Art, sein Leben zu verbringen. „Ein Leben mehr“ erzählt von den Neuanfängen, die sich in manchen vermeintlichen Sackgassen verbergen, davon, dass es nie zu spät ist, einen ungewöhnlichen Weg einzuschlagen, aber auch davon, dass es manchmal an der Zeit ist, eine endgültige Entscheidung zu treffen. Ich mochte die Geschichte, auch wenn ich nicht mit allen Wendungen glücklich war. Allerdings fand ich die kursiven Abschnitte, die vor jedem Kapitel etwas über die verschiedenen Personen erzählen, sehr gewöhnungsbedürftig. Anfangs war ich sogar teilweise verärgert, weil ich diese Passagen als überflüssig empfand. Die gleichen Informationen hätte man auch in den restlichen Text packen können, ohne das eine oder andere Ereignis schon einmal vorwegzunehmen oder Beschreibungen zu verwenden, die ich als irritierend ungenau empfand. Doch am Ende bleibt vor allem die Erinnerung an interessante Charaktere, die man ein paar Monate begleiten durfte, und an die wunderschöne, heilsame und erbarmungslose Natur Kanadas.