Kategorie: Rezension

Phil Hickes: The Vanishing of Aveline Jones (Aveline Jones 3)

„The Vanishing of Aveline Jones“ ist schon der dritte Band von Phil Hickes (mit Illustrationen von Keith Robinson) rund um Aveline Jones und ihre unheimlichen Erlebnisse. Ich freue mich inzwischen jedes Mal sehr, wenn ein neuer Teil angekündigt wird, weil ich diese gruseligen Kinderbücher wirklich wunderbar atmosphärisch finde. Und nachdem die letzte Geschichte im Sommer spielte, fand ich es umso schöner herauszufinden, dass sich Aveline dieses Mal in den Tagen vor Weihnachten übernatürlichen Gefahren stellen muss. Genau genommen reist Aveline gemeinsam mit ihrem Freund Harold und ihrer Mutter und ihre Tante Liliane nach Scarbury, wo sie das Haus von Avelines Onkel Rowan für einen Verkauf herrichten wollen. Onkel Rowan ist vor zehn Jahren kurz vor Weihnachten von einem Moment auf den anderen spurlos verschwunden. Es gab keinerlei Hinweise auf ein Verbrechen und bis heute fragen sich seine Schwestern, was aus Rowan geworden ist.

Aveline und Harold sind fest entschlossen, während ihres Aufenthalts in Scarbury mehr über Onkel Rowans Verschwinden herauszufinden. Bei ihrer Durchsuchung seines Arbeitszimmers finden sie einige Hinweise auf ein altes Hügelgrab, das in der Nähe des Ortes liegt, und in Sammy, der einen Blog für übernatürliche Ereignisse betreibt, finden die beiden einen örtlichen Experten rund um das Hügelgrab. Sammy ist es auch, der Aveline und Harold weitere Details zu all den Menschen erzählen kann, die in der Vergangenheit in der Umgebung von Scarbury spurlos verschwunden sind, und zu den Gerüchten, dass das Hügelgrab der Eingang zum Feenreich sein soll. So unheimlich und beängstigend diese Vorstellung ist, so gibt sie Aveline doch die Hoffnung, dass sie vielleicht in der Lage sein könnte, ihren Onkel wiederzufinden, wenn sie nur mehr über die Feen und ihre Machenschaften herausfindet.

Wie schon bei den anderen beiden Romanen („The Haunting of Aveline Jones“ und „The Bewitching of Aveline Jones“) hat mir diese Mischung aus eher alltäglichen Momenten und den unheimlichen Elementen, die damit verwoben wurden, sehr viel Spaß gemacht, auch wenn mir in „The Vanishing of Aveline Jones“ die Handlung fast schon zu schnell voranschritt, weil die nahe Wintersonnenwende für etwas „Termindruck“ sorgte. Ich genieße es bei diesen Geschichten sehr, wie gut sich Aveline und Harold mit ihren gegensätzlichen Fähigkeiten und ihrer gemeinsamen Bereitschaft, sich auf Übernatürliches einzulassen, ergänzen. Die Freundschaft dieser beiden Charaktere ist schon mehrfach auf die Probe gestellt worden, ohne dass es jemals zu Zerwürfnissen kam, was dazu führt, dass ich beim Lesen das Gefühl habe, dass ich darauf vertrauen kann, dass die beiden zusammen schon einen Weg aus den Schwierigkeiten finden, in die sie geraten sind.

Im Kontrast zu dieser wirklich nett zu lesenden Freundschaft stehen all die Szenen mit den Fae, die unheimlich und düster sind, die Aveline und den anderen Fallen stellen und jeden ihrer Schwachpunkte ausnutzen. Dabei fand ich es schön zu sehen, wie Phil Hickes immer wieder Elemente aus Avelines vorherigen Abenteuern aufgreift und aufzeigt, dass diese Herausforderungen sie stärker gemacht haben und ihr nun helfen, mit neuen Problemen fertigzuwerden. Ich muss gestehen, dass mir das Ende von „The Vanishing of Aveline Jones“ für so eine unheimliche Geschichte schon fast ein bisschen zu harmonisch war, aber auf der anderen Seite lese ich ja vor allem deshalb gruselige Kinderbücher, weil ich da sicher sein kann, dass am Ende alles gut ausgeht. Dieser Roman ist auf jeden Fall perfekt, um sich an einem kalten und regnerischen (oder verschneiten) Tag mit einer heißen Schokolade einzurollen und sich eine wunderbar atmosphärische und gruselige Geschichte erzählen zu lassen

James Nicol: The Spell Tailors

Nachdem mir die Apprentice-Witch-Titel von James Nicol so gut gefallen hatten, musste ich natürlich auch den neusten Roman des Autors lesen. „The Spell Tailors“ dreht sich um die Familie Danelli, die als Schneider von magischen Kleidungsstücken seit mehreren hundert Jahren Zaubersprüche in die von ihnen gefertigten Waren einsticken. Diese magischen Stiche versehen die Kleidungsstücke mit besonderen Eigenschaften, was für Sommerkleidung sorgt, die kühlt, oder Reisekleidung, die den Träger vor diversen Unannehmlichkeiten beschützen kann. Doch in den vergangenen Monaten lief das Geschäft nicht gerade rund. Es gab Gerüchte, dass magische Kleidung ihre Träger krank machen kann, und dann ist da noch die wachsende Popularität der Kleiderfabrik von Tiberius Pepper, der günstigere verzauberte Massenware anbietet. So muss sich der zwölfjährige Hen(ryton) nicht nur Sorgen um den Laden machen, den seine Nana führt, sondern auch mitansehen, wie ein Schneidergeschäft nach dem anderen in der kleinen Stadt Sparrow Down schließt. Noch ernsthafter wird die Situation, als sein Onkel Bertrand mitsamt dessen Frau Lucia und Tochter Connie bei Hen und Nana einzieht. Onkel Bertie ist wild entschlossen, das Familiengeschäft am Leben zu halten, und er hat auch ganz genaue Vorstellungen davon, wie er das erreicht. Hen hingegen setzt seine Hoffnungen auf all die Dinge, die er von seiner Nana gelernt hat, und auf den neuen Erinnerungszauber, den er gerade erst entdeckt hat.

So sehr ich die Grundidee der Geschichte mochte, so muss ich doch gestehen, dass ich beim Lesen der ersten Hälfte von „The Spell Tailors“ (gemeinsam mit Hen) unglaublich frustriert war. Es hat mich regelrecht fertiggemacht, dass Hen und seine – noch recht unerprobten – magischen Fähigkeiten als Sündenbock für alles herhalten mussten, was in dem Geschäft der Danellis schlief läuft, während gleichzeitig sein Onkel Bertie in all seiner Besorgtheit und seinem Übereifer die Situation kontinuierlich verschlimmert. Einzig die langsam wachsende Freundschaft zwischen Hen und seiner Cousine Connie hat diesen Teil für mich erträglich gemacht.

Die zweite Hälfte der Geschichte konnte ich hingegen deutlich mehr genießen, da James Nicol dort trotz aller erschütternden Entdeckungen, die Hen und Connie machen, und all der Gefahren, die sie durchstehen müssen, eine für mich besser funktionierende Balance zwischen schrecklichen Ereignissen und humorvollen und gemütlichen Momenten gefunden hat. Insgesamt mochte ich die Idee mit den verzauberten Kleidungsstücken und ihrer Auswirkung auf die Person, die sie trägt, sehr. Auch Hen und seine Nana habe ich von Anfang an ins Herz geschlossen, weil beide so unglaublich liebenswert und so sorgfältig und aufmerksam bei ihrer Arbeit sind. Die Tatsache, dass Hens Leben mit Nana zwar nicht perfekt, aber grundsätzlich sehr schön war, hat es mir vermutlich auch so schwer gemacht zuzusehen, wie Onkel Bertie mit seiner besserwisserischen Art einfach über alles hinweggeht, was Nana in den vergangenen Jahrzehnten aufgebaut hat.

Insgesamt muss ich zugeben, dass mir „The Apprentice Witch“ etwas besser gefallen hat als „The Spell Tailors“, weil da für mich die Balance zwischen schönen und schrecklichen Elementen besser passte. Aber ich denke auch, dass ich ein zweites Lesen von „The Spell Tailors“ mehr genießen werde als dieses erste Mal, weil ich mich dann weniger auf die Handlung (und Onkel Berties Verbohrtheit) und mehr auf all die hübschen kleinen Details rund um die magischen Stiche und die verschiedenen liebenswerten Figuren konzentrieren kann. Es war halt nicht gerade einfach, all diese bezaubernden Einfälle des Autors zu würdigen, während ich nur endlich miterleben wollte, dass es für Hen wieder aufwärts geht. Immerhin kann ich sagen, dass James Nicol es am Ende sogar geschafft hat, mich mit Onkel Bertie auszusöhnen und davon zu überzeugen, dass Hen einfach alles flicken kann – sogar seine Familie.

Sangu Mandanna: The Very Secret Society of Irregular Witches (Hörbuch)

In der vergangenen Woche habe ich das von Samara MacLaren gelesene Hörbuch „The Very Secret Society of Irregular Witches“ gehört. Die Geschichte ist von Sangu Mandanna (von der ich gerade erst das Jugendbuch „Kiki Kallira Breaks a Kingdom“ gelesen habe) und wird aus der Sicht von Mika Moon erzählt. Von Anfang an steht fest, dass Mika ein recht einsamer Mensch ist. Sie ist eine Waise, die als Baby von Indien nach London gebracht wurde und dort unter der Obhut von ständig wechselnden Kindermädchen und Erziehern aufwuchs. Für ihr finanzielles Wohlergehen und die Anstellung der ganzen Kindermädchen war Primrose verantwortlich, die Mika von klein auf auch all die Regeln eingeprägt hat, die sie als Hexe einzuhalten hat. Primrose ist es auch, die die Gruppe von Hexen leitet, mit der sich Mika alle paar Wochen im Geheimen an den unterschiedlichsten Orten trifft, um sich über Zaubersprüche und Ähnliches auszutauschen. Außerhalb dieser seltenen Treffen gibt es niemanden, mit dem Mika über ihre Magie reden darf, was mit zu ihrer großen Einsamkeit beiträgt.

Mikas einziger Ausweg ist ihr Youtube-Kanal, auf dem sie Videos veröffentlicht, in denen sie „zaubert“ – wobei sie natürlich darauf achtet, dass niemals der Verdacht aufkommen könnte, dass sie echte Magie wirkt. Trotzdem ist es dieser Youtube-Kanal, der dafür sorgt, dass die Bewohner des Nowhere House mit Mika Kontakt aufnehmen, weil sie dringend jemanden benötigen, der drei jungen und unerfahrenen Hexen den Umgang mit ihrer Magie beibringt. Auch wenn sich Mika durchaus der Gefahren bewusst ist, die entstehen, wenn vier Hexen (drei davon auch noch ohne jegliche Beherrschung ihrer Magie) sich an einem Ort versammeln, beschließt sie, den drei Mädchen Magie-Unterricht zu geben. Schnell fühlt sie sich im Nowhere Hause mit all seinen liebenswürdigen Bewohnern wohl und entwickelt sogar intensivere Gefühle für den grumpigen Bibliothekar Jamie. Doch alles, was Mika in ihrem bisherigen Leben gelernt hat, sagt ihr, dass sie nicht riskieren kann, langfristig im Nowhere House zu bleiben, ohne ihr eigenes Wohlergehen und das aller anderen Bewohner in Gefahr zu bringen.

Ich muss gestehen, dass ich „The Very Secret Society of Irregular Witches“ wirklich sehr nett und süß fand, was auch daran lag, dass ich den Teil rund um die „Gefahren“, die den Hexen drohen, wenn ihre Existenz bekannt würde, nicht so recht ernst nehmen konnte. So waren die Magie-Elemente in der Handlung zwar ein hübsches Extra, konnten mich aber nicht davon ablenken, dass Mikas Geschichte vor allem eine niedliche Liebesgeschichte mit einem etwas konstruierten „Problem“ für die Beziehung zwischen der Protagonistin und Jamie war. Es gab zwar kaum überraschende Wendungen und ich würde nicht mit allen Bewohnern des Nowhere House auf einem Grundstück leben wollen, aber es war nett, von den exzentrischen Einfällen dieser Figuren und ihrem liebevollen Miteinander zu lesen, und ich habe mich gut unterhalten gefühlt. Die drei Mädchen, denen Mika Magie-Unterricht erteilte, waren einfach nur süß, Jamie war der typische „raue Schale, weicher Kern“-Love-Interest, den es so häufig in dieser Art von Liebesgeschichten zu finden gibt, und so war dieses Hörbuch so entspannend und erholsam wie ein heißes Bad am Ende eines anstrengenden Tages. Dabei hat die Sprecherin Samara MacLaren für mich sehr zum Hörvernügen beigetragen, auch wenn ich ihre Betonung manchmal etwas zu flapsig fand, um wirklich zu Mika zu passen, wobei ich zugeben muss, dass das vor allem daran liegen könnte, dass manche britische Dialekte so auf mich wirken. Aber ich fand, dass sie die Männerstimmen überraschend überzeugend betont hat und auch bei den Kindern musste ich mich nie fragen, welches der drei Mädchen gerade redete, weil Samara MacLaren ihnen so viel Individualität verliehen hatte.

Ich glaube nicht, dass ich hier groß über dieses wirklich nette Hörbuch geschrieben hätte, wenn mich nicht zwei Dinge seit dem Hören beschäftigt hätten. Auf der einen Seite gibt es unfassbar viele begeisterte Rezensionen zu „The Very Secret Society of Irregular Witches“, die ich nicht ganz nachvollziehen kann, weil es zwar eine süße Geschichte mit sympathischen Charakteren ist, sich die Handlung aber nicht so groß von anderen „netten“ Liebesromanen unterscheidet. Und auf der anderen Seite ist da eben die Tatsache, dass ich kurz vorher erst „Kiki Kallira Breaks a Kingdom“ gelesen hatte und das Buch mich so viel mehr berührt hatte als Mikas Geschichte, und natürlich habe ich mich gefragt, wieso das der Fall ist. Inzwischen bin ich zu dem Schluss gekommen, dass mich Kiki und ihre Entwicklung viel mehr mitgerissen haben, weil Sangu Mandanna mich davon überzeugen konnte, wie schwierig Kikis Probleme für sie sind. Obwohl die Handlung zum Großteil in einer fantastischen Welt spielt, die sich Kiki selber ausgedacht hatte, sind ihre psychischen Probleme real und sie beeinflussen Kikis Leben rund um die Uhr. Es gibt für Kiki kein Entkommen vor ihren Ängsten und von den Auswirkungen, die ihre Gedankenspiralen auf sie und ihr Leben haben.

Bei Mika hingegen spielt die Handlung in „unserer Welt“, und obwohl es Sangu Mandanna meinem Gefühl nach gelungen ist, all die kleinen magischen Elemente stimmig in die Geschichte einzuflechten, fühlte es sich für mich nie so an, als ob Mika wirklich in Gefahr schweben würde. Ihr Leben wird vor allem davon bestimmt, dass „früher“ Hexen verfolgt wurden und dass es „früher“ gefährlich war, wenn jemand eine andere Person beschuldigte/in Verdacht hatte, eine Hexe zu sein. Aber jedes Mal, wenn in der Handlung darauf verwiesen wurde, wie wichtig es sei, die Regeln einzuhalten, damit niemand herausfindet, dass Mika und die anderen Hexen sind, stand ich da und dachte, dass es so viele Möglichkeiten gäbe, um damit anders umzugehen. Außerdem habe ich mich ständig gefragt, wieso Mika, wenn sie denn solch eine Sehnsucht nach einem „Zuhause“ hat, nicht größere Anstrengungen unternimmt, um sich ein Zuhause zu suchen. So wie ihr Charakter im Umgang mit den Mädchen und den anderen Bewohnern des Nowhere House dargestellt wurde, fiel es mir schwer zu glauben, dass sie in all den Jahren zuvor keinen Weg gefunden hätte, um sich selbst ein Zuhause zu schaffen. Ich habe mich mit „The Very Secret Society of Irregular Witches“ wirklich gut unterhalten gefühlt, aber es ist für mich definitiv eine Geschichte, bei der ich nicht zu genau über den einen oder anderen Aspekt nachdenken darf.

Ashia Monet: The Black Veins (Dead Magic 1)

Ich weiß nicht mehr, wo ich über „The Black Veins“ von Ashia Monet gestolpert bin, aber ich bin mir sicher, dass es der Beginn des Klappentextes („In a world where magic thrives in secret city corners, a group of magicians embark on a road trip – and it’s the „no-love-interest“, found family adventure you’ve been searching for.“) war, der mich dazu brachte, den Roman auf meinen Wunschzettel zu setzen. Erzählt wird die Geschichte aus der Sicht der sechzehnjährigen Blythe, die den Großteil ihrer Kindheit damit verbracht hat, mit ihrer Familie von einem Ort zum nächsten zu ziehen. Erst vor einigen Jahren haben sich ihre Eltern niedergelassen und ein Café eröffnet, in dem Blythe neben der Schule und in den Ferien arbeitet. Sie liebt ihren Job als Barista, weil er so normal und alltäglich ist und sie davon ablenkt, dass sie zu den magischen Guardians gehört.

Die Guardians sind sieben Personen, denen als kleine Kinder einen Teil der sieben Quellen der Magie übertragen wurden. Dies macht die Guardians – wenn sie denn ihren Zugriff auf diese Magie meistern können – zu den mächtigsten Magiern ihrer Welt, aber auch zu einem politischen Spielball zwischen der aktuellen Regierung (the Black Veins) und der Rebellenregierung (Trident Republic), die diese stürzen will. Das ist jetzt eine sehr vereinfachte Darstellung der Rolle der Guardians und der politischen Situation in dieser – vor normalen Menschen verborgenen – magischen Parallelgesellschaft. Im Roman klingt das alles etwas weniger abwegig, auch wenn ich immer noch nicht davon überzeugt bin, dass es eine gute Idee sein soll, einem Haufen Kleinkinder so viel Macht zu übertragen, damit diese Magiemenge nicht länger ausschließlich in der Hand der sieben Personen liegt, die seit Jahrhunderten regieren. Als ihre Familie von den Rebellen entführt und die einzige Person, mit der Blythe befreundet ist, dabei schwer verletzt wird, macht sich das Mädchen auf den Weg, um die anderen Guardians zu suchen und dazu zu überreden, ihr bei der Rettung ihrer Lieben zu helfen. Was natürlich nicht so einfach ist, denn auf der einen Seite weiß Blythe so gut wie nichts über die anderen Guardians, und auf der anderen Seite gerät sie dabei mitten in den Krieg zwischen den Black Veins und der Trident Republic.

Bevor ich über all die Dinge rede, die mir wirklich gut an Ashia Monets Geschichte gefallen haben, muss ich zwei Sachen erwähnen, die mich gestört haben. Erst einmal las sich der Roman, als ob es kein abschließendes Lektorat gegeben hätte. Es gab keine groben Tippfehler, über die ich gestolpert wäre, aber regelmäßig fehlte ein Wort oder es stand an der falschen Stelle im Satz – oder ein Satz ergab keinen Sinn, bis ich in meinem Kopf ein Wort gegen eins mit ähnlichen Buchstaben ausgetauscht hatte (z.B. „time“ gegen „team“). Das sind alles Dinge, die bei einer automatischen Rechtschreibprüfung nicht gemeldet werden, die aber bei einem gründlichen Lektorat hätten auffallen müssen. Ich muss aber auch zugeben, dass ich die erste Auflage von „The Black Veins“ habe, und es gibt inzwischen eine „Anniversary Edition“ des Buchs, die später erscheinen ist und ein anderes Cover hat, bei der diese Fehler hoffentlich beseitigt wurden. Außerdem gibt es eine Phase in der Geschichte, in der Blythe – obwohl sie mit dem Wissen über den magischen Teil ihrer Welt aufgewachsen ist – noch einmal all die wichtigsten Informationen von einer anderen, erwachsenen Person erzählt bekommt. Auch wenn das den Leser*innen das notwendige Grundlagenwissen über diese magische Welt vermittelt, so fühlte es sich für mich doch vollkommen falsch an, dass Blythe da so belehrt wurde, obwohl sie doch den Großteil dieser Informationen schon haben sollte.

Nachdem ich nun alles losgeworden bin, was mich beim Lesen gestört hat, muss ich noch einmal betonen, dass ich trotzdem viel Spaß mit „The Black Veins“ hatte, weil ich all die verschiedenen Charaktere so mochte und es toll fand, wie Ashia Monet die allmählich wachsende Freundschaft zwischen Blythe und den anderen Guardians darstellte. Die Handlung in diesem Roman wird überraschend langsam erzählt, wenn ich bedenke, dass es ständig Auseinandersetzungen mit den Rebellen und anderen Widersachern gibt, aber das liegt daran, dass der Schwerpunkt eben auf den Figuren, ihrer Entwicklung und ihren Beziehungen zueinander liegt. Jeder der Guardians hat seine eigenen Stärken und Schwächen, jeder von ihnen hat seine eigenen Motive, um mit Blythe zu reisen, und es steht von Anfang an fest, dass es für sie nicht einfach wird, diese unerschiedlichen Personen auf ihre Seite zu ziehen und für ihr Anliegen zu gewinnen. Da die Charaktere so verschieden sind, fühlte es sich auch nicht langweilig an, dass ein großer Teil der Handlung daraus besteht, dass Blythe von einem Ort zum nächsten reist, dort den nächsten Guardian aufsucht, etwas besser kennenlernt und zum Mitreisen überredet. Es war eher so, dass dies mir das gleiche Gefühl vermittelte wie frühe RPGs und somit einen vertrauten Rahmen bildete für die Weiterentwicklung der Figuren.

Außerdem habe ich mich sehr gut über all das Geplänkel zwischen Blythe und den anderen Teenagern amüsiert. Da so unterschiedliche Charaktere in der Geschichte aufeinandertreffen, gibt es natürlich viele Reibungspunkt zwischen ihnen, die für unterhaltsame Szenen sorgen. Dazu gibt es immer wieder überraschend berührende Momente, in denen die sieben Personen füreinander da sind, sich gegenseitig unterstützen oder auch mal etwas zurechtstutzen, wenn jemand zu sehr über die Stränge schlägt. Ich mochte das Verhältnis dieser sieben Figuren zueinander sehr, ich fand es interessant zu sehen, wie sich die verschiedenen Magieformen darstellten, und ich fand es sehr schön, wie divers die Charaktere in diesem Roman sind und wie viel Mühe sie sich – trotz aller Reibereien – geben, um respektvoll miteinander umzugehen. Da ich Blythe und die anderen so sehr beim Lesen ins Herz geschlossen habe und so viel Spaß mit „The Black Veins“ hatte, hätte ich mir gern nach dem Beenden des Romans den nächsten Band besorgt. Doch obwohl das Buch als erster Teil der „Dead Magic“-Reihe bezeichnet wird und schon vor über drei Jahren erschienen ist, gibt es leider keinen Hinweis auf eine geplante Veröffentlichung des zweiten Bands. Für mich kann dieser erste Teil aber auch ganz gut für sich stehen, obwohl die Geschichte rund um den Kampf zwischen den beiden Regierungen nicht zu Ende erzählt wurde und die Guardians auf der letzten Seite zu einem weiteren Abenteuer aufbrechen.

Sangu Mandanna: Kiki Kallira Breaks a Kingdom (Kiki Kallira 1)

Auf „Kiki Kallira Breaks a Kingdom“ von Sangu Mandanna hatte ich mich gefreut, seitdem ich die erste Ankündung für das Buch gesehen hatte – und dann gab es in den Wochen nach der Veröffentlichung des Romans so viele begeisterte Stimmen, dass ich erst einmal etwas Abstand brauchte, bevor ich die Geschichte anfangen mochte. Bei einem ersten Anlesen in diesem Sommer war ich aber schon sehr angetan vom Erzählton und von der dreizehnjährigen Kiki, die alles versucht, um irgendwie mit ihren eigenen – irrationalen – Ängsten fertig zu werden. Kiki ist sich durchaus bewusst darüber, dass es eigentlich vollkommen unmöglich ist, dass sich ein Hai im Schulschwimmbecken aufhalten könnte, und trotzdem gibt es Tage, an denen sie nicht aufhören kann, daran zu denken, wie gefährlich das wäre. Um sich von all ihren Gedankenspiralen abzulenken, hat Kiki in den letzten Monaten zu ihrem Skizzenbuch und ihren Zeichenstiften gegriffen und eine fiktive Version der indischen Stadt Mysore (auf Deutsch Mysuru) geschaffen, in der Asura unter der Führung von Mahishasura die Bevölkerung in Angst und Schrecken versetzt, während die „Crow“ – eine Gruppe von Kindern – gegen diese Dämonen kämpfen. Angeführt werden die Crow von Ashwini, einem Mädchen, das Kiki nach dem Vorbild ihrer verstorbenen Ur-Großtante (die das schwarze Schaf der Familie war) gestaltet hat.

Als Kiki eines Tages herausfindet, dass ihre fantastische Version von Mysore ebenso wie all die Charaktere, die sie sich ausgedacht hat, von Mahishasura zum Leben erweckt wurden, sieht sie sich gezwungen, mit Hilfe der Crow gegen den Dämonen zu kämpfen. Doch natürlich ist es nicht so einfach für ein Mädchen, das kaum in der Lage ist, seine eigenen Ängste im Zaum zu halten, mal eben einen Dämonen zu besiegen. Dazu kommt, dass einige der Crow nicht gerade glücklich darüber sind, welches Leben sich Kiki für sie ausgedacht hatte. So muss Kiki nicht nur das Vertrauen ihrer Mitstreiter erringen, sondern auch einen Weg finden, mit ihren eigenen Problemen fertig zu werden, um überhaupt eine Chance gegen Mahishasura zu haben. Ich mochte es sehr, Kikis Perspektive zu verfolgen, und fand es stimmig, wie ihr auf der einen Seite bewusst ist, dass ihre Ängste nicht „normal“ sind, und wie ihr Leben auf der anderen Seite trotzdem von diesen Ängsten beherrscht wird. So ist es natürlich auch nicht verwunderlich, dass ihre psychischen Probleme auch ihre größte Schwachstelle beim Kampf gegen Mahishasura sind. Umso schöner war es deshalb auch zu verfolgen, wie Kiki im Laufe ihres Abenteuers herausfindet, dass ihre Ängste nicht ihr ganzes Leben beherrschen müssen und dass sie Stärken hat, die ihr helfen können, mit all ihren Problemen (inklusive Dämonen 😉 ) fertig zu werden.

Ich mochte auch Sangu Mandannas Erzählweise sehr gern, denn der Autorin gelingt es, eine gute Mischung aus amüsanten, berührenden und absurden Szenen zu einer wundervoll unterhaltsamen Geschichte zu verweben. Mir gefiel es auch, dass ich eigentlich immer das Gefühl hatte, ich könnte die Beweggründe der verschiedenen Figuren nachvollziehen, selbst wenn ich ihr Handeln selbst nicht gutheißen konnte. Neben Kiki und den Crow mit all ihren wunderbaren Begabungen gibt es so einige Charaktere, die – selbst wenn sie nur ein paar Zeilen lang im Buch vorkommen – einen bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen haben, weil sie so wichtig dafür waren, dass die fantastische Version von Mysore sich real anfühlte. Überhaupt ist Kikis fiktive Stadt mit ihrer Mischung aus realer indischer Kultur, Steampunk-Elementen und Magie einfach eine großartige Kulisse für ein solches Abenteuer, und ich hätte gern noch viel mehr Zeit dort verbracht. Weshalb ich mir noch während des Lesens von „Kiki Kallira Breaks a Kingdom“ die Fortsetzung, „Kiki Kallira Conquers a Curse“, bestellt habe – allerdings in der zu meinem Buch passenden Taschenbuch-Ausgabe, weshalb ich leider noch bis zum kommenden Mai warten muss, bis ich gemeinsam mit Kiki weitere Ecken von Mysore erkunden kann.

 

Aislinn O’Loughlin: Big Bad Me

Ich muss zugeben, dass „Big Bad Me“ von Aislinn O’Loughlin mir deutlich mehr Spaß gemacht hat, als ich erwartet hatte, so dass ich den Großteil des Buchs an einem Tag verschlungen habe. Gekauft habe ich den Roman, weil es in meiner englischsprachigen Timeline so einige Stimmen gab, die die Beziehung der beiden Schwestern, aus deren Sicht die Handlung erzählt wird, positiv erwähnt hatten, und ich muss zustimmen, dass das einer der größte Pluspunkte einer insgesamt unterhaltsamen Geschichte ist. Zu Beginn des Romans wird die (fast) sechzehnjährige Evie von einem unheimlichen Stalker nach Hause verfolgt. Während dieser Stalker ihr noch einreden will, dass ihre Familie sie seit Jahren belügt und als Versuchskaninchen missbraucht, wird Evie von ihrer älteren Schwester Kate gerettet.

Gemeinsam fliehen die beiden aus dem Haus und machen sich auf die Suche nach ihrer Mutter, die vor Wochen aus beruflichen Gründen verreist ist – das ist es zumindest, was Evie gesagt wurde. Wenig später findet Evie heraus, dass der unheimliche Stalker damit recht hatte, dass ihre Familie ihr ein großes Geheimnis vorenthalten hat, denn Evie ist nicht – wie sie ihr Leben lang dachte – an einer sehr seltenen Form von Diabetes erkrankt, sondern sie ist eine Werwölfin. Gemeinsam mit Kate findet Evie Zuflucht in einem Gästehaus in dem kleinen Ort Brightside, wo ihre Mutter zuletzt gesehen wurde. Während Kate alles versucht, um Evie zu beschützen und ihre Mutter zu finden, muss Evie lernen, mit ihrer übernatürlichen Seite umzugehen. Dann ist da noch die Tatsache, dass in Brightside in den letzten Monaten sehr viele Jugendliche getötet oder entführt wurden, und dass der – ziemlich junge – Manager des Gästehauses überraschend viel über Werwölfe zu wissen scheint.

Wie schon erwähnt wird die Handlung abwechselnd aus Evies und Kates Perspektive erzählt, und das sorgt – zusammen mit dem Prolog – dafür, dass wir von Anfang an wissen, was mit Evie los ist, ebenso dass ihre Mutter verschwunden ist und dass in Brightside irgendwas Unheimliches vor sich geht. Aber dass es kaum überraschende Wendungen gibt, macht die Geschichte nicht weniger packend. Die Spannung wird eher dadurch erzeugt, dass man sich beim Lesen fragt, wie die Charaktere mit den heranziehenden Problemen umgehen werden. Wobei ich es wirklich besonders schön fand zu lesen, wie Evie und Kate miteinander umgehen und wie wichtig es ihnen ist, einander zu beschützen. Dabei gehen die beiden auch immer wieder zu weit, wenn sie zum Beispiel Details voreinander verheimlichen, weil sie fürchten, dass sie die andere verletzten oder zu unüberlegten Handlungen verleiten würden. Aber selbst diese Momente waren schön zu lesen, weil so viel Fürsorge und Zuneigung dahintersteckt, und wenn dann doch mal ein Geheimnis auffliegt, sorgt das nicht für ein Zerbrechen der schwesterlichen Beziehung, sondern für ein offenes Gespräch.

Dieses Grundvertrauen der beiden Schwestern zueinander fand ich wirklich wohltuend und mal eine angenehme Abwechslung zu all den schwierigen Geschwisterverhältnissen in den diversen Jugendbüchern. Ich muss aber auch zugeben, dass die anderen Charaktere neben Evie und Kate ein bisschen verblassen, auch wenn die beiden Schwestern im Laufe der Geschichte neue Freundschaften (und mehr) finden. Aber neben den unheimlichen Ereignissen, mit denen Evie und Kate zu kämpfen haben, und den übernatürlichen Elementen, die sie neu kennenlernen, ist das auch kein Wunder. Insgesamt ist der Roman eine gute Mischung aus temporeichen und heimeligen Szenen, und es gibt darin so einige Elemente, die an „Buffy“ erinnern – und das nicht nur, weil immer wieder Bezug auf die Serie genommen wird. Mir hat es Spaß gemacht mitzuerleben, wie Evie und Kate sich im Laufe der Geschichte verändern und wie sie trotz allem, was sie durchmachen, die ganze Zeit füreinander da sind und sich gegenseitig beschützen wollen. Ich glaube, das war das erste Mal, dass ich einen fantastischen YA-Roman gelesen habe, bei dem der Schwerpunkt nicht auf einer romantischen Beziehung (die es allerdings auch gibt) lag, sondern auf dem Verhältnis zweier Schwestern zueinander, aber ich habe genau das sehr genossen.

Megan Bannen: The Undertaking of Hart and Mercy

Laut Klappentext ist „The Undertaking of Hart and Mercy“ von Megan Bannen eine Mischung aus „The Princess Bride“ und „You’ve Got Mail“, und Ursula Vernon hat in ihrem letzten Newsletter über den Roman gesagt: „sort of like if You’ve Got Mail was set in the old west with zombies and dead gods and the protagonists were a bounty hunter and an undertaker. So a fun romance closely centered on corpse disposal!“. Was es ziemlich gut auf den Punkt trifft, auch wenn es sich für mich beim Lesen weniger nach „Old West“ angefühlt hat. Erzählt wird die Handlung auf der einen Seite aus der Perspektive von Mercy Birdsall, die als Bestatterin nach einer Erkrankung ihres Vaters das Familiengeschäft „Birdsall & Son“ am Laufen hält. Auf der anderen Seite geht es um Hart Ralson, einen Marshal, der im Rahmen seiner Arbeit regelmäßig unidentifizierte Leichen zu den verschiedenen Bestattungsinstituten bringen muss.

Mercy und Hart kennen sich seit über vier Jahren und hassen sich seit ihrer ersten Begegnung. Doch als Hart eines Tages vor lauter Einsamkeit einen Brief an einen „Freund“ schreibt, landet dieser Brief bei Mercy, die sich ebenso einsam fühlt wie der unbekannten Schreiber und ihm deshalb antwortet. Die Anonymität, die mit dieser Brieffreundschaft einhergeht, sorgt dafür, dass beide überraschend offen und ehrlich miteinander umgehen, was dazu führt, dass sich sowohl Mercy als auch Hart bald fragen, ob aus dieser Brieffreundschaft vielleicht mehr werden könnte, wenn sie sich nur trauen würden, einander zu treffen. Ich muss gestehen, dass ich die Geschichte nicht so bezaubernd gefunden hätte, wenn nicht die Welt, die sich Megan Bannen für „The Undertaking of Hart and Mercy“ ausgedacht hat, so faszinierend gewesen wäre. Obwohl ich mich während der ersten Seiten ziemlich verloren fühlte, weil die Autorin anfangs wenig zu dieser Welt erklärt, fand ich es doch spannend, mehr über die Insel, auf der Mercy lebte, über die Alten und die Neuen Götter, über die Demigods (zu denen auch Hart gehört) und die zombiehaften Drudges zu erfahren.

Außerdem mochte ich es sehr, wie professionell und liebevoll Mercy ihrem Job nachgeht. Megan Bannen gelingt es, die Arbeit als Bestatterin – mit all den Besonderheiten, die in dieser fantastischen Welt notwendig sind – so zu beschreiben, dass es fast schon heimelig ist, mitzuverfolgen, wie Mercy eine Leiche herrichtet. Und obwohl Mercy von einem Haufen liebevoller Familienmitglieder umgeben ist, wird schnell deutlich, wieso sie sich so einsam fühlt, dass sie eine Brieffreundschaft mit einem vollkommen Fremden beginnt. Bei Hart hingegen ist von Anfang an unübersehbar, dass er einsam ist und dass das ein Zustand ist, an dem er zum Großteil selbst Schuld ist. Umso wunderbarer ist es mitzuverfolgen, wie er im Laufe der Geschichte – auch dank der Briefe, die er mit Mercy austauscht – versucht, wieder mehr auf andere Personen zuzugehen und alte Freundschaften wiederzubeleben. Überhaupt macht es Spaß zu sehen, wie sich die beiden Protagonisten im Laufe der Zeit weiterentwickeln und wie sich das dann auch auf all die anderen Personen in ihrem Umfeld auswirkt.

Ich finde es gerade überraschend schwierig, all die Dinge, die diesen Roman für mich ausgemacht haben, in Worte zu fassen. „The Undertaking of Hart and Mercy“ ist wundervoll romantisch und sehr oft sehr lustig, doch dabei ist das Leben, das die Charaktere führen nicht gerade einfach. Geldsorgen, Krankheit, Todesfälle, Drudges und Geschäftskonkurrenten, die zu unfairen Mitteln greifen, spielen deshalb keine unerheblichen Rollen in der Handlung, aber trotzdem hat Megan Bannen dafür gesorgt, dass ich als Leserin die ganze Zeit die Gewissheit hatte, dass am Ende alles gut ausgehen würde. Was dafür gesorgt hat, dass ich selbst die dramatischeren Szene rundum „genießen“ (und die etwas vorhersehbareren Wendungen verzeihen) konnte. Ich gebe zu, dass ich eine ganz besondere Schwäche für „Cozy Fantasy“ rund um eigentlich nicht so gemütliche Themen habe, weshalb dieser Roman genau in mein Beuteschema fällt, aber ich denke, dass auch Personen, die normalerweise nur romantische oder nur fantastische Geschichten mögen, Spaß mit „The Undertaking of Hart and Mercy“ haben würden.

Auralee Wallace: In the Company of Witches (Evenfall Witches B&B 1)

Ich weiß nicht mehr genau, wo ich über „In the Company of Witches“ gestolpert bin, aber da das Buch als „herbstlich“, „cozy“ und „wohltuend“ beworben wurde, habe ich es mir als Herbstlektüre besorgt. Am vergangenen Montag dachte ich, dass das der passende Titel wäre, um mich von einem ziemlich frustrierenden Tag zu erholen, und ich fürchte, dass ich damit nicht ganz richtig lag. Das lag aber eher an meinen Erwartungen an den Roman als an der Geschichte, die ich vermutlich mehr genossen hätte, wenn ich nicht so sehr im Hinterkopf gehabt hätte, dass sie „heimelig“ und „wohltuend“ sei, um dann über Elemente zu stolpern, die ich persönlich definitiv nicht in diese Kategorien stecken würde.

Erzählt wird die Handlung aus der Perspektive von Brynn Warren, die gemeinsam mit ihren beiden Tanten Nora und Izzy das Bed & Breadfast „Ivywood Hollow“ führt, in dem auch ihr Onkel Gideon lebt. Brynn ist 31 Jahre alt und seit dem überraschenden Tod ihres Mannes Adam vor über einem Jahr verwitwet. Außerdem ist sie – ebenso wie der Rest der Familie – eine Hexe und sorgt wie schon ihrer Vorfahren dafür, dass es den Anwohnern des kleinen Ortes, in dem sie leben, gut geht, auch wenn natürlich niemand wissen darf, dass die Warrens Hexen sind. Dummerweise wird dann Constance Graves, die wegen einer Renovierung ihres eigenen Hauses im B&B wohnt, ermordet, und bei all den Gerüchten rund um den Mord fällt der Verdacht nicht nur auf Brynns Tante Nora, sondern es gibt natürlich auch die eine oder andere Person, die zu einer Hexenjagd aufruft. Klingt wirklich gemütlich, nicht wahr? 😉

Lustigerweise gibt es wirklich viele schöne und heimelige Elemente in „In the Company of Witches“. Ich mochte es sehr, wie die Magie der Warrens beschrieben wurde, ich habe gern von Brynns Zuneigung zu ihrer Familie und von ihrer Liebe zu ihrem verstorbenen Mann gelesen, und ich habe mich amüsiert über all die Geplänkel zwischen Nora und … ach, eigentlich dem gesamten Rest der Welt. Sehr vieles daran hat mich an den Film „Practical Magic“ erinnert, aber auch bei dem würde ich halt nicht sagen, dass er rundum wohltuend und heimelig ist, denn schließlich gibt es da all die unverarbeitete Trauer von Sally und einen Geist, der ausgetrieben werden muss. So ist es im Prinzip auch bei „In the Company of Witches“, wo Brynns Trauer um ihren Mann der Grund dafür ist, dass sie ihr Leben (und ihre Magie) fast vollständig aufgegeben hat, während die Ermordung von Constance dafür sorgt, dass Brynn nicht nur ihre Beziehung zu ihrer Familie – vor allem zu ihren sich ständig einmischenden Tanten – aufarbeiten, sondern sich auch noch mit Constances vollkommen miteinander verfeindeten Geschwistern beschäftigen muss.

So ist dieser Roman zwar definitiv von einer herbstlichen Atmosphäre geprägt und es gibt viele schöne Momente rund um Brynns Familie und ihre Magie, die ich sehr genossen habe, aber die Geschichte war für mich definitiv nicht „fluffy“ oder „gemütlich“ zu lesen. Dafür gibt es zu viele Szenen, die von Trauer, von Wut oder der kleinlichen Rache von Familienmitgliedern geprägt sind, es gibt zu viele verletzte Gefühle und zu viele Geheimnisse. Natürlich mischen sich darunter auch einige lustige und wohltuende Momente, außerdem habe ich Brynns Familie sehr gemocht, und das, obwohl ihre Tanten in ihrer Zuneigung für Brynn stellenweise wirklich fürchterlich übergriffig handeln. Insgesamt denke ich sogar, dass ich dem zweiten Band der Reihe eine Chance geben werde, nachdem ich nun weiß, dass es weniger „cozy“ sein wird, als ich ursprünglich gedacht hatte. Es waren wirklich vor allem meine Erwartungen an das Buch, die mir den Spaß daran etwas verdorben haben. Wenn ich gewusst hätte, was für Themen in der Geschichte dominieren, hätte ich nicht an einem Tag dazu gegriffen, an dem ich etwas Tröstendes lesen wollte. Wer also kein Problem damit hat, in „In the Company of Witches“ von unverarbeiteter Trauer und von einander hassenden Familienmitgliedern eines Mordopfers zu lesen, wird mit dieser Cozy-Mystery-Variante von „Practical Magic“ bestimmt viel Spaß haben

Katherine Addison: The Witness for the Dead (The Cemeteries of Amalo 1)

Nachdem mir schon „The Goblin Emperor“ von Katherine Addison sehr gut gefallen hatte und ich im Mai die Kurzgeschichte „Min Zemerin’s Plan“ gelesen hatte, war klar, dass ich mir in absehbarer Zeit auch noch „The Witness for the Dead“ (und „The Grief of Stones“) besorgen müsste. „The Witness for the Dead“ wird aus der Perspektive von Thara Celehar, der in „The Goblin Emperor“ eine wichtige Nebenrolle spielte, erzählt. Nach den Ereignissen rund um Maias Thronbesteigung hat der Prälat eine neue Aufgabe zugeteilt bekommen, die ihn in die Stadt Amalo geführt hat. Dort arbeitet er nun in seiner Eigenschaft als Witness for the Dead, was bedeutet, dass er, wenn er darum gebeten wird, als Zeuge/Fürsprecher der Verstorbenen handelt. Seine besondere Gabe verleiht Celehar dabei die Fähigkeit, Erinnerungen oder Eindrücke von (frisch) Verstorbenen wahrzunehmen, aber wenn dies nicht mehr möglich ist oder keine hilfreichen Antworten liefert, dann muss der Geistliche auf ganz normale Ermittlungen zurückgreifen, um Probleme zu klären.

In „The Witness for the Dead“ hat Celehar gleich mehrere Angelegenheiten, die ihn beschäftigen. So setzt der Geistliche seine besondere Fähigkeit in einem Erbstreit ein, um herauszufinden, welchem seiner Söhne ein verstorbener Händler sein Geschäft hinterlassen hat, er sucht das Grab einer Frau, von der ihr Bruder vermutet, dass sie von ihrem Mann ermordet wurde, und er versucht herauszufinden, von wem und warum eine Opernsängerin getötet worden sein könnte. Obwohl Celehar mit so vielen unschönen Fällen beschäftigt ist und sich zusätzlich noch mit Kirchenpolitik herumschlagen muss, liest sich dieser Roman überraschend entspannt und wohltuend, was vor allem an der Persönlichkeit des Protagonisten liegt. Celehar ist ein ernsthafter Mann, der die Aufgaben, die in sein Arbeitsgebiet fallen, mit großer Professionalität und Entschlossenheit behandelt. Er gibt sich große Mühe, vorurteilsfrei an seine Fälle heranzugehen, und auch wenn manche Aspekte seiner Arbeit mühsam und unschön sind, so sind sie halt Teil seiner Berufung und verdienen deshalb in seinen Augen die gleiche Aufmerksamkeit und den gleichen Respekt wie die Dinge, die einfacher und befriedigender zu erledigen sind.

Ich habe es sehr genossen, Celehars Perspektive zu verfolgen und mich überraschend oft amüsiert, wenn der arme Geistliche einen möglichst taktvollen Weg finden musste, um eine Information zu übermitteln, oder wenn er sich mit anderen Würdenträgern herumschlagen muss, obwohl er doch einfach nur seinen Job erledigen wollte. Und obwohl es im Laufe der Handlungen zu Morden, Ghul-Angriffen, Explosionen und ähnlichen Dingen kommt, liest sich die Geschichte sehr entspannt, weil sich Katherine Addison vor allem auf das Innenleben ihres Protagonisten und all die kleinen Dinge, die er über die Personen um sich herum rausfindet, konzentriert. Die Tatsache, dass ich von Anfang an Celehar so sehr ins Herz geschlossen habe, hat dafür gesorgt, dass ich selbst bei den eher gemächlichen Passagen mit voller Konzentration dabei war, weil ich nicht nur neugierig auf die Ergebnisse seiner Ermittelungen, sondern auf seine persönliche Reaktion darauf war. Ich fand es schön mitzuverfolgen, wie er im Laufe des Romans ein wenig Frieden mit den Ereignissen aus seiner Vergangenheit schließt und wie er zaghaft neue Freundschaften knüpft.

Außerdem bin ich weiterhin fasziniert von der Welt, die die Autorin rund um ihre Elven und Goblins geschaffen hat, auch wenn mich auch dieses Mal das Problem mit den unterschiedlichen Anreden für die verschiedenen Personen fertiggemacht hat. Es ist nicht gerade einfach, bei einer solch großen Gruppe von Charakteren den Überblick zu behalten, wenn die Anreden davon abhängen, in welchem Verhältnis die miteinander sprechenden Personen stehen, welches Statusgefälle eine Rolle spielt oder ob die Figuren sich gerade privat oder in ihrer offiziellen Funktion miteinander unterhalten. Aber da es sich schon bei „The Goblin Emperor“ bewährt hat, wenn ich mir da keinen Stress gemacht habe und einfach darauf wartete, dass mir die folgenden Absätze schon erklären werden, welcher Charakter da gerade mit dem Protagonisten redet, habe ich das auch dieses Mal einfach hingenommen. In der Regel klappte das auch ganz gut – was aber auch daran lag, dass ich „The Witness for the Dead“ so sehr mochte, dass ich den Roman wirklich zügig gelesen habe. Am Ende ist es mir überraschend schwer gefallen, Celehar und seine Welt zu verlassen – weshalb ich direkt im Anschluss zu „The Grief of Stones“ gegriffen habe.

Angela Slatter: Vigil (Verity Fassbinder 1)

Um die Verity-Fassbinder-Trilogie von Angela Slatter bin ich schon länger herumgeschlichen, und nachdem ich vor kurzem große Lust auf Urban Fantasy hatte, habe ich zu „Vigil“ gegriffen. Die Geschichte wird aus der Perspektive von Verity Fassbinder erzählt, einer Frau, die zur Hälfte „Normal“ und zur Hälfte „Weyrd“ ist – genau genommen war ihr Vater Grigor ein sogenannter „Kinderfresser“, und auch wenn sie keine seiner Verwandlungsfähigkeiten geerbt hat, so ist Verity doch ganz besonders stark. Außerdem hat sie das Gefühl, sie müsse die Verbrechen ihres Vaters wieder gutmachen, da dieser nicht nur (normale) Kinder tötete, sondern sich auch noch dabei erwischen ließ und somit die Existenz der Weyrd in Gefahr brachte. So arbeitet Verity als eine Art private Ermittlerin für die Weyrd, wobei ihr Hauptauftraggeber der Rat ist, der dafür sorgt, dass all die verschiedenen übernatürlichen Wesen sich zumindest an ein paar Grundregeln halten.

Ich muss zugeben, dass ich – obwohl mir „Vigil“ grundsätzlich sehr gut gefallen hat – ein paar Probleme mit dem Roman hatte. Zum einen jongliert Verity von Anfang an mit einem ganzen Haufen Fälle. Sie muss ermitteln, wer illegalen Wein anbietet, der aus den Tränen von (dabei getöteten) Kindern hergestellt wurde, sie muss einen (oder mehrere) Mörder finden, der Sirenen vernichtet, sie bekommt den Auftrag, einen verschwundenen jungen Mann zu suchen, und dann gibt es da noch eine unheimliche Wesenheit, der mehrere Personen in den Straßen von Brisbane zum Opfer fallen. All diese vielen verschiedenen Fälle laufen parallel, und dazu gibt es noch so einige Altlasten, mit denen Verity fertigwerden muss, wie zum Beispiel eine Verletzung, die sie sich bei ihrem letzten Auftrag zugezogen hat. Das alles ist ganz schön viel auf einmal, vor allem, da nebenbei noch von der Autorin die Urban-Fantasy-Welt vorgestellt wird, in der Verity lebt, sowie Veritys eigene Vergangenheit und welchen Einfluss ihr Vater (und seine Verbrechen) auf ihr heutiges Leben haben.

Trotz dieser Masse an Handlungselementen und vieler wirklich eindrucksvoll und atmosphärisch geschriebener Passagen hatte ich aber immer wieder das Gefühl, dass die Spannung nachlassen und sich die Geschichte stellenweise sogar etwas dahinschleppen würde. Erst nach Beenden des Romans fiel mir auf, dass es sich angefühlt hat, als ob die Autorin an einige Handlungsstränge herangegangen wäre, als ob es sich dabei um Kurzgeschichten handeln würde. Dazu sollte ich vielleicht erwähnen, dass Angela Slatter ihre Karriere mit ziemlich erfolgreichen Kurzgeschichten begonnen hat und „Vigil“ der erste Roman ist, den sie allein geschrieben hat. Diese „Kurzgeschichten“ innerhalb des Romans fand ich sehr überzeugend erzählt, und sie waren voller Elemente, die ich nachts mit in meine Träume genommen habe, aber zwischen diesen wirklich coolen Passagen gab es eben auch immer wieder Übergänge, die mich nicht so überzeugen konnten und die ein bisschen „zusammengebastelt“ wirkten. Vor allem in der ersten Hälfte des Romans fand ich das wirklich auffällig, während ich das letzte Drittel – vielleicht auch weil sich dort die diversen Handlungsstränge endlich zusammenfügten – deutlich besser lesbar fand.

Von diesen etwas zähen Übergängen abgesehen hatte ich aber viel Spaß mit „Vigil“. Angela Slatters Urban-Fantasy-Geschichte spielt nicht nur in einer (für mich) ungewöhnlichen Stadt, was dazu führte, dass ich all die Details rund um Brisbane sehr genossen habe, sondern die Autorin verwendet auch wirklich viele fantastische Wesen auf eine erfrischend andere Art und Weise. Ich mochte die drei Nornen (und ihr Café), ich fand die Details rund um die Sirenen spannend zu lesen, und ich habe große Lust, noch mehr Zeit in Veritys fantastischer Variante von Brisbane zu verbringen. Angela Slatter hat sich für ihre übernatürlichen Wesen eindeutig von den düstereren Seiten der diversen Märchen und Mythologien inspirieren lassen und schafft es trotzdem (oder gerade deshalb?) hervorragend, all diese Figuren in unsere moderne Welt zu transportieren und dort ihre ganz eigenen Nischen finden zu lassen. Dazu kommt, dass Verity die Art von Kick-Ass-Heldin ist, von der ich gerne lesen, und dass der „romantische Anteil“ der Geschichte so gar nicht „sexy“ oder romantisch ist, sondern daraus besteht, dass die Protagonistin einen wirklich netten Mann kennenlernt, mit dem sie sich stundenlang unterhalten kann. Dass es in dieser sich anbahnenden Beziehung – trotz all der Probleme, die Veritys Leben mit sich bringt – so gar kein Drama gibt, fand ich wunderbar erholsam und wirklich schön zu lesen. Insgesamt fühlte ich mich mit diesem Auftaktband der Reihe gut genug unterhalten, dass ich mir direkt im Anschluss die Fortsetzung „Corpselight“ besorgt habe (weshalb ich sagen kann, dass sich dieser Teil dann auch von Anfang an flüssiger lesen lässt).